Das Wirtschaftssystem der Zukunft?



  • estartu schrieb:

    Dazu bin ich heute über eine interessante Theorie gestolpert: http://www.sabon.org/credo/index.html 😮
    In etwa steht drin:
    Der Mensch an sich ist friedlich, er wird nur von bösen Wesen negativ beeinflusst und beginnt langsam sich dagegen zu wehren.

    Hört sich an wie die Fantasy-Version von Thetans 😃



  • Badestrand schrieb:

    Das Problem ist, dass quasi alle Wirtschaftler nur in Profit-Größen denken. Ich kenne ein paar Leute dir auf einer Wirtschafts-Oberstufe waren und ein paar, die WiWi studieren - die würden nie für solch ein System stimmen, dazu sind die einfach zu stur auf Kapitalgesellschaft getrimmt 😕

    Und die meisten, die in die Politik kommen, flutschen aus dem Wirtschaftszweig dahin, oder haben wenigstens eine solche Ausbildung (obwohl, Frau Merkel glaubich nicht).

    Räusper, das ist *leider* nicht so: http://bundestag.de/mdb/statistik/berufe.html

    Ich hab mal etwas weiter addiert (also inc. Rechen- und Zuordnungsfehler):

    143 Juristen
    94 Ökonomen, BWLer, Kaufleute
    81 Lehrer, Erziehungswissenschaftler etc.
    69 Soziologen und andere Geisteswissenschaftler
    59 "Verwaltungsfachleute" oder ähnliches. Beamte halt
    48 Ingenieure, Techniker

    Das ist jetzt so ~80% der Leute im Bundestag, der Rest ist Handwerker, Journalist oder Arzt oder so. Und alleine von denen da oben haben ziemlich sicher 200+ niemals auch nur einen Cent in 'der Wirtschaft' verdient, sondern haben fertigstudiert und sind Politiker geworden oder waren immer beamtet. Die Juristen sind auch so ein Völkchen für sich.

    Also: Die meisten Politiker haben elementare Wirtschaftszusammenhänge deshalb nicht verstanden, weil sie es eben nie gebraucht haben. Geld gab's halt immer, ohne sich jemals eine Arbeit bei vorhandener Konkurrenz abgeliefert zu haben.

    Abgesehen davon haben wir doch das Modell "Bedingungsloses Grundeinkommen" schon, es heißt nur etwas anders, die Verwaltungszusammenhänge sind anders und der Betrag ist ein anderer. Die Idee ist anscheinend erst mal: machen wir es effizienter (andere Ideen dazu, war ja beispielsweise eine negative Einkommenssteuer von dem bösesten aller 'Neoliberalen' Milton Friedman). Darüber kann man sich schon unterhalten (für mich klingt ein effizienter Staat erst mal ziemlich gruselig), aber die negativen Anreize, die man durch solche Modell schafft, bleiben halt erst mal die gleichen.



  • Jetzt ist auch noch nicht die Zeit fuer ein derartiges Modell (wie BGE). Die ist erst, wenn wirklich sichergestellt ist, dass wir auch mit wesentlich weniger arbeitenden Menschen eine ausreichende Versorgung sicher stellen koennen - fuer die ganze Welt. Und wenn wir wissen, wie wir dafuer sorgen koennen, dass die Geburtenraten ueberall auf 2,1-2,2 stagnieren.*

    Und selbst dann gibt es vielleicht noch interessantere Modelle.

    Badestrand schrieb:

    Das Problem ist, dass quasi alle Wirtschaftler nur in Profit-Größen denken. Ich kenne ein paar Leute dir auf einer Wirtschafts-Oberstufe waren und ein paar, die WiWi studieren - die würden nie für solch ein System stimmen, dazu sind die einfach zu stur auf Kapitalgesellschaft getrimmt 😕

    Durch BGE wird Profitdenken nicht ausgeschlossen, im Gegenteil, sonst wuerde es ja nicht funktionieren.

    Ein groesseres Problem, wie ich finde: In der deutschen Wikipedia steht "Die Frage ist zunaechst eine moralische" - die Vorstellung, dass es sowas wie "Moral an sich" gaebe hat schon viele gute Dinge zerstoert.

    Daniel E. schrieb:

    Darüber kann man sich schon unterhalten (für mich klingt ein effizienter Staat erst mal ziemlich gruselig), aber die negativen Anreize, die man durch solche Modell schafft, bleiben halt erst mal die gleichen.

    Gerade in unserer unperfekten Welt muss man sehen, wie stark die negativen Anreize denn ueberhaupt ausgepraegt sind.

    Was ist so gruselig an einem effizienten Staat? Im Grunde ist der Staat ja nur der organisationelle Rahmen in dem eine Vielzahl von Buergern zusammengeschlossen sind, um oekonomisch zu sprechen, oeffentliche wie meritorische Gueter zu produzieren. (Meritorische Gueter waeren zum Beispiel Gesetze und die muss ja auch in einer liberalen Gesellschaft der Staat erstellen.) Mir gruselt es eher vor einem Versagen der Staatsdiener.

    Naja ich bin ja wohl auch Utilitarist. (:D)

    (*) Niedrigere Geburtenraten kann man vermutlich mit allgemeinem Wohlstand oder einem Fernseher in jedem Haushalt und so tollen Sachen erzielen. 🤡



  • Daniel E. schrieb:

    Badestrand schrieb:

    ...

    Räusper, das ist *leider* nicht so: http://bundestag.de/mdb/statistik/berufe.html
    ...

    Oh, ok, ich dachte 🙂

    Es ist ja sowieso klar, dass man so eine Modell-Umstellung nicht von heute auf morgen bewerkstelligen kann. Aber ich hab mal herumgerechnet, in kleinem Ausmaße kann ja schon ganz schön viel passieren:
    Laut dieser Quelle führt eine Mehrwertsteuererhöhung um 1% zu 8 Milliarden Mehreinnahmen pro Jahr.
    Wenn man die Mehrwertsteuer nun von 19% auf 25% anheben würde, ständen 48 Mrd/Jahr, also ~48€/Person pro Monat zur Verfügung. 50€ als Anfangs-BGE mit 6% mehr Mwst wären auf jeden Fall eine Umverteilung von Reich nach Arm. Eine alleinerziehende Mutter mit 2 Kindern hätte 150€ mehr im Monat, die werden nicht von den 6% Mwst aufgebraucht. Für jemanden mit 6-stelligem Jahreseinkommen wären die 50€/Monat ein Witz, er würde aber für seinen Konsum entsprechend mehr bezahlen.
    Wäre in meinen Augen jedenfalls ein Schritt, der politisch und sozial durchführbar wäre, allein weil sich nicht soo viel ändert; eine Umverteilung der Gelder eben, wobei die "Bedürftigen" profitieren. Ich will das! 😋

    Und sowas kann man ja Schritt für Schritt ausbauen... Man, es wird Zeit, dass in der Liste bald 3 Informatiker stehen 😃


  • Mod

    Badestrand schrieb:

    Laut dieser Quelle führt eine Mehrwertsteuererhöhung um 1% zu 8 Milliarden Mehreinnahmen pro Jahr.
    Wenn man die Mehrwertsteuer nun von 19% auf 25% anheben würde, ständen 48 Mrd/Jahr, also ~48€/Person pro Monat zur Verfügung.

    MILCHMÄDCHENALARM



  • Ein wahrer Kern steckt bestimmt drin 🙄



  • Badestrand schrieb:

    Ein wahrer Kern steckt bestimmt drin 🙄

    Ich versuche mal, deinen wahren Kern zu formulieren, auch wenn Marc++us damit Recht hat, dass eine hoehere Steuerquote nicht fur proportional mehr Steuereinkommen sorgt...

    In der oekonomischen Theorie macht eine Umverteilung insoweit Sinn, als arme Leute groesseren Nutzen aus ihrem Geld ziehen koennen als reiche (abnehmender Grenznutzen des Geldes, also quasi "Geldsaettigung"). Allein nach diesem Massstab waere eine vollkommene Gleichverteilung der Einkommen sinnvoll. Da haette aber niemand mehr einen Grund zu arbeiten, er wuerde ja nicht mehr Geld bekommen, wenn er mehr arbeitet. Und da gibts entsprechend auch Abstufungen. Optimal ist die Umverteilung dann, wenn der Grenznutzen der Umverteilung (Ableitung des Nutzens der Umverteilung abhaengig vom Umfang der Umverteilung) gleich den Grenzkosten (analog zum Grenznutzen) durch den Verlust des Anreizes der Arbeit ist. [Das ist natuerlich nur die Theorie, die einige, nennen wir sie "interessante" Annahmen taetigt.]

    Die oekonomische Rechtfertigung der Umverteilung (egal in welcher Form) nach utilitaristischer Schule.

    Das bedingungslose Grundeinkommen besticht hier eigentlich nur durch seine Einfachkeit. Und damit sinkenden Verwaltungskosten sowie weniger Betrugsmoeglichkeiten. Ein - das ist ja der Vorschlag - bedingungsloses Grundeinkommen von 800 Euro (vermutlich haben die Leute da absichtlich die Pfaendungsgrenze gewaehlt) und dafuer Abschaffung der gesetzlichen Rente sowie jeglicher Sozialhilfe waere in dieser Hinsicht vielleicht nichtmal schlecht. Hat aber sicher andere Nachteile, was mir einfiele waere die Frage, wieviel Geld Kinder bekommen sollten. Eine Familie mit 2 Eltern und 2 Kindern: 1600 oder 3200 Euro?

    (Na wenn das nicht mal sehr volkswirtschaftlich war. Aber wozu hab ich das Lehrbuch? :D)



  • Mr. N schrieb:

    Daniel E. schrieb:

    Darüber kann man sich schon unterhalten (für mich klingt ein effizienter Staat erst mal ziemlich gruselig), aber die negativen Anreize, die man durch solche Modell schafft, bleiben halt erst mal die gleichen.

    [...]
    Was ist so gruselig an einem effizienten Staat? Im Grunde ist der Staat ja nur der organisationelle Rahmen in dem eine Vielzahl von Buergern zusammengeschlossen sind, um oekonomisch zu sprechen, oeffentliche wie meritorische Gueter zu produzieren.

    Nicht wirklich. Ich habe mich jedenfalls mit niemandem zusammengeschlossen um ökonomisch zu sprechen oder dergleichen. Dieser Verein, der sich Staat nennt, war einfach vor uns da und kommt nun in regelmäßigen Abständen vorbei um mit vorgehaltener Waffe Gelder einzutreiben und uns mit Leistungen zu beglücken, nach denen niemand gefragt hat. Er betätigt sich also in dem gleichen Geschäft wie die Schutzgeldmafia, nur, daß er früher da war, sein Geschäft etwas anders rechtfertigt und einen etwas anderen philosophischen Unterbau hat. Die Konsequenzen sind trotzdem die gleichen. Darum ich auch keinen effizienten Staat. Es will auch niemand eine effiziente Mafia. Wenn man die Mafia schon nicht los wird, dann soll sie sich wenigstens hauptsächlich mit sich selbst beschäftigen (was der Staat auch tut, Parkinsonsches Gesetz).

    Die Idee, eines schlanken Staates, der sich effizient um seine Kernaufgaben kümmert, ist einen Moment reizvoll, aber leider sind alle solche Staaten mit teils atemberaubender Geschwindigkeit zu riesigen Monsterstaaten mutiert, die sich um alles zu kümmern (man vergleiche zB das Deutschland von Ludwig Erhard mit heute oder die USA unter Jefferson mit heute).

    Naja ich bin ja wohl auch Utilitarist. (:D)

    Mein Beileid. Ist das heilbar?



  • Mr. N schrieb:

    In der oekonomischen Theorie macht eine Umverteilung insoweit Sinn, als arme Leute groesseren Nutzen aus ihrem Geld ziehen koennen als reiche (abnehmender Grenznutzen des Geldes, also quasi "Geldsaettigung").

    Richtig, der Reiche gibt es nicht mehr selbst aus, aber Du übersiehst, daß er gewöhnlich sein Geld nicht in einer Strumpfsocke auf dem Dachboden aufbewahrt, sondern auf eine Bank legt, die es natürlich wieder investiert, also wieder der 'Volkswirtschaft' zuführt.

    Allein nach diesem Massstab waere eine vollkommene Gleichverteilung der Einkommen sinnvoll. Da haette aber niemand mehr einen Grund zu arbeiten, er wuerde ja nicht mehr Geld bekommen, wenn er mehr arbeitet. Und da gibts entsprechend auch Abstufungen. Optimal ist die Umverteilung dann, wenn der Grenznutzen der Umverteilung (Ableitung des Nutzens der Umverteilung abhaengig vom Umfang der Umverteilung) gleich den Grenzkosten (analog zum Grenznutzen) durch den Verlust des Anreizes der Arbeit ist. [Das ist natuerlich nur die Theorie, die einige, nennen wir sie "interessante" Annahmen taetigt.]

    Die oekonomische Rechtfertigung der Umverteilung (egal in welcher Form) nach utilitaristischer Schule.

    Dazu mal ein paar Gedanken. Hat eine Umverteilung überhaupt einen positiven Effekt?

    Was macht eigentlich ein "Besserverdienender" bei einer höheren Umverteilung?

    1. Er arbeitet weiter die gleiche Leistung für das gleiche Geld (brutto), also weniger netto.

    2. Die Mehrleistung lohnt sich auf Grund der porgressiven Steuererhöhung netto kaum noch, also arbeitet er weniger, mit netto fast dem gleichen Resultat. Als Utilitarist würdest Du vielleicht sagen, daß er der Volkswirtschaft Leistung vorenthält.

    3. Warum verdient ein Besserverdienender besser? Weil er einen speziellen Job hat, in dem ihn so schnell keiner ersetzen kann (Austauschbarkeit). Da er netto nicht weniger haben möchte, aber sein Job speziell genug ist, setzt er bei seinem Arbeitgeber eine Gehaltserhöhung durch um netto das gleiche Gehalt zu beziehen. Der Kunde der Firma muß diese Kosten mittragen, Die Volkswirtschaft verliert auch hier. (Überwälzung heißt der von mir beschriebene Effekt, btw.)

    4. Er geht ins Ausland. Die Volkswirtschaft verliert.

    Die Punkte 2)-4) sind alles Punkte, die sich übrigens mittelfristig ganz besonders negativ auf die ärmeren Schichten der Gesellschaft auswirken. Es ist also überhaupt nicht klar, ob ärmere Schichten auf Dauer überhaupt von der Umverteilung profitieren, insbesondere da der kurzfristige Drang danach, sich fortzubilden, natürlich ab nimmt. Das alles könnte auch ein lose-lose-Spiel sein, mal so ganz utilitaristisch argumentiert.



  • Daniel E. schrieb:

    Mr. N schrieb:

    In der oekonomischen Theorie macht eine Umverteilung insoweit Sinn, als arme Leute groesseren Nutzen aus ihrem Geld ziehen koennen als reiche (abnehmender Grenznutzen des Geldes, also quasi "Geldsaettigung").

    Richtig, der Reiche gibt es nicht mehr selbst aus, aber Du übersiehst, daß er gewöhnlich sein Geld nicht in einer Strumpfsocke auf dem Dachboden aufbewahrt, sondern auf eine Bank legt, die es natürlich wieder investiert, also wieder der 'Volkswirtschaft' zuführt.

    Das bringt ihm persoenlich aber keinen speziellen Nutzen.

    Daniel E. schrieb:

    Allein nach diesem Massstab waere eine vollkommene Gleichverteilung der Einkommen sinnvoll. Da haette aber niemand mehr einen Grund zu arbeiten, er wuerde ja nicht mehr Geld bekommen, wenn er mehr arbeitet. Und da gibts entsprechend auch Abstufungen. Optimal ist die Umverteilung dann, wenn der Grenznutzen der Umverteilung (Ableitung des Nutzens der Umverteilung abhaengig vom Umfang der Umverteilung) gleich den Grenzkosten (analog zum Grenznutzen) durch den Verlust des Anreizes der Arbeit ist. [Das ist natuerlich nur die Theorie, die einige, nennen wir sie "interessante" Annahmen taetigt.]

    Die oekonomische Rechtfertigung der Umverteilung (egal in welcher Form) nach utilitaristischer Schule.

    Dazu mal ein paar Gedanken. Hat eine Umverteilung überhaupt einen positiven Effekt?

    Natuerlich kann es sein, dass es keinen Punkt gibt, an dem die Umverteilung ein besseres Ergebnis erzielt als die Nichtumverteilung. Aber ich will mal versuchen, deine konkreten Beispiele zu verstehen.

    Daniel E. schrieb:

    Was macht eigentlich ein "Besserverdienender" bei einer höheren Umverteilung?

    1. Er arbeitet weiter die gleiche Leistung für das gleiche Geld (brutto), also weniger netto.

    2. Die Mehrleistung lohnt sich auf Grund der porgressiven Steuererhöhung netto kaum noch, also arbeitet er weniger, mit netto fast dem gleichen Resultat. Als Utilitarist würdest Du vielleicht sagen, daß er der Volkswirtschaft Leistung vorenthält.

    Was nun? (2) ist der negative Effekt von dem ich gesprochen habe.

    Daniel E. schrieb:

    1. Warum verdient ein Besserverdienender besser? Weil er einen speziellen Job hat, in dem ihn so schnell keiner ersetzen kann (Austauschbarkeit). Da er netto nicht weniger haben möchte, aber sein Job speziell genug ist, setzt er bei seinem Arbeitgeber eine Gehaltserhöhung durch um netto das gleiche Gehalt zu beziehen. Der Kunde der Firma muß diese Kosten mittragen, Die Volkswirtschaft verliert auch hier. (Überwälzung heißt der von mir beschriebene Effekt, btw.)

    2. Er geht ins Ausland. Die Volkswirtschaft verliert.

    Die Punkte 2)-4) sind alles Punkte, die sich übrigens mittelfristig ganz besonders negativ auf die ärmeren Schichten der Gesellschaft auswirken. Es ist also überhaupt nicht klar, ob ärmere Schichten auf Dauer überhaupt von der Umverteilung profitieren, insbesondere da der kurzfristige Drang danach, sich fortzubilden, natürlich ab nimmt. Das alles könnte auch ein lose-lose-Spiel sein, mal so ganz utilitaristisch argumentiert.

    Erzaehl mir was neues. (Wobei ich mich uebrigens nicht mit der Aufteilung der Welt in Volkswirtschaften die politischen Staaten entsprechen anfreunden kann.)

    Falls es dich interessiert, mein Lehrbuch ist Gregory Mankiw, Grundzuege der Volkswirtschaftslehre, 3. Auflage, Seite 466 ff.


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