Modernität beim Arbeitgeber.



  • Ich bin gerade dabei beruflich neu zu suchen und stelle fest dass oft der verwendete Technikstand steinalt ist.
    Ich finde C++ wird schon nicht so sehr gesucht, und es gibt nur drei Scenarien:

    • Es wird nicht-ganz-trivialer Tech angewendet wie Machine Learning und Bilderkennung
    • C++11 was ist das? Haben sie das wort designpattern schonmal gehört (dafuq???, lesen die meine Bewerbung???)
    • Eigentlich wollen wir auf Java umsteigen, aber wir haben hier noch den altmüll rumliegen und das muss jemand noch am leben erhalten. Alles was über Visual C++ 2005 hinaus geht können wir nicht integrieren.

    Kann mir dazu mal jemand seine Erfahrung teilen?



  • Nee, ist bei uns nicht so. Vieles nicht gut, aber nicht so.



  • Naja, aber mal ernsthaft: du brauchst ein besonderes Einsatzfeld, um C++ zu rechtfertigen, denn C++ ist aufwendig zu schreiben, braucht lange zum übersetzen und gute Leute sind auch rar. Unis lehren meist Java.

    High frequency trading fällt mir noch als Einsatzfeld ein. Zu Machine Learning: das ist ja nun überwiegend Python. Außer du willst eine neue performante Python-Library schreiben.

    Ich hätte auch gerne C++ gemacht, habe aber auch nichts gefunden und mache daher ML mit Python, schreibe aber ab und an irgendwelche Funktionen in C++, wenn Python zu langsam ist bzw. Numpy oder Pandas die gewünschte Funktionalität nicht eingebaut haben.



  • @wob sagte in Modernität beim Arbeitgeber.:

    Ich hätte auch gerne C++ gemacht, habe aber auch nichts gefunden

    Also "gefunden" in dem Sinne habe ich schon eine Menge. Hab unzählige Bewerbungsgespräche, aber gefühlt muss ich von
    den potentiellen Arbeitsgebern Arbeitsproben fordern und nicht andersrum, weil viele scheinbar maximal bei c++11 hängen, wenn überhaupt.

    Bisher nur 1 mir bekanntes Angebot, was alle Boxen abhakt, weil das Projekt (neu gegründete Tochterfirma) ist brandneu.
    Vielleicht versteif ich mich auch zu sehr auf meine "region" (~bundesland)

    EDIT: Das Wort "Visual Studio" oder "Visual C++" beginnt für langsam ein red flag zu werden. Weil scheinbar neue Lizenzen nicht gekauft werden.



  • Wenns am Kaufen der Lizenzen scheitert, dann willst du in der Firma vermutlich sowieso nicht arbeiten 😉

    Die Lizenzen waren sogar in meiner alten Firma nicht wirklich das Problem. Dort sind wir auf VS 2005 festgeklebt weil das Update ein ziemlicher Aufwand gewesen wäre. Wobei wir das vermutlich doch irgendwann gemacht hätten wenn ich noch länger dort geblieben wäre -- zumindest für "mein" Projekt. Das andere (grössere) Projekt wäre vermutlich auf VS 2005 geblieben, aber das wäre mir dann Würst gewesen.

    In meiner aktuellen Firma arbeiten wir neben GCC 9 mit VS 2019, alles mit C++17.

    Alles in allem muss ich aber sagen ist mir sauberer Code wichtiger als ein neuerer C++ Standard. Klar, C++17 ist "nett" und C++20 wird nochmal "netter". Aber was hilft das alles wenn der Code verworren/unübersichtlich ist?



  • @hustbaer
    Ja die eine Firma hat mir klar gemacht dass ein update nicht geht, weil das technisch nicht geht.
    Bei der anderen glaub ich das nicht, die sind bei VS 2015.
    (EDIT: Aber 2015 wär noch erträglich, dann wär ich wenigstens auf stabilem C++11)

    Aber was hilft das alles wenn der Code verworren/unübersichtlich ist?

    naja C++98 ist ja nicht automatisch übersichtlich.

    Ich versuch nur was modernes zu finden, Ich fange auf keine Fall wieder mit C++98 an.
    Und so eine Firma wo ich nur Leichen pflegen darf ist ganz sicher kein Karriere Hit.



  • @5cript sagte in Modernität beim Arbeitgeber.:

    @hustbaer
    Ja die eine Firma hat mir klar gemacht dass ein update nicht geht, weil das technisch nicht geht.

    Muss nicht immer, aber das kann durchaus ein riesen Aufwand sein.

    Bei der anderen glaub ich das nicht, die sind bei VS 2015.
    (EDIT: Aber 2015 wär noch erträglich, dann wär ich wenigstens auf stabilem C++11)

    Ja. Und vor allem ist Updaten von 2015 auf 2019 vermutlich nicht so tragisch wie von 2005 auf 2015+.

    naja C++98 ist ja nicht automatisch übersichtlich.

    Natürlich nicht. Ich meinte nur lieber sauberer C++98 Code als grausamer C++11+ Code.

    Aber allgemein kann man denke ich schon sagen: wer spezielle Vorstellungen hat was den Job angeht, der muss flexibel sein was den Ort angeht. Je spezieller, desto flexibler.



  • @hustbaer sagte in Modernität beim Arbeitgeber.:

    Natürlich nicht. Ich meinte nur lieber sauberer C++98 Code als grausamer C++11+ Code

    Zweifellos, aber das seh ich ja erst wenn ich anfange.
    Aber ich peile aktuell ein Tochterfirma Startup an, da verzapf ichs wenigstens selbst 😛
    Außerdem ist da die Arbeitsweise viel professioneller. Vielleicht ätzend, aber ich will mich dem aussetzen, damit ich dies in mein Erfahrungsschatz aufnehmen kann.



  • Off-Topic: Alle +1 weil ihr aus der Praxis berichtet was unschätzbar wertvoll ist! 👍🏻



  • @hustbaer sagte in Modernität beim Arbeitgeber.:

    Dort sind wir auf VS 2005 festgeklebt weil das Update ein ziemlicher Aufwand gewesen wäre.

    Bei uns stand vor wenigen Jahren noch ein Windows 98 Bastelrechner rum. Da waren diverse Hardwaregeräte angeschlossen und soweit wie ich weiß durch die SW auch direkt angesprochen. Ein Wechsel auf einen neuen Rechner wäre schwer gewesen, da man große Teile der SW zur Ansteuerung der Hardware umschreiben müsste.



  • @Quiche-Lorraine
    Das klingt doof. Wobei Win-98 kompatible Boards gibt es noch neu zu bekommen. Das Intel SE7210TP1-E müsste z.B. gehen.
    CPU müsste ein Intel Pentium-M 750 drauf passen, ebenfalls noch neu zu haben.
    Also da hätte es auf jeden Fall Optionen gegeben.

    Wichtig ist bei sowas bloss dass man das Ersatzgerät nicht erst besorgt wenn das alte schon hin ist. Weil es dann richtig lästig wird das wieder alles korrekt installiert und zum Laufen zu bekommen.



  • @5cript
    Bei uns muss jede neue Software generell folgende Fragen durchlaufen
    × Warum braucht man die neue Software?
    × Was kann die Software besser als die alte Software?
    × Kann man einfach auf die neue Software wechseln?
    × Funktioniert die neue Software?

    Neue Software, neue Techniken werden oftmals auch nur bedarfsorientiert erneuert.

    Aktuell wächst bei uns der Bedarf nach mobiler Software auf Android Basis. Also wurden Android Studio und Entwickler-Handies zugelegt.

    So etwas benötigt aber immer ein wenig Überzeugungsarbeit.

    Und ich erinnere mich da gerne daran wie ich mein Chef, ein C Entwickler im Mikrokontroller Bereich, von C++ überzeugte als ich eine kleine CAD Anwendung schrieb.



  • @hustbaer
    Das Problem hat sich erledigt da der Rechner ein Produktionsrechner war und das Produkt, welches man mit diesem Rechner kalibrierte, eingestellt wurde.

    Aber danke für die Info.



  • Meine Aufgabe bei meiner aktuellen Arbeit war, ein System, was einen DOS (!!!) Rechner beinhielt, neu zu machen.
    Da war es letzter Drücker, denn der Grund war, dass es diese mini DOS Systeme nicht erhältlich gab.

    Aber die Firma ist kein riesen Unternehmen.



  • @5cript
    Was macht man mit solchen alten Rechner noch überhaupt?

    Das einzigste richtige Alte bei uns sind so manche Oszilloskope. Uralt, hochgenau und schweineteuer in der Neuanschaffung. Einzigstes Kommunikationsmedium ein Diskettenlaufwerk.



  • @Quiche-Lorraine sagte in Modernität beim Arbeitgeber.:

    Was macht man mit solchen alten Rechner noch überhaupt?

    Es gibt genug alte Software die einfach läuft. Und läuft. Warum sollte man soetwas total unwirtschaftlich portieren wenn es läuft. Und läuft? Oft wäre es auch garnicht nötig weil kein Quellcode vorliegt.



  • Also bei uns ist es ein zweischneidiges Schwert was die Standards angeht.
    In unserem Team habe ein Kollege und ich das Thema stark vorangetrieben und wir sind jetzt größtenteils C++17 und freuen uns auf C++20. Keiner von uns würde je wieder auf die vor-C++11-Zeit zurück.
    Im anderen Team unseres Bereichs wird noch der alte Schuh gefahren. Offizielle Ausrede ist immer "wir haben keine Zeit die Applikationen zu modernisieren". Aber neue Projekte werden auch nicht auf dem neuen Standard aufgesetzt ( egal welcher ).

    Wir sind ein mittleres Unternehmen von ~500 MA im Brokerage-Umfeld. In unserem Bereich sind wir insgesamt vielleicht 10 C++-Entwickler, davon in unserem Team nur (wir) 2, die C++ Standards wollen, im anderen Team vielleicht einer, der aber kurz vor der Rente steht, aber auch für neue Technologien zu haben ist.



  • Entwickler, die nichts neues lernen und anwenden wollen, haben diesen Namen nicht verdient.



  • @Th69 sagte in Modernität beim Arbeitgeber.:

    Entwickler, die nichts neues lernen und anwenden wollen, haben diesen Namen nicht verdient.

    Wobei der Arbeitgeber solches Verhalten auch fördern sollte und auch die entsprechende Zeit für Modernisierungen geben sollte.

    Bei uns z.B. hat der Bereichsleiter rumgefragt, ob wir denn einen Kurs in neuen C++-Standards für sinnvoll halten würden und wir haben das bejaht und so kam es dann eben ^^



  • @5cript sagte in Modernität beim Arbeitgeber.:

    naja C++98 ist ja nicht automatisch übersichtlich.

    Ich hatte bis vor kurzem das Vergnügen an einem wissenschaftlichen Projekt mitwirken zu dürfen, dass Fortran66 Code (ein Beispiel in Fortran66) nutzte. Im Vergleich dazu ist C++98 eine hypermoderne Programmiersprache. Das tragische daran war, dass das Programm vom Autoren ungefähr zu dem Zeitpunkt neu geschrieben wurde, als g77 durch gfortran ersetzt wurde. D.h. man hätte da problemlos Fortran90 oder Fortran95 verwenden können.


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