Türkei: Armee mischt sich ein
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Umfrage: Ist es richtig, dass sich die Armee einmischt?
Auswahl Stimmen Prozent Ja, sie müssen die Verfasssung schützen 23 63.9% Nein, die Armee hat in der Politik nichts zu melden 11 30.6% "Ich habe eine ganz andere Meinung die ich im Thread erklären werde" 2 5.6% http://www.welt.de/politik/article839626/Militaer_droht_Islamisten_mit_Militaerputsch.html
http://www.welt.de/politik/article839875/Erdogan_spricht_Machtwort_zum_Militaer.html
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Wenn das Militär in der Politik mitmischt, so regiert nicht mehr die Repräsentanten eines Volkes, sondern derjenige mit der Kontrolle über das (größte) Militär.
Eigentlich versucht man das in einer demokratischen Staatsform zu vermeiden.In diesem Fall bedeutet eine islamistische Regierung, dass Türkei kein Mitgliedsstaat der EU wird, was zukünftige kulturelle Konflikte im christlichen Europa vermeidet.
Wird das durch das Militär verhindert, so hat die Türkei die Chance tatsächlich mal ein Land zu werden in dem die Menschenrechte geachtet werden.
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Anders gefragt kann man die Demokratie retten, wenn man undemokratisch wird? Ich glaube nicht. Die Demokratie muss von den Menschen kommen und das System muss den Menschen etwas zurück geben. Wenn das aus dem Gleichgewicht gerät, driften die Menschen immer stärker ins Extrem und die Demokratie wird scheitern. (Man sieht das ja allein an der Unzufriedenheit mit dem Regierungssystem hier in Deutschland. Ich denke langfristig verliert fast jede Demokratie den Bezug zum Volk...)
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Mahnende Worte aus Brüssel
Die EU-Kommission in Brüssel sprach von einem „Testfall“ für die Frage, ob die türkischen Streitkräfte die demokratisch festgelegten Beziehungen zwischen Staat und Militär respektierten.EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn forderte darauf die Armee zur Zurückhaltung auf. "Es ist wichtig, dass das Militär die Aufgaben der Demokratie der demokratisch gewählten Regierung überlässt", sagte Rehn in Brüssel.Die Position der EU versteh ich nun nicht. Ist die Trennung von Staat und Religion nicht eines der EU-demokratischen Grundprinzipien? Nun mahnt das Militär dieses Prinzip beizubehalten also sollte das doch im Sinne der EU sein.
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Ben04 schrieb:
Mahnende Worte aus Brüssel
Die EU-Kommission in Brüssel sprach von einem „Testfall“ für die Frage, ob die türkischen Streitkräfte die demokratisch festgelegten Beziehungen zwischen Staat und Militär respektierten.EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn forderte darauf die Armee zur Zurückhaltung auf. "Es ist wichtig, dass das Militär die Aufgaben der Demokratie der demokratisch gewählten Regierung überlässt", sagte Rehn in Brüssel.Die Position der EU versteh ich nun nicht. Ist die Trennung von Staat und Religion nicht eines der EU-demokratischen Grundprinzipien? Nun mahnt das Militär dieses Prinzip beizubehalten also sollte das doch im Sinne der EU sein.
Aber nicht auf Kosten des Demokratieprinzips. Schließlich ist ein Staat, dessen Politik vom Militär bestimmt wird, genauso unerwünscht.
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Und in einem islamistischen Staat bleibt das EU-Demokratieprinzip etwa erhalten? Glaube ich kaum. Also hat man die Wahl zwischen Islamisten die man sicher nicht will und dem Militär das man wahrscheinlich nicht will.
Ich würde mich für das Militär entscheiden da es ja in der Vergangenheit ja bereits mehrmals wieder Platz für eine demokratisch gewählte Regierung gemacht hat.
Am besten gar keine Stellung beziehen oder wenn man wirklich was sagen muss dann für das Militär.
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eigentlich sollte das militär werkzeug eines staates sein und nicht ein 'staat im staat'. wenn's, wie in der türkei, möglich ist, dass das militär solch starken druck auf die politik ausüben kann, dann läuft da irgendwas gewaltig schief.
so ein land ist, jedenfalls von dem standpunkt aus, von einem EU-beitritt lichtjahre entfernt...
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Nun, was soll eine Armee in dieser Situation machen? Eigentlich soll sie Staat und Gesellschaft verteidigen. Hier sind die Feinde jedoch innen und sie verwenden keine Waffengewalt. Also ist eigentlich keine "Verteidigung" möglich. Andererseits wird die Armee mißbraucht, wenn diese Feinde Erfolg haben. Sollte es so weit kommen, muß sich die Armee mindestens weigern.
Eine schwierige Situation.
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scrub schrieb:
Nun, was soll eine Armee in dieser Situation machen?
in einem von einem demokratischen parlament regierten staat, sollte das militär eigentlich gar nichts machen. militärangehörige können wählen oder selbst politiker werden, sollten also die gleichen möglichkeiten haben, wie jeder staatsbürger auch. sie sollten aber nicht geschlossen gegen die demokratie sein und erst recht nicht mit einem putsch drohen. ist es ist es in der türkei nicht auch so, dass soldaten einen eid auf die verfassung ablegen müssen, oder schwören die ihrem obersten general und dessen nachkommen treu zu dienen?
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Das ist richtig und in genau dieser Verfassung steht die Trennung von Religion und Staat festgeschrieben. Das Militär befürchtet, dass es zu einer verfassungswidrigen Situation kommt und befürchtet, dass die Verfassung durch die religiöse politische Seite derart verändert wird, dass die o.g. Trennung aufgehoben wird.
Ich befürchte das beste wird sein Ahmet Necdet Sezer löst die Regierung im Rahmen der Verfassung (kein eindeutiger Sieger für das Amt des Staatspräsidenten) auf und es kommt zu Neuwahlen. Das wär IMHO das beste.
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pale dog schrieb:
in einem von einem demokratischen parlament regierten staat, sollte das militär eigentlich gar nichts machen.
Das macht sie hier ja auch. Es wird ja nur mit einem Putsch gedroht falls man eben diese Grundprinzipien aufgehoben werden, man sich also nicht mehr in einer Demokratie befindet.
Ich setzt jetzt mal Voraus, dass eine Demokratie ohne Trennung von Religion und Staat nicht möglich ist. Zumindest nicht falls die Religion die Standardauslegung des Staatsislams ist.
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Verfassung schützen ist wichtiger als demokratische Legitimität, oder nicht?
Natürlich muss man die demokratischst mögliche Lösung finden.
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Ben04 schrieb:
Ich setzt jetzt mal Voraus, dass eine Demokratie ohne Trennung von Religion und Staat nicht möglich ist. Zumindest nicht falls die Religion die Standardauslegung des Staatsislams ist.
Ja, voraussetzen ohne auch nur annähernd eine Begründung zu liefern ist immer praktisch... Wie kommst du eigentlich auf die Einschränkung auf "die Standardauslegung" des "Staatsislams"?
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finix schrieb:
Ja, voraussetzen ohne auch nur annähernd eine Begründung zu liefern ist immer praktisch...
Ich kann nicht für Ben04 sprechen, aber in meinen Augen ist das Problem, dass sich gezeigt hat, dass politische Macht von Kirchenfürsten zu schrecklichen Ergebnissen führen kann (Kreuzzüge etc.). Außerdem ist die Kirche keine demokratisch legitimierte Organisation.

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Mr. N schrieb:
Verfassung schützen ist wichtiger als demokratische Legitimität, oder nicht?
Wenn der demokratische Unterbau der Verfassung angegriffen wird: ja
Wieweit die AKP jetzt gehen würde weiß ich nicht da ich die türkische Innenpolitik nicht so genau verfolge. Allerdings glaub ich kaum, dass es sich bei Massenproteste und Drohungen des Militär um Kleinigkeiten handelt.
finix schrieb:
Ja, voraussetzen ohne auch nur annähernd eine Begründung zu liefern ist immer praktisch...
Demokratie setzt voraus, dass die Bürger eine freie Meinung haben können und gleich gestellt sind. Eine Staatsreligion bevorzugt nun einmal Angehörige dieser Religion (nicht gleich gestellt). Desweiteren ist ein Index keine seltene Begleiterscheinung (keine frei Meinung). Viele nicht gewählte Geistliche erhalten starken Einfluss auf die Politik.
Ich kann mir da kaum eine Möglichkeit vorstellen Demokratie und Glaubensbekenntnis in ein und der selben Verfassung zu verankern.
finix schrieb:
Wie kommst du eigentlich auf die Einschränkung auf "die Standardauslegung" des "Staatsislams"?
Diese Einschränkung hab ich gar nicht gemacht, da ich es Allgemein für jede Staatsreligion formuliert habe.
Da der Islam nun einmal nicht für seine demokratischen Seite als Staatsreligion bekannt ist (siehe Saudi-Arabien, Iran, Taliban, ...) kann man meiner Meinung nach sagen, dass der standard (= überwiegende Mehrheit) Islam nicht demokratisch ist.
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Hier erneut ein Artikel zu dem Thema.
http://www.welt.de/politik/article841481/Die_Tuerkei_an_der_Grenze_zum_Chaos.htmlErstens, weil nur 34 Prozent der Wähler sie [die AKP] gewählt haben, sie also keine Mehrheit im Land hat. Zweitens, weil ihre Wähler eher Menschen mit einer frommen Untertanenmentalität seien, die nicht zu Straßenprotesten neigen. Und drittens, weil den AKP-Anhängern Demokratie oft weniger bedeute als Islam.
http://de.wikipedia.org/wiki/Türkei#Ergebnis_der_Parlamentswahlen
Die AKP hat 353 Sitze und 34% und die nächste stärkste Partei die CHP hat 152 Sitze bei 19,4 %.
Wieso hat die AKP weit mehr als das doppelte an Sitzen der CHP (49) obwohl sie nicht einmal annähernd doppelt so viele Stimmen haben? Wie kann man mit nur 34% eine absolute Mehrheit der Sitze erlangen?Hat jemand Details was für ein komisches Wahlsystem die Türkei hat? Der Regirung fehlt doch die demokratische Legimität!
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Ben04 schrieb:
Hat jemand Details was für ein komisches Wahlsystem die Türkei hat? Der Regirung fehlt doch die demokratische Legimität!
Der Effekt ist völlig normal, wenn man ein Mehrheitswahlrecht mit Wahlkreisen hat, wo nur der Gewinner ins Parlament kommt. Kannst Du Dir leicht ausrechnen. Ist in Großbritannien identisch, genau wie in anderen westeuropäischen Ländern. Wäre bei uns auch so, wenn es nur die Erststimme gäbe und nicht die Zweitstimme.
Die Anforderung an eine Demokratie ist NICHT, daß im Parlament die Stimmen 1:1 abgebildet sind.
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Ja, aber eine Mehrheitswahl könnte dazu führen, daß der Wählerwille verzerrt wird. Das ist sicherlich nicht demokratisch.
Naja, wir beweisen aber auch selbst, daß man ein Wahlsystem pervertieren kann. Siehe negatives Stimmgewicht usw.
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Eins vorweg, mir ist es scheißegal was in der Türkei passiert. Ehrlich gesagt finde ich, ist die Türkei auf dem gleichen Niveau wie Iran und die sollen blos aus der EU raus bleiben.
Das ist richtig und in genau dieser Verfassung steht die Trennung von Religion und Staat festgeschrieben. Das Militär befürchtet, dass es zu einer verfassungswidrigen Situation kommt und befürchtet, dass die Verfassung durch die religiöse politische Seite derart verändert wird, dass die o.g. Trennung aufgehoben wird.
Das Militär kann aber nur wählen gehen und wenn die Mehrheit des Volkes eben für die AKP stimmt, dann muss sie das akzeptieren. Wenn die Partei nach den Wahlen das demokratische Prinzip verletzt, dann kann das Militär einen Putsch legitim ausführen, weil sie dann die Verfassung schützen will.
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scrub schrieb:
Ja, aber eine Mehrheitswahl könnte dazu führen, daß der Wählerwille verzerrt wird. Das ist sicherlich nicht demokratisch.
Aber ein sehr gängiges System, das in vielen Ländern angewandt wird. Würdest Du Großbritannien als nicht-demokratisches Land bezeichnen? Deren Demokratie ist älter als unsere...
Bei uns ist's ja noch schizophrener, wir haben zwar eine Kompensation des absoluten Mehrheitswahlrechts durch die Zweitstimme, aber dafür sind die Stimmkreise nicht gleich groß - da vor vielen Jahren festgelegt und seither nicht mehr angepasst - so daß in einigen Wahlkreisen Stimmen viel mehr wiegen als in anderen.
Ich würde also die Beurteilung der Demokratie eines Landes nicht von solchen Sachen abhängig machen wollen, das ist zu weit im Detail.