Das alte Denken



  • u_ser-l schrieb:

    apropos 'altes Denken' und Programmiersprachen -

    wißt Ihr, daß an 75% der "enterprise business processes" COBOL beteiligt ist?

    Man spricht von 180 Milliarden COBOL Codezeilen in Gebrauch und jährlich sollen 5 Milliarden hinzukommen (Artikel auf computerworld.com, 11/'06).

    Weiß kaum jemand. Die meisten würden wohl auf Java oder C++ tippen.

    Na ja, ich wär damals fast in einer 500-Mann-Firma gelandet (für die Ausbildung), in der COBOL "gelebt" wird. So was wird's wohl schon noch oft geben.

    Stattdessen habe ich übrigens meine Ausbildung in einer 2-Mann-Firma gemacht, die mit CA-Clipper ihr Geld verdient hat (und immer noch verdient). Das ist natürlich zeitgemäßer... 😉



  • pointercrash() schrieb:

    Das ist "altes Denken" und wird es auch bleiben, solange wir das mehrheitlich akzeptieren.

    Du wirst aber nicht schaffen etwas zu ändern, wenn nicht von der Mehrheit der potentiellen Anwender das ganze positiv aufgenommen wird. Beispielsweise kann eine Änderung des Tastaturlayouts nur dann klappen wenn es entweder nur kleine Änderungen sind, oder es sich zumindestens auf alles Rechner des Anwenders gleichzeitig anwenden lässt. Ganz davon abgesehen das viele keinen Sinn darin sehen (ich in dem Fall auch nicht).

    Bei mir ist es Beispielsweise so: Ich arbeite regelmäßig an 4 verschiedenen Rechnern, wobei drei davon Notebooks/Netbooks mit integrierter Tastatur sind. Ich werde jetzt mit Sicherheit nicht jedesmal eine USB-Tastatur mit rum schleppen.

    Meine Revolutionen am Rechner sind eher kleine, die das Umgewöhnen nicht ganz so drastisch machen. An meinen Rechner an der Arbeit habe ich eine Ergonomische (nach hinten geklappte und gebogene) Tastatur und eine Mausablage mit Handballenauflage. Dies macht einen Unterschied in der Praxis ohne die integrierten Tastaturen ersetzen zu müssen (ich kann an denen auch noch tippen obwohl ich an der Arbeit eine ergonomische Tastatur habe, und muss nicht zwischen unterschiedlichen Tastaturlayouts wählen).

    Ebenso gibt es Oberflächen die nicht ergonomisch aber in der Situation praktisch sind. Wieso sollte man diese umstellen wenn die Kunden (Anwender) es garnicht anders haben wollen?

    cu André



  • _matze schrieb:

    Na ja, ich wär damals fast in einer 500-Mann-Firma gelandet (für die Ausbildung), in der COBOL "gelebt" wird. So was wird's wohl schon noch oft geben.

    Liegt wohl an der breiten Präsenz im Banken- und Versicherungsbereich und dem Umstand, daß COBOL noch gepflegt wird. Zudem ist es in COBOL schwieriger, "tricky" Code zu basteln als in anderen Sprachen.

    _matze schrieb:

    Stattdessen habe ich übrigens meine Ausbildung in einer 2-Mann-Firma gemacht, die mit CA-Clipper ihr Geld verdient hat (und immer noch verdient). Das ist natürlich zeitgemäßer... 😉

    Echt, Clipper lebt noch? Wann war das? Ich habe fast ein Jahr damit arbeiten "dürfen" und bin erst später darauf gekommen, daß das nicht wirklich ideal ist, um eine DB aufzuziehen.

    Da gibt's noch eine DB, die ich aber nur als user unangenehm kennenlernen durfte: BTRIEVE steckte zumindest noch vor fünf Jahren hinter Branchenlösungen für Optiker, Anwälte und Buchhändler. Ein Problem war, daß man bei Mehrplatzsystemen der Optikersoftware im laufenden Betrieb nicht immer ein konsistentes Backup bekam und das Ding ganz gerne den Datenbestand zershredderte. Joh, und wenn fünf Generationen Backups korrumpiert sind, dann ist nicht BTRIEVE, sondern der Admin schuld. Aber meinem Nachfolger ist es auch nicht besser ergangen. 😃
    Ob dieses Unikum nunmehr als Pervasive.SQL mehr Freude macht? Echt vorstellen kann ich mir das eher nicht. Alleine das sture Festhalten daran könnte man aber als Kapitel in's Buch für's "alte Denken" aufnehmen.



  • u_ser-l schrieb:

    Man spricht von 180 Milliarden COBOL Codezeilen in Gebrauch und jährlich sollen 5 Milliarden hinzukommen (Artikel auf computerworld.com, 11/'06).

    klar, die haben eine mehrere jahrzehnte alte codebasis. das zeug wird immer wieder repariert, erweitern und wächst und wächst. was bleibt ihnen anderes übrig? eine umstellung würde bedeuten, dass man fast bei 0 wieder anfängt. das hat weniger mit 'alter denke' was zu tun, sondern eher ein sachzwang, dem man sich ergeben hat.

    u_ser-l schrieb:

    Die meisten würden wohl auf Java oder C++ tippen.

    Java hätte ich jetzt auch geraten. C++ projekte haben, meiner ansicht nach, einen kürzeren lebenszyklus.
    🙂



  • pc() schrieb:

    Echt, Clipper lebt noch? Wann war das? Ich habe fast ein Jahr damit arbeiten "dürfen" und bin erst später darauf gekommen, daß das nicht wirklich ideal ist, um eine DB aufzuziehen.

    Meine Ausbildung war 2001-2004. Es ging da um TK-Billing, und ich war schon ziemlich von Clipper begeistert. Es hat einfach 'ne Menge Spaß gemacht. Die Nutzbarkeit mag sich heute relativiert haben, klar. Ganz ausgestorben ist Clipper dennoch nicht, und es lässt sich immer noch damit Geld machen. Die Firma lebt heute eben noch und ist damit der beste Beweis!



  • ~fricky schrieb:

    Java hätte ich jetzt auch geraten. C++ projekte haben, meiner ansicht nach, einen kürzeren lebenszyklus. 🙂

    Mhh... Merkwürdig. Zumindestens in den Firmen in denen ich gearbeitet habe waren es gerade die C++ Projekte mit hohen Lebenszyklus (In meiner jetzigen erst 7 Jahre, bei der vorherigen annährend 15, und davor gab es neben vielen kurzlebigen Kundenprojekten noch einige längerlebige in C oder C++).

    Anderseits kann es mit Java noch nicht so lange Lebenszyklen geben, daher ist der Vergleich etwas schwierig.



  • asc schrieb:

    ~fricky schrieb:

    Java hätte ich jetzt auch geraten. C++ projekte haben, meiner ansicht nach, einen kürzeren lebenszyklus. 🙂

    Mhh... Merkwürdig. Zumindestens in den Firmen in denen ich gearbeitet habe waren es gerade die C++ Projekte mit hohen Lebenszyklus (In meiner jetzigen erst 7 Jahre, bei der vorherigen annährend 15, und davor gab es neben vielen kurzlebigen Kundenprojekten noch einige längerlebige in C oder C++).

    erstmal glückwunsch zu deinen 22 jahren berufserfahrung. damit kann ich leider nicht dienen.

    asc schrieb:

    Anderseits kann es mit Java noch nicht so lange Lebenszyklen geben, daher ist der Vergleich etwas schwierig.

    Java ist, unter anderem auch, das 'Cobol des neuen Denkens'. viel business-krempel wird in java gecodet und wächst und gedeiht ebenso, wie diese Cobol-monster. in dem bereich wird doch kaum was mit C++ gemacht und viele, die sich dereinst mit c++ verrannt haben, sind zu Java gewechselt (z.b. ebay usw.).
    🙂



  • u_ser-l schrieb:

    apropos 'altes Denken' und Programmiersprachen -

    wißt Ihr, daß an 75% der "enterprise business processes" COBOL beteiligt ist?...

    Jo - wusste ich schon.
    Überrascht mich auch nicht - ich arbeite auch in so einer Firma (wenn ich selbst auch verschont bleibe von COBOL).

    Ist nichts Anderes: Wer würde zig Millionen in die Hand nehmen, um Dinge, die über Jahrzehnte entstanden sind (und sowohl "saubergeschliffen" aus auch "zugewuchert" wurden), auf einen neue Programmiersprache umzustellen?
    (und würdest Du bei einer Bank bleiben, die ihre Kontoführungsgebühren erhöht, um diese Kosten aufzubringen ?)

    Gruß,

    Simon2.



  • ~fricky schrieb:

    erstmal glückwunsch zu deinen 22 jahren berufserfahrung. damit kann ich leider nicht dienen.

    Ich auch nicht, der Lebenszyklus von Projekten ist auch nicht identisch mit den Angestelltenverhältnissen (man kommt durchaus in laufende Projekte rein, und kündigt auch während eben solcher).

    ~fricky schrieb:

    in dem bereich wird doch kaum was mit C++ gemacht und viele, die sich dereinst mit c++ verrannt haben, sind zu Java gewechselt (z.b. ebay usw.).

    Ich kenne übrigens aus anderen Firmen schon die Gegentendenz (man hat festgestellt das Java auch nicht in jeden Fall das Optimum ist). Von den Hype alles in Java umzusetzen sind einige weggekommen (Was nicht heißen soll das die Firmen garkeine Javaprojekte mehr machen, nur halt nicht Ausschließlich, und Projektbezogen die Sprache neu wählen).



  • asc schrieb:

    Ich kenne übrigens aus anderen Firmen schon die Gegentendenz (man hat festgestellt das Java auch nicht in jeden Fall das Optimum ist). Von den Hype alles in Java umzusetzen sind einige weggekommen ...

    ja, solche reiten dann meistens auf der .net welle weiter. und als .net-benutzer können sie auch wieder cobol proggen. so schliesst sich der kreis.
    🙂



  • ~fricky schrieb:

    das hat weniger mit 'alter denke' was zu tun, sondern eher ein sachzwang, dem man sich ergeben hat.

    ja, ich meinte 'alte denke' im Zusammenhang mit COBOL auch nicht negativ - eher in stiller Verneigung vor der bemerkenswerten Langlebigkeit einiger Erscheinungen der Softwareindustrie.

    Man kann also nicht vorausschauend genug bei der Wahl einer Programmiersprache sein - da stanzt man 1959 arglos ein COBOL-Programm in einen Stapel Lochkarten, nicht ahnend, daß 50 Jahre später die Urenkel noch den Code warten müssen 😃



  • asc schrieb:

    Du wirst aber nicht schaffen etwas zu ändern, wenn nicht von der Mehrheit der potentiellen Anwender das ganze positiv aufgenommen wird. Beispielsweise kann eine Änderung des Tastaturlayouts nur dann klappen wenn es entweder nur kleine Änderungen sind, oder es sich zumindestens auf alles Rechner des Anwenders gleichzeitig anwenden lässt. Ganz davon abgesehen das viele keinen Sinn darin sehen (ich in dem Fall auch nicht).

    Das war jetzt nur ein Beispiel, wobei Remapping z.B. im Spielebereich nicht nur üblich ist, sondern zum guten Ton gehört. Auch in anderen Bereichen wirst Du immer wieder Software finden, wo Du wenigstens die Funktionstasten und Kürzel frei belegen kannst. Es steht Dir frei, auch den Rest konfigurierbar zu machen, zumindest, darüber nachzudenken, ob das Sinn machen könnte.

    asc schrieb:

    Meine Revolutionen am Rechner sind eher kleine, die das Umgewöhnen nicht ganz so drastisch machen ...

    Du hast wahrscheinlich noch nie eine SpaceMouse probiert? Ich hab' mir auch erst gedacht, was für ein Käse, aber mit CAD- Software, die das unterstützt, kommt Jubel auf. Leider war man bei den Zugaben zum "normalen" Desktop reichlich phantasielos. Unterstützung für andere Software eher "strange". Da steckt massig Potential drin, aber jenseits CAD nutzt das keiner.

    asc schrieb:

    Ebenso gibt es Oberflächen die nicht ergonomisch aber in der Situation praktisch sind.

    Das solltest Du schon erklären können, inwiefern unergonomische Oberflächen "praktisch" sind.

    asc schrieb:

    Wieso sollte man diese umstellen wenn die Kunden (Anwender) es garnicht anders haben wollen?

    Weil das größtenteil eine Schutzbehauptung der Hersteller ist. Wenn man in Produkt- Foren/Newsgroups das Nörgeln anfängt, mehren sich öfters Stimmen wie "will ich auch schon lange" und Schwuppsdiwupps gibts den Thread plötzlich nimmer. Denk Dir Deinen Teil dazu.


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