Internet erklärt für italienische Parlamentarierer



  • Lawrence Lessig's Speech at Italian Parliament: Internet is Freedom

    Echt guter Vortrag, wie ich finde! Vielleicht kann man mal über die genannten Punkte diskutieren.


  • Mod

    Ich weiß nicht recht. Er spricht viele Sachen an und erklärt sie entweder für gut oder für schlecht. Und er erklärt das man einen Kompromiss zwischen den beiden finden muss. Aber er sagt an keiner Stelle warum die angesprochenen Dinge zur guten oder zur schlechten Seite gehören und warum die Lösung ein Kompromiss sein sollte.
    Ich kann ersten bei ein paar der angesprochenen Sachen nicht nachvollziehen, warum er sie zu gut oder zu schlecht zugeordnet hat- ja ich würde sie teilweise sogar andersrum anordnen. Seine Begründung ist mehr oder weniger "weil es offensichtlich ist". Aber das ist es nicht.
    Und zweitens kann ich der Argumentation nicht folgen, warum ein Kompromiss gesucht werden soll. Wenn er schon alles in zwei Kategorien "gut" und "schlecht" ordnet, warum muss dann ein Kompromiss gefunden werden? Sollte die optimale Lösung nicht nur das gute ohne das schlechte sein? Auch hier ist seine Begründung salopp gesagt "man muss eben Kompromisse schließen". Aber das ist nunmal nicht so. Dies ist die Mentalität, welche die Frage "was ist 1+1?" mit 2,5 beantwortet, wenn ein paar Leute 2 und ein paar andere Leute 3 sagen.



  • Ich stimme dem Vortrag auch nicht ganz zu. Aber was sind denn konkrete Punkte, die du meinst?

    Deshalb bin ich ja überhaupt auf die Idee gekommen, das hier zu posten: Manche Punkte sind diskussionswürdig.

    Man sollte im Hinterkopf daran denken, dass er Amerikaner ist, und von der amerikanischen Realität (Freie Rede als absolut uneingeschränkte Grundlage) ausgehend seine Ausführungen zu verstehen sind.



  • SeppJ schrieb:

    Seine Begründung ist mehr oder weniger "weil es offensichtlich ist". Aber das ist es nicht.

    Ja, er bezieht es auf die heutige Generation, die sich mit dem Medium Internet trotz der herrschenden inneren Lage in die kosmopolitische Richtung entwickelt haben soll. Das als Grundlage berechtigt ihn zu sagen, dass dieses Gute und Böse länderübergreifend nahezu gleich angesehen wird.

    Grob könnte ich ihm hier folgen, doch wirklich zustimmen würde ich dieser Ansicht nicht. Die Landesstimmungen haben einen enormen Einfluss eben auf die Benutzung des Internets. Und hauptsächlich diese Moral spiegelt sich da genauso wider wie im täglichen Leben. Man siehe sich den Einfluss des Westens zum Thema Netzpiraterie an und vergleiche diesen mit der Lage im Osten. Der Umgang wird da ein ganz anderer sein: so böse wird es kaum einer nennen.



  • Borschtsch schrieb:

    Man siehe sich den Einfluss des Westens zum Thema Netzpiraterie an und vergleiche diesen mit der Lage im Osten. Der Umgang wird da ein ganz anderer sein: so böse wird es kaum einer nennen.

    Das sehen hier auch nur die alten Männer mit Kugelschreiber als böse an.

    Sein Zitat von den alten und neuen VIACOM-Managern spricht doch Bände. Die alten wollten ihn verspotten. Die jungen kommen nach der Veranstaltung zu ihm und sagen: "This is China. We wait till they die, then we will take over."


  • Mod

    earli schrieb:

    Sein Zitat von den alten und neuen VIACOM-Managern spricht doch Bände. Die alten wollten ihn verspotten. Die jungen kommen nach der Veranstaltung zu ihm und sagen: "This is China. We wait till they die, then we will take over."

    Das fand ich auch einen merkwürdigen Punkte. Er sagt, dass die Generation Y ohnehin gewinnen wird, da sie die alten überlebt. Insofern wäre dann natürlich alles was man macht egal und der einzige Unterschied wäre bloß ob die Generation der Internetausdrucker als eine Art neues dunkles Zeitalter der Hexenverbrennung in die Geschichte eingeht oder ob das geschichtliche Urteil ein bisschen weniger hart sein wird (positiv wird es sicher nicht sein).

    Um mal auf ein paar konkrete Punkte einzugehen, wo mich seine Einordnung nach "Gut" und "Böse" besonders gestört hat (abgesehen von meinen grundsätzlichen Problemen mit den Worten Gut und Böse die wohl nur in der US-amerikanischen Rhetorik ernsthaft verwendet werden, hierzulande würde man sich darüber eher lustig machen.):
    - Freie Berichterstattung ist böse, weil sie den Leuten das Vertrauen in die demokratischen Organe nimmt. Er führt auf, dass 88% der Amerikaner den Kongress für vollkommen korrupt halten. Und er sagt, dies wäre prinzipiell schlecht? Hallo? Er führt direkt vorher an, wie Frau Clinton nach großzügiger Spende ihre Meinung zu einem Thema geändert hat. Und dass dies ohne Internet wahrscheinlich niemandem aufgefallen wäre. Wenn sich nunmal herausstellt, dass fast alle Politiker korrupt sind, dann ist dies das "Böse" und nicht das Internet, dass die Botschaft überbracht hat.
    - Freier Journalismus ist "böse", weil er teurem investigativem Journalismus schadet. Möglich dass er Recht hat. Direkt danach sagt er, dass der investigative Journalismus der großen Verlage ohnehin schon lange tot ist. Wo ist denn dann bitte der Schaden? Außerdem verurteilt er den freien Journalismus pauschal als "seicht". Dem kann ich absolut nicht zustimmen. Durch freie Berichterstattung im Internet ist es viel leichter, Querverweise zu überprüfen und zu erstellen, wodurch sich ein umfassenderes Bild ergibt. Und das ist eine neue Art und Weise der Berichterstattung, bei der man viel mehr mitbekommt und beurteilen kann. Klar, mit solcher Art von Berichterstattung hätten sich niemals Reporter gefunden die Nachts in Parkhäusern Informanten zu einem Einbruch in einem Hotel befragen und so einen großen Skandal aufdecken. Aber wie er schon anführt, wird dies ohnehin nicht mehr gemacht. Und der umfassende neue Journalismus mit seinen Querverweisen bietet so wenigstens einen Ersatz.



  • Ein Artikel zum Thema Journalismus: http://www.heise.de/newsticker/meldung/US-Medienstudie-Die-Lage-ist-prekaer-955011.html

    Da kommt also eine neue Technik und sie macht ein Produkt plötzlich so billig und allgemein Zugänglich, dass die alten Hersteller plötzlich keinen Gewinn mehr erwirtschaften können. Welche Überraschung. Das hatten wir ja noch nie. Außer mit der Buchpresse, der Schallplatte, dem Tonband, dem Computer, Radio und Fernseher, dem Automobil (früher konnten nur Reiche mit der Kutsche fahren), dem Zug, usw. usf.

    Nun ist halt der Journalismus dran. Das Internet hat Journalismus billig und für alle machbar gemacht. Die großen Zeitungsverlage müssen halt akzeptieren, dass sie etwas spezielles bieten müssen um Gewinne zu machen.


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