Linken-Bashing im Bundestag
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Hallo
Das ist nicht das selbe. Wenn du gerade in einer Durststrecke bist, weißt du, dass man mal eine Weile verzichten muss, aber du hast Aussicht auf Besserung (weil wenn nicht, würdest du nicht mehr selbstständig bleiben und dich als arbeitslos melden, um dir den Popo zu pudern). Wenn du arbeitslos bist, ist deine Lage aussichtslos. Selbst, wenn du doch mal einen Job bekommen solltest, wirst du kaum Netto mehr haben als Hartz-4. Und erlebt habe ich noch nie, dass jemand aus der Arbeitslosigkeit heraus aufeinmal in einem Job eine steile Karriere macht.
Das sehe ich ganz andersIch war ca 1 Jahr arbeitslos und habe es
dann nicth mehr ohne Arbeit ausgehalten.
Ich habe mich selbststaendig gemacht und verdiene eigentlich ganz gutIn der Zweit der Arbeitslosigkeit habe ich weder Schikane erlebt
noch gross auf irgenwas verzeichten muessenDagegen kenne ich zuviele (kommen immer wieder in meine Firma)
die wollen nur einen "Stempel" fuers Amt
Arbeit dagegen - Ne warum dennBei der achbarfirma wuerde der Chef gerne ein wenig kuerzer
treten (~200 Sth/Monat) - aber Leute die was arbeiten wollen
Fehlanzeige (zahlt ganz manierlich so um 20 € fuer Arbeiter)
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@Joducus: Danke, für deine ausgezeichneten Beiträge!
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KlausB schrieb:
Das sehe ich ganz andersIch war ca 1 Jahr arbeitslos und habe es
dann nicth mehr ohne Arbeit ausgehalten.
Ich habe mich selbststaendig gemacht und verdiene eigentlich ganz gutWenn du vorher mindestens 24 Monate sozialversicherungspflichtig gearbeitet hast, hast du das Jahr über aber ALG und nicht Hartz IV bezogen.
Selbstständig machen klingt theoretisch ganz nett, aber entweder hast du ein Startkapital oder bekommst einen Kredit, wobei letzteres für ALG II-beziehende Personen naturgemäß äußerst schwierig ist.KlausB schrieb:
In der Zweit der Arbeitslosigkeit habe ich weder Schikane erlebt
noch gross auf irgenwas verzeichten muessenIn der Regel ist das ALG auch wesentlich höher als das ALG II. Die Schikane bekommst du erst, wenn du ALG II beziehst, wie gesagt. Das ALG hast du im Prinzip selber zuvor mit Geld bezahlt. ALG II bezahlst du mit z.T. sehr fragwürdigen Auflagen.
KlausB schrieb:
Dagegen kenne ich zuviele (kommen immer wieder in meine Firma)
die wollen nur einen "Stempel" fuers Amt
Arbeit dagegen - Ne warum dennIch kenne deine Firma nicht, darüber erlaube ich mir kein Urteil. Aber wie du schon selbst sagtest, ist es ohne Arbeit nicht lange auszuhalten - so geht es den allermeisten, da bist du nicht der einzige. Klar gibt es immer ein paar Schmarotzer, aber das ist nicht die Regel. Wer anderes behauptet, hat einfach noch die wirklich perspektivlose Arbeitslosigkeit erlebt.
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GPC schrieb:
Wer in Deutschland nichts hat oder kann, hat's richtig gut.
Ich werde dich darauf ansprechen wenn du nichts mehr hast. Langfristig nichts.
GPC schrieb:
Ich war noch nie arbeitslos und darüber bin ich auch glücklich. ... Ich habe nur was dagegen, wenn man sich hinstellt und jammert, wie schlecht es Arbeitslosen in DE geht.
Genau das ist das Problem. Personen, die selber nie in eine vergleichbare Lage kamen führen diese ewige Diskussion von den bösen Arbeitslosen die X mal so viel bekommen als einer der arbeitet. Wozu diese Hetze? Weil man einen gemeinsamen Feind identifiziert hat: den faulen Harzer.
Genau genommen ist Arbeitslosigkeit NOTWENDIG für eine funktionierende Volkswirtschaft.
Sinkt die Arbeitslosigkeit zu stark, ruft die Industrie "Fachkräftemangel" und Arbeitnehmer aus dem Ausland werden hergeholt. Vollbeschäftigung wird es in diesem System niemals geben und das ist so gewollt. Interpretiere die Sozialausgaben als notwendige Kosten um das Arbeitsangebot aufrecht zu erhalten.Viele Arbeitslose hätten gerne einen Job. Allerdings werden die Jobs oft von faulem Unnütz besetzt die nicht arbeiten wollen (-> GDL ).
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Schneewittchen schrieb:
Allerdings werden die Jobs oft von faulem Unnütz besetzt die nicht arbeiten wollen (-> GDL ).
Wie positioniert man sich links und reißt dann alles mit dem Arsch wieder ein. Bravo!
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Um das mal zugespitzt zu sagen, warum Arbeitslosengeld kein vergleichbares Leben zu einem Arbeitsentgelt ermöglichen kann und darf:
Szenario a: Der Heer der Arbeitslosengeldbezieher will keine Arbeit finden: Die Gesellschaft will solches Verhalten nicht dulden. Das Arbeitslosengeld muss gering sein.
Szenario b: Der Heer der Arbeitslosengeldbezieher kann keine Arbeit finden: Dann ist zu wenig Arbeit da. Da das Arbeitslosengeld von den Arbeitenden bezahlt wird, muss es in diesem Fall gering sein.Wenn man diese einfache Wahrheit akzeptiert, dann ist doch die wahre Frage: Wieso ist das Arbeitslosengeld dann so gering, dass es nur für bloßes Überleben ohne Zugang zu Kultur, Bildung etc. reicht? Weil bloßes Überleben mit minimalem Zugang zu Kultur, Bildung etc. bereits das Minimum ist, für das manche Menschen in unserer Gesellschaft arbeiten. Man könnte sogar sagen, dass so mancher Arbeiter wesentlich schlechter lebt als so mancher Arbeitsloser, dass Arbeitslosengeld also noch zu hoch ist (also nach der obigen Argumentation hat man in dem Fall entweder zu wenig Motivation zu arbeiten oder der arme Arbeiter ist so arm, weil er zu viel einzahlen muss). Allgemein gesagt: Der allgemeine Lebensstandard ist zu gering oder die Ansprüche an einen minimalen Lebensstandard zu hoch. Ich bin nicht alt genug, um zu vergleichen, ob der durchschnittliche Lebensstandard gesunken ist, die Ansprüche gewachsen sind oder ob die Diskussion um die Höhe des Arbeitslosengeldes schon immer die gleiche war. Aber dies ist der Knackpunkt. Wenn es dem Arbeiter mit dem Mimimaleinkommen besser ginge, dann ginge es auch den Arbeitslosen besser. Die wahre Frage ist also, wo der allgemeine Wohlstand geblieben ist oder ob er einfach von Vornherein nie so hoch war.
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Schneewittchen schrieb:
Sinkt die Arbeitslosigkeit zu stark, ruft die Industrie "Fachkräftemangel" und Arbeitnehmer aus dem Ausland werden hergeholt.
"Fachkräftemangel" rufen die IMMER. Während kein Akademiker einen Job kriegte ohne vorher ein halbes Jahr unbezahltes Praktikum riefen sie es. Das ist die Aufgabe des Industrieverbands: Mehr Fachkräfte besorgen und damit die Löhne drücken. Ganz egal, wie groß der Fachkräfteüberschuss ist.
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Jodocus schrieb:
Das ist nicht das selbe. Wenn du gerade in einer Durststrecke bist, weißt du, dass man mal eine Weile verzichten muss, aber du hast Aussicht auf Besserung (weil wenn nicht, würdest du nicht mehr selbstständig bleiben und dich als arbeitslos melden, um dir den Popo zu pudern). Wenn du arbeitslos bist, ist deine Lage aussichtslos. Selbst, wenn du doch mal einen Job bekommen solltest, wirst du kaum Netto mehr haben als Hartz-4. Und erlebt habe ich noch nie, dass jemand aus der Arbeitslosigkeit heraus aufeinmal in einem Job eine steile Karriere macht.
Ohne zu sehr ins Detail zu gehen, hat diese "Durststrecke" dann in einer Geschäftsaufgabe, Arbeitslosigkeit meiner Eltern und dann einem Neuanfang als Selbstständige in einer anderen Branche gemündet. Aber da waren die ersten 5-6 Jahre auch kein Zuckerschlecken. Insg. also sicher eher 10 schwierige Jahre. Ich habe das damals nie so gesehen, aber heute würde man mich wohl auch in die "benachteiligte Ecke" schieben. Hat mich aber trotzdem nicht davon abgehalten, nach dem Werkrealschulabschluss ein Abi zu machen und zu studieren. Wenn ich immer dieses Gejammer höre, kriege ich Ausschlag. Wer wirklich will, der kann.
Alsob Arbeitslose kein normales Leben verdient hätten.
Was ist ein normales Leben? So eins wie ein normaler Angestellter mit Durchschnittsgehalt führt? Tja, dann musst du auch so viel ALG auszahlen. Das wäre für die normal arbeitende Bevölkerung aber Hohn.
SeppJ hat das schön ausgeführt und mir ist nicht klar, wie man sich an dieser einfachen Wahrheit so aufhängen kann.Schneewittchen schrieb:
Genau das ist das Problem. Personen, die selber nie in eine vergleichbare Lage kamen führen diese ewige Diskussion von den bösen Arbeitslosen die X mal so viel bekommen als einer der arbeitet. Wozu diese Hetze? Weil man einen gemeinsamen Feind identifiziert hat: den faulen Harzer.
Ich habe nirgends gegen Arbeitslose gehetzt. Ich habe sie nicht pauschal für faul etc. erklärt, ich habe auch nicht geringere H4-Sätze gefordert. Alles was ich sagte, war dass man sich als Arbeitsloser in DE im Grunde nicht beklagen kann. Und meine ursprüngliche Aussage bezog sich sowieso auf die Sozialausgaben im Gesamten, denn diese sind einfach enorm. Aber es ist ja normal geworden, einfach "Staat! Hilf mir, die anderen sind an allem Schuld!" zu rufen.
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GPC schrieb:
Hat mich aber trotzdem nicht davon abgehalten, nach dem Werkrealschulabschluss ein Abi zu machen und zu studieren. Wenn ich immer dieses Gejammer höre, kriege ich Ausschlag. Wer wirklich will, der kann.
Du weißt doch genau, dass ein Studium kein Garant für eine Beschäftigung ist. Für manche Jobs eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung.
Wovon ich Ausschlag bekomme, ist die alte Leier vom Tellerwäscher zum Millionär. Es ist eben nicht so, dass alle können, wenn sie wollten. Diejenigen, die das Glück hatten, nach ihrem Studium eine Beschäftigung zu bekommen betonen immer, dass sie all das verdient hätten, da sie vorher lange gelernt und gearbeitet haben. Das will auch niemand aberkennen. Aber viele Andere, die keinen relativen Wohlstand erlangt haben (und damit meine ich wenigstens einen Durchschnittswert für eine würdige Existenz), haben genauso hart gearbeitet und wo ist da die geforderte Gerechtigkeit? Nein, die sollen Hartz IV beziehen, was gefälligst niedriger zu sein hat als das Durchschnittsniveau (+ Schikane inkl. aller oben erörterer Nachteile), da es sonst wieder ungerecht ist. Ich muss es noch einmal betonen: Arbeitslosigkeit kann jeden treffen. Es ist ganz oft enormes Pech, was einen da hinein treibt und nicht eigenes Verschulden. Warum soll ein Mensch, der dieses Pech hat, auch noch zusätzlich bestraft werden, indem man ihm seine Würde nimmt? Leute, die nicht am unteren Ende des sozialen Spektrums leben scheinen immer zu vergessen, dass zu ihrem relativen Erfolg neben der obligatorischen Arbeit auch immer Glück gehört.Hier kollidieren scheinbar ja zwei Menschenbilder. Das eine vom Menschen, der am liebsten faul ist und nicht arbeiten würde, wenn er nicht unbedingt müsste und das andere, nachdem jeder Mensch dazu verdammt ist, etwas tun zu müssen. Empirisch gesehen behaupte ich, dass ersteres nur auf die allerwenigsten zutrifft. Jeder Multimilliardär ist alles andere als faul, die müssen (und wollen) stets arbeiten, ihr Job ist quasi nur noch das Verteilen und Anlegen ihres Geldes (undzwar nicht nur in Luxusobjekte, sondern auch in Charity-Projekte etc.), was äußerst viel Zeit in Anspruch nimmt. Noch ein Argument: Die Industrialisierung (und die "Computerfizierung") haben den Menschen eine Menge Arbeit abgenommen und trotzdem wird heute wie damals malocht, dabei ist das ideale Ziel doch der Maschinensklave. Der Mensch ist nur bis auf ein bestimmtes Maß faul, wie ein Mathematiker faul ist. Bestimmte Art von Arbeit lehnt er ab, aber nicht jede. A propos Mathematik: vor 200 Jahren war Wissenschaft denen vorbehalten, die genug Geld (und damit Zeit) hatten, sich mit ihr zu beschäftigen. Newton, Hobbes, Rosseau, sie alle waren nicht faul, obwohl sie es hätten sein können.
Daher ist ein würdiges Arbeitslosengeld moralisch durchaus vertretbar. Die Tatsache, dass das Geld irgendwo herkommen muss, hat SeppJ ja schon angedeutet. Das würde nur gehen, wenn es eine Umverteilung von oben (und weniger von der Mitte) nach unten geben würde, wie auch immer die aussähe. Manche hätten ein System á la Sozialismus gerne, dass der Staat sich darum kümmert, es gibt aber auch andere Möglichkeiten (etwa, indem es einen Anreiz dafür gibt).Ich will auch garnicht sagen, dass das alles so unbedingt passieren muss oder sollte. Was ich letzenendes sagen will, ist, dass eine Stimme in die linke Richtung wichtig ist, um ein gesundes Mittelmaß zu halten.
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Sorry, aber Sozialisten kann man gar nicht genug bashen.
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earli schrieb:
Sorry, aber Sozialisten kann man gar nicht genug bashen.
Klar, aber Neoliberale und scheinheiliger CDU/SPD-Einheitsbrei müssen genauso gebasht werden.
Einseitiges Bashing kommt der Diskriminierung bestimmter sozialer Schichten gleich. Und auf die Linke, ob man sie nun toll findet oder nicht, wurde m.E. nach zu viel gebasht.
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Jodocus schrieb:
GPC schrieb:
Hat mich aber trotzdem nicht davon abgehalten, nach dem Werkrealschulabschluss ein Abi zu machen und zu studieren. Wenn ich immer dieses Gejammer höre, kriege ich Ausschlag. Wer wirklich will, der kann.
Du weißt doch genau, dass ein Studium kein Garant für eine Beschäftigung ist. Für manche Jobs eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung.
Wovon ich Ausschlag bekomme, ist die alte Leier vom Tellerwäscher zum Millionär. Es ist eben nicht so, dass alle können, wenn sie wollten.Ich habe nie behauptet, dass ein Studium ein Garant für einen Job wäre. Aber es verschlechtert idR auch die Chancen am Arbeitsmarkt nicht. Ich bin auch nicht vom Tellerwäscher zum Millionär, sondern nur vom Teenager zum Wirtschaftsinformatiker geworden. Meine "Karriere" ist also eher bescheiden, aber doch besser, als wenn ich immer nur das Minimum gemacht hätte, um iwie überall durchzukommen.
Sicher, Glück ist ein Faktor. Aber Glück muss man sich auch erarbeiten. Wer seine eigenen Hausaufgaben nicht macht, dem hilft auch 'n Sack voll Glück nicht weiter.Ja, Arbeitslosigkeit kann jeden treffen. Ja, oftmals ist es unverschuldet. Aber nein, das rechtfertigt aus meiner Sicht nicht deine Forderungen. Das ist einfach nicht zu vermitteln, wenn jemand, der seit x Jahren keiner Arbeit nachgeht im Prinzip mehr oder weniger ein gleichwertiges Leben führen kann wie jemand, der in der ganzen Zeit gearbeitet hat.
Das würde nur gehen, wenn es eine Umverteilung von oben (und weniger von der Mitte) nach unten geben würde, wie auch immer die aussähe.
Die Leute "oben" zahlen ja schon einen hohen Spitzensteuersatz. Man kann da auch nicht endlos Geld rausquetschen, um alle H4-Empfänger auf z.B. 800 EUR monatlich aufzustocken. Der Staat hat kein Einnahmenproblem, sondern schlicht ein Ausgabenproblem, weil es natürlich allen mehr Spaß macht, den Wähler mit iwelchem Shit wie Mütterrente, Betreuungsgeld usw. zu bespaßen.
Und den Linken traue ich aus diversen Gründen nicht über den Weg, aber die wären sicher immer vorne dabei, wenn's ums Verteilen von Wohltaten geht. Die Sorgen des kleinen Manns.. haha, ich glaub der "kleine Mann" hat eher Sorgen, dass seine erarbeitete Kohle von immer höheren Steuern, Abgaben, Energiekosten usw. aufgefressen wird.
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@SeppJ: Das ist stark vereinfacht. Arbeitslosengeld könnte höher sein, einfach aus dem Grund, dass genügend Spielraum bei der Umverteilung da ist. Dein Szenario A gibt es in D. nicht, da kannst du im Internet solange suchen wie du willst.
Der Lebensstandard hat sich definitiv verringert. Früher: Kindergeld bis 27, heute bis 25. Früher: Kostenlos studieren, heute ist das zum Glück wieder(!) so in den meisten Bundesländern. Früher: 13 Jahre Abitur, heute 12. Früher: Unbegrenzt studieren, Zeit, nach links und nach rechts zu schauen, die Welt zu erkunden, sich ehrenamtlich zu engagieren, heute musst du dein Studium in einer vorgegebenen Zeit hinter dir haben. Die Zahl der Niedriglohnjobs ist so hoch wie nie, die Kluft zwischen arm und reich, so hoch wie nie. Unsere junge Generation kann tatsächlich die erste Generation seit langem sein, denen es schlechter als der Elterngeneration gehen wird.
Und eigentlich haben Jodocus und ich, klar gemacht, dass Arbeitslose nicht nur finanziell leiden. Es ist eine Sache, arbeitslos zu sein, eine andere schikaniert und in sinnlose "Weiterbildungsmaßnahmen" geschickt zu werden, nur um dich dann aus der Arbeitslosenstatistik zu entfernen. Es gibt Job-Center, die haben eine Sanktionsquote. Zugeben, würde das keiner, aber es gibt Leaks, die das belegen. Sanktionen ist auch wieder ein Thema für sich: Hartz IV errechnet sich aus dem Existenzminimum. Dieses Minimum ist im Grundgesetz verankert! Gehst du z. B. nicht in einer dieser sinnlosen "Weiterbildungsprogrammen" oder verpasst einen Termin beim JC, wirst du für 3 Monate mit 30% sanktioniert. 30% unter dem Existenzminimum! Das gibt das Grundgesetz nicht her! Du kannst auch 100% sanktioniert werden. Bei 42%(!) der Klagen gegen Sanktionen geben Gerichte dem Arbeitslosen recht. Die Job-Center-Mitarbeiter sind nicht mal ausreichend geschult, um nach geltendem Recht Sanktionen zu erteilen, mal davon abgesehen, dass das eigentlich verfassungswidrig ist.
Ich behaupte auch, dass Sanktionen zu sinkenden Löhnen führen, weil der Arbeitslose verpflichtet ist jeden Job anzunehmen, den der JC vermittelt. Du hast keinerlei(!) Mitspracherecht. Gehaltsverhandlungen? Vergiss es! Du bist unmündig, verstehst du?! Deine Bewegungsfreiheit ist ebenfalls eingeschränkt, wie Jodocus schon erwähnte.
Wenn du hingegen selbst eine Weiterbildungsmaßnahme vorschlägst, die 1-2 Jahre dauern kann, musst du mit Widerständen rechnen. Ich kenne selbst so einen Fall. "Ich glaub, das bringt nichts", hieß es da. Glücklicherweise hatte dieser Mann, der erst 1 Jahr arbeitslos war, noch so viel Selbstvertrauen und Energie (und immerhin einen Diplom in Psychologie), so dass er zwei Wochen lang, 8 Stunden pro Tag rumtelefoniert hat, bis ihm sein Betreuer irgendwann zerknirscht die Weiterbildungsmaßnahme gewährt hat!
Du kannst Arbeitslose nicht einfach in ein sehr stark simplifiziertes Modell packen, das nicht mal Spielräume beachtet. Das hat mit der Realität rein gar nichts zu tun!L. G.,
IBV
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GPC schrieb:
Ich habe nie behauptet, dass ein Studium ein Garant für einen Job wäre. Aber es verschlechtert idR auch die Chancen am Arbeitsmarkt nicht.
Doch. Nennt sich "überqualifiziert". Kein Chef der Welt würde Jemanden einstellen, der u.U. auch noch besser ist als du und dich damit bloßstellen kann. Du kannst nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit nur von unten anfangen, und wenn du dafür zu qualifiziert bist (oder weiblich oder zu alt oder einen ausländisch klingenden Namen hast oder ...), nicht einmal mehr da.
GPC schrieb:
Meine "Karriere" ist also eher bescheiden, aber doch besser, als wenn ich immer nur das Minimum gemacht hätte, um iwie überall durchzukommen. Sicher, Glück ist ein Faktor. Aber Glück muss man sich auch erarbeiten. Wer seine eigenen Hausaufgaben nicht macht, dem hilft auch 'n Sack voll Glück nicht weiter.
Warum redest du die ganze Zeit immer von Minimum bzw. unterstellst Arbeitslosen, dass sie ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben? Du willst einfach nicht zugeben, dass Arbeitslose nicht unbedingt arbeitslos sind, weil sie faul sind oder nur das Minimum gemacht haben, das stimmt per se einfach nicht.
Ein Beispiel: Eine Mutter, die, sagen wir mal 3 oder 4 Kinder hat und viel Zeit in die Erziehung ihrer Kinder investiert, hat keine realen Chancen mehr, nach einer jahrelangen Auszeit in vernünftige Arbeit zu kommen. Die kann sich auch nicht so einfach selbstständig machen (sofern sie überhaupt etwas gelernt hat, was man in Selbstständigkeit ausüben kann), die bekommt garkeinen Kredit mehr, schon gar nicht im fortgeschrittenen Alter. Selbiges gilt, wenn man z.B. noch während des Studiums schwanger wird und es einfach um des Kindes Wohl etwas zurücktreten muss. Weil die Hausaufgaben dann nicht gemacht wurden, weil das Kind zu versorgen ist, ist eine geringe soziale Hilfe im Falle, dass die Mutter später arbeitslos wird, gerecht?Sie hat einen unbezahlbaren Dienst an der Gesellschaft getan, nämlich einen Beitrag für ihr Fortbestehen; nichtsdestoweniger kannst du die zu erwartende volkswirtschaftliche Leistung der Kinder in Euros abschätzen. Das wird von der Gesellschaft momentan so gut wie garnicht honoriert, die Mütterrente ist mehr ein Tropfen auf den heißen Stein, aber immerhin ein Signal.
Einseitig neoliberale Gemüter werden nun vermutlich wieder ihre Freiheit bedroht sehen, da sie glauben, eine gerechte Entlohnung derer, die sich für die Erziehung ihrer Kinder einsetzen, würde die "wirklich" hart arbeitenden Frauen, die nicht "faul zu Hause bleiben" diskriminieren, abgesehen davon, dass der Staat den Fleißigen wieder ein paar miese Kröten für diese faulen Schweine abluchst. Dabei würde das einen Freiheitsgrad in der Lebensgestaltung hinzufügen: man kann entscheiden, ob man Karriere machen will oder Kinder erziehen möchte, ohne dann für den Rest des Lebens Sanktionen befürchten zu müssen. Arbeiten kann man immer, Kinder kriegen nicht. Aber dieses Beispiel nur am Rande, der Zusammenhang ergibt sich ganz schnell, wenn man feststellt, dass (Alters-)Armutsrisiko und Kinderzahl stark korrelieren. Diejenigen, die von Altersarmut bedroht sind, sind die, die die Kinder großgezogen haben. Und deren Kinder bezahlen also dann die Renten derer, die Karriere gemacht und fleißig in die Kassen gezahlt haben. Sie haben gearbeitet, ihr Leben lang, sie haben es schließlich verdient. Stimmt, aber die anderen genauso! Das wäre gerecht.Und bezgl. deiner Einstellung zum Glück: magst du mir verraten, wie man Glück erzwingen kann, scheinbar kennst du da ja eine Formel?
GPC schrieb:
Ja, Arbeitslosigkeit kann jeden treffen. Ja, oftmals ist es unverschuldet. Aber nein, das rechtfertigt aus meiner Sicht nicht deine Forderungen. Das ist einfach nicht zu vermitteln, wenn jemand, der seit x Jahren keiner Arbeit nachgeht im Prinzip mehr oder weniger ein gleichwertiges Leben führen kann wie jemand, der in der ganzen Zeit gearbeitet hat.
Und warum? Weil der arbeitende seinen Job so hasst und leidet, während der Arbeitslose überhaupt nicht daran zu leiden hat, entweder keinen Beitrag zur Gesellschaft leisten zu können oder einen solchen leistet, der einfach nicht honoriert wird? Wo ist da Gerechtigkeit?
GPC schrieb:
Die Leute "oben" zahlen ja schon einen hohen Spitzensteuersatz. Man kann da auch nicht endlos Geld rausquetschen, um alle H4-Empfänger auf z.B. 800 EUR monatlich aufzustocken.
Da geht noch viel. 2007 hatten 10% der Bevölkerung über 60% des Gesamtvermögens. Die Entwicklung geht weiter in diese Richtung. Das ist ganz klar viel zu unausgewogen und erhöht das Risiko sozialer Unruhen.
Es geht wie gesagt nicht darum, dass du jetzt die Linke wählen sollst, das würde ich auch nicht tun. Aber es gibt doch erschreckend viele Leute (und das Forum hier bestätigt wohl den demografischen Schnitt), die einfach nicht die Perspektive wechseln wollen oder können. Klar muss sich Arbeit lohnen, klar muss jemand, der clevere Ideen hat und fleißig ist einen besseren Standard erreichen (können) als der "Normalo". Aber niemand braucht sich jemals einzubilden, dass Arbeitslosigkeit Spaß macht, dass Arbeitslosigkeit nicht so schlimm ist und das Arbeitslose generell nicht leiden. Die eklatantesten Fälle von Parasitismus sind immer die auffälligsten, aber eben nicht die repräsentativen. Vernünftig ist man erst dann, wenn man einsieht, dass man nicht nur sein eigenes politisches Interesse, sondern das der Allgemeinheit zu verteidigen hat. Und dazu gehört es nun mal, dass man auch linke Kräfte tolleriert (und nicht mal unbedingt wählt).
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Hier mal ein Beispiel, wie ein Hartz IV Empfänger sanktioniert wurde, weil er sich weigerte bei einem vermitteltem Job einen rechtswidrigen Vertrag zu unterschreiben.
Zum Glück konnte er sich wehren! Man kann aber davon ausgehen, dass das Job-Center weiterhin Arbeitslose zu dieser Firma vermittelt - mit denselben Verträgen.http://www.gegen-hartz.de/urteile/keine-hartz-iv-sanktion-bei-rechtswidrigem-vertrag-190032.html
Arbeit vor alles, weil Arbeit frei macht...
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Jodocus schrieb:
...
Ziemlich viel Text, ziemlich viel davon im Prinzip "Die anderen sind an allem schuld" und "wäre so und so gerecht". Na ja, so kann man es sich auch bequem machen
Ich teile deine Ansicht nicht, also belassen wir's dabei.
Btw: Es gibt schon lange den Begriff "Das Glück des/der Tüchtigen". Der Volksmund hat schon früher erkannt, dass man sich sein Glück halt auch erarbeiten muss.
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Bashar schrieb:
Schneewittchen schrieb:
Allerdings werden die Jobs oft von faulem Unnütz besetzt die nicht arbeiten wollen (-> GDL ).
Wie positioniert man sich links und reißt dann alles mit dem Arsch wieder ein. Bravo!
Links sein bedeutet nicht, dass man jeden Quatsch befürworten muss. Gewerkschaften wurden ursprünglich gegründet um die Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmern zu verbessern. Das Streikrecht dient als Werkzeug um das Machtgefälle zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu überwinden und damit bestehende Missstände zu beheben. Im vorliegenden Fall liegt wiederholter Missbrauch der vom Gesetz zugesprochenen Rechte vor. Es liegen keine untragbare Misständen vor. Vielmehr wird die Bedeutung des öffentlichen Verkehrswesens ausgenutzt um das darauf angewiesene Volk zu erpressen. Oder kurz gefasst: Sie Streiken weil, sie es können und weil die Effekte so spürbar sind. Im Niedriglohnbereich, in dem es tatsächlich Misstände gibt, haben die Arbeitnehmer i.d.R. kaum Möglichkeiten Druck auszüben. Eine Lockerung des Kündigungsschutzes und Streikrechts würde dem Missbrauch von Seiten der Gewerkschaften vorbeugen. Wer nicht arbeiten will, nimmt den arbeitswilligen Fachkräften den Job weg.
GPC schrieb:
Ich habe nirgends gegen Arbeitslose gehetzt. Ich habe sie nicht pauschal für faul etc. erklärt, ich habe auch nicht geringere H4-Sätze gefordert. Alles was ich sagte, war dass man sich als Arbeitsloser in DE im Grunde nicht beklagen kann. Und meine ursprüngliche Aussage bezog sich sowieso auf die Sozialausgaben im Gesamten, denn diese sind einfach enorm. Aber es ist ja normal geworden, einfach "Staat! Hilf mir, die anderen sind an allem Schuld!" zu rufen.
Im vorherigen Beitrag bin ich von deiner Aussage ein wenig abgeschweift. Ich wollte nicht behaupten, dass du Hetze betreibst. Allerdings bin ich der Ansicht, dass du die Situation anders bewerten würdest, wenn du selber in eine vergleichbare Lage kommen würdest. Auch wenn du in der Vergangenheit zeitweise finanzielle Engpässe durchlebt hast, denke ich nicht, dass es sich um eine vergleichbare Lage handelt. Beispiel: Die meisten Studenten haben weniger monatliches Einkommen zur Verfügung als ein Langzeitarbeitslose (w.g. Übernahme der Mietkosten etc). Allerdings haben Erstere in absehbarer Zeit ein Einkommen in Aussicht, von dem man gut leben kann. Es macht einen entscheidenden Unterschied ob man mit dem Geld einen überschaubaren Zeitraum überbrücken muss oder mangels Zukunftsaussichten längerfristig davon leben muss. Nicht jeder Arbeitslose ist eine gesuchte Fachkraft.
earli schrieb:
Sorry, aber Sozialisten kann man gar nicht genug bashen.
Vielleicht hätte das Bashen mehr Erfolg, wenn darin konkrete bash-würdige Kritikpunkte benannt würden. Die aktuelle Gebashe basiert auf der Annahme: Links ist böse. Ansonsten steeckt da Null Inhalt dahinter.
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GPC schrieb:
Ziemlich viel Text, ziemlich viel davon im Prinzip "Die anderen sind an allem schuld" und "wäre so und so gerecht". Na ja, so kann man es sich auch bequem machen
Ist schon klar, dass jemand, der mit seinem sozialen Status halbwegs zufrieden ist, nicht unbedingt an Gerechtigkeit für andere interessiert ist und es als Idealismus abtut. Wenn du einmal wirklich in der Tinte stecken solltest (auch wenn ich das niemanden wünsche), z.B. krank und arbeitsunfähig wirst, werden deine Ansichten auch differenzierter sein. So gut wie jeder Obdachlose wird sagen, dass er es sich früher nie vorstellen konnte, dass er mal obdachlos wird, das trifft doch nur die Versager.
Nicht, dass ich dir das wünsche, aber es wäre schön, wenn mehr Menschen in der Lage wären, mal die Perspektive zu wechseln und ihre Meinungen und Ansichten mal aus den Augen anderer zu sehen und sich selbst hinterfragen.GPC schrieb:
Btw: Es gibt schon lange den Begriff "Das Glück des/der Tüchtigen". Der Volksmund hat schon früher erkannt, dass man sich sein Glück halt auch erarbeiten muss.
Wenn du fortes fortuna adiuvat meinen solltest, unterstellst du Arbeitslosen schon wieder, dass er nie gearbeitet hat, nach dem Motto, wer wagt, gewinnt und wer nichts wagt, gewinnt nichts. Manche Arbeitslose sind wirklich selbst schuld, andere überhaupt nicht. Und gemessen an der riesigen Zahl der Arbeitslosen (oder im ostdeutschen Mindestlohnsektor Ausgebeuteten) muss man doch arg bezweifeln, dass die alle inkompetent sind.
Am Ende machst du es dir leichter, indem du sagst, wer nicht Karriere gemacht hat oder keine tolle Bildung geschafft hat, der hat es verdient, auf Existenzminimum zu (über-)leben. Dass hinter vielen gescheiterten Existenzen eine Geschichte steht (und sei es ein kaputtes, familiäres Umfeld, sodass es dann nur noch für die Hauptschule reichte), wird ignoriert. Wer es trotz widriger Umstände schafft, hat's verdient so toll zu leben, der Rest hat zu leiden, schließlich war er zu schwach. Das nennt man Sozialdarwinismus.
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Schneewittchen schrieb:
Das Streikrecht dient als Werkzeug um das Machtgefälle zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu überwinden und damit bestehende Missstände zu beheben. Im vorliegenden Fall liegt wiederholter Missbrauch der vom Gesetz zugesprochenen Rechte vor.
Das ist vielleicht deine Privatmeinung, nicht aber die der Gerichte, cf. http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/1.2210523.