"Three Worlds Collide" von Eliezer Yudkowsky
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Die Science-Fiction-Geschichte "Three Worlds Collide" behandelt die Frage der moralischen Verantwortung für das Wohl anderer, die sich außerhalb der eigenen Kultur befinden. Ohne viel zu verraten kann ich sagen, dass die Geschichte vom Kontakt zwischen Menschen und einer Zivilisation handelt, deren Kultur den Verzehr eines Großteils ihrer Schmerz- und Empfindungsfähigen Kinder als zentralen Grundsatz hat. Obwohl dieses Verhalten biologisch bedingt ist, besitzen die vernunftbegabten Außerirdischen "Babyeater" ein philosophisches Gerüst, nach dem ihr Handeln moralisch richtig ist. Hieraus resultiert ein dilemma für die altruistische Menschheit der Zukunft, die Alien-Kinder zu retten, und dabei den Tod vieler Empfindungsfähiger Wesen in Kauf zu nehmen, oder den offensichtlich grausamen Mord zu erlauben.
http://lesswrong.com/lw/y4/three_worlds_collide_08/
Abgesehen davon, dass es sich lohnt, die Geschichte zu lesen, würde ich gerne wissen, was ihr von den vermittelten Ansichten des Autors haltet, und wie ihr die Situation mit eueren moralischen Werten in Einklang bringt.
Da ich der Ansicht bin, dass keine universelle Moral existiert, und dass jede Art von Moralvorstellung das Ergebnis kultureller Wechselwirkungen ist, stellt das Szenario kein ethisches Problem dar. Jede Zivilisation handelt im Sinne ihrer eigenen Moralvorstellungen und der Konflikt entsteht erst durch die Unterstellung einer Allgemeingültigkeit der eigenen Handlungsgrundlagen, welche nicht gegeben ist. Leider ist das nur ein deskriptiver Ansatz, der an sich keine Grundlage für konkrete Entscheidungen gibt, weder in dem konstruierten Fall in Yudkowsky's Geschichte, noch im realen Leben.
Wie ist eure Perspektive dazu?
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Mhm ich stimme dir zu. es gibt keine universelle Moral. Kann es auch gar nicht geben, wenn man alleine schon die fünf Weltreligionen ansieht. Da trifften die Moralansichten ja auch bereits mehr als einfach nur auseinander wie tektonische Platten.
Moral wird nicht nur ausgebeutet und gedreht, wie man Moral gerade gerne interpretieren würde, damit sie zu seiner eigenen Situation passt. Sie ist auch in ständiger Wechselwirkung mit sich selbst und vor allem mit der Gesellschaft und ihren Strukturen.
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Sobald eine andere Rasse/Zivilisation als vernunftbegabtes Wesen akzeptiert wird, also dem Menschen gleichgestellt ist, hat es auch ein Anrecht auf die gleichen Rechte. Als einer von uns kann er den Schutz dieser Gemeinschaft ersuchen. Die Bitte um Asyl wird vom "Ausserirdischen" gestellt, er hat also die Konsequenzen fuer sich und seine Gemeinschaft bereits abgewogen. Es ergibt sich also gar nicht die Frage einer ueberlegenen Moralvorstellung, das Individuum entscheidet selbst.
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Empfinden die Kinder das denn als grausam? Das ist doch zumindest in Frage zu stellen, wenn das ganze Verhalten biologisch notwendig ist.
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Bashar schrieb:
Empfinden die Kinder das denn als grausam? Das ist doch zumindest in Frage zu stellen, wenn das ganze Verhalten biologisch notwendig ist.
Die Geschichte ist so aufgebaut, dass die Kinder es definitiv nicht wollen und es als besonders grausam empfinden.
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PaulM schrieb:
Jede Zivilisation handelt im Sinne ihrer eigenen Moralvorstellungen und der Konflikt entsteht erst durch die Unterstellung einer Allgemeingültigkeit der eigenen Handlungsgrundlagen, welche nicht gegeben ist.
Man sollte anmerken, dass diese Einstellung fordert, sich nicht in andere Kulturen einzumischen. Auch hier auf der Erde gehen uns Menschenrechtsverletzungen in anderen Ländern also solange nichts an, wie sie im betroffenen Land von der Gesellschaft akzeptiert werden.
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PaulM schrieb:
Die Geschichte ist so aufgebaut, dass die Kinder es definitiv nicht wollen und es als besonders grausam empfinden.
Das finde ich zumindest unglaubwürdig. Leid- und Schmerzempfinden gibt es aus evolutionären Gründen. Wenn es jetzt biologisch notwendig ist, dass die Kinder dort aufgefressen werden, welchen Sinn hat das Leid? Gene, die bewirken, dass das Kind kein Leid empfindet, wären doch wesentlich erfolgreicher: Das Kind würde nicht versuchen, sich zu wehren oder wegzulaufen, kein Mitleid erregen usw. und dadurch die Überlebenschancen seiner Sippe und damit letztlich auch seiner eigenen Gene erhöhen. Siehe z.B. Bienenstaaten, in denen die Arbeiterinnen sich nicht fortpflanzen können und keinen anderen Sinn im Leben haben als ihre Mutter zu versorgen und ihre privilegierten Schwestern und Brüder aufzuziehen.
Der Unterschied zu realweltlichen Themen wie Burkas oder Genitalverstümmelung, auf die anscheinend angespielt wird, ist leider gerade die biologische Notwendigkeit. Würde man die weglassen, hätte man eine nur sehr dünne Parabel geschaffen, bei der die Science-fiction-Sicht überhaupt keine neue Perspektive eröffnet.PS: Das ist natürlich nur die Meinung von jemandem, der die Geschichte nicht gelesen hat. Alles auf Basis der Informationen hier im Thread.
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PaulM schrieb:
Die Science-Fiction-Geschichte "Three Worlds Collide" behandelt die Frage der moralischen Verantwortung für das Wohl anderer, die sich außerhalb der eigenen Kultur befinden.
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Da ich der Ansicht bin, dass keine universelle Moral existiert, und dass jede Art von Moralvorstellung das Ergebnis kultureller Wechselwirkungen ist, ....Wie ist eure Perspektive dazu?
Der Begriff Moral ist meiner Ansicht nach eine schlechte Grundlage um Wertvorstellungen diskutieren zu können, da er in der Tat überwiegend kulturelle
Wurzeln hat.Aber Abseits von Moral gibt es bezogen auf die Spezies Mensch, Eigenschaften, die alle Menschen teilen.
So hat z.B. jeder Mensch die angeborene Fähigkeit, Mitgefühl zu empfinden.
Auch ist jeder Mensch zu vernunftbegabtem Handeln fähig.Allein aus diesen beiden Eigenschaften entwickeln sich fast schon zwangsläufig
zumindest in groben Zügen ähnliche "Verhaltenskodexe".PaulM schrieb:
die Frage der moralischen Verantwortung für das Wohl anderer, die sich außerhalb der eigenen Kultur befinden.
PaulM schrieb:
Hieraus resultiert ein dilemma für die altruistische Menschheit der Zukunft, die Alien-Kinder zu retten, und dabei den Tod vieler Empfindungsfähiger Wesen in Kauf zu nehmen, oder den offensichtlich grausamen Mord zu erlauben.
Warum man für die Heraushebung des moralischen Dilemmas eine andere Kultur bzw. sogar eine fremde Zivilisation braucht, verstehe ich nicht. Die beschriebene Problematik gibt es doch jeden Tag irgendwo auf der Welt.