Fremdsprache an der Uni lernen
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Storm.Xapek.de schrieb:
ich möchte an meiner Uni im nächsten Semester mal einen Sprachkurs belegen und wollte hierzu einmal eure Erfahrungen hören.
Bisher ins Auge gefasst habe ich: Russisch oder Japanisch.
Kann mir jemand etwas zu den beiden Sprachen sagen, bezüglich Erlernbarkeit, Grammatik, etc..
Ich bin mir sicher viele hier haben auf der Universität eine weitere Fremdsprache erlernt,
was wäre noch an Sprachen zu empfehlen?
Wie sind allgemein eure Erfahrungen mit Sprachkursen an Unis (konkret geht es um die Uni Karlsruhe)?Zu Russisch kann ich nichts sagen, aber ich lerne seit knapp 1.5 Jahren Japanisch, deswegen kann ich dazu ein bisschen schreiben.
Zuerst einmal: Wenn du mehr Fragen hast, mehr Meinungen zum Japanisch-Lernen hören oder dich einfach übers Sprache-Lernen unterhalten möchtest, kannst du jederzeit in den IRC-Channel #日本語 kommen auf irc.euirc.net (bzw. #nihongo , falls dein IRC-Client mit den Schriftzeichen Probleme hat).
Ich habe mit Japanisch im April 2009 angefangen. Mein Ziel ist, Japanisch lesen und verstehen zu können. Konversation ist bisher nicht mein Hauptziel, weil ich nicht in Japan lebe und nicht vorhabe, in der nächsten Zeit dahin zu ziehen.
Ich habe zu Beginn einen Uni-Sprachkurs "Japanisch 1" belegt, der 4 SWS hatte. Parallel dazu habe ich mit http://www.amazon.de/dp/0824831659 die Schriftzeichen ("Kanji") gelernt. Im Nachhinein würde ich sagen, der Sprachkurs hat mir nicht allzu viel gebracht. Ich habe danach bisher keinen weiteren Sprachkurs besucht. Wenn du motiviert bist, kannst du meiner Erfahrung nach autodidaktisch viel effizienter lernen als in einem Sprachkurs, vor allem wenn Lesen und Hörverstehen deine Hauptziele sind.
Die Sache bei Japanisch ist, dass man neben einigen Vokabeln auch viele Kanji (die Schriftzeichen) kennen muss, um z.B. ein relativ einfaches SNES-Spiel wie "Chrono Trigger" zu verstehen. In den Japanisch-Sprachkursen an meiner Uni lernt man im ersten Semester genau 0 Kanji. In den folgenden 4 Semestern lernt man insgesamt ein paar hundert Kanji, wenn ich mich richtig erinnere. Man kennt also nach 2.5 Jahren Uni-Sprachkursen ein paar hundert Kanji und einige Wörter und kann wahrscheinlich immer noch kein SNES-Spiel auf japanisch spielen, geschweige denn ein aktuelles PC-Spiel (die sind deutlich schwieriger als SNES-Spiele). Lesen von Büchern oder Webseiten ist wahrscheinlich auch praktisch nicht möglich. Wenn du dagegen autodidaktisch lernst und motiviert bist, kannst du nach 2.5 Jahren auf jeden Fall in der Lage sein, SNES- (und auch Computer)-Spiele auf Japanisch zu spielen und zu verstehen.Das Buch "Remembering the Kanji", mit dem ich die Kanji gelernt habe, ist eine (nicht unumstrittene) Methode, die speziell für autodidaktische Lerner entworfen wurde und meiner Erfahrung nach gut funktioniert. Allerdings wirst du in praktisch keinem Sprachkurs diese Methode finden, weil sie eben besonders gut bei autodidaktischem Lernen funktioniert.
Japanisch als Sprache ist faszinierend, finde ich. Die Sprache klingt schön und ist auch nicht schwer auszusprechen für Deutsch-Muttersprachler. Die Grammatik ist exotisch und völlig anders als die Deutsche: Die Konzepte "Verb", "Nomen" und "Adjektiv" gibt es, da hört die Ähnlichkeit aber auch schon auf. Verben im Japanischen werden nicht konjugiert abhängig von der Person, d.h. die Verbform "lesen" in "ich lese", "du liest", "wir lesen" ist jedesmal dieselbe. Es gibt nur die zwei Zeitformen "Gegenwart" und "Vergangenheit" (kein Futur). Nomen haben keinen Singular und Plural, die Sätze "Da liegt ein Buch" und "Da liegen Bücher" sind im Japanischen identisch.
Deklination wie Nominativ, Akkusativ und änliches gibt es gar nicht, man markiert stattdessen die Funktion von Satzteilen mit kleinen Silben: "Ich lese ein Buch" ist wörtlich "Ich [Thema-Marker] Buch [Objekt-Marker] lese".
An den meisten Stellen ist die Grammatik nicht besonders schwierig, aber man braucht etwas Zeit um sich daran zu gewöhnen.Was mich an der japanischen Sprache besonders fasziniert, ist das Schriftsystem. Zu Beginn meint man vielleicht, dass gar kein System dahinter ist. Aber wenn man erstmal einige Schriftzeichen gelernt hat, dann beginnt man irgendwann die Logik dahinter zu erkennen und sieht, dass die Zeichen gar nicht so willkürlich sind wie sie aussehen. Mit dem genannten Buch lernt man vor allem auch, wie man die Schriftzeichen handschriftlich schreibt mit richtiger Strichfolge. Gerade das handschriftliche Schreiben ist etwas, was viele Japanisch-Lerner vermeiden. Dabei ist das mit der richtigen Methode nicht besonders schwierig, es kostet nur etwas Zeit.
Japanisch ist definitiv schwieriger als Russisch, aber meiner Meinung nach eine sehr lohnenswerte Erfahrung.
p.s.: Unabhängig davon, für welche Sprache du dich entscheidest, würde ich Anki empfehlen. Das ist wie ein Karteikarten-System zum Vokabellernen, aber viel, viel optimierter als jedes manuelle System. Man spart damit enorm viel Zeit.
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Zuerst mal: es gibt keine einfachen Sprachen. Und mit einem Sprachkurs wirst du kaum eine Sprache erlernen, dafür ist jahrelanges Training erforderlich. Es muss also eine Sprache sein, bei der du vor hast, dich Intensiv zu beschäftigen. Sonst kannst du es sein lassen.
Japanisch ist schonmal eine schlechte Wahl, weil die so ein komisches Schriftsystem haben. Dann gehört die Sprache zu einem völlig anderen Sprachstamm, und ist deswegen für uns pauschal nicht so einfach zu lernen. Hinzu kommt, dass man mit der Sprache gleich ein neues Wertesystem lernen muss. Die Höflichkeitsformen sind nicht mit unseren westlichen Werten nachzuvollziehen, aber ein wichtiger Aspekt der Sprache. Ausserdem trifft japanisch wohl nicht deinen Geschmack für "exotik". Ist ja inzwischen schon relativ Standard seit dem Mangaboom. Zumindest bei uns an der Uni sind die Japanischkurse immer heillos ausgebucht (noch ein Minuspunkt).
Es gibt keine Sprache, die alle deine Anforderungen erfüllt. Wenn du auf das "ausgefallen" verzichtest, dann würde ich dir spontan Schwedisch ans Herz legen. da kann man als Deutscher nach einem Semester durchaus B1/B2 erreichen, kann also in Schweden (und teilen von Finnland) gut über die Runden kommen. Die Grammatik ist für Deutsche intuitiv zu verstehen "Macht am Besten alles genau so wie im Deutschen" und die Vokabeln und Sprachlaute sind für uns auch gut nachvollziehbar.
//edit persönlich bin ich ja für Finnisch, auch wenn die Grammatik mit "leicht" mal so gar nichts am Hut hat.
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árn[y]ék schrieb:
Willst du die Sprache hingegen richtig lernen, also mit Kanji ... Dann viel Spaß
Du hast dir einen Höllentrip auf Erden ausgesucht, gerade bei nur einem Semester.
So schlimm ist es auch wieder nicht, die Schwierigkeit von Kanji wird gerne übertrieben.
otze schrieb:
Ausserdem trifft japanisch wohl nicht deinen Geschmack für "exotik". Ist ja inzwischen schon relativ Standard seit dem Mangaboom. Zumindest bei uns an der Uni sind die Japanischkurse immer heillos ausgebucht (noch ein Minuspunkt).
Aber vermutlich nur die Anfängerkurse. Die meisten Leute, die nur als Manga- oder Anime-Fan japanisch lernen möchten, geben recht schnell auf.
Ich würde sagen Japanisch ist sehr exotisch. Schwedisch und Russisch sind beide verwandt mit der deutschen Sprache. Finnisch ist ein Ausreißer, aber provokativ gefragt, was möchte man mit Finnisch anfangen? Mir gefällt Japan besser.
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Christoph schrieb:
árn[y]ék schrieb:
Willst du die Sprache hingegen richtig lernen, also mit Kanji ... Dann viel Spaß
Du hast dir einen Höllentrip auf Erden ausgesucht, gerade bei nur einem Semester.
So schlimm ist es auch wieder nicht, die Schwierigkeit von Kanji wird gerne übertrieben.
Stimmt. Aber meine Aussagen sind immer relativ zu genießen
Das griechische Alphabet z.B. konnte ich nach knapp 4 Tagen nahezu flüssig lesen, und das noch bis heute. Die wenigen hundert Kanji, die ich mir doch recht mühevoll selbst beibgebracht habe, fangen schon wieder sehr zu hakeln an und manche habe ich bereits ganz vergessen. Schade eigentlich, aber mir fehlt die Zeit ...
Ich bin übrigens ganz gut gefahren mit einer Mischung aus Rosetta Stone, autodidaktischem Kanji-Lernen anhand verschiedener Lexika und zuletzt noch einem Lehrbuch (Jap. im Sauseschritt, mit Kanji und Kana). Auch nicht das Gelbe vom Ei, aber das gibt es bei der Sprache wohl nicht.
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árn[y]ék schrieb:
Christoph schrieb:
árn[y]ék schrieb:
Willst du die Sprache hingegen richtig lernen, also mit Kanji ... Dann viel Spaß
Du hast dir einen Höllentrip auf Erden ausgesucht, gerade bei nur einem Semester.
So schlimm ist es auch wieder nicht, die Schwierigkeit von Kanji wird gerne übertrieben.
Stimmt. Aber meine Aussagen sind immer relativ zu genießen
Das griechische Alphabet z.B. konnte ich nach knapp 4 Tagen nahezu flüssig lesen, und das noch bis heute. Die wenigen hundert Kanji, die ich mir doch recht mühevoll selbst beibgebracht habe, fangen schon wieder sehr zu hakeln an und manche habe ich bereits ganz vergessen. Schade eigentlich, aber mir fehlt die Zeit ...
Ich bin übrigens ganz gut gefahren mit einer Mischung aus Rosetta Stone, autodidaktischem Kanji-Lernen anhand verschiedener Lexika und zuletzt noch einem Lehrbuch (Jap. im Sauseschritt, mit Kanji und Kana). Auch nicht das Gelbe vom Ei, aber das gibt es bei der Sprache wohl nicht.
"Remembering the Kanji" hat mir sehr geholfen, die Zeichen zu lernen. Man lernt die Kanji mit dem Buch absichtlich ohne Lesungen. Die Idee dahinter ist, dass es drei Dinge gibt, die man pro Wort lernen muss:
- "Stern" (Deutsches Wort)
- "hoshi" (Japanisches Wort)
- 星 (Japanische Schreibweise, gibt nicht die Aussprache an)
Punkt (3) gibt es in den meisten anderen Sprachen nicht. In Finnisch, Russisch etc. muss man nur die Verbindung zwischen (2) und (1) lernen, damit hat sich das.
Im Japanischen muss man alle Verbindungen zwischen diesen drei Punkten lernen, vor allem weil das Schriftzeichen "星" alleine keinerlei Hinweis gibt, dass es "hoshi" ausgesprochen wird. Diese Verbindungen alle gleichzeitig zu lernen ist aber nicht einfach, vor allem weil es zwei Unbekannte gibt: "hoshi" und "星" sind beide neu, und "星" sind einige willkürliche Striche. Die Idee bei "Remembering the Kanji" ist, dass man zuerst das Zeichen "星" losgelöst von "hoshi" lernt. Wenn man dann später "hoshi" lernt, kann man nachschauen mit welchen Kanji das geschrieben wird und merkt, ah, dieses Kanji kenn ich doch.Man kann nicht sicher sein, dass man ein Kanji richtig erkennt, solange man nicht (fast) alle üblichen gelernt hat. Denn es gibt leider einige Kanji, die sich unglaublich ähnlich sehen, aber völlig unterschiedliche Bedeutungen haben:
* 末, 未 (ja, die sind unterschiedlich und bedeuten etwas völlig anderes)
* 待, 時, 持, 侍
* 授, 援
* 字, 学Das soll aber keineswegs entmutigend sein. Japaner schaffen es ja auch, diese Zeichen auseinanderzuhalten.
Das ist wie in vielen Dingen: Fürs ungeübte Auge sehen die Zeichen oben vielleicht nahezu identisch aus. Wenn man aber gezielt übt, welche Unterschiede signifikant sind, dann wird es gut machbar, die zu unterscheiden.
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Christoph schrieb:
Ich würde sagen Japanisch ist sehr exotisch. Schwedisch und Russisch sind beide verwandt mit der deutschen Sprache. Finnisch ist ein Ausreißer, aber provokativ gefragt, was möchte man mit Finnisch anfangen? Mir gefällt Japan besser.
Ich persönlich habe mich für das Lernen von Finnisch entschieden, weil ich die finnische Kultur - wie die aller Staaten in der Ecke - für sehr viel fortschrittlicher und angenehmer als unsere halte. Außerdem gefällt mir die Landschaft. Etwas kühler als hier, aber wunderschön.
Die andere Sache war die Neugier eines völlig anderen Sprachtyps. Sowas wird in ganz Europa nirgendwo sonst gesprochen. Gleichzeitig dauert eine Reise nach Finnland nicht ewig - ein langes Wochenende dort lohnt sich schon, weil man keine 8h im Flugzeug sitzt. Und auch das ist ein Aspekt, den man nicht ausser acht lassen sollte. Sprachpraxis ist das Wichtigste. Ohja, und Finnisch hört sich vom Sprachklang her ganz weich und melodisch an.
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otze schrieb:
Christoph schrieb:
Ich würde sagen Japanisch ist sehr exotisch. Schwedisch und Russisch sind beide verwandt mit der deutschen Sprache. Finnisch ist ein Ausreißer, aber provokativ gefragt, was möchte man mit Finnisch anfangen? Mir gefällt Japan besser.
Ich persönlich habe mich für das Lernen von Finnisch entschieden, weil ich die finnische Kultur - wie die aller Staaten in der Ecke - für sehr viel fortschrittlicher und angenehmer als unsere halte. Außerdem gefällt mir die Landschaft. Etwas kühler als hier, aber wunderschön.
Die andere Sache war die Neugier eines völlig anderen Sprachtyps. Sowas wird in ganz Europa nirgendwo sonst gesprochen. Gleichzeitig dauert eine Reise nach Finnland nicht ewig - ein langes Wochenende dort lohnt sich schon, weil man keine 8h im Flugzeug sitzt. Und auch das ist ein Aspekt, den man nicht ausser acht lassen sollte. Sprachpraxis ist das Wichtigste. Ohja, und Finnisch hört sich vom Sprachklang her ganz weich und melodisch an.
Das sind gute Argumente. Dass Japan am anderen Ende der Welt liegt, ist definitiv ein Nachteil. Ich war noch nie in Finnland, aber ich kann mir vorstellen, dass es dort schön ist. Finnisch kann sich lohnen, das möchte ich nicht bezweifeln, auch wenn mein letztes Posting etwas provokant war.
Für mich persönlich ist Japanisch aber spannender. Das Schriftsystem, die Kultur, da ist Finnland einfach anders.
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My 50 Cent for Gaeilge!
Lerne ich im Moment. Wunderschöne Sprache, toller Klang ... und abstruse GrammatikLeider kann man das so gut wie nirgends lernen und ist im Großen auf sehr viel Recherche und Selbststudium angewiesen ...
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Vielen Dank schonmal für die bisherigen Antworten.
Im Moment tendiere ich jetzt stark zu japanisch, da es anscheinend etwas komplett anderes ist als alle Sprachen die ich bisher kannte. Das entnehme ich zumindest árn[y]éks und Christophs Beiträgen. Auch für die japanische Kultur könnte ich mich durchaus begeistern, ich habe da auf einmal ein gutes Gefühl bei der Sache.
Hauptsächlich geht es mir dabei um das Sprechen der Sprache, die Schriftzeichen
dazu würde ich wahrscheinlich erstmal vernachlässigen, falls das möglich ist.Was ein Problem sein könnte ist natürlich das ich voraussichtlich in den nächsten Jahren nicht nach Japan kommen werde, esseiden ich behersche die Sprache plötzlich so gut, dass sich ein Auslandssemester dort lohnt.
Wie sorgt ihr dafür dass die Sprache nicht wieder verkümmert? Bücher lesen
stelle ich mir schwer vor. Japanische Bekannte, mit denen man ab
und zu sprechen kann sind wohl sehr sinnvoll oder?
Anime bzw. Manga Fan bin ich übrigens weniger.@otze Finnisch wird leider nicht angeboten, wäre sonst wohl auch noch in meinere
engere Auswahl gekommen, vor allem die Möglichkeit das Land selbst einfach mal
ab und zu bereisen zu können.//EDIT:
Ich habe gerade entdeckt das es in Japan ja 4 verschiedene Schriften gibt.
Sehe ich das richtig das Kanji zu lernen nicht notwendig ist und man sich
auch gut mit Rōmaji durchschlagen kann? Gibt es dann auch japanische
Bücher (und andere Textformen) in Rōmaji?
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Storm.Xapek.de schrieb:
Im Moment tendiere ich jetzt stark zu japanisch, da es anscheinend etwas komplett anderes ist als alle Sprachen die ich bisher kannte. Das entnehme ich zumindest árn[y]éks und Christophs Beiträgen. Auch für die japanische Kultur könnte ich mich durchaus begeistern, ich habe da auf einmal ein gutes Gefühl bei der Sache.
Falls du Lust hast, schau mal vorbei in #日本語 (alias #nihongo) auf irc.euirc.net. Diese Einladung gilt natürlich auch für alle anderen Leser, die zufällig Japanisch lernen.
Storm.Xapek.de schrieb:
Hauptsächlich geht es mir dabei um das Sprechen der Sprache, die Schriftzeichen dazu würde ich wahrscheinlich erstmal vernachlässigen, falls das möglich ist.
Falls du vorhast, richtig Japanisch zu lernen, würde ich dir davon abraten, die Schrift zu vernachlässigen. Es gibt zu viele Ausländer, die japanisch sprechen können, aber nicht lesen. Ich war wie gesagt noch nicht persönlich in Japan, hab aber von Leuten gehört, die dort waren und sprechen, aber nicht lesen konnten, dass das sehr deprimierend sein soll. Stell dir vor wie eingeschränkt du dich fühlen würdest, wenn du in Deutschland kompletter Analphabet wärst und nichts lesen könntest. Keine Speisekarten, keine Werbe-Schilder, keine E-Mails, keine SMS, ...
Storm.Xapek.de schrieb:
Was ein Problem sein könnte ist natürlich das ich voraussichtlich in den nächsten Jahren nicht nach Japan kommen werde, esseiden ich behersche die Sprache plötzlich so gut, dass sich ein Auslandssemester dort lohnt.
Ich war bisher nie in Japan und werde wahrscheinlich auch in nächster Zeit nicht dahin kommen. Es gibt aber dermaßen viel japanisches Material im Internet und auch japanische Buchhändler, die nach Deutschland verschicken, dass das nicht wirklich ein Problem darstellt. Höchstens japanisch sprechen kommt in Deutschland etwas zu kurz, aber selbst dagegen gibt es Abhilfen (z.B. Webseiten um Sprachpartner zu finden oder sowas wie http://lang-8.com/ ).
Mein Gedankengang beim Japanisch-Lernen ist auch folgender: Englisch hab ich erst richtig gelernt als ich angefangen hab englische Bücher zu lesen und Filme auf englisch zu schauen. Natürlich ging das am Anfang nicht ganz so gut, aber man lernt keine Sprache indem man ihr aus dem Weg geht. Ich hab aber so gut wie gar kein Englisch gesprochen, mangels Sprachpartner. Trotzdem konnte ich mich ausdrücken und Englisch gut genug sprechen, als ich mal in Kanada war. Meine Hoffnung ist, dass das bei Japanisch ähnlich funktioniert: Wenn ich erstmal Bücher und Filme zu nahezu 100% verstehe, sollte Sprechen auch kein großes Problem mehr darstellen.
Storm.Xapek.de schrieb:
Wie sorgt ihr dafür dass die Sprache nicht wieder verkümmert? Bücher lesen stelle ich mir schwer vor. Japanische Bekannte, mit denen man ab und zu sprechen kann sind wohl sehr sinnvoll oder?
Bücher lesen halte ich für sehr schwer bis unmöglich, wenn du die Kanji erstmal vernachlässigen möchtest (ein weiterer Grund, warum ich davon abrate
). Es gibt ein paar Bücher, die kann man ohne Kanji lesen. Einfache Texte ohne Kanji wären aber vor allem Mangas, und wenn dir das Format nicht so gut gefällt, bleibt ohne Kanji recht wenig Material übrig. Ein paar light novels gibt es, die man ohne Kanji-Kenntnisse lesen kann, aber normale Bücher sind ohne Kanji nicht zu verstehen.
Filme auf japanisch schauen (müssen keine Animes sein) sollte aber auf jeden Fall helfen, um drin zu bleiben. Ansonsten kann ich nur nochmal die Empfehlung für Anki wiederholen. Wenn du Vokabeln u.ä. mit diesem Programm lernst und irgendwann aufhörst, neue Karten zu erstellen, dann wird der Review-Aufwand sehr schnell sehr gering werden (größenordnungsmäßig 10 Minuten pro Tag bei einigen tausend Vokabelkarten). Obwohl der tägliche Zeit-Aufwand dann nur bei 10 Minuten liegt, sorgt das Programm dafür, dass du die Vokabeln behältst und drin bleibst. Das Programm merkt sich für jede Karte, wie gut du sie kennst, und zeigt dir dann genau die Karten, die du (dem Algorithmus zufolge) demnächst vergessen würdest.Außerdem kann man auf Anki-Karten auch Bilder setzen, was eines meiner Lieblingsfeatures ist. Ich erstell ab und zu Karten, wo zum Beispiel auf der Vorderseite ein Bild wie dieses hier ist und auf der Antwortseite das japanische Wort für "Pferd" steht (oder umgekehrt). Was ich auch sehr gerne mache ist einen Screenshot aus einem Computer- oder Konsolenspiel zu nehmen, auf dem ein Satz zu lesen ist. Diesen Screenshot lege ich dann auf die Frageseite, und die Karte fragt nach Verständnis des Satzes. Auf der Antwortseite sind dann Vokabelangaben oder teilweise eine sinngemäße Übersetzung des Satzes. Beispiel: http://img192.imageshack.us/img192/6770/ankicard.png
So hat man direkt einen Kontext für den Satz und die ganzen Wörter, die drin vorkommen.
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Storm.Xapek.de schrieb:
Ich habe gerade entdeckt das es in Japan ja 4 verschiedene Schriften gibt.
Sehe ich das richtig das Kanji zu lernen nicht notwendig ist und man sich
auch gut mit Rōmaji durchschlagen kann? Gibt es dann auch japanische
Bücher (und andere Textformen) in Rōmaji?Es gibt 4 verschiedene Schriften im Japanischen:
- Kanji
- Hiragana
- Katakana
- Romaji
Schrift (1) sind ~3000 Zeichen.
Schrift (2) und (3) sind reine Silbenschriften, d.h. die Zeichen selbst tragen keinerlei Bedeutung, sondern geben nur die Aussprache an. (2) und (3) enthalten beide dieselben Silben, aber mit unterschiedlichen Zeichen. Das ist vielleicht so ähnlich wie normale Schrift und Kursiv-Schrift im Deutschen: Zwei Schriftarten, die aber dasselbe bedeuten. (2) und (3) haben jeweils etwa 50 Zeichen. Als Faustregel gilt, dass Hiragana für Wörter japanischen Ursprungs benutzt wird und Katakana für Lehnwörter aus anderen Sprachen. Zum Beispiel viele Computer-Begriffe werden in Katakana geschrieben, weil die aus dem Englischen übernommen wurden.
Schrift (4) sind die bekannten lateinischen Zeichen.
Man kann nun Hiragana/Katakana in Romaji schreiben. Das Hiragana-Zeichen "う" entspricht dann in Romaji dem "u", weil die Aussprache in die Richtung eines "u" geht (es ist aber in Wirklichkeit ein leicht anderer Laut und nicht dasselbe wie ein deutsches "u").
Jetzt ist es so, dass manche Lehrbücher so tun als wären Romaji eine Erleichterung. Dem ist nicht so. Es gibt überhaupt gar kein japanisches Material, das in Romaji geschrieben wäre, abgesehen von manchen Lehrbüchern. Japanisch in Romaji schreiben ist etwas, das kein Japaner jemals tun würde. Deswegen ist Romaji auch keine Erleichterung, weil man damit etwas lernt, das nichts mit Japanisch zu tun hat. Was man in jedem Fall lernen muss, sind die beiden Silbenschriften Hiragana und Katakana. Das ist nicht so schwer, weil die Zeichenanzahl sehr begrenzt ist. Bis man es flüssig lesen kann, das ist dann reine Übungssache. Der gewaltige Vorteil ist: Hiragana und Katakana werden in Japan tatsächlich benutzt, und zwar ständig. Man kann mit Kanji alleine normalerweise keinen Satz bilden. Die ganze Grammatik und einige Wörter müssen in Silbenschrift geschrieben werden. Prinzipiell kann man sogar jedes Wort in Silbenschrift schreiben. Zu den meisten gängigen Wörtern gehören aber Kanji, die stattdessen benutzt werden. Die Kanji erleichtern das Lesen, weil es im Japanischen sehr viele Homophone gibt (identisch klingende Wörter mit unterschiedlicher Bedeutung).
Kanji vernachlässigen ist eine Option (von der ich abraten würde). Hiragana und Katakana vernachlässigen ist IMHO keine Option, die sind ähnlich wichtig wie das lateinische Alphabet für die deutsche Sprache. Ich würde Romaji vermeiden wo es geht, du tust dir damit nämlich keinen Gefallen und wirst dich später ärgern, wenn du nicht mal die Silbenschrift lesen kannst.
Als ich vorhin schrieb, dass es light novels und Mangas gibt, die man ohne Kanji lesen kann, dann meinte ich damit, dass die in Silbenschrift geschrieben sind. Es gibt abgesehen von (IMHO fehlgeleiteten) Lehrbüchern kein Material, in dem Romaji verwendet werden.
edit: In Ordnung finde ich die Herangehensweise von Genki. In den ersten 2-3 Lektionen werden Romaji verwendet, weil man Hiragana/Katakana erst noch lernen muss. Ab Lektion ~4 gibt es keine Romaji mehr, weil Romaji eben auch in Japan nirgends verwendet werden, deswegen ziemlich sinnlos sind und nur den Studenten davon abhalten, die Silbenschrift richtig zu lernen.
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Warum nicht eine Sprache aus der nähe?
NLD, DAN, PLK, CSY oder ITA würde mir einfallen.
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Also erstmal nochmals vielen Dank an dich Christoph, deine Erklärungen sind echt klasse. Auch Anki habe ich mir bereits angeschaut, ich war nie ein Fan von dem Karteikartensystem, aber für die Silbenschriften und die Kanji ist es wohl sehr sinnvoll (zumal in den Stapeln die man herunterladen kann auch Audio Daten zur Aussprache dabei sind). Danke für den Tipp.
Der Sprachkurs würde erst im Oktober anfangen, aber so lange will ich jetzt eigentlich garnichtmehr warten. Ich werde also jetzt einfach mal im Selbststudium mit den Silbenschriften beginnen. Falls dann weitere spezifische Fragen auftauchen werde ich mal im IRC vorbeischauen, ich nehme an man kann hier auch auf Englisch seine Fragen stellen, bis ich das auf Japanisch kann wird es wohl noch ein Jahr brauchen.
@CSL
Diese Sprachen sind mir irgendwie zu Nahe an Deutsch, Englisch und Französisch.
Ich möchte mal noch etwas vollkommen Neues lernen.
Mich reizt im Moment vor allem auch die gesamte Kultur die hinter der Sprache steht.
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Storm.Xapek.de schrieb:
Ich werde also jetzt einfach mal im Selbststudium mit den Silbenschriften beginnen.
Das ist eine gute Idee.
Storm.Xapek.de schrieb:
Falls dann weitere spezifische Fragen auftauchen werde ich mal im IRC vorbeischauen, ich nehme an man kann hier auch auf Englisch seine Fragen stellen, bis ich das auf Japanisch kann wird es wohl noch ein Jahr brauchen.
Keine Sorge: Die Sprache des IRC-Channels ist Deutsch.
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Wie wär's mit Romani? *duck*
Immerhin gibt's dafür auch Sprecher in Deutschland, und die gute Sprache ist ziemlich exotisch.
Du müßtest, soweit ich weiß, nicht mal eine andere Schrift lernen, da Romani für gewöhnlich mit Lateinischen, in Ecken der ehemaligen SU s.i.w. auch in Kyrill, Buchstaben geschrieben wird.Dafür lernst du eine Sprache, welche Lehnwörter aus vielen anderen Sprachen enthält, und trotzdem noch den Bezug zu Alt-Indischen Sprachen.
Freilich gibt's wenige Sprecher, und in Indien wird dich damit auch niemand verstehen. Auch Sprachkurse dürften rar sein, aber dafür lernst du eine sehr exotische Sprache. :p
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Man kann bei Fremdsprachen nur hoffen, dass das Interesse an der Kultur nicht nachlässt. Bücher in der Sprache des Autors zu lesen, wenn man seine Sprache beherrscht, ist durch nichts zu ersetzen.
Mir geht es gerade ähnlich mit der französischen Sprache, für die ich mich früher nie begeistern konnte. Das Problem bei mir ist nun, dass ich durch wenig Übung schnell das Vokabular vergesse, was mich manchmal tierisch aufregt. Bei Englisch wird das nach paar Wochen schon merkbar, da das aktive Sprechen quasi gegen 0 läuft. Ich versuche also möglichst alle drei Sprachen, die ich sprechen kann, zumindest gedanklich täglich zu benutzen, Sätze hier und da zu übersetzen.
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Eine fremde Sprache zu lernen ist immer auch eine Frage der Motivation - also wofür brauche ich diese und mit wem kann ich damit worüber reden. Ich habe mehrere Jahre als Deutscher in Spanien gelebt. Diese Sprache war relativ einfach auf der Strasse und im Gespräch mit Freunden und Nachbarn zu erlernen. Jetzt lebe ich in Ungarn und da geht trotz intensiver Bemühungen wenig.
Sprachkurse an der Uni mögen gut sein. Ohne Praxis bringen die aber auch nichts.
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Hi,
was spricht eigentlich gegen Spanisch? Ist sicher kene wirklich ausgefallene Sprache, aber eine Sprache, wo Du keineswegs auf ein paar Bücher und Internet angewiesen bist. Spanisch-Mundartler findest Du überall, und es ist eine Sprache die Dir in vielen Teilen der Welt weiterhilft, sicher auch im Beruf. Und wenn Du Dich an die anderen Endungen gewöhnst verstehst Du mit Spanischkenntnissen problemlos auch portugiesisch.
Gruß Mümmel
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muemmel schrieb:
... Und wenn Du Dich an die anderen Endungen gewöhnst verstehst Du mit Spanischkenntnissen problemlos auch portugiesisch.
Und sogar Hinterland-Andalusisch: cabau. Aber Vietnamesich wäre auch nicht schlecht!
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muemmel schrieb:
Hi,
...verstehst Du mit Spanischkenntnissen problemlos auch portugiesisch.Würde ich überhaupt nicht sagen. Woher hast du das, eigene Erfahrung?