Eine Frage der Moral
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TGGC schrieb:
@peterfarge&muemmel:
Es ist ja alles schoen und gut was ihr hier erklaert, ich kann eure Logik problemlos folgen. Unter eurer Annahme, das man den Schaden immer minimieren muss, habt ihr strigent argumentiert. Aber warum weigert ihr Euch dann den Dicken aufs Gleis zu stossen und den Patienten aufzuschneiden? Ist dies fuer euch moralisch falsch? Eure Argumentation verlangt das doch? Ihr koennt hier seitenweise schreiben, aber seid ueberfordert hier das moralisch richtige zu tun? Oder ist "Schaden minimieren" fuer euch doch nicht immer moralisch richtig?Wikipedia schrieb:
Nach dem Prinzip der Doppelwirkung kommt es nicht in Frage, den fetten Mann auf die Gleise zu werfen, da die Tötung eines Menschen als Mittel zur Erreichung eines guten Zweckes ausgeschlossen ist. Ob die Weiche umgestellt werden soll, kann diskutiert werden. Die meisten Vertreter deontologischer Ethik neigen dazu, die Rettung der fünf durch Umstellung der Weiche herbeizuführen: Da der Tod der Einzelnen nicht Mittel zum Zweck ist, sondern als unbeabsichtigte Folge angesehen wird, darf er in Kauf genommen werden.
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TGGC schrieb:
So sehe ich das auch. Die Frage ist nun, nach welchem Prinzip kann man zwischen solchen Faellen unterscheiden und diese Entscheidungen somit verallgemeinern. Was sind deine Gruende, so und nicht anders zu entscheiden?
Ich vermute, Du meinst mich.
Ich kann es nicht verallgemeinern. Im Falle, dass ich zu einem Arbeiter eine persoenliche Beziehung haette, wuerde ich womoeglich anders entscheiden (Freund retten/Feind sterben lassen).
Dein Experiment ist natuerlich gesichtslos angelegt, das reduziert die Entscheidung auf -1 vs -5. Mit angelegt ist, dass ich fuer die Situation nicht verantwortlich bin. Aber selbst wenn: -1 vs -5.
Das Schubsen eines Mannes erfordert aber eine Selektion. Und damit haette ich ein Problem (es stehen zwei Dicke nebeneinander).
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Von jetzt auf gleich zum Mörder an einem Unbeteiligten werden kann man nicht. Aber nehmen wir an man könnte die Zeit anhalten um in Ruhe eine Entscheidung zu treffen. Und nehmen wir an durch das Schubsen des Dicken wird etwas wirklich schlimmes verhindert, wie zB die Zündung einer Atombombe in einer Stadt am anderen Ende der Welt (->Eigennutzen auschließen) dann sollte der Dicke geschubst werden und ich würde es auch tun! Meine Entscheidung könnte ich dann guten Gewissen gegenüber jedem Gericht verantworten.
@TGGC: Du hast uns noch nicht Deine Entscheidungen (+Begründungen) mitgeteilt? Der Weichen- und der Dickenfall zB.
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Es gibt nur eine richtige Antwort auf diese Art des Problems: nichts tun, alles so lassen, wie es ist!
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Nasghat schrieb:
Es gibt nur eine richtige Antwort auf diese Art des Problems: nichts tun, alles so lassen, wie es ist!
Dann begründe mal bitte.
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Niemand kann von mir erwarten, dass ich entscheide, wer stirbt und wer nicht stirbt. Eine moralische Entscheidung muss heißen: ich entscheide mich dazu, mich nicht zu entscheiden. Keiner kann mich zwingen. Und kein Gericht, in einem demokratischen Rechtsstaat, würde mich dafür verurteilen. In meinen Augen wäre eine Entscheidung, zugunsten wem auch immer, Totschlag, denn ich würde mich ja bewußt dazu entscheiden, durch meine Entscheidung die Weiche entsprechend zu stellen, den/die jeweilige/n Person/Personen zu töten.
mkG Nas
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Nasghat schrieb:
Niemand kann von mir erwarten, dass ich entscheide, wer stirbt und wer nicht stirbt. Eine moralische Entscheidung muss heißen: ich entscheide mich dazu, mich nicht zu entscheiden. Keiner kann mich zwingen. Und kein Gericht, in einem demokratischen Rechtsstaat, würde mich dafür verurteilen. In meinen Augen wäre eine Entscheidung, zugunsten wem auch immer, Totschlag, denn ich würde mich ja bewußt dazu entscheiden, durch meine Entscheidung die Weiche entsprechend zu stellen, den/die jeweilige/n Person/Personen zu töten.
mkG Nas
Und wenn wir das Bespiel auf die Spitze treiben und 1 Mensch gegen die ganze Weltbevölkerung steht? Würdest du dann auch darauf verzichten, diesen einen Menschen sterben zu lassen, im Wissen, dass außer dir und ihm dann niemand mehr da ist?
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Um die Frage zu beantworten: nein, dann würde ich nicht moralisch handeln, aber die Situation ist hier auch in keinster Weise vergleichbar. Aber das war ja auch gar nicht die Ausgangssituation.
mkG Nas
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_matze schrieb:
Und wenn wir das Bespiel auf die Spitze treiben und 1 Mensch gegen die ganze Weltbevölkerung steht? Würdest du dann auch darauf verzichten, diesen einen Menschen sterben zu lassen, im Wissen, dass außer dir und ihm dann niemand mehr da ist?
Vorsicht bei solche Übertreibungen. Ich würde wahrscheinlich (wie die meisten Menschen) die Weltbevölkerung retten. Das heißt aber nicht, dass die Entscheidung moralisch richtig wäre. In solchen Momenten spielt uns unsere Moralvorstellung einen Streich, wir können den Verlust eines Menschen verschmerzen, aber Leben mit nur einem anderen Menschen (möglicherweise sogar gleiches Geschlecht) ist äußerst eingeschränkt bis unmöglich. Von Arterhaltung ganz zu schweigen. Biologische Triebe gaukeln uns und unserem Gewissen hier also eine falsche Moral vor. Wenn es z.B. nur 1 Mensch gegen 100000 Menschen wäre, wäre es wieder etwas anderes.
Zum Glück kommen solche Entscheidungen in der Realität nicht vor (die Sache mit der U-Bahn könnte aber z.B. einem Stellwerkmitarbeiter durchaus mal irgendwie treffen).
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@peterfarge:
Ich sagte, ich wuerde die Weiche umstellen und den Mann nicht schubsen.Und meine Begruendung von FB:
"Wenn man genauer darueber nachdenkt, scheint der Unterschied eher hier zu liegen: "Weiche schalten" ist prinzipiell moralisch neutral aber "Mann schubsen" ist immer moralisch verwerflich. Im ersten Fall mache ich etwas neutrales und wiege die Konsequenzen gegeneinander ab. Im zweiten Fall tue ich etwas "Schlechtes" und dies hat zusaetzlich "gute" Konsequenzen."@Nashgat:
Gibt es eine schluessige Begruendung, warum "weiche schalten" falsch sein muss? Nehmen wir an auf dem Nachbargleis steht gar keiner, ist dann Weichen schalten immer noch falsch? Du entscheidest dann ja trotzdem wer stirbt und wer nicht.Zu dem uebertriebenen Fall, hatte ich auch schonmal einen Grundsatz erwaehnt: Man soll immer so handeln, das es mit der Existenz des menschlichen Lebens vereinbar ist.
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TGGC schrieb:
Wenn man genauer darueber nachdenkt, scheint der Unterschied eher hier zu liegen: "Weiche schalten" ist prinzipiell moralisch neutral aber "Mann schubsen" ist immer moralisch verwerflich. Im ersten Fall mache ich etwas neutrales und wiege die Konsequenzen gegeneinander ab. Im zweiten Fall tue ich etwas "Schlechtes" und dies hat zusaetzlich "gute" Konsequenzen.
Das stimmt nicht. In beiden Fällen weißt du, dass ein Mensch stirbt. In beiden Fällen bist du bereit, den Tod dieses Menschen zur Rettung der anderen in Kauf zu nehmen. Ob du den Menschen vor den Zug bringst oder den Zug vor den Menschen ist da irrelevant, dass erinnert mich an "er ist mir ins Messer gefallen".
Was anderes ist es, wenn das zweite Gleis leer ist. Oder wenn du den Arbeiter auf dem zweiten Gleis nicht siehst. Denn dann bist du nicht bereit, einen Menschen zu opfern (wenn da einer wäre bzw. du ihn sähest, würdest du die Weiche ja nicht umstellen).Edit: stellt euch die Situation doch mal real vor. Ihr sitzt in einem Stellwerk für die U-Bahn und ihr habt genau diesen Fall. Dann würdet ihr natürlich versuchen, die Bahn zum Stillstand zu bringen, evntl. Sicherheitsbremsen zu aktivieren, die Menschen auf die Gefahr aufmerksam machen etc., aber ihr würdet doch nicht die U-Bahn so umlenken, dass sie einen unbeteiligten Arbeiter tötet, oder?
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ipsec schrieb:
TGGC schrieb:
Wenn man genauer darueber nachdenkt, scheint der Unterschied eher hier zu liegen: "Weiche schalten" ist prinzipiell moralisch neutral aber "Mann schubsen" ist immer moralisch verwerflich. Im ersten Fall mache ich etwas neutrales und wiege die Konsequenzen gegeneinander ab. Im zweiten Fall tue ich etwas "Schlechtes" und dies hat zusaetzlich "gute" Konsequenzen.
Das stimmt nicht. In beiden Fällen weißt du, dass ein Mensch stirbt.
Was genau stimmt nicht? Ja, in beide Faellen ist die Konsequenz der Tod eines Menschen, aber das habe ich nicht bestritten. Ich sage wenn man nur die Handlung _ohne_ diese Konsequenz in dem speziellen Fall betrachtet, dann ergibt sich ein Unterschied.
ipsec schrieb:
In beiden Fällen bist du bereit, den Tod dieses Menschen zur Rettung der anderen in Kauf zu nehmen.
Nein, das bin ich nur im ersten Fall.
ipsec schrieb:
Ob du den Menschen vor den Zug bringst oder den Zug vor den Menschen ist da irrelevant, dass erinnert mich an "er ist mir ins Messer gefallen".
Doch es ist relevant. Schau dir meine Umfrage an, fuer ueber 50% der Teilnehmer war es relevant.
ipsec schrieb:
Edit: stellt euch die Situation doch mal real vor. Ihr sitzt in einem Stellwerk für die U-Bahn und ihr habt genau diesen Fall. Dann würdet ihr natürlich versuchen, die Bahn zum Stillstand zu bringen, evntl. Sicherheitsbremsen zu aktivieren, die Menschen auf die Gefahr aufmerksam machen etc., aber ihr würdet doch nicht die U-Bahn so umlenken, dass sie einen unbeteiligten Arbeiter tötet, oder?
Doch, wenn dies und "einfach weiterfahren" als einzige Moeglichkeiten uebrig geblieben ist. Das war ja genau Sinn der ersten Frage. Du wuerdest den Zug weiterfahren lassen und die Weiche nicht schalten, das ist ok wenn das deine Meinung ist. Aber wenn du meinst, sie ist besser als meine, dann versuche mich davon zu ueberzeugen mit rationalen Argumenten.
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TGGC schrieb:
ipsec schrieb:
TGGC schrieb:
Wenn man genauer darueber nachdenkt, scheint der Unterschied eher hier zu liegen: "Weiche schalten" ist prinzipiell moralisch neutral aber "Mann schubsen" ist immer moralisch verwerflich. Im ersten Fall mache ich etwas neutrales und wiege die Konsequenzen gegeneinander ab. Im zweiten Fall tue ich etwas "Schlechtes" und dies hat zusaetzlich "gute" Konsequenzen.
Das stimmt nicht. In beiden Fällen weißt du, dass ein Mensch stirbt.
Was genau stimmt nicht? Ja, in beide Faellen ist die Konsequenz der Tod eines Menschen, aber das habe ich nicht bestritten. Ich sage wenn man nur die Handlung _ohne_ diese Konsequenz in dem speziellen Fall betrachtet, dann ergibt sich ein Unterschied.
Es stimmt nicht, dass die eine Handlung neutral ist und die "schlecht". Und die Unmoralität des Schubsens hat mit dem Problem nichts zu tun. Wenn du dem Dicken beim Schubsen noch das Portomonaise mopst, ist es dann noch unmoralischer, mit ihm den Zug aufzuhalten? Und wenn du beim Umstellen der Weiche deinen Kollegen umrempeln würdest, ist das dann plötzlich moralisch schlecht und nicht mehr neutral?
TGGC schrieb:
ipsec schrieb:
In beiden Fällen bist du bereit, den Tod dieses Menschen zur Rettung der anderen in Kauf zu nehmen.
Nein, das bin ich nur im ersten Fall.
Im zweiten Fall nimmst du den Tot des geschubsten in Kauf. Oder missverstehen wir uns jetzt?
TGGC schrieb:
ipsec schrieb:
Ob du den Menschen vor den Zug bringst oder den Zug vor den Menschen ist da irrelevant, dass erinnert mich an "er ist mir ins Messer gefallen".
Doch es ist relevant. Schau dir meine Umfrage an, fuer ueber 50% der Teilnehmer war es relevant.
Sehr schön. Mache mal eine Umfrage, ob es richtig ist Kinderschänder zu exekutieren und schon bist du für die Einführung der Todesstrafe.
TGGC schrieb:
ipsec schrieb:
Edit: stellt euch die Situation doch mal real vor. Ihr sitzt in einem Stellwerk für die U-Bahn und ihr habt genau diesen Fall. Dann würdet ihr natürlich versuchen, die Bahn zum Stillstand zu bringen, evntl. Sicherheitsbremsen zu aktivieren, die Menschen auf die Gefahr aufmerksam machen etc., aber ihr würdet doch nicht die U-Bahn so umlenken, dass sie einen unbeteiligten Arbeiter tötet, oder?
Doch, wenn dies und "einfach weiterfahren" als einzige Moeglichkeiten uebrig geblieben ist. Das war ja genau Sinn der ersten Frage. Du wuerdest den Zug weiterfahren lassen und die Weiche nicht schalten, das ist ok wenn das deine Meinung ist. Aber wenn du meinst, sie ist besser als meine, dann versuche mich davon zu ueberzeugen mit rationalen Argumenten.
Das einfache rationale Argument ist: du (und jeder andere) hast nicht das Recht zu urteilen, ob das Leben des einen mehr wert ist als das Leben der anderen. Generell haben alle Menschenleben einen unermesslichen Wert, also kannst du das Abwägen nicht auf 5>1 herunterbrechen.
Denke mal daran, wenn der Mensch auf den Nebengleis dir nahestehend wäre. Du würdest es doch nicht einsehen, warum er als vollkommen Unbeteiligter sterben musste. Wenn unter den auf dem Hauptgleis ein dir nahestehender wäre, würdest du es natürlich auch als ungerecht erachten, die Todesursache würdest du doch aber doch eher akzeptieren können (zumindest geht es mir so).
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ipsec schrieb:
Es stimmt nicht, dass die eine Handlung neutral ist und die "schlecht".
Das heisst also, fuer dich sind beide Handlungen per se schlecht? Was ist denn an der Handlung "eine Weiche stellen" schlecht?
ipsec schrieb:
Wenn du dem Dicken beim Schubsen noch das Portomonaise mopst, ist es dann noch unmoralischer, mit ihm den Zug aufzuhalten?
Ich bringe ihn um, damit ich sein Geld bekomme? Ja, das ist noch unmoralischer.
ipsec schrieb:
Und wenn du beim Umstellen der Weiche deinen Kollegen umrempeln würdest, ist das dann plötzlich moralisch schlecht und nicht mehr neutral?
Das Umrempeln ist schlecht, das Weiche stellen neutral.
ipsec schrieb:
Im zweiten Fall nimmst du den Tot des geschubsten in Kauf. Oder missverstehen wir uns jetzt?
Nein, nehme ich nicht, darum entscheide ich mich ja fuer nicht schubsen.
TGGC schrieb:
Sehr schön. Mache mal eine Umfrage, ob es richtig ist Kinderschänder zu exekutieren und schon bist du für die Einführung der Todesstrafe.
Zusammenhang?
ipsec schrieb:
Das einfache rationale Argument ist: du (und jeder andere) hast nicht das Recht zu urteilen, ob das Leben des einen mehr wert ist als das Leben der anderen.
Warum?
ipsec schrieb:
Generell haben alle Menschenleben einen unermesslichen Wert
Warum?
ipsec schrieb:
Denke mal daran, wenn der Mensch auf den Nebengleis dir nahestehend wäre. Du würdest es doch nicht einsehen, warum er als vollkommen Unbeteiligter sterben musste.
Doch wuerde ich einsehen. Die Logik nach der ich es einsehe habe ich ja schon beschrieben.
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TGGC schrieb:
ipsec schrieb:
Es stimmt nicht, dass die eine Handlung neutral ist und die "schlecht".
Das heisst also, fuer dich sind beide Handlungen per se schlecht? Was ist denn an der Handlung "eine Weiche stellen" schlecht?
Weiche stellen -> neutral. Weiche stellen wenn Zug angerast kommt und auf Gleis jemand steht -> schlecht. Dicken schupsen -> schlecht. Dicken vor Zug schubsen -> schlecht. Aber daraus jetzt abzuleiten, dass der erste Fall vertretbar wäre, der zweite aber nicht, weil man da gleich zwei unmoralische Handlungen begeht, ist Unsinn. Die Schubshandlung tut im konkreten Fall gar nichts zur Sache, wichtig ist nur, dass ich den Dicken töte.
TGGC schrieb:
ipsec schrieb:
Wenn du dem Dicken beim Schubsen noch das Portomonaise mopst, ist es dann noch unmoralischer, mit ihm den Zug aufzuhalten?
Ich bringe ihn um, damit ich sein Geld bekomme? Ja, das ist noch unmoralischer.
Dann tue ich mehr unmoralische Sachen. Deswegen wird es nicht unmoralischer, mit einem Dicken einen Zug aufzuhalten.
TGGC schrieb:
ipsec schrieb:
Im zweiten Fall nimmst du den Tot des geschubsten in Kauf. Oder missverstehen wir uns jetzt?
Nein, nehme ich nicht, darum entscheide ich mich ja fuer nicht schubsen.
Achso im konkreten Fall meinst du. Ich betrachtete das allgemein: in beiden Fällen tötet man einen Menschen und in beiden Fällen hängt die Frage ob moralisch bedenklich oder nicht davon ab, ob man einen Unbeteiligten (oder auch allgemein einen Menschen) opfert um andere zu retten. Angesichts dessen erschließt sich mir nicht, warum du die eine Tat als gut und die andere als schlecht ansiehst, wo doch beiden gleiche Vorüberlegungen und gleiche Konsequenzen anliegen.
TGGC schrieb:
TGGC schrieb:
Sehr schön. Mache mal eine Umfrage, ob es richtig ist Kinderschänder zu exekutieren und schon bist du für die Einführung der Todesstrafe.
Zusammenhang?
Wenn über 50% der an der Umfrage teilnehmenden Facebookmitglieder den Unterschied für relevant halten, hat das für mich trotzdem keine Aussagekraft. Wie du sehr leicht an der Kinderschänderumfrage herausfinden wirst, ist die Meinung der Mehrheit bei moralischen Fragen nicht unbedingt aussagekräftig.
TGGC schrieb:
ipsec schrieb:
Das einfache rationale Argument ist: du (und jeder andere) hast nicht das Recht zu urteilen, ob das Leben des einen mehr wert ist als das Leben der anderen.
Warum?
ipsec schrieb:
Generell haben alle Menschenleben einen unermesslichen Wert
Warum?
Das ergibt sich aus den Menschenrechten. Genau betrachtet ist der Satz möglicherweise zu absolut. Ein höheres Wesen (z.B. Gott) wird eventuell einem bestimmten Menschen einen höheren Wert zuordnen können als einem anderen. Wir können das nicht. Generell ist das Leben und die Würde des Menschen das höchstzuschützende Gut (für uns Menschen). Jeder Versuch unsererseits, den Wert eines Menschen zu bestimmen, wird immer subjektiv sein und es wird sich immer jemand finden, der den bestimmten Menschen höher bewertet. Wonach würdest du bewerten? Nach Wissen, sozialer Integration, Position, Vermögen, Spendenvermögen, oder ...? Alles nur subjektiv. Du kannst nicht absolut einen Menschen höher als einen anderen bewerten, wenn du das tust würdest du dich als übermenschlich erachten. Vielleicht noch ein Stichwort: Selbstjustiz geht in eine ähnliche Richtung im kleineren Maßstab.
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ipsec schrieb:
Weiche stellen -> neutral. Weiche stellen wenn Zug angerast kommt und auf Gleis jemand steht -> schlecht. Dicken schupsen -> schlecht. Dicken vor Zug schubsen -> schlecht. Aber daraus jetzt abzuleiten, dass der erste Fall vertretbar wäre, der zweite aber nicht, weil man da gleich zwei unmoralische Handlungen begeht, ist Unsinn.
Das tat ich nicht.
a) Der Fall ist nicht "Weiche stellen wenn Zug angerast kommt und auf Gleis jemand steht" sondern "Weiche stellen wenn Zug angerast kommt und auf Gleis jemand steht und auf dem anderen 5"
b) Die Begruendung ist nicht, das "man da gleich zwei unmoralische Handlungen begeht" sondern, das man eine prinzipiell neutrale Handlung begeht und deswegen die Konsequenzen gegeneinander aufwiegen darfipsec schrieb:
Die Schubshandlung tut im konkreten Fall gar nichts zur Sache, wichtig ist nur, dass ich den Dicken töte.
Warum? Dann braeuchten wir die ganzen Unterscheidungen von Mord, Totschlag, fahrlaessige Toetung, Unfall etc. nicht, wenn nur die Konsequenz "jemand wird getoetet" wichtig ist.
ipsec schrieb:
Dann tue ich mehr unmoralische Sachen. Deswegen wird es nicht unmoralischer, mit einem Dicken einen Zug aufzuhalten.
Richtig. Weil Fall B unmoralischer ist, wird Fall A nicht unmoralischer.
TGGC schrieb:
Angesichts dessen erschließt sich mir nicht, warum du die eine Tat als gut und die andere als schlecht ansiehst, wo doch beiden gleiche Vorüberlegungen und gleiche Konsequenzen anliegen.
Du hast selbst gesagt, das die Vorueberlegungen nicht gleich sind:
ipsec schrieb:
Weiche stellen -> neutral. Dicken schupsen -> schlecht.
ipsec schrieb:
Wenn über 50% der an der Umfrage teilnehmenden Facebookmitglieder den Unterschied für relevant halten, hat das für mich trotzdem keine Aussagekraft.
D.h. du ignorierst die Realitaet. Wo ist denn dein Beweis, das es nicht relevant ist.
ipsec schrieb:
Das ergibt sich aus den Menschenrechten.
Und aus was ergeben die sich? Wer sagt das die in diesem Fall nicht irren?
ipsec schrieb:
Generell ist das Leben und die Würde des Menschen das höchstzuschützende Gut (für uns Menschen).
Warum? Und warum sind dann 5 Menschen nicht schuetzenswerter als 1 Mensch.
ipsec schrieb:
Jeder Versuch unsererseits, den Wert eines Menschen zu bestimmen, wird immer subjektiv sein und es wird sich immer jemand finden, der den bestimmten Menschen höher bewertet.
Das gilt vermutlich fuer jedes Argument. Es findet sich immer jemand, der widerspricht und das anders sieht.
ipsec schrieb:
Du kannst nicht absolut einen Menschen höher als einen anderen bewerten, wenn du das tust würdest du dich als übermenschlich erachten.
Ok, wenn ich niemand hoeher bewerte, dann muss ich jeden gleich bewerten. Dann folgt daraus, das 5 Menschen keinesfalls weniger Wert sein koennen als 1 Mensch.
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@peterfarge: Das mit dem Gesetz ist so eine Sache. Der Staat hat deshalb ein Gewaltmonopol, weil er ohne Strafen für Verbrecher die Kriminalität wegen nicht mehr vorhandener Abschreckung und Vorbeugung stark erhöhen würde - und Kriminalität ist (zumindest oft) auch ein Verstoß gegen die Menschenwürde anderer.
Man könnte also sagen: Die Einschränkung des einen ist die Freiheit des anderen.
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TGGC schrieb:
@peterfarge:
Ich sagte, ich wuerde die Weiche umstellen und den Mann nicht schubsen.Und meine Begruendung von FB:
"Wenn man genauer darueber nachdenkt, scheint der Unterschied eher hier zu liegen: "Weiche schalten" ist prinzipiell moralisch neutral aber "Mann schubsen" ist immer moralisch verwerflich. Im ersten Fall mache ich etwas neutrales und wiege die Konsequenzen gegeneinander ab. Im zweiten Fall tue ich etwas "Schlechtes" und dies hat zusaetzlich "gute" Konsequenzen."@Nashgat:
Gibt es eine schluessige Begruendung, warum "weiche schalten" falsch sein muss? Nehmen wir an auf dem Nachbargleis steht gar keiner, ist dann Weichen schalten immer noch falsch? Du entscheidest dann ja trotzdem wer stirbt und wer nicht.Zu dem uebertriebenen Fall, hatte ich auch schonmal einen Grundsatz erwaehnt: Man soll immer so handeln, das es mit der Existenz des menschlichen Lebens vereinbar ist.
Mit einzig richtig meine ich den Fall, dass auf dem einen Gleis 1er rumrennt und auf dem anderen 5. Darum ging es doch oder nicht? Man wollte eine Entscheidung erzwingen, die mit moralischen Gesichtspunkten nicht getroffen werden kann, ausser man trifft die Entscheidung, keine Entscheidung zu treffen.
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Nasghat schrieb:
Mit einzig richtig meine ich den Fall, dass auf dem einen Gleis 1er rumrennt und auf dem anderen 5. Darum ging es doch oder nicht?
Ja, darum ging es, und du hast geschrieben, man darf die Weiche nicht schalten, weil:
Nasghat schrieb:
Niemand kann von mir erwarten, dass ich entscheide, wer stirbt und wer nicht stirbt
Wenn das stimmt, darfst du die Weiche aber auch nicht schalten, wenn auf dem anderem Gleis niemand steht.
Nasghat schrieb:
Man wollte eine Entscheidung erzwingen, die mit moralischen Gesichtspunkten nicht getroffen werden kann, ausser man trifft die Entscheidung, keine Entscheidung zu treffen.
Was jetzt, kann man eine Entscheidung treffen oder nicht? Du widersprichst dir.
Und nochmal:
Gibt es eine schluessige Begruendung, warum "weiche schalten" falsch sein muss? (du sagtest ja, das andere ist das einzig richtige.
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TGGC schrieb:
ipsec schrieb:
Weiche stellen -> neutral. Weiche stellen wenn Zug angerast kommt und auf Gleis jemand steht -> schlecht. Dicken schupsen -> schlecht. Dicken vor Zug schubsen -> schlecht. Aber daraus jetzt abzuleiten, dass der erste Fall vertretbar wäre, der zweite aber nicht, weil man da gleich zwei unmoralische Handlungen begeht, ist Unsinn.
Das tat ich nicht.
a) Der Fall ist nicht "Weiche stellen wenn Zug angerast kommt und auf Gleis jemand steht" sondern "Weiche stellen wenn Zug angerast kommt und auf Gleis jemand steht und auf dem anderen 5"
b) Die Begruendung ist nicht, das "man da gleich zwei unmoralische Handlungen begeht" sondern, das man eine prinzipiell neutrale Handlung begeht und deswegen die Konsequenzen gegeneinander aufwiegen darfipsec schrieb:
Die Schubshandlung tut im konkreten Fall gar nichts zur Sache, wichtig ist nur, dass ich den Dicken töte.
Warum? Dann braeuchten wir die ganzen Unterscheidungen von Mord, Totschlag, fahrlaessige Toetung, Unfall etc. nicht, wenn nur die Konsequenz "jemand wird getoetet" wichtig ist.
Gestatte mir eine Analogie, zuerst zur Weiche: einfach so mit einer Pistole zu schießen, ist (nach deiner Terminologie) eine neutrale Handlung. Das tut aber nichts zur Sache, wenn ich einen Menschen erschieße. Umstellen der Weiche ist auch neutral. Aber nicht, wenn auf dem Gleis ein Mensch steht. Auch ist es dann egal, ob Menschen auf einem anderen Gleis stehen. Ich töte durch Umstellen der Weiche den Menschen. Punkt.
Die Unterscheidung in Mord, Totschlag etc. beziehen sich nun wieder auf die Umstände der konkreten Tat. Wenn ich versehentlich an den Weichenhebel komme, war es ein Unfall, töte ich mutwillig (weil ich etwas gegen den Menschen habe) Mord, will ich die anderen retten und habe nichts gegen den Menschen an sich, ist es Totschlag usw. Ob unter anderen Bedingungen das Umstellen der Weiche moralisch neutral wäre, spielt überhaupt keine Rolle.Analogie zum Dicken: ich erschieße einen Menschen und werde wegen Totschlags verurteilt, meinetwegen 5 Jahre. Ich beraube den Dicken und erschieße ihn dann und werde wegen Raubes (z.B. 3 Jahre) und wegen Totschlags (5 Jahre) verurteilt, also 8 Jahre. Die 5 Jahre für Totschlag sind aber die gleichen, egal ob ich vorher geraubt habe oder nicht.
Bezug zum Dicken: Ich schupse den Dicken auf die Gleiße und halte mit ihm den Zug auf. Das sind 2 verschiedene Dinge. Vor Gericht wirft man mir vielleicht vor, dass ich nicht nur den Dicken getötet habe, sondern ihn auch noch vorher geschupst, für unsere Betrachtung ist das Schubsen aber irrelevant, ob es moralisch richtig oder falsch ist, mit einem Dicken den Zug aufzuhalten, ist davon vollkommen unabhängig.Zusammenfassung: in beiden Fällen (wenn ich sie denn begehe) begehe ich eine moralisch verwerfliche Tat (Opfer eines unbeteiligten Menschen), um andere Menschen zu retten (und eventuell begehe ich noch andere verwerfliche Taten, die aber in der Betrachtung keine Rolle spielen). Also wieso lehnst du die eine Tat ab, die andere aber nicht?
TGGC schrieb:
ipsec schrieb:
Angesichts dessen erschließt sich mir nicht, warum du die eine Tat als gut und die andere als schlecht ansiehst, wo doch beiden gleiche Vorüberlegungen und gleiche Konsequenzen anliegen.
Du hast selbst gesagt, das die Vorueberlegungen nicht gleich sind:
ipsec schrieb:
Weiche stellen -> neutral. Dicken schupsen -> schlecht.
Das sind keine Vorüberlegungen, sondern andere Situationen. In unserem Fall ist die Vorüberlegung "Weiche stellen -> schlecht (da Mensch auf Schiene). Dicken schupsen -> schlecht (weil er dann durch den Zug stirbt).".
TGGC schrieb:
ipsec schrieb:
Wenn über 50% der an der Umfrage teilnehmenden Facebookmitglieder den Unterschied für relevant halten, hat das für mich trotzdem keine Aussagekraft.
D.h. du ignorierst die Realitaet. Wo ist denn dein Beweis, das es nicht relevant ist.
Moralische Entscheidungen durch Mehrheitsentscheid funktioniert nicht. Üblicherweise betrachtet man selbst nicht alle Seiten. Sowas sollte man wirklich Philosophen und Ethikkommisionen überlassen, die sich intensiv damit beschäftigen (natürlich sollte man die Ergebnisse schon hinterfragen, oftmals ist aber der erste Eindruck moralisch nicht korrekt -> siehe Exekution von Kinderschändern). Davon abgesehen ist die Umfrage mit Sicherheit nicht repräsentativ.
Beweis für Nicht-Relevanz (es ging darum, dass es nicht relevant ist, ob man den Zug vor den Menschen oder den Menschen vor den Zug bringt): unser Gesetz.TGGC schrieb:
ipsec schrieb:
Das ergibt sich aus den Menschenrechten.
Und aus was ergeben die sich? Wer sagt das die in diesem Fall nicht irren?
ipsec schrieb:
Generell ist das Leben und die Würde des Menschen das höchstzuschützende Gut (für uns Menschen).
Warum? Und warum sind dann 5 Menschen nicht schuetzenswerter als 1 Mensch.
ipsec schrieb:
Jeder Versuch unsererseits, den Wert eines Menschen zu bestimmen, wird immer subjektiv sein und es wird sich immer jemand finden, der den bestimmten Menschen höher bewertet.
Das gilt vermutlich fuer jedes Argument. Es findet sich immer jemand, der widerspricht und das anders sieht.
ipsec schrieb:
Du kannst nicht absolut einen Menschen höher als einen anderen bewerten, wenn du das tust würdest du dich als übermenschlich erachten.
Ok, wenn ich niemand hoeher bewerte, dann muss ich jeden gleich bewerten. Dann folgt daraus, das 5 Menschen keinesfalls weniger Wert sein koennen als 1 Mensch.
Die Menschenrechte wurden über viele Jahre von eben solchen erfahrenen Kommisionen aus unterschiedlichen Ländern und Kulturkreisen erarbeitet. Natürlich kann man sich irren, mein Vertrauen in diese ist aber höher als in die Teilnehmer deiner Umfrage.
Ich muss auch gestehen zu der Sache mit der Menschenwürde kann ich dir wenig weitere Argumente liefern, da ich mich da zu wenig damit beschäftigt habe. Ich habe gehört, dass der Wert eines Menschen unermesslich ist und dass man mit Menschen nicht wie mit Waren rechnen kann und das konnte ich nachvollziehen und habe es akzeptiert. Wenn du dich schwerer überzeugen lässt, muss ich dich hier an andere Quellen (z.B. verschiedener Rechtssprechung) verweisen.Zu Nasghat: er meinte, dass der Entscheidungsprozess hier aus zwei Entscheidungen besteht: 1. ob man überhaupt eingreift und 2. was man dann macht (Weiche umstellen oder nicht). Da bei 2. keine zufriedenstellende Entscheidung möglich ist, ist das einzig richtige, sich bei 1. zu entscheiden, in die Situation nicht einzugreifen.