Hat der Netzjargon etc. einen schwerwiegenden Einfluss auf die heutige Jugend?



  • Betrachtet man die Sprache als Werkzeug, so ist es eigentlich egal, welches Wort man anwendet, solange der semantische Kontext beim Rezipienten richtig verstanden wird.

    Aaaaber: Sprache ist nach meinem Empfinden ja kein reines Werkzeug, auch, wenn es viele als solches nutzen. Sprache verfügt noch über eine äußerst filigrane Meta-Ebene, die bei solch einer stenographischen Anwendung wie dem Netz-Jargon schwer auf der Kippe steht. Nun liegt es aber im Ermessen des Sprechenden, ob er seine Worte eben klar und unmissverständlich formuliert, oder doch etwas mehr mit dem Semantik-Komplex spielt. Beides ist durchaus legitim und gewissen Situationen entsprechend angebracht oder eben nicht.

    Ein Beispiel aus der Philosophie; ich glaube, es war Wittgenstein, der das angebracht hat: Wenn auf der Baustelle der eine Bauarbeiter dem anderen 'Hammer' zuruft, so weiß dieser sofort, dass das 'Bring mir den Hammer' bedeutet. Es ist in der Situation eben einfacher, den semantischen Bezug an Ort und Zielgruppe festzumachen und das rein syntaktische Konstrukt zu minimieren. Dass sowas aber auf Kosten der Zwischenmenschlichkeit zum Mainstream wird, wie es hier beim Thema der Fall ist, finde ich eher bedauerlich.



  • TdZ schrieb:

    Es ist in der Situation eben einfacher, den semantischen Bezug an Ort und Zielgruppe festzumachen und das rein syntaktische Konstrukt zu minimieren. Dass sowas aber auf Kosten der Zwischenmenschlichkeit zum Mainstream wird, wie es hier beim Thema der Fall ist, finde ich eher bedauerlich.

    Zu lolen, heißt doch nicht, daß man einen semantischen Bezug fahren läßt oder Zwischenmenschlichkeit tötet.



  • Nunja, wenn ich eine emotionale Reaktion wie das Lachen (also mit Unterstützung physiologischer Komponenten, z.B. der Muskelkontraktion im Gesichtsbereich) einer dreistelligen Abkürzung opfere, finde ich schon, dass da einiges an Persönlichkeit draufgeht.



  • TdZ schrieb:

    Nunja, wenn ich eine emotionale Reaktion wie das Lachen (also mit Unterstützung physiologischer Komponenten, z.B. der Muskelkontraktion im Gesichtsbereich) einer dreistelligen Abkürzung opfere, finde ich schon, dass da einiges an Persönlichkeit draufgeht.

    Aber das geschieht ja gar nicht.
    Wenn die 14- bis 20-Jährigen "lol" sagen, dann zum Beispiel mit einer merklichen Verzögerung und ohne den geringsten Anflug eines Lächelns mit der Bedeutung "Das war nicht witzig". Oder als "lol?" mit der Bedeutung "Soll das ein Witz sein?". Auch als Anhängsel an kurze Erlebnisberichte mit der Bedeutung einer Facepalm.
    Das junge Gemüse lacht nicht weniger als wir. Vermutlich sogar viel mehr als Walli. hihi.



  • Das LOL ist doch die verschriftlichte Abkürzung der Emotion "Lachen", die ich rein non-verbal nicht vermitteln kann. Ich verstehe ja daher, dass man im Netz sowas verwendet (auch, wenn ich's eigentlich bescheuert finde... LOL), aber der Schritt der Zurückführung in die tatsächliche Sprache ist mir nicht so ganz nachvollziehbar. Wir haben es also hier mit dem abgekupferten Umstandsausdruck für eine eigentlich bereits nativ vorhandene Sache zu tun, die durch diese zweifache Transformation doch eigentlich eine verzerrte Kopie des ursprünglichen Lachens darstellt. Man könnte ja auch "heul" sagen, anstatt wirklich zu weinen, hier wird vielleicht deutlicher, was ich damit meine, wenn ich sage, dass die emotionale Tragweite dieser Abbildung doch längst nicht so gegeben ist wie bei seinem Urspung.

    Ehe ich jetzt hier als konservativer Hinterwäldler gesehen werde: Ich bin selbst genauso ein Kind der Digitalkultur wie der Großteil der anderen hier auch, das bringt wohl das Thema C++ auch so mit sich. Auch mein Wortschatz unterliegt ja (zum Glück) der allgemeinen lingualen Metamorphose, aber in der Realität zu "emoten"... dafür sehe ich einfach keinen Anlass. Semikolon minus Klammer zu.



  • volkard schrieb:

    TdZ schrieb:

    Nunja, wenn ich eine emotionale Reaktion wie das Lachen (also mit Unterstützung physiologischer Komponenten, z.B. der Muskelkontraktion im Gesichtsbereich) einer dreistelligen Abkürzung opfere, finde ich schon, dass da einiges an Persönlichkeit draufgeht.

    Aber das geschieht ja gar nicht.
    Wenn die 14- bis 20-Jährigen "lol" sagen, dann zum Beispiel mit einer merklichen Verzögerung und ohne den geringsten Anflug eines Lächelns mit der Bedeutung "Das war nicht witzig". Oder als "lol?" mit der Bedeutung "Soll das ein Witz sein?". Auch als Anhängsel an kurze Erlebnisberichte mit der Bedeutung einer Facepalm.
    Das junge Gemüse lacht nicht weniger als wir. Vermutlich sogar viel mehr als Walli. hihi.

    Hm, mein Arbeitskollege, den ich vorhin erwähnte, "lol't" tatsächlich, wenn er etwas witzig findet (manchmal, aber nicht immer mit anschließendem, echten Lachen). Der ist aber auch schon 30. Die Internetkultur spaltet sich offensichtlich schon nach Altersgruppen auf. Vielleicht ist einer aber auch einfach nicht repräsentativ und ich kenne zu wenige "Voll-Nerds". 🤡



  • illuminator schrieb:

    Walli war sein extrem nerdiger Nick "Mastah" schon 2005 peinlich geworden. Da ist das nur konsequent 😉

    Good one, fast vergessen! 😃

    volkard schrieb:

    Das junge Gemüse lacht nicht weniger als wir. Vermutlich sogar viel mehr als Walli. hihi.

    Wenn ich Dich lese, dann hab ich immer was zu lachen. Wäre das nicht so, dann würde ich in solchen Diskussionen viel schneller aufs kleine 'X' drücken 😉 .



  • illuminator schrieb:

    BTW/ASAP/FYI lese ich ständig in mails.

    Völlig normal.

    illuminator schrieb:

    FYI wird auch oft gesprochen. Dann tatsächlich als "Eff-Wei-Ei".
    AFAIK hab ich schon als "Ah-Feik" gehört.
    BTW als "BeTeWe"
    ASAP als "Assapp".
    IMHO als "imm-ho"

    OMG (nur um bei Abkürzungen zu bleiben ;)). Im Witz, oder aus vollen Ernst? Das grenzt ja echt schon an 'Big Bang Theory'. ASAP habe ich gesprochen eigentlich bisher nur im Englischen gehört, aber beim Rest bricht man sich doch eher einen ab. "By the way" oder "Übrigens/Nebenbei" geht doch viel besser über die Lippen als "BeeTeeDabbeljuh" oder "BeTeWe". Wo ist da noch der Sinn dahinter?



  • TdZ schrieb:

    Das LOL ist doch die verschriftlichte Abkürzung der Emotion "Lachen", die ich rein non-verbal nicht vermitteln kann. Ich verstehe ja daher, dass man im Netz sowas verwendet (auch, wenn ich's eigentlich bescheuert finde... LOL), aber der Schritt der Zurückführung in die tatsächliche Sprache ist mir nicht so ganz nachvollziehbar.

    lol heisst im Sprachgebrauch ja auch nicht "ich lache". Es hat eine eigene Bedeutung, etwas ähnlich wie "Oh Mein Gott".

    Im Englischen ist es gebräuchlich O-M-G zu sagen. Warum dann nicht auch LOL?

    Sprache entwickelt sich. Das ist gut so. Natürlich heulen dann viele rum, dass sie sich ändert - aber sie tut es und das ist gut so. Schau dir Texte von vor 200 Jahren an. Das ist kein ordentliches Deutsch. Naja, damals war es das schon - aber heute ist es das nicht mehr. Und das ganz ohne Internet.

    Ich werfe hier noch ein w00t in die Runde: also "Was zum Geier?" ersatz.



  • Im englischen bzw. ich denke eher im amerikanischen Sprachgebrauch sind Abkürzungen ja schon länger auf dem Vormarsch, man denke an BBQ oder X-Mas. Obwohl das von der Silbenzahl noch nichtmal kürzer ist, höre ich von Amerikanern oft "Bee-bee-cue" statt "Bar-bee-cue". Ich denke, das schwappt mit dem Internet auch sehr stark in unsere Sprache rüber.

    Ich persönlich habe mich vor einiger Zeit auch mal dabei ertappt, ein herzliches Lachen fast vollständig durch ein ausdrucksloses Lol ersetzt zu haben. Habe ich mir aber inzwischen wieder abgewöhnt.

    Als einziges wirklich geläufig, und das in einem Betrieb mit 700 Computerfreaks unterschiedlichsten Alters, ist hier imho "imho".

    Wenn ich etwas wirklich kurios-abartig-bescheuert finde, sage ich aber schonmal "Oh-Emm-Geh-Lol-Weh-Teh-Eff" 😃



  • Walli schrieb:

    ASAP habe ich gesprochen eigentlich bisher nur im Englischen gehört, aber beim Rest bricht man sich doch eher einen ab.

    ä-säp und ef-wei-ei sind teil des Sprachgebrauchs in der Wirtschaft.
    btw und imho habe ich noch nie ausgesprochen gehört aber afaik schon. Und asap und fyi sind sowieso Standard.



  • Ich durfte heute einem Kurs erklären (Stufe 13 oO), was das schwierige Wort "Interdependenz" bedeutet. Darüber würde ich mir wesentlich mehr Sorgen machen als über irgendwelche lolcatz. 😉



  • cooky451 schrieb:

    Ich durfte heute einem Kurs erklären (Stufe 13 oO), was das schwierige Wort "Interdependenz" bedeutet. Darüber würde ich mir wesentlich mehr Sorgen machen als über irgendwelche lolcatz. 😉

    lololol. Soll das ein Witz sein? Wer benutzt denn bitte solche Woerter (ausser BWLer Schnoesel, die meinen sie wirken furchtbar klug bei der Verwendung solcher Woerter)?
    Das z am Ende erinnert mich uebrigens wirklich an lolcatz;)



  • cooky451 schrieb:

    Ich durfte heute einem Kurs erklären (Stufe 13 oO), was das schwierige Wort "Interdependenz" bedeutet. Darüber würde ich mir wesentlich mehr Sorgen machen als über irgendwelche lolcatz. 😉

    Habt Ihr alle zusammen vor Weihnachten noch 'ne Runde Bullshit-Bingo gespielt, oder was? 😉 Also zumindest sollte man in der 13. Stufe die Bedeutung des Wortes ableiten können, wenn man es schon nicht kennt. Aber ich muss meine Aussagen dahingehend korrigieren, dass ich mir lieber "lol" anhöre als irgendwelche BWLer, die was von "Interdependenz" faseln.



  • In Sozialwissenschaften kam das Wort in einem Text vor. Was kann ich dafür, wenn man in solche Laberfächer gezwungen wird? 😃
    (Ich würde ja gerne alles außer Mathe abwählen, aber sie lassen mich nicht. -.-)



  • Das ist ja schön, dass wir noch einen gemeinsamen Feind gefunden haben 🙄



  • Bashar schrieb:

    Das ist ja schön, dass wir noch einen gemeinsamen Feind gefunden haben 🙄

    BWLer sind halt die erklärten Feinde aller Technikforen. Das ist axiomatisch.



  • cooky451 schrieb:

    Bashar schrieb:

    Das ist ja schön, dass wir noch einen gemeinsamen Feind gefunden haben 🙄

    BWLer sind halt die erklärten Feinde aller Technikforen. Das ist axiomatisch.

    Zurecht! 😃

    Genauso wie Abmahnanwaelte.



  • Und was denkt ihr vom chatten etc? Wo überhaupt nicht mehr auf irgendwas geachtet wird?
    Zum Glück gibt es in Foren noch ein gewisses Maß an "Schreibkultur".



  • Wie gesagt, was soll man da zu befürchten haben? Ich denke die ganzen Sprachverrenkungen im Internet geben oft sehr gelungene Gags ab, das fördert die Vielfalt und schadet niemandem. Viel schlimmer ist doch, wenn Leute keine normalen Texte mehr lesen können. (Was ich immer häufiger beobachte. Keine Ahnung woran das liegt, aber der Nerd-Anteil ist erstaunlich niedrig, weshalb ich das mal nicht auf die lolcatz schiebe.)


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