Börse in der aktuellen Form noch sinnvoll?
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Jansen schrieb:
Andreas XXL schrieb:
Nein ich will den Kapitalismuß nicht abschaffen, weil es das bisher beste System ist, was entstanden ist. (Z.B war der Kommunismus viel schlimmer).
Kurzer Einwurf: Bisher hat auf der Erde keine kommunistische Gesellschaft existiert (vom Urkommunismus vielleicht abgesehen).
Tut mir Leid, aber was ist dann Nordkorea, die UdSSR, Kuba und so weiter?
Ich möchte dir keine bestimmte politische Richtung unterstellen, aber diese Argumentationsweise ist eigentlich typisch für die politische Linke. Falls eins ihrer "Experimente" mal wieder in der Praxis scheitert und zu Leid, Mord und Elend führt, dann
[] war es entweder gar kein Sozialismus/Kommunismus, unabhängig aller Selbstbezeichnungen der damals Herrschenden (was dann aber die Frage aufwirft, ob "Kommunismus" überhaupt erreichbar ist, wenn soviele danach streben und es angeblich trotzdem nie erreicht wird und immer zu Konzentrationslagern, Gulags oder etwas ähnlichem führt)
[] oder der/die (Kapitalismus/Bourgeoisie/Neoliberalismus) ist daran schuld, bevorzugt in Form des Teufels (USA) darstellt und dem unheilvollen Wirken seiner Geheimdienste
[*] oder es wird (nach einiger Zeit) verklärt. So zu beobachten in jüngster Zeit bei der Ostalgie: "So schlecht war die DDR ja gar nicht"Ich frage mich aber nach wie vor, wie man abstreiten kann, dass der Wechsel von Sozialismus bzw. Planwirtschaft zu Marktwirtschaft zu mehr Wohlstand führt, angesichts der erdrückenden empirischen Beweislast (Europa selbst, Taiwan, Chile, heute vielleicht eingeschränkt noch China).
Viele Grüße
Christian
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ChrisM schrieb:
Ich frage mich aber nach wie vor, wie man abstreiten kann, dass der Wechsel von Sozialismus bzw. Planwirtschaft zu Marktwirtschaft zu mehr Wohlstand führt, angesichts der erdrückenden empirischen Beweislast (Europa selbst, Taiwan, Chile, heute vielleicht eingeschränkt noch China).
Das wird doch oft (auch von Linken) zur Kenntnis genommen. Gut, dann macht Kapitalismus die Leute eben nicht bettelarm. Aber er macht sie dekadent. Oder dick. Oder doof. Oder unfreundlich. Oder unglücklich. Oder er verwirrt sie mit zu vielen Produkten.
Hat doch schon Schumpeter festgestellt: Die Anschuldigungen gegenüber dem Kapitalismus ändern sich ständig. Das Urteil steht aber immer vorher schon fest.
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ChrisM schrieb:
[*] oder der/die (Kapitalismus/Bourgeoisie/Neoliberalismus) ist daran schuld, bevorzugt in Form des Teufels (USA) darstellt und dem unheilvollen Wirken seiner Geheimdienste
hihi, so was ähnliches dachte ich mir auch neulich als es plötzlich hieß "an der finanzkrise ist die zu starke staatliche regulierung schuld". Aber ist ja klar, dass alles Gute von der Marktwirtschaft kommt und wenn's kracht die "staatliche Regulierungswut" schuld ist. Aber das ist natürlich auch was völlig anderes.
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Jester schrieb:
ChrisM schrieb:
[*] oder der/die (Kapitalismus/Bourgeoisie/Neoliberalismus) ist daran schuld, bevorzugt in Form des Teufels (USA) darstellt und dem unheilvollen Wirken seiner Geheimdienste
hihi, so was ähnliches dachte ich mir auch neulich als es plötzlich hieß "an der finanzkrise ist die zu starke staatliche regulierung schuld". Aber ist ja klar, dass alles Gute von der Marktwirtschaft kommt und wenn's kracht die "staatliche Regulierungswut" schuld ist. Aber das ist natürlich auch was völlig anderes.
Warum? Das sind doch, wenigstens dem Wesen nach, alles falsifizierbare Aussagen.
Der Unterschied ist die verfügbare Datenlage und wie diese von Experten interpretiert wird: die ist bei der Lenin'schen Imperialismus-Theorie des Kapitalismus, mit dessen Ableger wir es hier zu tun haben, aber etwas dünn, was nicht heißen soll, daß es keine CIA-Versuche oder US-Militärinterventionen, fremde Regierungen zu stürzen, gegeben hat.
Die Finanzkrisen-Aussage, hey, da kann man immerhin nachlesen, was die staatlichen Regulierungen und Marktinterventionen waren -- welche Rolle sie gespielt haben, tja, darüber können sich die Gelehrten streiten. Dort diskutieren zB. vier amerikanische Professoren über das Thema (übrigens: vier komplett unterschiedliche Erklärungsansätze, die sich teilweise auch noch auf völlig unterschiedliche Zeiträume beziehen) und man wird haufenweise Professoren und Ökonomie-Nobelpreisträger finden, die auf unterschiedlichen Seiten des Themas stehen. Es scheint also keine ganz so bizarre Aussenseitermeinung zu sein, wie Du es hier hinstellst.
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Daniel E. schrieb:
Es scheint also keine ganz so bizarre Aussenseitermeinung zu sein, wie Du es hier hinstellst.
Ich stelle hier überhaupt nichts als bizarre Außenseitermeinung dar. Ich zeige nur eine Parallele auf und wollte mein Amüsement darüber mit euch teilen.
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Hmm, ich kapier's nicht.
Was ist die Parallele? Daß gesetzt die geäußerte Hypothese wäre wahr, die offensichtliche Erklärung falsch wäre? Ja, aber das trifft so ziemlich auf alles zu. Die komplette Naturwissenschaft beruht doch im wesentlichen auf der Idee, daß es ein Testverfahren gibt, mit dem man seine Hypothese prüfen kann: nachsehen.
Oder meinst Du, daß man Meinungen äußert, ohne vorher nachgesehen zu haben? Das ist aber keine Voraussetzung für das äußern der zweiten Aussage. Bei der ersten bin ich mir nicht sicher, da bin ich zu wenig kompetent.
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ChrisM schrieb:
Jansen schrieb:
Andreas XXL schrieb:
Nein ich will den Kapitalismuß nicht abschaffen, weil es das bisher beste System ist, was entstanden ist. (Z.B war der Kommunismus viel schlimmer).
Kurzer Einwurf: Bisher hat auf der Erde keine kommunistische Gesellschaft existiert (vom Urkommunismus vielleicht abgesehen).
Tut mir Leid, aber was ist dann Nordkorea, die UdSSR, Kuba und so weiter?
Karl Marx würde sich im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, dass wir diese Staaten als "kommunistisch" ansehen. Nach seiner Theorie kann der Kommunismus erst in einem "ultra industrialisiertem" Land entstehen. Also erst, wenn man 99,9% der Produktionskapazitäten ausnutzt, und der Kapitalismus mit seiner Leistungsgesellschaft keinen weiteren Fortschritt durch Forschung etc. bringen kann. Dann sind die sozialen Ungleichheiten, die zur Zeit des Kapitalismus durch den allgemeinen hohen Lebensstandard gerechtfertigt werden, hinfällig.
Aber selbst in einem so hoch industrialisierten Land wie Deutschland ist das Ende des Fortschritts durch Kapitalismus noch lange nicht in Sicht, falls es so ein Ende überhaupt gibt bzw. geben kann.
Dass wir viele eher agrarwirtschaftlich geprägte Länder als kommunistisch bezeichnen, ist also der größte Witz der Geschichte. Es handelt sich nicht um Kommunismus, sondern um Diktatur als politische Staatsform und Planwirtschaft als Wirtschaftsform.
Ich denke in die Richtung wollte Jansen argumentieren.
Gruß
Don06
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So in etwa. Den Begriff "Diktatur" halte ich im aktuellen Sprachgebrauch allerdings für genauso irreführend eingesetzt wie das "kommunistisch".
Damit aber genug OT, zurück zu den Spekulanten!
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Jester schrieb:
ChrisM schrieb:
[*] oder der/die (Kapitalismus/Bourgeoisie/Neoliberalismus) ist daran schuld, bevorzugt in Form des Teufels (USA) darstellt und dem unheilvollen Wirken seiner Geheimdienste
hihi, so was ähnliches dachte ich mir auch neulich als es plötzlich hieß "an der finanzkrise ist die zu starke staatliche regulierung schuld". Aber ist ja klar, dass alles Gute von der Marktwirtschaft kommt und wenn's kracht die "staatliche Regulierungswut" schuld ist. Aber das ist natürlich auch was völlig anderes.
Zumindest konnte die durchaus weitreichende existierende Regulierung nichts verhindern. Und sie hat auch einige perverse Anreize erzeugt und vielleicht auch eine schlechte Vorbildfunktion gehabt... ("Wenn die Regulation sagt, das ist OK, dann ist das auch OK.")
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Don06 schrieb:
ChrisM schrieb:
Jansen schrieb:
Andreas XXL schrieb:
Nein ich will den Kapitalismuß nicht abschaffen, weil es das bisher beste System ist, was entstanden ist. (Z.B war der Kommunismus viel schlimmer).
Kurzer Einwurf: Bisher hat auf der Erde keine kommunistische Gesellschaft existiert (vom Urkommunismus vielleicht abgesehen).
Tut mir Leid, aber was ist dann Nordkorea, die UdSSR, Kuba und so weiter?
Karl Marx würde sich im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, dass wir diese Staaten als "kommunistisch" ansehen. Nach seiner Theorie kann der Kommunismus erst in einem "ultra industrialisiertem" Land entstehen. Also erst, wenn man 99,9% der Produktionskapazitäten ausnutzt, und der Kapitalismus mit seiner Leistungsgesellschaft keinen weiteren Fortschritt durch Forschung etc. bringen kann. Dann sind die sozialen Ungleichheiten, die zur Zeit des Kapitalismus durch den allgemeinen hohen Lebensstandard gerechtfertigt werden, hinfällig.
Aber selbst in einem so hoch industrialisierten Land wie Deutschland ist das Ende des Fortschritts durch Kapitalismus noch lange nicht in Sicht, falls es so ein Ende überhaupt gibt bzw. geben kann.
Huh? Da lese ich zB. das Kommunistische Manifest aber ganz anders. Da läßt sich doch deutlich sein historischer Determinismus ablesen. Erst erklären sie, wie die Welt funktioniert (= überall Klassenkampf) und, dass die damalige Situation *nur* im Kommunismus enden kann (ja, ich weiß: das haben andere Marxisten, heck, sogar Lenin anders gesehen, aber das waren bekanntlich gar keine richtigen Marxisten, sondern V-Männer vom CIA). Die Theorie war halt falsch; kommt in den besten Familien vor.
Aber "99,9%" und Prinzipien vom Grenznutzen des Kapitalismus kann ich dort nicht finden.
Dass wir viele eher agrarwirtschaftlich geprägte Länder als kommunistisch bezeichnen, ist also der größte Witz der Geschichte. Es handelt sich nicht um Kommunismus, sondern um Diktatur als politische Staatsform und Planwirtschaft als Wirtschaftsform.
Jaja, vielleicht funktioniert die Kausalität auch andersrum: nicht alle "kommunistischen" Länder haben als bettelarme Dreckslöcher angefangen ...
Aber gut. Ich hab ein paar Sachen von Marx, Engels und Lenin gelesen, aber ich bin kein Experte auf dem Gebiet. Also, hast Du vielleicht kurze operative(!!) Definitionen von Kommunismus, Marxismus und Sozialismus und deren Abgrenzung. Und warum die ganze Welt das nicht weiß.