Wieviel LOC pro Tag?



  • Guten Morgen,

    ich arbeite bei einem große Mailanbieter und wir werden, unter anderem, danach bewertet wie viele Lines of Code wir pro Tag produzieren, das wird mit dem Versionskontrollsystem gemessen. Wie bei vielen Anbietern, wo die Mitarbeiter einem regen Wechsel unterzogen sind, ist der Code saumäßig schlecht und viele Köche haben da schon rumgerührt und selbst die Frameworks sind kaum updatebar, da Veränderungen daran von irgendjemanden mal vorgenommen wurden. Und für Ausbesserungen wird uns keine Zeit gegeben, da Featurausbau immer Vorrang hat.

    Ich schaffe da manchmal nur 20-50 LOC pro Tag, da alles zudem noch extrem OOP ist und man wirklich kaum eine Chance hat da den Datenfluss noch nachzuvollziehen. Es existiert eine Doku, aber die wird auch mehr stiefmütterlich behandelt.



  • Mit 30 biste gut dabei.

    Oder eben 100 geschönte,
    wovon im Laufe der kommenden
    Woche 70 eh wieder gelöscht
    werden. Oder mit bewußter
    Codeduplikation. Ich erlaube
    mir hier mal mehr Umbrüche,
    damit der Admin mich lobt
    für viele Zeilen.

    30 schöne machen viel mehr
    Funktionalität als 200 vom
    Nachbarn und haben auch
    weniger Fehler.

    Diese Bewertungsmethode führt
    zu unglaublich schlechtem Code.
    Und sie ist schlicht ungerecht
    und belohnt die dümmsten
    Programmieraffen. Schnelle
    Burnouts und hohe
    Mitarbeiterfluktuation müssen
    die Folge sein. Außerdem haben
    die Chefs einen 100%-Sockenschuss,
    sicher unheilbar, soo unglaublich
    bekoppt kann man gar nicht drauf
    sein, wenn man nicht gerade
    aus Matheflucht reine BWL studiert hat.

    Lauf, Forrest, lauf!



  • Deine Antwort beruhigt mich schon einmal, danke dafür. Ich habe Monate gebraucht bis ich erst einmal überhaupt durch die ganze Geschichte halbwegs durchgestiegen bin. Das geht über Perl und Bashscripte bis PHP und was weiß ich noch alles durch, bis es endlich mal durch vier Frameworks, Back- und Frontend auf dem Bildschirm kommt, dazu noch mit Rollbacks, Updatefähgkeit usw. Und alles in OOP verpackt wo schon viele dran geschraubt haben und einiges wohl deprecated ist, aber so genau wissen das die Leute auch nicht.

    Der Chef ist ein Admin und will immer genau wissen wie lange was dauert. Man hat ständig das Gefühl der Dumme zu sein, der nicht schnell genug voran kommt. Nebenbei muss ich mich noch mit den ganzen Frameworks vertraut machen. Dann wurde ich schräg angemacht, weil ich nicht aus dem Stegreif wusste wie man SSH-Keys erzeugt oder mit NFS und Rsync umzugehen hat. Man ich bin doch kein Admin!

    Was soll ich denn noch alles können für 2000,- EUR brutto? Ich bin jetzt erst einmal krank, weil ich nicht mehr kann und lerne jetzt nebenbei C++, weil es mich schon immer interessiert hat und was mich auch hier in das Forum gebracht hat. Es tut mal gut was anderes zu machen und vor allem habe ich nicht mehr das Gefühl ein dummer und wertloser Mensch zu sein.



  • Weg da, ganz schnell weg. Und schreib mir bitte mal, wie der Laden heißt.



  • Ich kann MFK nur recht geben: So schnell wie möglich kündigen, sonst macht dich das kaputt und wirst kaum noch arbeitsfähig sein!!!

    L. G.,
    IBV



  • Nach deiner Beschreibung sollten -100 Codezeilen am Tag das Optimum sein.

    Aber ich vermute, dass es der Laden eh nicht mehr lange macht, also hau ab.



  • numLOC schrieb:

    Was soll ich denn noch alles können für 2000,- EUR brutto?

    Was ist denn das für ein Gehalt?



  • Nebenbei aber ein sehr interessantes Thema:

    Wie misst und beurteilt man die Produktivität und die Qualität eines
    Mitarbeiters in der Softwareentwicklung? LOC alleine ist sicher kein Kriterium!

    Nicht ganz ernst gemeinter Vorschlag: produziere einen Haufen Dummy-Code
    versteckt hinter Funktionstests. Wenn jemand fragt, dient das der Qualitätssicherung.



  • Ich weiß ungefähr wie aufwendig Projekte sind.
    Dass es eigentlich immer Probleme mit irgendwas gibt ist irgendwie schon selbstverdändlich aber wenn ich auf dem Monitor nur ShortNews oder so sehe, dann weiß ich, ohne auch nur eine Zeile Code gesehen zu haben, das da was nicht stimmt.
    Wenn jemand also mal eben eine kleine Tabelle aus Excel mit .NET in den SQL Server einlesen soll und dafür 1 1/2 Tage braucht, dann mache ich mir schon ernsthaft Gedanken.

    Haben hier eine Grantate der sich den ganze Tag die Fingernägel kaut und schön macht. Der muss bestimmt die schönsten Fingernägel der Welt haben aber Job bald nicht mehr.



  • blablablaaaa schrieb:

    Ich weiß ungefähr wie aufwendig Projekte sind.
    Dass es eigentlich immer Probleme mit irgendwas gibt ist irgendwie schon selbstverdändlich aber wenn ich auf dem Monitor nur ShortNews oder so sehe, dann weiß ich, ohne auch nur eine Zeile Code gesehen zu haben, das da was nicht stimmt.
    Wenn jemand also mal eben eine kleine Tabelle aus Excel mit .NET in den SQL Server einlesen soll und dafür 1 1/2 Tage braucht, dann mache ich mir schon ernsthaft Gedanken.

    Haben hier eine Grantate der sich den ganze Tag die Fingernägel kaut und schön macht. Der muss bestimmt die schönsten Fingernägel der Welt haben aber Job bald nicht mehr.

    Genau solch einen Chef braucht man eben nicht. Ob der Entwickler dafür 1,5MT braucht hängt von vielen Faktoren ab und er kann durchaus so lang dafür brauchen:

    - muss er die Funktion in bestehenden Code und einer bestehenden DB einbauen, dann kann das sogar wesentlich länger dauern, wenn er Code und DB nicht aus dem FF kennt.
    - Sind noch Tests und Doku zu schreiben und vielleicht noch was zu recherchieren ist auch mal ganz schnell ein Tag weg.
    - Handelt es sich nicht um ein Minimalbeispiel, sondern muss der Entwickler diesen Code irgendwo einbauen, können Seiteneffekte auftreten die ihn locker eine Woche beschäftigen.
    - ob kleine oder große Excel-Tabelle dürfte für den Algo keinen große Rolle spielen, die Denkleistung ist die gleiche.

    Ich habe gerade ein Video von einem Top-C++-Entwickler gesehen, da hat das Suchen und Finden eines Fehler in einem 10-Zeiler mehrere Wochen gedauert. Wie kannst du davon ausgehen dass der Mitarbeitet das in weniger als einen Tag schaffen muss?

    P.S.: Ich hoffe du bist kein Chef.



  • numLOC schrieb:

    Ich schaffe da manchmal nur 20-50 LOC pro Tag, da alles zudem noch extrem OOP ist und man wirklich kaum eine Chance hat da den Datenfluss noch nachzuvollziehen. Es existiert eine Doku, aber die wird auch mehr stiefmütterlich behandelt.

    An guten Tagen schaffe ich eine negative Anzahl von LOC.

    LOC sind das denkbar ungünstigste Kritierium, um Produktivität zu messen. Man hat damit ein Indiz für Komplexität und Wartbarkeit (weniger LOC ist besser), aber nicht für Features (nicht direkt abhängig von LOC).



  • @ Antwort42:

    Ich hoffe das war nicht dein ernst. Wenn ich von ihm verlangt hätte, dass er es in ein bestehendes Projekt einpflegen und eine Doku dazu schreiben soll, dann hätte ich das wohl schon erwähnt!!

    Soll ich das für dich nochmal ganz genau ausspezifizieren oder gibst du Ruhe?!

    P.S.: Ich hoffe du wirst nie ein Kollege



  • Dabei ist LOC die ideale Messung wenn man danach bezahlt wird. Mal ehrlich, nichts ist einfacher als sinnlos viele LOCs zu generieren. Es fängt mit händischem Loop unrolling an und endet by copy&paste statt funktionen zu schreiben.

    Super easy sich das Gehalt so aufzubessern während man sich nach einer anderen Stelle umsieht. Und vielleicht checken die Vorgesetzten dann ja auch dass es eine schlechte Metrik ist 😉



  • Antwort42 schrieb:

    Ich habe gerade ein Video von einem Top-C++-Entwickler gesehen, da hat das Suchen und Finden eines Fehler in einem 10-Zeiler mehrere Wochen gedauert. Wie kannst du davon ausgehen dass der Mitarbeitet das in weniger als einen Tag schaffen muss?

    Was fuer ein Fehler? Hast Du einen Link auf das Video?



  • https://www.youtube.com/watch?v=JSjoCisIHcM Der Coder heißt Chandler Carruth und er arbeitet bei Google und auch an Clang/LLVM. Ich glaube der Fehler war, dass ein Return Stack Objekt ungültig war oder so.



  • Wir untersuchen auch mehrmals pro Jahr Fehler, wo wir mehrere Tage brauchen, um den zu finden. Wochenlang haben wir aber noch nie nach einem Fehler gesucht.



  • Bestimmte Fehler haben wir - in mehreren Iterationen, in Summe - schon mehr als eine Woche lang gesucht.



  • Ja, in mehreren Iterationen schon 😉 Manche Fehler tauchen immer wieder auf, können nicht grundsätzlich gelöst werden (zumindest nicht ohne sehr viel umzubauen und zu riskieren, erstmal viele neue Bugs einzubauen), also wird nur das aktuelle Problem gelöst, und irgendwann taucht dasselbe Problem in einer etwas abgeänderten Form wieder auf.



  • numLOC schrieb:

    Und für Ausbesserungen wird uns keine Zeit gegeben, da Featurausbau immer Vorrang hat.

    Das kann nur zu sau schlechten Programmen führen, die regelmäßig abstürzen und vor Bugs so strotzen, weil immer etwas angehängt, aber nie überarbeitet und aufgeräumt wird.

    Das könnte man am besten mit einem uralten Gebäude vergleichen, bei der immer irgendetwas drangeflanscht wurde, anstatt das Ding einfach von Grund auf neu zu planen, abzureisen und neu zu bauen.

    Ein Admin ist kein Programmierer, das dürfte ein wesentliches Problem sein.
    Ich würde an deiner Stelle den Schritt nach vorne wagen und deinem Chef erklären wie man Software "richtig" entwickelt, dass seine Bewertungsfunktion nach den Lines of Code für die Gülle ist und falls er dich dann deswegen rausschmeissen möchte, hast du nichts verloren, denn wenn sich da nichts ändert, ist die Suche nach einem anderen Job sowieso nur die einzig richtige Wahl.

    Dein Chef und sein Bewertungsmodell muss sich ändern, nicht du.
    DAS solltest du vor ihm vertreten.



  • MFK schrieb:

    Weg da, ganz schnell weg. Und schreib mir bitte mal, wie der Laden heißt.

    Fast vergessen, ich würde auch gerne wissen wie der Laden heißt.
    Damit ich nicht in Gefahr laufe dort Software zu kaufen.


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