"Abmahn-Anwalt" Gravenreuth ist tot
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SideWinder schrieb:
Wieso nicht so? Er hat sich für den Freitod entschieden, was ist denn nun daran so schlimm? Gefällt ihm eben nicht hier.
Wahrscheinlich hast du Recht, es hat jeder die Freiheit über sein Leben zu bestimmen und vor einem solchen Schritt wird man sich dazu viele Gedanken gemacht haben.
Dennoch kam das für mich völlig unerwartet.
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Für mich sind solche Menschen immer ein Rätsel.
Wenn man sich anguckt was der in seinem Leben alles an Ungemach für andere Leute bereitet hat und wie sehr das nach purer schamloser Lust an Selbstbereicherung und Unfähigkeit zu Mitgefühl/Anstand ausgesehen hat ...
... ich hab mich immer gefragt: Wie lebt einer damit dass die ganze Welt ihn hasst? Kommt man da nicht irgendwann auf den Trichter das man was falsch machen könnte im Leben?
Aber die Antwort scheint zu sein: Man lebt anscheinend NICHT (normal lang) damit.
Und nun gesellt er sich entgültig zu den Personen die zuerst viele andere und am Ende sich selbst zerstören...[^ Kann das strafrechtlich bewertet werden? Ich hab ehrlich keine Ahnung wo da die Grenze liegt. ]
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Naja, so jung war er nun auch nicht mehr...
MfG SideWinder
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Bei aller Schadenfreude sollte man bedenken, dass der Mann am Ende war: Er durfte nicht mehr als Anwalt praktizieren und hätte ungefähr jetzt gerade seine Haftstrafe antreten müssen. "So fröhlich" war ich jedenfalls, als das letztes Jahr verkündet wurde. Das heutige Ereignis spielt keine Rolle mehr.
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Hat durchaus etwas Episches an sich: er hat sich einfach festgefahren.
Dieses ganze Wellenreiten auf Rechtslücken, all die Jahre immer an der Kante zwischen technischem Fortschritt, noch nicht ausgeprägtem Recht, und einfach Unverschämtheit - und jetzt festgefahren, von allen gehasst, ohne Ausweg verstrickt in seinem eigenen Dschungel.
Die Geschichte ist film- oder bühnenreif.
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Athar schrieb:
Dennoch kam das für mich völlig unerwartet.
Er konnte nun mal nicht mit der Schmach leben ins Gefängnis zu müssen. Es gibt noch Menschen mit Ehre.
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Habe von diesen Anwälten noch nie was gehört.
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(Ist nicht böse gemeint.) Wie alt bist Du?
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Abmahnanwälte zu hassen, ist doch typisches "Shooting the messenger". Die Rechtssituation ist dafür verantwortlich, dass es einfach ist, unliebsame Konkurrenten wegen zahlreichen Dingen abzumahnen. Nicht die Abmahnanwälte.
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Mr. N schrieb:
Abmahnanwälte zu hassen, ist doch typisches "Shooting the messenger". Die Rechtssituation ist dafür verantwortlich, dass es einfach ist, unliebsame Konkurrenten wegen zahlreichen Dingen abzumahnen. Nicht die Abmahnanwälte.
Na ja, dazu muss man natürlich auch sagen, dass man bei der Rechtssituation mehr als eine Wahl hat... es ist ja nicht so als ob ein Anwalt UNBEDINGT abmahnen müsste
Insofern finde ich den Vergleich wenig passend
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Mr. N schrieb:
Abmahnanwälte zu hassen, ist doch typisches "Shooting the messenger". Die Rechtssituation ist dafür verantwortlich, dass es einfach ist, unliebsame Konkurrenten wegen zahlreichen Dingen abzumahnen. Nicht die Abmahnanwälte.
Nur ist das Urheberrecht laufenden Änderungen unterworfen. Die Richtung wird von den Rechteinhabern und ihren Anwälten vorgegeben.
btw, ich schaue gerade auf YouTube Videos aus den 80ern mit dem Gravenreuth, interessant. Bei uns im Dritten lief sowas damals leider nicht...
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Mr. N schrieb:
Abmahnanwälte zu hassen, ist doch typisches "Shooting the messenger". Die Rechtssituation ist dafür verantwortlich, dass es einfach ist, unliebsame Konkurrenten wegen zahlreichen Dingen abzumahnen. Nicht die Abmahnanwälte.
Die Rechtssituation ist zwar das grundliegende Problem, aber man kann sowas auch einfach schamlos ausnutzen.
Was ist wenn durch einen Formulierungsfehler oder weil das Parlament geschlampt hat Auto-Diebstahl "legal" wird?
Die Leute die das dann Ausnutzen sind trotzdem Ärsche, fertig.
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Mr. N schrieb:
Abmahnanwälte zu hassen, ist doch typisches "Shooting the messenger". Die Rechtssituation ist dafür verantwortlich, dass es einfach ist, unliebsame Konkurrenten wegen zahlreichen Dingen abzumahnen. Nicht die Abmahnanwälte.
Nein, "Shooting the messenger" ist etwas ganz anderes. Sicher ermöglicht die Rechtssituation das schändliche Treiben der Abmahnanwälte. Aber das rechtfertigt nicht deren Handeln. Drastisch gesagt würdest du ja auch keinen Mörder gut finden, auch wenn dieser rechtlich gedeckt wäre. Beim Menschen erwartet man eine moralische Reflexion über das eigene Handeln.
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Ich denke auch nicht, dass es Gravenreuths edle Mission war, das Bewusstsein für die teils mangelhafte Rechtssituation zu wecken.
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rüdiger schrieb:
Mr. N schrieb:
Abmahnanwälte zu hassen, ist doch typisches "Shooting the messenger". Die Rechtssituation ist dafür verantwortlich, dass es einfach ist, unliebsame Konkurrenten wegen zahlreichen Dingen abzumahnen. Nicht die Abmahnanwälte.
Nein, "Shooting the messenger" ist etwas ganz anderes. Sicher ermöglicht die Rechtssituation das schändliche Treiben der Abmahnanwälte. Aber das rechtfertigt nicht deren Handeln. Drastisch gesagt würdest du ja auch keinen Mörder gut finden, auch wenn dieser rechtlich gedeckt wäre. Beim Menschen erwartet man eine moralische Reflexion über das eigene Handeln.
(Zum Glück habt ihr alle das gleiche gesagt. Brauch ich also nur einmal zitieren.)
Ich sehe nichts unmoralisches daran, bei Rechtsvergehen Abmahnungen zu verschicken. Das ist schließlich die Aufgabe der Anwälte. Das Problem ist doch die absurde Höhe der ansetzbaren Strafgelder, und die mangelnde Bereitschaft von Gesetzgeber und Justiz, rechtliche Klarheit zu schaffen. Es ist ja auch nicht jede Abmahnung unberechtigt oder unmoralisch. Für mich sind Anwälte konzeptuell Boten der Gesetzesgewalt, und daher empfinde ich "Shooting the messenger" durchaus als angemessene Analogie.
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Walli schrieb:
Ich denke auch nicht, dass es Gravenreuths edle Mission war, das Bewusstsein für die teils mangelhafte Rechtssituation zu wecken.
Nein, aber das ist der Effekt, und der Effekt ist zweifellos positiv. Wir brauchen Leute wie Gravenreuth, die auf den Paragrafen reiten, und zeigen, wo die Paragrafen schlecht sind. Besser jetzt als später.
EDIT: Ich muss zurückrudern. Wir brauchen nicht Leute wie Gravenreuth, weil der ist eindeutig weit über die Grenzen des Legalen geschritten, und wurde dafür verurteilt. Andererseits [b}hat[/b] er die Öffentlichkeit auf die Problematik aufmerksam gemacht.
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Wenn jemand einer Homepage eine Abmahnung schickt weil der geschützte Name "Claudia Schiffer" (oder war's ein anderes deutsches Model? Klum?) darauf auftaucht. Dann geht es hier eindeutig nicht um gerechtfertigte Abmahnungen oder um zu hohe geforderte Beträge. Es war einfach nicht rechtens und man hat gehofft, dass hier bezahlt wird damit der Beklagte das Gericht umgeht.
Edit: Dieses Posting ist schlecht recherchiert und würfelt x Dinge zusammen. Aber es sollte nach ein bisschen Recherche des Lesers klar sein, dass es sich hier um unmoralische und teilweise auch illegale Dinge gehandelt hat (er hat ja nicht umsonst eine Freiheitsstrafe bekommen und seine Anwaltskonzession verloren).
MfG SideWinder
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Mr. N schrieb:
Walli schrieb:
Ich denke auch nicht, dass es Gravenreuths edle Mission war, das Bewusstsein für die teils mangelhafte Rechtssituation zu wecken.
Nein, aber das ist der Effekt, und der Effekt ist zweifellos positiv. Wir brauchen Leute wie Gravenreuth, die auf den Paragrafen reiten, und zeigen, wo die Paragrafen schlecht sind. Besser jetzt als später.
Ich denke, man kommt auch ganz gut ohne solche Personen zurecht. Dann sind die Paragraphen auch plötzlich gar nicht so übel. Wären alle Menschen von sich aus gut, wären (gute) Paragraphen gar nicht notwendig...
MfG SideWinder
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Genau diese Einschätzung ist eben das Problem. Nicht alles was gesetzlich ist, ist auch moralisch gerechtfertigt und Gesetze sollten nicht das obere Gebot für unser handeln sein. Wenn jemand hungrig ist und Brot stiehlt - als klassisches Beispiel - gegen einen Anwalt der jugendliche lockt um sie dann abzumahnen (Tanja-Briefe). Ein Anwalt kann ja auch einfach eine niedrige/realistische Abmahngebühr verlangen und ein Rechteinhaber kann sich ja vorher informell in Verbindung setzen und Unterlassung fordern.
Natürlich bin ich dafür, dass die Rechtslage angepasst wird und dem schändlichen Verhalten ein Riegel vorgeschoben wird. Aber nur weil es vom Gesetz erlaubt ist, ist es moralisch nicht gerechtfertigt. Ein Anwalt handelt da nicht als Bote, der nur passiv die böse Nachricht überbringt, sondern sehr aktiv als Schreiber der bösen Nachricht.
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SideWinder schrieb:
Ich denke, man kommt auch ganz gut ohne solche Personen zurecht. Dann sind die Paragraphen auch plötzlich gar nicht so übel. Wären alle Menschen von sich aus gut, wären (gute) Paragraphen gar nicht notwendig...
Emphasis mine.