[I] (M)ein Styleguide-Vorschlag



  • Hallo,

    "Wie schaffe ich es, dass die Leute meine Artikel gerne lesen?".

    Diese Frage habe ich mir kürzlich gestellt, also habe ich angefangen ein wenig zu recherchieren. Ich bin dann auf Material gestoßen, welches mir hilfreich erschien, vllt. ist es das auch für euch. Seht es als mein Vorschlag, für eine Richtung, welche ich einschlagen werde bzw. für sinnvoll erachte.

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    1 Stilistische Qualität
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    Im Juni 2005 hat Jens Jacobsen (München) an Freiwilligen einen Test zur Lesebarkeit von (Web)-Texten durchgeführt. Von einem Text über ein Thema X gab es folgende Versionen:

    • Version A, die langatmig, vollgestopft mit Fachwörtern und schlecht gegliedert war

    • Version B, die optisch durch Zwischenüberschriften, Absätze und Pünktchenlisten gegliedert war

    • Version C, bei der zuätzlich der Text gekürzt wurde

    • Version D, der zusätzlich nach folgenden Regeln bearbeitet wurde:

    • kurze Sätze im Aktiv

    • konkrete Formulierungen

    • weniger Substantive

    • wenig Fachwörter

    • Version E, bei der die Sachlichkeit durch Werbung ersetzt wurde.

    Version D schnitt am Besten ab, die Teilnehmer haben ihn am schnellsten gelesen, konnten sich am meisten merken und beurteilten den Text insgesamt am Lesefreundlichsten.

    Es gibt daher ein Punktesystem, mit dem man die stilistische Qualität seines Artikels beurteilen kann (wenn man mag):

    • 1 Pluspunkt für jeden ganzen Satz
    • einen weiteren für jedes Verb im Aktiv
    • sowie einen für jedes {? ! ; : -}
    • Einen Minuspunkt erhält jede Endung auf -eit, -ung -ion -ity oder -ics
    • einen weiteren jedes Doppelsubstantiv
    • sowie jeder Genitiv

    Die Minuspunkte sind hauptsächlich dazu da, substantivierte Tätigkeiten in Verben zu verwandeln ("Die Firma produziert" statt "Produktion von"), sowie Abstrakta und Substantivhäufungen zu vermeiden.

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    2 Die umgekehrte Pyramide
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    Eine bekannte Richtlinie lautet: Man baue den Text als umgekehrte Pyramide auf: Zuerst sagt man, was X ist - und dann erst, wie X wurde; was X auch noch sein könnte; wer gesagt hat, dass X das und das ist; wie er darauf gekommen ist.

    Normalerweise wollen wir Geschichten erzählen, fangen also von hinten an und arbeiten uns nach vorne, bis wir dann schließlich das Ergebnis präsentieren. Die umgekehrte Pyramide jedoch gibt dem Leser die Möglichkeit, je nach Interesse/Wissensstand, nach dem ersten Absatz weiterzulesen oder einfach weiterzuscrollen, ohne befürchten zu müssen, das Wichtigste verpasst zu haben.

    Dieses Prinzip funktioniert. Spiegel Online, Google oder Wikipedia verwenden es alle.

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    3 Hyperlinks setzen
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    Paradebeispiel hier ist Wikipedia, dass ein Schlüsselwort in einem Artikel automatisch zu einem weitern verlinkt. Der User kann mit einem Klick auf die Links sein Wissen vertiefen. Geht hier ja nicht so einfach, aber wann immer man es für angebracht/hilfreich erachtet, sollte man bei einem wichtigen Punkt (=Schlüsselwort) verlinken, egal ob intern oder extern.

    Wichtig ist hierbei aber, nicht den Lesefluss abzuwürgen bzw. die Links ungünstig zu platzieren, denn sonst wird vom Leser vllt. nicht das gelesen, was er lesen soll.

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    4 Mut zur Umgangssprache
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    "Der amerikanische Usability-Experte Donald Norman überschrieb einen seiner Beiträge so: "If it doesn't feel right, who cares if it works?". Deutsche Kollegen dagegen wählten zum gleichen Thema die Überschrift: "Hedonics and Usability: Die Bedeutsamkeit von Joy of Use und Pleasurability für Usability Professionals" (Laugwitz/Hatscher 2004)."

    Ich weiß nicht wie's euch geht, aber die deutsche Version fühlt sich für mich gar nicht gut an. Die Überschrift allein gibt schon mal 5 Minuspunkte 😉 !

    "Was beim Lesen der Texte amerikanischer Spezialisten oft Freude bereitet, ist ihr Mut zur Umgangssprache. Was beim Lesen der Texte deutscher Spezialisten oft alle Freude verdirbt, ist ihre Neigung zum dünkelhaften, akademischen Kanzleideutsch, das nicht besser wird, wenn man die deutschen, lateinischen oder griechischen Abstrakta, die früher üblich waren, durch englische ersetzt. Man übersetze aus amerikanischer Umgangssprache in deutsche Umgangssprache, und schon macht die Lektüre Spaß."

    MfG

    GPC

    Alle Zitate aus:
    Korff, Jens Jürgen (2006): Knechte sprechen deutlich, in: iX, 1. Band, S. 120-122



  • Dem stimme ich soweit eigentlich generell zu, bis auf die Kürzung: Manche Texte sollen sehr tief ins Detail gehen, und da hole ich dann auch entsprechend weit aus (was meiner Meinung nach auch sinvoll ist); da hängt es dann vom Ziel des Dokumentes ab.

    Allerdings sind das alles nur Standard-Klauseln, nicht viel neues ...



  • Der Mut zur Umgangssprache ist mir neu - auch wenn ich ihn gut finde... 👍



  • Wobei das, meiner Meinung nach, auch nicht überbewertet werden sollte. Ich persönlich bevorzuge, zumindest in Fachtexten, sehr sachliche Formulierungen mit vielen Fremdwörtern: Dabei lerne ich einfach mehr (was ja das Ziel von Fachliteratur sein sollte) und kann mich gut in der Materie ausdrücken.

    Einen lockeren Umgangston finde ich dabei OK, aber ein zu kumpelhaftes Geschwätz nimmt der Sache imho den Ernst.



  • Hem, wie soll ich jetzt dieses Posting verstehen? Sollen wir jetzt alle so schreiben? Ich pers. fände es nicht gut, einen solchen Stylieguide als verbindlich zu setzen.

    Erstens würde ich mich schwerer tun, mich danach zu richten, da es nicht meinem natürlichen Schreiben entspricht. Und es ist schon schwer genug Leute zu animieren einen Beitrag hier zu leisten. Zweitens würde jeder seinen persönlichen Stil aufgeben und die Leser würden niemals den wahren Autoren kennenlernen. Jeder Autor hat seine persönliche Note, seinen eigenen Stil, den man als Leser erkennt und vielleicht sogar sehr mag. Wenn aber alle so schreiben, wie vorgeschrieben... dann kann man das gleich automatisieren und nen Wizard schreiben, in dem der Autor nur noch nach Vorgabe schreibt.

    Es gibt doch schon ungeschriebene Gesetze: Überschrift, Einleitung, Text, Fazit. Punkt! Wenn jemand etwas anders machen will, weil er eh so schreibt, kann er das machen.

    Gruß
    Amin



  • Für mich ist es eine Anregung, wie man es machen könnte.
    Verbindlich möchte ich nur das machen, was wir bis jetzt haben - und selbst an das halten sich ja nicht alle. 🙄



  • Morgen,

    Reyx schrieb:

    Dem stimme ich soweit eigentlich generell zu, bis auf die Kürzung: Manche Texte sollen sehr tief ins Detail gehen, und da hole ich dann auch entsprechend weit aus (was meiner Meinung nach auch sinvoll ist); da hängt es dann vom Ziel des Dokumentes ab.

    Da hast du natürlich Recht, es war auch eher eine generallisierte Aussage.

    Artchi schrieb:

    Hem, wie soll ich jetzt dieses Posting verstehen? Sollen wir jetzt alle so schreiben? Ich pers. fände es nicht gut, einen solchen Stylieguide als verbindlich zu setzen.

    Wie ich sagte, ist es nur ein Vorschlag bzw. das was ich so in der Kürze zusammengetragen habe. Nichts davon ist verbindlich, für niemanden, wieso sollte ich euch auch vorschreiben, wie ihr zu schreiben habt. Ich wollte damit auch niemanden kritisieren, es war nur als Anregung gedacht.

    Aber ihr könnt den Post auch killen, mir egal.

    MfG

    GPC


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