Frage zur deutschen Sprache
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Im Lateinischen dagegen gibt es das sogar ziemlich häufig, da schriftlich keine Unterscheidung zwischen langen und kurzen Vokalen gemacht wird.
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this->that schrieb:
Weiß irgend ein linguistisch geschulter Mensch unter euch warum das so is und ob dieses "Phänomen" einen Namen hat?
Du bist gerade dabei ein charakteristisches Merkmal der deutschen Sprache zu entdecken: die Auslautverhärtung. Im Deutschen werden bestimmte Laute, wenn sie am Ende stehen, systematisch umgewandelt. Aus /g/ wird /k/, aus /d/ wird /t/, aus /b/ wird /p/. Weil Letztere jeweils härter klingen spricht man auch von Verhärtung. Deswegen Auslautverhärtung.
Die Auslautverhärtung ist auch dafür verantwortlich, dass man deutsche Muttersprachler meistens relativ einfach heraushören kann, wenn sie eine Fremdsprache sprechen. Denn in Sprachen wie zum Beispiel Englisch gibt es keine Auslautverhärtung. Und da deutsche Muttersprachler sich der Auslautverhärtung weder bewusst sind noch sie "hören", betreiben sie meistens auch in Fremdsprachen Auslautverhärtung. Man kann also noch so ein tolles englisches /th/ aussprechen, wenn man seine Auslautverhärtung nicht im Griff hat, outet man sich dennoch als deutscher Muttersprachler
Wenn ich deutscher Muttersprachler sage meine ich den Durchschnitt. Denn wer im äußersten Süden Baden-Württembergs oder dem Süden Österreichs oder in der Schweiz aufgewachsen ist, der hat gute Chancen überhaupt keine Auslautverhärtung zu haben. Wer aber weder einen hoch- oder höchstalemannischen noch einen südbairischen Dialekt spricht, kann sich seiner Auslautverhärtung relativ sicher sein

Lange Rede, kurzer Sinn: Weg spricht man eigentlich aufgrund der Auslautverhärtung immer /wek/ aus. Beim /g/ als Auslaut gibt es nur im Mitteldeutschen eine Tendenz stattdessen /ch/ zu sprechen. Also /könich/ oder /wech/ statt /könik/ oder /wek/.
Es ist also nicht zu erwarten dass jemand den Weg tatsächlich als /weg/ und weg als /wek/ ausspricht. Ich vermute dass da da eher die Psyche verfälschend am Werk ist. So verwendet man weg im Grunde immer in der Form, weswegen es auch immer /wek/ ausgesprochen wird. Bei dem Weg dagegen gibt es auch andere Formen zum Beispiel die Wege. Die Auslautverhärtung tritt jedoch nur auf, wenn es sich wirklich um einen Auslaut handelt. Bei den Wegen wird also tatsächlich das /g/ gesprochen. Das ist auch der Grund weshalb wir Weg - und nicht so wie wir es tatsächlich sprechen - schreiben. Und deshalb vermute ich "hört" man auch eher /weg/ obwohl man in Wirklichkeit /wek/ spricht.Es ist auch so, dass man phonetische Transskription an allen möglichen unbekannten Sprachen und nicht an der eigenen Muttersprache lernt. Denn die Kenntnis der Sprache und - vor allem! - der Rechtschreibung macht es Anfängern extrem schwer das zu hören, was wirklich gesprochen wurde.
Und weil ich die Antworten jetzt schon kommen sehe:
Keiner zweifelt daran, dass ihr, du, wer auch immer das gerade liest in der Lage ist ein /g/ auch am Wortende auszusprechen. Es geht darum was man spricht wenn man einfach so spricht ohne darauf zu achten ob man ein /g/ spricht
Jetzt hab ich dazu mehr geschrieben als ich wollte ...
Ich wollte doch eigentlich nur sagen, dass Buchstaben und Buchstabenfolgen im Deutschen durchaus - sogar ganz regelmäßig - verschiedene Laute kodieren. Und da geht es mir jetzt gar nicht um Dialekte oder die üblichen Verdächtigen wie Längen und Kürzen. So ist ein wunderbares Beispiel "ch". Im Deutschen (Ausnahme Schweizer) wird die Zeichenfolge "ch" völlig regelmäßig mit zwei unterschiedlichen Lauten realisiert (bei den Schweizern immer durch den selben Laut). Die beiden Laute sind dabei unterschiedlich genug, dass man es auch als Ungeübter sofort hören kann. Man vergleiche die Aussprache des "ch" in "ich" mit der in "ach". Wer hört den Unterschied?
Ein etwas komplizierterer Fall ist die Aussprache des "r", welche im Deutschen ebenfalls mit zwei unterschiedlichen Lauten realisiert wird. Beim "r" kann man es aber nicht so schön zeigen, da ein Sprecher meistens nur eine Variante verwendet.
Es gibt also nicht nur Auslautverhärtung sondern auch andere Phänomene, zum Beispiel die eben genannten (wer's nachschlagen will "Allophon" ist das Stichwort), welche die Zuordnung Zeichen-Laut durcheinander bringen. Man kann es drehen und wenden wie man will, die deutsche Rechtschreibung ist zwar phonetischer als die englische (was aber kein Kunststück ist...), dennoch aber alles andere als phonetisch korrekt. Wir sprechen nicht wie wir schreiben und wir schreiben nicht wie wir sprechen. Aber das will man auch gar nicht
Doktor Prokt schrieb:
Linguistisch geschult bin ich zwar nicht im geringsten (da wirst du wohl auf minhen warten muessen
), ...Ich fühl mich geehrt

P.S. Wer sich wundert warum Deutsche aber nicht Engländer Standard gerne als Standart falsch schreiben, der weiß jetzt warum

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Toller Beitrag

Wär was für die FAQ, wenn wir nicht ein C++-Forum wären
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Jap, muss ich auch sagen. Wenn dieses Forum ein Karma-System hätte es jetzt ein Karma-Böbbelchen gegeben
Hab den Beitrag sehr interessiert gelesen, danke!
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minhen schrieb:
... Man vergleiche die Aussprache des "ch" in "ich" mit der in "ach". Wer hört den Unterschied?

Ich bin Schweizer, kann einer von euch Deutschen mir den Unterschied mitteilen? ^^
Sag mal minhen, hast du irgendwie zufälligerweise Deutsch studiert oder bist am studieren?

Grüssli
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Dravere schrieb:
minhen schrieb:
... Man vergleiche die Aussprache des "ch" in "ich" mit der in "ach". Wer hört den Unterschied?

Ich bin Schweizer, kann einer von euch Deutschen mir den Unterschied mitteilen? ^^
In "ich" sprichst du ein weiches CH, was durch das "pusten" von Luft zwischen Zunge und Gaumen zustande kommt. In "Dach" hingegen ist es ein hartes CH, was mit Hilfe des Rachens erzeugt wird. (keine Ahnung, in wieweit meine Beschreibung einen Linguisten zufrieden stellen würde, aber egal ;))
Siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Aussprache_der_deutschen_Sprache#Konsonantensystem
Vergleiche den stimmlosen palatalen Frikativ mit dem stimmlosen velaren Frikativ
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Dravere schrieb:
Sag mal minhen, hast du irgendwie zufälligerweise Deutsch studiert oder bist am studieren?

Nein, ich würde nie im Leben Germanistik studieren - dazu fehlt mir die masochistische Ader

árn[y]ék schrieb:
In "ich" sprichst du ein weiches CH, was durch das "pusten" von Luft zwischen Zunge und Gaumen zustande kommt. In "Dach" hingegen ist es ein hartes CH, was mit Hilfe des Rachens erzeugt wird. (keine Ahnung, in wieweit meine Beschreibung einen Linguisten zufrieden stellen würde, aber egal ;))
Die Beschreibung richtet sich doch nicht an Linguisten. Folglich ist es doch egal, was selbige davon denken mögen. Hauptsache es ist nicht falsch und verständlich.

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Wow, vielen Dank für die ausführliche Beschreibung minhen.

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minhen schrieb:
Jetzt hab ich dazu mehr geschrieben als ich wollte ...
Egal, ich fand es sehr interessant und lehrreich.
Das Lesen hat sich also gelohnt.
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Im russischen wird so etwas durch Härte- bzw Weichheits-Zeichen ausgedrückt.
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Das Ungarische besitzt soweit mir bekannt ist ebenfalls keine Homophone. Dafür haben die aber auch sämtliche Buchstaben mit Sonderzeichen (e, é, o, o mit doppelpunkt, o mit doppeltem schrägsstrich usw.) als eigenes Zeichen im Alphabet. Insgesamt eine sehr schöne Sprache - Aber sehr schwer zu lernen
