Brüssels schlimmster Albtraum wurde wahr



  • Erhard Henkes schrieb:

    Eine Wahlbeteilung von 45% multipliziert mit 53,4% NEIN-Stimmen = 24% der stimmberechtigten Iren. Sieht man alle Mitgliedsstaaten hierbei als gleichwertig an, so resultiert diese Betrachtung mit 1/27 * 24% = 0,89%. Weniger als 1% lehnen diesen für die EU wichtigen Grundlagenvertrag ab.

    Und du glaubst ernsthaft, dass alle restlichen Länder bei einem Referendum dafür gestimmt hätten?

    Was die EU in der Verfassung zu suchen hat verstehe ich eh nicht.



  • Ben04 schrieb:

    Erhard Henkes schrieb:

    Eine Wahlbeteilung von 45% multipliziert mit 53,4% NEIN-Stimmen = 24% der stimmberechtigten Iren. Sieht man alle Mitgliedsstaaten hierbei als gleichwertig an, so resultiert diese Betrachtung mit 1/27 * 24% = 0,89%. Weniger als 1% lehnen diesen für die EU wichtigen Grundlagenvertrag ab.

    Und du glaubst ernsthaft, dass alle restlichen Länder bei einem Referendum dafür gestimmt hätten?

    Was die EU in der Verfassung zu suchen hat verstehe ich eh nicht.

    Nun, sie hat Gesetzgebungskompetenz, das hat schon gewisse verfassungsrechtliche Auswirkungen.

    Die hat sie aber auch schon jetzt, nach Lisbon aber halt anders.



  • Ich wollte nur die Tat der Iren auf eine saubere zahlenmäßige Basis stellen. man kann nämlich nicht sagen, dass "die Iren" Europa abgelehnt haben. Wie hoch die Ablehnung/Zustimmung innerhalb der stimmberechtigten Bevölkerung Europas ist, versucht ja niemand zu ermitteln, so wie ich die Lage sehe.


  • Mod

    Naja, das ist halt alles eine total verfahrene Kiste.

    Daß ein Land über eine Verfassungsänderung abstimmt, liegt eigentlich nahe, es würde zu der europäischen Staatsentwicklung passen.

    Aber nun gab's eben nie irgendwelche Volksabstimmungen, so daß nun eine Volksabstimmung über eine europäische Verfassung von der Bevölkerung immer zur Generalabrechnung benutzt wird. Ich denke, daß in Europa - egal welches Land - praktisch nirgendwo eine derartig gelagerte Volksabstimmung von den Regierungsparteien und den "Stimmt-für-Ja"-Befürwortern gewonnen würde.

    Die Leute sind allgemein so frustriert, daß sie bei jeder Gelegenheit eher ihre Unlust rauslassen. Eine echte Abstimmung ist da sowieso nicht mehr möglich.

    Dazu kommt auch noch, daß die Regierung und großen Oppositionsparteien immer auch noch argumentieren "Ihr MÜSST dafür stimmen, sonst..." Da wird automatisch eine Verweigerungshaltung provoziert.

    Niemand stellt sich hin und sagt "die Verfassung ist so wichtig für die Zukunft aller Länder, überlegen Sie sich bitte genau, wie Sie stimmen. Aber denken Sie über Vor- und Nachteile nach. Wenn Sie alle dagegen sind - dann akzeptieren wir das. Hier sind Argumente für Ja und Nein, lesen Sie sich das durch."



  • Marc++us schrieb:

    Daß ein Land über eine Verfassungsänderung abstimmt, liegt eigentlich nahe, es würde zu der europäischen Staatsentwicklung passen.

    Welches Land hat darüber abgestimmt? Also Deutschland nicht, zumindest nicht die Bevölkerung.



  • ..


  • Mod

    Mr. N schrieb:

    Marc++us schrieb:

    Daß ein Land über eine Verfassungsänderung abstimmt, liegt eigentlich nahe, es würde zu der europäischen Staatsentwicklung passen.

    Welches Land hat darüber abgestimmt? Also Deutschland nicht, zumindest nicht die Bevölkerung.

    Keine Ahnung was Du in meine Aussage reininterpretierst.

    Ich sprach von der Entwicklungsgeschichte der Verfassungen der europäischen Länder. Üblicherweise sind Verfassungsänderungen immer über eine Volksabstimmung anzunehmen, bzw. sind einige Verfassungen auch durch solche angenommen worden.

    Eine Verfassungserweiterung wie in Bezug auf die EU als "Staats- und Verfassungserweiterung" sollte daher immer von der Bevölkerung angenommen werden. Ich erspare mir den zynischen Hinweis, daß selbst in Myanmar die Verfassung von der Bevölkerung angenommen werden sollte/mußte. Was Myanmar recht ist, sollte Europa billig sein.

    [In Deutschland gibt es keine Verfassung. Auch im vorläufigen Grundgesetz war eine Volksabstimmung zur Einführung einer Verfassung vorgesehen, wurde aber von der herrschenden Parteiendiktatur durch juristische Tricks unterlaufen.]

    Apropos, nach gängiger juristischer Lehrmeinung ist Deine Aussage hier falsch:

    Mr. N schrieb:

    Also Deutschland nicht, zumindest nicht die Bevölkerung.

    Denn wenn der Bundestag abstimmt, stimmt die Bevölkerung ab. Kann Dir jeder stromlinienförmige Verfassungsjurist bestätigen.



  • Erhard Henkes schrieb:

    Die Situation war in den 70er Jahren exakt gleich gelagert. Dennoch wächst dieses Europa wie ein Krebsgeschwür immer weiter. 🙄

    Ein Europa der Nationalstaaten wäre dir lieber?

    Marc++us schrieb:

    Eine Verfassungserweiterung wie in Bezug auf die EU als "Staats- und Verfassungserweiterung" sollte daher immer von der Bevölkerung angenommen werden. Ich erspare mir den zynischen Hinweis, daß selbst in Myanmar die Verfassung von der Bevölkerung angenommen werden sollte/mußte. Was Myanmar recht ist, sollte Europa billig sein.

    Ich wage das Gegenteil zu behaupten. Wieso sollte ausgerechnet Myanmar oder nur Frankreich ein Vorbild sein? Möchtest du in einem der beiden Länder wohnen?

    Neben Frankreich sind das andere Vorbild aller Demokratien ja die USA. Dort hat die Bevölkerung auch nicht über die Verfassung abgestimmt.

    Denn wenn der Bundestag abstimmt, stimmt die Bevölkerung ab. Kann Dir jeder stromlinienförmige Verfassungsjurist bestätigen.

    Ändert nichts daran, dass es Unfug ist. Wenn der Bundestag abstimmt, stimmt eine Menge von Personen ab, die Angst um ihre Wiederwahl hat. Nicht viel mehr und nicht viel weniger.



  • Mr. N schrieb:

    Wieso sollte ausgerechnet Myanmar oder nur Frankreich ein Vorbild sein? Möchtest du in einem der beiden Länder wohnen?

    Myanmar ist doch kein Vorbild, sondern unterhalb jeglicher Minimalanforderungen an Demokratie. Und trotzdem findet dort ein Volksentscheid ab (der "erwartungsgemäß" ausfällt ;)), hier im zivilisierten demokratischen aufgeklärten Deutschland aber nicht. Nochmal anders formuliert: Es ist doch extrem komisch, daß die Machthaber in Myanmar überhaupt dieses Theater inszenieren, aber die Politiker hier so viel Angst haben, daß sie einen Volksentscheid gar nicht erst zulassen.



  • Ein Europa der Nationalstaaten wäre dir lieber?

    Ja, eindeutig, und nicht nur mir!


  • Mod

    scrub schrieb:

    Mr. N schrieb:

    Wieso sollte ausgerechnet Myanmar oder nur Frankreich ein Vorbild sein? Möchtest du in einem der beiden Länder wohnen?

    Myanmar ist doch kein Vorbild, sondern unterhalb jeglicher Minimalanforderungen an Demokratie. Und trotzdem findet dort ein Volksentscheid ab (der "erwartungsgemäß" ausfällt ;)), hier im zivilisierten demokratischen aufgeklärten Deutschland aber nicht. Nochmal anders formuliert: Es ist doch extrem komisch, daß die Machthaber in Myanmar überhaupt dieses Theater inszenieren, aber die Politiker hier so viel Angst haben, daß sie einen Volksentscheid gar nicht erst zulassen.

    scrub, Du hast das treffend formuliert, ich dachte eigentlich auch wie Du. Aber beim Lesen Deines Beitrags ist mir mein Denkfehler aufgefallen:

    In Myanmar machen die Militärs die Abstimmung, weil sie die Leute mit vorgehaltener Waffe zur richtigen Wahl zwingen können, und weil sie bei der Nachzählung auch die restlichen Ablehnungen korrigieren können. Also ist die Volksabstimmung völlig risikolos.

    Den Analogieschluß überlasse ich dem geneigten Leser. 😉


  • Mod

    Mr. N schrieb:

    Erhard Henkes schrieb:

    Die Situation war in den 70er Jahren exakt gleich gelagert. Dennoch wächst dieses Europa wie ein Krebsgeschwür immer weiter. 🙄

    Ein Europa der Nationalstaaten wäre dir lieber?

    Mir auch. Zollunion, gemeinsamer Wirtschaftsraum, Schengen, Niederlassungsfreiheit und der Euro - mehr Integration ist meines Erachtens nicht notwendig.

    Ich bin für eine Rückbesinnung auf die ursprüngliche Idee der EWG - der Europäischen WIRTSCHAFTSGemeinschaft.



  • Mr. N schrieb:

    Erhard Henkes schrieb:

    Die Situation war in den 70er Jahren exakt gleich gelagert. Dennoch wächst dieses Europa wie ein Krebsgeschwür immer weiter. 🙄

    Ein Europa der Nationalstaaten wäre dir lieber?

    Es gibt einige Bereiche wo man einfach besser dran ist wenn zusammen arbeitet. Euro und offene Grenzen sind da prima Beispiele. Eine gemeinsame Verteidigungspolitik wäre auch gut. Da hört es dann aber auf. Wieso Brüssel die Macht haben soll (mir ist klar, dass dies schon jetzt so ist) den Mitgliederstaaten Gesetze zu diktieren ist mir schleierhaft und auch nur deshalb sind die Verfassungsänderungen überhaupt notwendig.

    Mir ist schon klar, dass man die EU als Sündenbock benutzen kann um unbeliebte Gesetze durch zu boxen. Dann darf man sich aber nicht wundern, wenn die Leute dann eine anti-EU Einstellung haben.



  • Marc++us schrieb:

    Mr. N schrieb:

    Erhard Henkes schrieb:

    Die Situation war in den 70er Jahren exakt gleich gelagert. Dennoch wächst dieses Europa wie ein Krebsgeschwür immer weiter. 🙄

    Ein Europa der Nationalstaaten wäre dir lieber?

    Mir auch. Zollunion, gemeinsamer Wirtschaftsraum, Schengen, Niederlassungsfreiheit und der Euro - mehr Integration ist meines Erachtens nicht notwendig.

    Dir ist schon klar, dass jede Menge Gesetze nötig sind um allein die Niederlassungsfreiheit zu schützen? Und diese noch heute nicht in zufriedenstellender Weise erfüllt ist? Man denke an Übertragbarkeit von staatlichen Renten und solche Dinge.

    Oder der Euro: Die EZB ist eine Institution, die in die Souveranität der Mitgliedsstaaten massiv eingreift. Keine Möglichkeit mehr, einfach Geld zu drucken, wie sich das in einem ordentlichen Nationalstaat gehört.

    Oder Schengen: Das erfordert eine gewisse Koordinierung und teilweise Zentralisierung der Arbeit der Grenzpolizeien, auch nicht sehr nationalstaatlich.

    Das ist kein Europa der Nationalstaaten! Weder jetzt noch in Zukunft. Und selbst wenn man es auf die Dinge beschränkt, die du gutheißt. Diese Art des Cherrypicking funktioniert einfach nicht!

    Ich bin für eine Rückbesinnung auf die ursprüngliche Idee der EWG - der Europäischen WIRTSCHAFTSGemeinschaft.

    Ein Mitarbeiter der Kommission, der früher für das Parlament gearbeitet hat (nur als Assistent aber das reicht), sagte mal: Es sei erstaunlich wie schwierig es sei, als Parlamentarier um die wirtschaftlichen Sachfragen herumzukommen.

    Die EU bleibt weiterhin vor allem wirtschaftlich orientiert und gerade hierfür wird Integration benötigt.


  • Mod

    Warum nicht? Man könnte jetzt ja einfach aufhören, schon ist das Cherry-Picking fertig.

    Diese ständigen Korrekturen entspringen einfach beamtlicher Regulierungswut, aber wenn diese faktenbasiert wäre, würde etwas heute ja nicht funktionieren. Aber einige Dinge funktionieren sehr gut. So gut, daß viele Länder außerhalb der EU uns darum beneiden.



  • Mr. N schrieb:

    Das ist kein Europa der Nationalstaaten! Weder jetzt noch in Zukunft.

    Das ist aber auch nicht das jetzige Europa und auch nicht das Europas das im Vertrag von Lissabon gezeichnet wird.

    Mr. N schrieb:

    Diese Art des Cherrypicking funktioniert einfach nicht!

    Wieso?

    Mr. N schrieb:

    Ein Mitarbeiter der Kommission, der früher für das Parlament gearbeitet hat (nur als Assistent aber das reicht), sagte mal: Es sei erstaunlich wie schwierig es sei, als Parlamentarier um die wirtschaftlichen Sachfragen herumzukommen..

    Wieso ist das schlecht? Ich finde es gut wenn Politiker sich Gedanken zur Finanzierbarkeit machen müssen.



  • Ja, aber dabei wird relativ selten überprüft, ob das Vorhaben an sich, welches auch immer es ist, überhaupt durchführbar ist. Sinnvoll. Wenn Kostenrahmen auf einmal explodieren, suchen diese Sesselfurzer nur nach neuen Geldquellen.



  • Marc++us schrieb:

    Warum nicht? Man könnte jetzt ja einfach aufhören, schon ist das Cherry-Picking fertig.

    Und dann dürfen weiterhin deutsche Optiker nicht nach Belgien? Das VW-Gesetz bliebe legal? Nein danke.

    Diese ständigen Korrekturen entspringen einfach beamtlicher Regulierungswut, aber wenn diese faktenbasiert wäre, würde etwas heute ja nicht funktionieren. Aber einige Dinge funktionieren sehr gut. So gut, daß viele Länder außerhalb der EU uns darum beneiden.

    Richtig, und diese Dinge werden ja auch so gut wie nicht geändert. Es gibt aber auch Dinge, die noch nicht sehr gut funktionieren.

    Das Schein(?)-Paradox, dass das, was du dir wünscht kein Europa der Nationalstaaten ist, du dir aber explizit ein Europa der Nationalstaaten wünscht, musst du mir noch auflösen.

    Ben04 schrieb:

    Mr. N schrieb:

    Das ist kein Europa der Nationalstaaten! Weder jetzt noch in Zukunft.

    Das ist aber auch nicht das jetzige Europa und auch nicht das Europas das im Vertrag von Lissabon gezeichnet wird.

    Exakt das sag ich doch? 😕

    Ben04 schrieb:

    Mr. N schrieb:

    Diese Art des Cherrypicking funktioniert einfach nicht!

    Wieso?

    Hast du mein ganzes Posting gelesen? Man benötigt nunmal Gesetze, Regularien und übernationale Institutionen um auch nur diese "wenigen" positiven Aspekte der EU zu erzeugen und aufrecht zu erhalten. Das ist dann automatisch kein Europa der Nationalstaaten mehr, da diese dafür selbstverständlich Souveranität aufgeben müssen - es sei denn man entscheidet alles einstimmig, und das ist bekanntermaßen nicht sehr effizient.

    Ben04 schrieb:

    Wieso ist das schlecht? Ich finde es gut wenn Politiker sich Gedanken zur Finanzierbarkeit machen müssen.

    Hallo? Verstehst du immer das Gegenteil von dem, was ich meine?

    ICH FINDE DAS GUT!



  • Marc++us schrieb:

    Mir auch. Zollunion, gemeinsamer Wirtschaftsraum, Schengen, Niederlassungsfreiheit und der Euro - mehr Integration ist meines Erachtens nicht notwendig.

    Ich bin für eine Rückbesinnung auf die ursprüngliche Idee der EWG - der Europäischen WIRTSCHAFTSGemeinschaft.

    Das reicht aber anscheinend nicht aus um resourcentechnisch und militärisch gegen Russland, Asien, Südamerika zu triumphieren. Das geht nur mit einem gleichgeschalteten Apparat, nicht mit Einzelstaatensoße in der z.B. Polen was anderes will als Deutschland. Da muß einen stärkere Bindung/Abhängigkeit her. Zumindest anscheinend in der Philosophie der jetzigen EU-Beamten.


  • Mod

    Ich weiß.

    Aber eigentlich entspricht es nicht unbedingt einem robusten Systemdesign, da ein zentrales System dort enorme Resourcen benötigt. Ein dezentrales, verteiltes System ist in der Wirkung durchaus ebenbürtig, wenn es richtig gemacht wird.

    Man sieht ähnliche Effekte ja bei den Industriekonzernen: erst wird gekauft, gekauft, gekauft, aber eigentlich funktioniert die Integration wegen der immer komplexeren Schnittstellen immer schlechter, bis man von kleinen Firmen seitlich überholt wird.

    Das sind allgemeine Systemgesetze, die sowohl im Ingenieurbereich der Maschinen und Software gelten, aber auch im Businessbereich und im Staatswesen. Gewisse Systemgrößen bedingen gewisse Resourcen und Informationswege, und nicht jeder Entwurf ist die einzige Lösung.


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