Studiengebühren - Pro-Contra (Split aus Beruf+Ausbildung)



  • Daniel E. schrieb:

    Außerdem gibt es nicht "wir", es gibt nicht "die Gesellschaft". Irgendjemand muß die Kosten für das Studium halt tragen. Die Frage ist nun, wer das machen soll. Ich möchte jetzt hier nicht mal so sehr auf dem moralischen Aspekt herumreiten, ob es fair ist, wenn der Schreiner, der Farmer und der alte Ingenieur dem jungen Ingenieur sein Studium vorfinanzieren. Darüber kann man beliebig lange streiten, so ist das mit moralischen Argumenten immer. Außerdem hat sich daran durch Studiengebühren auch nichts wesentliches verändert. Es geht mehr um die Anreize, die durch Studiengebühren tatsächlich gesetzt werden.

    Ich gebe Dir recht, dass die Akademiker nicht die Spitze der Schöpfung sind. Aber man kann denke ich schwer die Wichtigkeit (einiger Akademiker) für die Volkswirtschaft leugnen. Sicher brauchen wir nicht nur Akademiker (besonders bestimmter Studienrichtungen ;)), aber das Verhältnis ist hier entscheidend, für einen Ingenieur in der Entwicklung arbeiten halt X Leute (X >> 1) in der Fertigung und für einen Manager arbeiten eben X Leute in der Firma (X >> 1). Die Positionen sind also entsprechend wichtig und zentral, wenn die also einen derartigen Überschuss für die Volkswirtschaft erwerben, warum sollte man dann nicht mit einem winzigen Teil des dadurch gewonnenen Geldes deren Ausbildung finanzieren. Zu mal gerade in Deutschland und Österreich durch das Steuersystem ja ohnehin Personen die mehr Verdienen auch stärker besteuert werden und somit auch die entsprechend erfolgreichen Ingenieure und Manager ihr Studium im Grunde ohnehin finanzieren im Vergleich zu zB jemanden der eine Ausbildung gemacht hat und im Leben zB genau das gleiche verdient, aber eben über einen längeren Zeitraum.

    In Österreich bringen die Studiengebühren 150 Millionen €. Ich bitte dich, da gibt es sicher andere Bereiche über die man erst einmal diskutieren sollte, bevor man mit der Quelle für Akademiker (dem Studium) irgend welche Experimente macht.

    Wenn die Studiengebühren wirklich die von Dir gewünschten Effekte bringen sollten, dann müssten sie ja von den Unis für die einzelnen Fächer frei wählbar sein.



  • rüdiger schrieb:

    Wenn die Studiengebühren wirklich die von Dir gewünschten Effekte bringen sollten, dann müssten sie ja von den Unis für die einzelnen Fächer frei wählbar sein.

    Das ist doch dann auch Quatsch. Wenn die Fächer, die am meisten für die Wirtschaft bringen billiger werden, dann hat man nur noch mehr Nichtsblicker in den Hörsälen. Ich bin ganz froh, dass ich nicht die ganzen "ich studier BWL weil ich nix kann und trotzdem irgendwas studieren möchte"-Heinis in meinen Vorlesungen sitzen hatte.



  • rüdiger schrieb:

    Aber man kann denke ich schwer die Wichtigkeit (einiger Akademiker) für die Volkswirtschaft leugnen. Sicher brauchen wir nicht nur Akademiker (besonders bestimmter Studienrichtungen ;)), aber das Verhältnis ist hier entscheidend, für einen Ingenieur in der Entwicklung arbeiten halt X Leute (X >> 1) in der Fertigung und für einen Manager arbeiten eben X Leute in der Firma (X >> 1). Die Positionen sind also entsprechend wichtig und zentral, wenn die also einen derartigen Überschuss für die Volkswirtschaft erwerben, warum sollte man dann nicht mit einem winzigen Teil des dadurch gewonnenen Geldes deren Ausbildung finanzieren.

    Die Volkswirtschaft und die Gesellschaft profitieren auch von Lebensmitteln, Seife, Autos, Lehrbüchern usw. Sollte man das alles subventionieren um sicherzustellen, daß "wir" davon die richtige Menge haben?

    Was ist das Alleinstellungsmerkmal von Hochschulabschlüssen?

    Zu mal gerade in Deutschland und Österreich durch das Steuersystem ja ohnehin Personen die mehr Verdienen auch stärker besteuert werden und somit auch die entsprechend erfolgreichen Ingenieure und Manager ihr Studium im Grunde ohnehin finanzieren im Vergleich zu zB jemanden der eine Ausbildung gemacht hat und im Leben zB genau das gleiche verdient, aber eben über einen längeren Zeitraum.

    Oder im Vergleich zu dem, der sich nach der Schule selbständig gemacht hat und jetzt eine große Firma leitet. Oder zu dem studierten Soziologen, der jetzt Taxi fährt. Oder zu dem eingewanderten Mamager. Oder dem ausgewanderten Ingenieur. Oder dem Langzeitstudent.

    Ich bitte dich, das ist doch kein seriöses Finanzierungskonzept, es ist sogar eins, daß deinen Zielen von oben direkt widerspricht.

    Stell dir vor ich habe einen Getränkestand und gebe jetzt alle meine Getränke kostenlos raus, sage aber, daß die erfolgreichsten Leute in den nächsten 50 Jahren ermittelt werden und dann eine Prämie zu zahlen haben. Den Rest bezahlen die Passanten, die kein Getränk wollen.

    Das kann man jetzt mit anderen Getränkeständen vergleichen, wo für die Getränke direkt bezahlt werden muß (davor, danach, einen Teil jetzt, einen Teil dann, einen Teil übers Steuersystem, wie auch immer).

    Ich erwarte bei Stand eins, daß mehr Passanten Getränke nehmen und zwar insbesondere dann, wenn sie nicht erwarten, erfolgreich zu sein. Von erfolgreichen Leuten erwarte ich tendentiell, daß sie das Getränk nehmen und sich dann aus der Reichweite des Getränkestandes begeben (also auswandern). Ich lade also insbesondere Leute ein, die erwarten, nicht besonders erfolgreich zu werden.

    Du subventionierst mit dem Kostenlos-System genau die Akademiker, die "die Volkswirtschaft" am wenigsten braucht; das passiert, wenn man auf der einen Seite Bildung subventioniert und auf der anderen Seite Erfolg bestraft. Dann bekommt man mehr Bildung und weniger Erfolg.

    In Österreich bringen die Studiengebühren 150 Millionen €. Ich bitte dich, da gibt es sicher andere Bereiche über die man erst einmal diskutieren sollte, bevor man mit der Quelle für Akademiker (dem Studium) irgend welche Experimente macht.

    Zugegeben, es geht nicht so sehr um die Budgetseite, es geht um die Anreize einzelner Leute.

    Die meisten Gesetze setzen zum Beispiel Anreize, die mit den Intentionen der Schöpfer nicht viel zu tun haben und war hier (wenigstens der Rhetorik nach) auch so. Und meistens sind diese Anreize schlecht; Beispiel Mindestlohn, wo man de facto sagt, daß man schlecht qualifizierte Leute nicht mehr einstellen darf.

    Hier scheinen mir die Anreize dagegen vielleicht mal halbwegs postiv zu sein, nämlich, daß man sich vorher informiert und im Zweifel auch nicht studiert und damit den Studienplatz freiläßt für jemanden, dessen Commitment (und damit tendentiell auch die Erfolgschancen) höher ist.

    Ich sage absichtlich "vielleicht", weil ich nicht weiß, welche Effekte letztendlich dominieren, das ist eine empirische Frage. Du sagst, wir sollten keine Experimente machen. Ich sage, wir sollten viel, viel mehr Experimente machen.

    Jester: Das ist aber wieder eine andere Aussage, weil Du "in der Praxis" durch "immer" ersetzt hast. Damit machst Du meine Erfahrung zum Maßstab aller Dinge -- das ist sie nicht.



  • Walli schrieb:

    Ich bin ganz froh, dass ich nicht die ganzen "ich studier BWL weil ich nix kann und trotzdem irgendwas studieren möchte"-Heinis in meinen Vorlesungen sitzen hatte.

    Ach, es gab schon Studiengebüren als du mit dem Studium angefangen hast?

    Wenn ich an meine ersten beiden Semester denke, da gab es einige Nichtsblicker. Nach Mathe1/2, ET1/2, TM1/2, Physik1/2, etc. hat sich das normalisiert. Ganz ohne Gebühreneingriff. Die Qualität des Studiums (bzw. der Ausstattung) wurde dort im übrigen von den zahlreichen Mittelständlern der Region mitfinanziert. Ganz ohne Gebühreneingriff.

    Mag sein, dass Studiengebühren die Zahl der Nichtsblicker-Studenten reduziert, die richtige Stellschraube ist es aber imho nicht.



  • Daniel E. schrieb:

    Jester: Das ist aber wieder eine andere Aussage, weil Du "in der Praxis" durch "immer" ersetzt hast. Damit machst Du meine Erfahrung zum Maßstab aller Dinge -- das ist sie nicht.

    genau das ist der Punkt. Und ChrisMs "ne stunde mehr am tag ist kein problem" ist auch nicht das Maß aller Dinge, genau so stand es aber da. Insofern habe ich Dein Beispiel nur so abgeändert, dass es wieder in den Kontext passt, wäre ja sonst OT.



  • Walli schrieb:

    rüdiger schrieb:

    Wenn die Studiengebühren wirklich die von Dir gewünschten Effekte bringen sollten, dann müssten sie ja von den Unis für die einzelnen Fächer frei wählbar sein.

    Das ist doch dann auch Quatsch. Wenn die Fächer, die am meisten für die Wirtschaft bringen billiger werden, dann hat man nur noch mehr Nichtsblicker in den Hörsälen. Ich bin ganz froh, dass ich nicht die ganzen "ich studier BWL weil ich nix kann und trotzdem irgendwas studieren möchte"-Heinis in meinen Vorlesungen sitzen hatte.

    Du sortierst aber nicht die Nixblicker aus, sondern die die weniger Geld haben. Das scheint mir nicht zu viel miteinander zu tun zu haben.



  • Tim schrieb:

    Walli schrieb:

    Ich bin ganz froh, dass ich nicht die ganzen "ich studier BWL weil ich nix kann und trotzdem irgendwas studieren möchte"-Heinis in meinen Vorlesungen sitzen hatte.

    Ach, es gab schon Studiengebüren als du mit dem Studium angefangen hast?

    Nein, die kamen erst in meinen beiden letzten Semestern glaub ich (war zwischendurch auch mal wg. Auslandsstudium beurlaubt, deswegen habe ich da nicht mehr so den Überblick). Das ist auch eher hypothetisch zu sehen. Wenn ein Studium billiger ist als ein anderes, dann zieht es zusätzlich vorrangig die Nixblicker an die nur irgendwas studieren wollen.

    Tim schrieb:

    Wenn ich an meine ersten beiden Semester denke, da gab es einige Nichtsblicker. Nach Mathe1/2, ET1/2, TM1/2, Physik1/2, etc. hat sich das normalisiert. Ganz ohne Gebühreneingriff. Die Qualität des Studiums (bzw. der Ausstattung) wurde dort im übrigen von den zahlreichen Mittelständlern der Region mitfinanziert. Ganz ohne Gebühreneingriff.

    Sehe ich auch so. Die Gebühren verhindern aber meiner Meinung nach, dass Abiturienten überhaupt ohne Plan anfangen. Das kostet sie i.d.R. ein Jahr, die Qualität für die Mitstudenten sinkt und Kosten verursacht es auch noch. Wer allerdings ein bestimmtes Fach studieren will, für den sind 500€ mehr pro Semester kein wahnsinniges Hindernis. Ob die Studiengebühren sinnvoll sind und ob sie aus dieser Motivation heraus eingeführt wurden sei jetzt mal dahingestellt.

    Jester schrieb:

    Du sortierst aber nicht die Nixblicker aus, sondern die die weniger Geld haben. Das scheint mir nicht zu viel miteinander zu tun zu haben.

    Zumindest häuft sich die Zahl der Studienanfänger dann in den billigen Studiengängen. Und es kann nicht gewollt sein, dass man diese vergünstigt um Anreize zu schaffen und sich dadurch nur noch mehr Flachpfeifen einhandelt zusätzlich zu den Leuten, die es sowieso studiert hätten. Die Qualität sinkt zu Lasten der wirklich interessieren. Deshalb müssen alle Studiengänge gleich teuer sein wenn es schon Gebühren geben soll.



  • Walli schrieb:

    Wenn ein Studium billiger ist als ein anderes, dann zieht es zusätzlich vorrangig die Nixblicker an die nur irgendwas studieren wollen.

    Das bezweifle ich. Die Leute die irgendwas studieren wollen, wollen ja idr auch nichts studieren wo Mathematik oder Physik vorkommt. Daher fallen die Ingenieurswissenschaften flach, auch wenn die günstig sind. Ansonsten würden die Leute sich wohl ohnehin schon darum "kloppen", wenn man den Jobmarkt für Ingenieure anschaut und die Studienbedingungen. Warum quetschen sich die Leute sonst derzeit in Jus- oder Wirtschaftsvorlesungen, die bis an die Oberkante voll sind und obwohl der Jobmarkt dafür scheiße ist?

    Und außerdem: Der Preis kann ja geändert werden. Wenn zu viele Leute Fach X studieren wollen, dann wird der Preis eben angehoben.



  • rüdiger schrieb:

    Walli schrieb:

    Wenn ein Studium billiger ist als ein anderes, dann zieht es zusätzlich vorrangig die Nixblicker an die nur irgendwas studieren wollen.

    Warum quetschen sich die Leute sonst derzeit in Jus- oder Wirtschaftsvorlesungen, die bis an die Oberkante voll sind und obwohl der Jobmarkt dafür scheiße ist?

    Wobei es ja definitiv nicht so ist, dass Wirtschaftswissenschaften keine Mathematik kennen. Letztendlich scheitern insbesondere an den Statistik/Stochastikvorlesungen die meisten BWL-Studenten. Je nach Spezialisierung ist Mathematik durchaus noch fordernder: Finance z.B.

    Letztendlich frage ich mich auch, ob die 500 Euro (oder was auch mmer das Bundesland/die Uni für angemessen hält) wirklich unbeschafbar sind. Wenn wirklich kein angemessener Nebenjob gefunden werden kann, wie hier öfters erwähnt, bieten ja die Studienkredite von KfW und Co eine gute Möglichkeit.

    Selbstverständlich kann man argumentieren, dass Kreditaufnahme für viele schlecht ist. Letztendlich bietet aber gerade ein hohes FK die Möglichkeit, die Gewinnquote später zu erhöhen, da man kein eigenes Geld anlegen musste, welches evtl. mehr return gebracht hätte.

    Interessant fände ich ein Prämiensystem, bei dem die Universität für gute Leistungen oder Engagement (sinnvolles für die Uni) Studienbeiträge reduzieren oder erlassen kann. Letztendlich also vergleichbar mit der Reduzierung fpr StuPa und/oder Asta-Mitglieder. Man könnte auch über den Erlass der Beiträge für SHKs nachdenken - da existiert nicht überall ein Ansturm auf die Stellen, teilweise sicherlich bedingt durch die relativ geringe Entlohnung von 6-9 Euro pro Stunde.



  • Hi,

    es tut sich was, die ersten fangen an zu begreifen, daß man gute Studenten fördern muß.
    http://www.zeit.de/online/2008/47/pinkwart-stipendium
    Zwar noch zu kurz gesprungen, aber zumindest ein erster Schritt.

    Gruß Mümmel


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