Risikobewertung von Aktienindexen
-
Hallo,
Headhunter schrieb:
Die von ChrisM empfohlene "gesunde Mischung" ist natürlich die intuitiv vernünftige Anlagestrategie. Andererseits denke ich, dass Intuition nichts (aber auch rein gar nichts) mit einer sinnvollen Anlagestrategie zu tun hat.
Intuition würde ich das eher nicht nennen, der Begriff geht mir zu stark in die Richtung "Bauchgefühl" oder gar "Beliebigkeit". So etwas hat in der Asset Allocation natürlich überhaupts nichts verloren.
Was ich meinte, war eher folgendes: Es wird nicht möglich sein, mit tradionellen Modellen der Portfoliotheorie die Rendite eines ETF-Portfolio (bei gegebenem einzugehenden Risiko) zu optimieren, da alle Modelle- zumindest die, die ich kenne- eine genaue Quantifizierung des Risikos der Einzel-ETFs erfordern. Nur, wie möchtest du das berechnen? Theoretisch natürlich über die Risiken, Volatilitäten bzw. Standardabweichungen der Einzelwerten- praktisch geht das schlecht. Also bist du wieder bei einer ex post-Betrachtung der Volatilität des Index.
Daher meine (zu beweisende) Annahme, dass sich ein gutes Portfolio durch eine relative breite Diversifizierung auszeichnet- du also im Umkehrschluss nahe an einem wie auch immer gearteteten Marktportfolio bist, wenn du deine Risiken streust. Die Diversifikation über die Branchen übernehmen die ETFs sowieso schon (*), es bleibt also vor allem noch die geographische Diversifikation. Nur darauf hat mein oben vorgeschlagenes Portfolio aufgebaut.
(*) Wobei das auch vom Index abhängt, der Euro Stoxx 50 ist wie glaube ich schon erwähnt sehr bankenlastig.

Viele Grüße
Christian
-
Headhunter schrieb:
Der Ansatz des System Engineerings klingt sehr interessant. Du versuchst also erst die möglichen Wege/Entwicklungen eines Assets zu erklären. Je nachdem wie die tatsächliche Entwicklung dann auf deine Prognose zutrifft, schränkst du die möglichen weiteren Wege ein. Und dann hast du irgendwann nur noch eine mögliche "Sprungbewegung". Verstehe ich das so korrekt?
Das hört sich für mich nach einer Kombination aus Game Theory und Investment Theorie an. Klingt nach einer tollen Idee für mich als Entwickler und Hobby-kognitiver Psychologe
Gibt's dazu auch eine Buchempehlung?Ja, das im Detail zu erklären würde wohl wunde Finger bei mir verursachen.
Ich versuche es mal mit einem Beispiel:
Aktueller Umsatzrückgang in der Automobilindustrie
Ursachen:
- Kreditmangel
- Hoher Sprittverbrauch
- Hohe Spritpreise
- Gestärktes Umweltbewußtsein
- Geringere Kaufkraft
- Wirtschaftskrise (fehlendes Vertrauen in die Zukunft)Ziele der Autobauer:
- Günstige Finanzierungskonditionen(0% Zins, Rabatt, verspätete Tilgung, Gratisausstattung)
- Neue Motorentechnologien : Elektroautos, geringerer Spritverbrauch, Wasserstoffautos, Gasautos, Hybridfahrzeuge, schadstoffarme Fahrzeuge.
- Als Erster mit neuen Typen auf dem Markt sein
- Weitere Marktanteile der Konkurrenz wegbeissen
- Abbau der Produktion von alten Modellen
- Kostenreduktion
- Kapitalaufstockung
- Versorgungskette sichern
- Preiskampf eröffnen
- Lagerbestände abbauen
- Mangeldes Vertrauen beseitigen(GM, Ford, Chrysler etc.)So, Alles auf einmal können sie mit begrenzten Ressourcen nicht 100%ig in Angriff nehmen. Die Unternehmen setzen ihre Process Requirements und Prioritäten fest und bewegen sich auf die Umsetzung ihres Konzeptes zu. Dabei können sie nicht schlagartig von einer Ecke in die Andere springen. Ihre Bewegungen werden von der Presse und dem Aktienbrief notiert und transparent gemacht. Erst in der Sekunde kann sich die Konkurrenz, Analysten und die Anleger, wie bei einem "aufgetauchten U-Boot", auf die Positionierung des Unternehmens einstellen. Zumal die Entwicklung Jahre dauern kann.
Durch meinen Job weiß ich ziemlich genau wer in der Automobil/Automotive Industrie mit wem, woran, wielange zusammenarbeit, wie der Vertrieb aufgestellt ist und kenne viele technische Zusammenhänge. So das ich z.B. schon vorhersagen kann: " ... wenn sich dieser Fahrzeugtyp um ein Jahr verspätet muss jener Zuliefer gleich ein ganzes Werk schließen." oder "Wenn dieser Zuliefer pleite geht, kann jener Autobauer diesen Fahrzeugtyp nicht mehr lange produzieren." oder "Wenn dieser Zulieferer pleite geht, macht jene Bank weitere drei Mrd. Verlust" etc.
Das versuche ich dann Alles in Relation zum EBIT, Cash Flow, Assets und Income zu setzen, um abzuschätzen, wie das Unternehmen mit dieser Beule umgehen kann. Dabei lasse ich die Augenwischerei der Investor Relations fast immer links liegen. Und achte auf das, was ich als "scheinbar unwesentliche" Fakten entnehmen kann, die auf fkt. Abhängigkeiten abzielen, die Analysten und sogar das Top Management der Firmen selbst nicht wahrnehmen. Also ich hoffe, wenn das U-Boot auftaucht, sofort genau daneben mit meinen Boot zu sein. Ist also Low-Level Insiderwissen und damit völlig legal.

Das mache ich mit meinen Geschäft und mit meinen Investitionen so. Ob mir das auch immer gelingt steht auf einem anderen Blatt.
Im letzten Jahr lief es ganz gut. 
-
Prof84 schrieb:
Das mache ich mit meinen Geschäft und mit meinen Investitionen so. Ob mir das auch immer gelingt steht auf einem anderen Blatt.
Im letzten Jahr lief es ganz gut. 
So, und wie würdest du das auf das Investment in Aktienindizes anwenden?
-
Danke für den interessanten Post Prof84. Wobei ich es schon für ziemlich frevelhaft halte, sich mit der Realwirtschaft zu befassen, um Aktienkurse zu bewerten- sowas ist theoretisch vollkommen unmöglich

-
Headhunter schrieb:
Danke für den interessanten Post Prof84. Wobei ich es schon für ziemlich frevelhaft halte, sich mit der Realwirtschaft zu befassen, um Aktienkurse zu bewerten- sowas ist theoretisch vollkommen unmöglich

Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist, dass es ihn in der Theorie nicht gibt, in der Praxis aber schon! (Sig eines Mitglieds)
Och, ein bisschen Ketzerei ist ganz gut!

Mit Ausnahme bestimmter Expertensysteme, die auf dem Finanzmärkten existieren, werden die Kauf-/Verkaufsentscheidungen emotional von Menschen getroffen.
Das Beispiel mit der durchgeknallten Rinderherde passt immer ganz gut. Aber auch Stacheldraht, Bezäunungsstrom und Wassergraben, können den noch so BSE-haltigen Rinderwahn eine Kurslenkung verpassen. Diese Barrikaden versuche ich zu finden, auch wenn es zugegebenermassen auch immer wieder Rinder gibt, die trotz ihrer hohen Masse einen Tunneleffekt hinbekommen.QED (quod errat demonstrandum || Quantenelektrodynamik) - Statistisch habe ich recht.
*tääätä täätä tääätäät* 
-
Zufälle gibt es:
http://www.handelsblatt.com/homepage/autobranche/
-
Sehr interessant.
Peugeot ist scheinbar sehr gut vernetzt. Gemäß dem Motto "wenn ein Goldrausch ausbricht, kauf kein Gold sondern Schaufeln" würde ich jetzt nach Zulieferanten von Peugeot suchen und die kaufen? Dazu passt gut, dass ca. 2mio Leute in EU bei Autoherstellern arbeiten, aber insgesamt 12mio Leute direkt von der Autoproduktion abhängig sind.
Right
?
-
Prof84 schrieb:
(quod errat demonstrandum)
Kannst Du mir das mal übersetzen? My Latin reaches not out, fear I.
-
Was zu beweisen war...
-
Nene, das wäre 'erat' gewesen. So müsste das irgendwas mit "sich täuschen" heißen, aber ich hab meine Lateinkenntnisse auch aus dem Asterix.
-
Vieleicht hat Prof84 auch einfach eine Fehler gemacht??? :p
-
Niemals
Eher haben die alten Lateiner sich geirrt 