Ist Quereinstieg für programmierenden Biologen drin?



  • Bashar schrieb:

    Ich hatte überhaupt keine konkreten Projekte vorzuweisen und bin auch kein Informatiker, hab trotzdem beim ersten Versuch was gekriegt. Vielleicht hab ich ja aus Versehen die mieseste Softwarebude Deutschlands abgegriffen, aber so richtig glauben mag ich das nicht.

    Kommt ja auch drauf an, wann das war. Zu Zeiten der .COM-Blase wurde jeder als Informatiker eingestellt, der ausreichend qualifiziert war einen Computer einzuschalten, weil man einfach dankbar war, dass man jemanden Arbeiten delegieren konnte in der Hoffnung, dass derjenige das irgendwie hinbekommt.

    Einige von denen sind jetzt fähige Informatiker, andere sind fähige Tankwarte...



  • Ich weiß, das hätte ich erwähnt. Es war aber 2007. Ach ja, es hätte natürlich nicht gereicht, den Computer einzuschalten, es war schon nützlich das eine odere andere Buch über Compilerbau gelesen zu haben. Ich nehme an, dass bei PCMan Imaging diese Rolle einnehmen kann.

    Ich würde es einfach weiter probieren. Wahrscheinlich hat der eine oder andere ein Problem mit der fachfremden Promotion, aber das kann ja nicht für alle gelten.



  • Hi,

    zunächst mal Danke für den Input.

    Nun, ich bin mit C im Prinzip aufgewachsen (angefangen habe ich mit 15 glaube ich), und immer wieder kleine Tools geschrieben. Danach kam C++, Borland C++ Builder und jetzt beschäftige ich mich mit C#. Und das größte Projekt der letzten Zeit war eine C++-Applikation mit ca 7k Zeilen Code. Zwischenfrage: zählt man bei dieser Hausnummer eigentlich Code aus externen Libraries mit (habe ich nämlich nicht getan)? Alle Einzelprojekte zusammengerechnet: Keine Ahnung 😉
    Mit PHP und Konsorten habe ich auch schon das Eine oder Andere auf die Beine gestellt, aber auch hier wieder keine Monster-Projekte. Und das ist das Bild, dass sich wohl ergibt: Anfänger. Nur: wie soll man die Erfahrung sammeln, wenn man als Quereinsteiger die Chance evtl. nicht bekommt? Daher frage ich ja im Forum nach: ist die Chance denn realistisch?

    Imaging-Spezialisten gibt's tatsächlich nicht so viele, wobei das auch mit der Art des Imagings zu tun hat. Nur taugt mir diese Arbeit in der Forschung überhaupt nicht mehr, ganz anders als die damit "assoziierte Informatik".

    Und ich denke auf Hardware-Ebene sieht's ganz ähnlich aus. Ich habe mit AVRs Erfahrung, ja, und auch das ein oder andere Gerät für's Labor gebaut. Aber ich war auch hier nie in große Projekte eingespannt und bin in dieser Hinsicht unerfahren.

    Zum Gehalt: Millionen zu verdienen ist mir nicht so wichtig. Die Aufgabe muss Spaß machen, das ist das wichtigste.

    Zum Thema Fach-Fremde Promotion: ja das ist bestimmt irritierend. Nur blöd, dass trotz der "Fach-Fremde" ich mich zur Hälfte mit Softwareentwicklung und Bildanalyse beschäftigt hab.

    Naja, bleibt mir nur den Kopf oben zu halten und es weiter zu probieren.
    Simon



  • PCMan schrieb:

    Hi,

    zunächst mal Danke für den Input.

    Nun, ich bin mit C im Prinzip aufgewachsen (angefangen habe ich mit 15 glaube ich), und immer wieder kleine Tools geschrieben. Danach kam C++, Borland C++ Builder und jetzt beschäftige ich mich mit C#. Und das größte Projekt der letzten Zeit war eine C++-Applikation mit ca 7k Zeilen Code. Zwischenfrage: zählt man bei dieser Hausnummer eigentlich Code aus externen Libraries mit (habe ich nämlich nicht getan)?

    Lines Of Code sind... ein Maß, dass vollkommen nichtsaussagend ist. es ist wirklich nur eine Hausnummer, die ein Indiz darauf gibt, wieviel Zeit Du Dich damit beschäftigt hast. Externe Libs hast Du wohl nicht selbst geschrieben, die zählen also genausowenig wie das gewählte OS, gegen das Du programmierst 😉

    LOC sind gerade deswegen ein schlechtes Maß, weil ein guter Entwickler weniger Zeilen benötigt als ein Anfänger. Meine privaten Quellen - also das, was ich neben der Arbeit so schreibe - belaufen sich derzeit auf ca. 150kLOC. Das habe ich mal durchlaufen lassen, weil ich in einem Bewerbungsgespräch dazu befragt wurde und damals auch keine Vorstellung davon hatte, wieviele Zeilen ich so produziere. Dazu kommt noch etliches, aus dem ich Erfahrungen geschöpft habe und dass ich danach trotzdem weggeschmissen (und gelöscht) habe.

    PCMan schrieb:

    Alle Einzelprojekte zusammengerechnet: Keine Ahnung 😉
    Mit PHP und Konsorten habe ich auch schon das Eine oder Andere auf die Beine gestellt, aber auch hier wieder keine Monster-Projekte.

    Wer mit einer Promotion in Biologie PHP-Entwickler wird... ähh... der muss schon sehr viel Spaß an PHP haben.

    PCMan schrieb:

    Und das ist das Bild, dass sich wohl ergibt: Anfänger. Nur: wie soll man die Erfahrung sammeln, wenn man als Quereinsteiger die Chance evtl. nicht bekommt? Daher frage ich ja im Forum nach: ist die Chance denn realistisch?

    Aktuell... erscheinst Du mir auf dem Level eines Informatik-Praktikanten... So haben wir alle angefangen. Allerdings wäre der Titel dann nur noch für die Visitenkarte...

    PCMan schrieb:

    Imaging-Spezialisten gibt's tatsächlich nicht so viele, wobei das auch mit der Art des Imagings zu tun hat. Nur taugt mir diese Arbeit in der Forschung überhaupt nicht mehr, ganz anders als die damit "assoziierte Informatik".

    Ich habe keine Ahnung, wie weit sich Deine Arbeit übertragen lässt. Wenn Du Mustererkennungen erarbeitet hast, wird es wenige geben, die anfangen zu sabbern. Es ist ja durchaus die Frage danach, was "kleine Tools" sind. Eine Radon Transformation lassen sich in wenigen Zeilen ausdrücken. Hier ist eher die Frage, ob Du verstehst, was Du tust und das in kleinen Labor-Projekte mal eben umgesetzt hast und einfach nicht mehr Zeilen brauchtest.
    Das hat einen ganz anderen Wert, als in 7000 Zeilen ein Programm mit drei Knöpfen zu schreiben.

    PCMan schrieb:

    Und ich denke auf Hardware-Ebene sieht's ganz ähnlich aus. Ich habe mit AVRs Erfahrung, ja, und auch das ein oder andere Gerät für's Labor gebaut. Aber ich war auch hier nie in große Projekte eingespannt und bin in dieser Hinsicht unerfahren.

    Die wenigsten Informatik-Studenten haben etwas jenseits der 7k geschrieben, wenn sie ihr Diplom erhalten. Sie haben lediglich mal die Methoden von Software-Entwicklung am kleinen Beispiel durchgespielt.

    Lies Dir "Der Termin" von Tom DeMarco durch, das geht schnell und gibt für vieles Bereits ein Gefühl.

    PCMan schrieb:

    Zum Thema Fach-Fremde Promotion: ja das ist bestimmt irritierend. Nur blöd, dass trotz der "Fach-Fremde" ich mich zur Hälfte mit Softwareentwicklung und Bildanalyse beschäftigt hab.

    Lass Dir das mit Zeugnissen bescheinigen. Geh zu Deinem Prof und sorge für ein Schriftstück, dass Deine Erfahrungen in der Software-Entwicklung beschreibt. Im Studium habe ich den ersten funktionsfähigen Compiler geschrieben, was - wie mein Prof mir damals bescheinigte - "ein Projekt mit einem weit über dem Durchschnitt liegenden Arbeitsaufwand" sei.
    Kurz: Berufserfahrung.
    Berufserfahrung und Diplom sind Türöffner.



  • Bashar schrieb:

    aus Versehen die mieseste Softwarebude Deutschlands abgegriffen

    Ach, ich dachte ich habe die erwischt.:)



  • Hallo,

    ja, der Titel wäre tatsächlich nur für die Visitenkarte. Bereuen werde ich ihn sicherlich nicht 😉
    Die Labor-Projekte waren/sind tatsächlich Lösungen für konkrete Probleme gewesen. Dabei war wichtig, dass der Output reproduzierbar war und die Analyse nicht Tage lang dauerte. Das System durfte sich nicht unberechenbar verhalten oder abstürzen. Neue Wissenschaftliche Erkenntnisse sollten geliefert werden. Das waren die knapp 7k Zeilen Code. STL, Konsolenausgabe, ein paar Klassen. Naja, um das ganze dann noch benutzerfreundlich zu machen hat's vllt. nochmal 200 Zeilen gebraucht.

    Das mit den Schriftstücken ist eine ganz gute Idee. Mein Prof. unterstützt mich da auch total. Möglicherweise ist es auch einfacherer eher bei kleineren Unternehmen zu schauen. Die sind da etwas offener hatte ich den Eindruck.

    Ciao,
    Simon



  • Hallo PCMan,

    mich als Biologe würde es sehr interessieren, was daraus geworden ist.



  • @PCMan:

    Also ich habe einige Ausschreiben gefunden, wo man besser als Biologe+ als SW-Entwickler+ sich beworben hätte. 😉

    Ist genau wie im Bankensektor: Die nehmen auch lieber für eine Position als IT-Experten einen Bankkaufmann, der gerade weiß wo beim PC der Einschalter ist, als ein IT-Experten der gerade mal ein Konto bei einer Bank hat. 🤡



  • Der Thread ist zwar schon älter, aber vielleicht interessiert es den ursprünglichen Fragesteller. Ich hatte mal einen Kollegen mit Dr. in Biologie. Dann hatte ich mal einen, der Musik studiert hat. War ein sehr guter Entwickler. Ein bisschen auf eine Programiersprache fokusiert, aber er war sehr gut. Dann hatte ich mal einen Kollegen, der tatsächlich früher Koch war in Luxus-otels. Ehrlich war. Er ist dann via Web-Entwicklung in die Software-Entwicklung gekommen. Hätte es früher ohne Web-Entwicklung wohl nicht gegeben. Also ich sehe da kein Problem. Du musst halt dein Weg machen genau wie jemand, der Informatik studiert hat.

    Gruß, Saxo



  • Hallo,

    nun, da offenbar das Interesse an dem Thread nicht ganz ausgeblieben ist und ich mich für den Input bedanken möchte hier mal mein "Status-Report".

    Ich habe mich auf recht viele Stellen beworben gehabt, die allesamt irgendwie mit Wissenschaften + IT zu tun hatten. Mit "IT" meine ich hier allerdings die Bereiche Programmierung und was so in die Richtung "IT-Experte" (à la Administration, Netzwerke) geht. Ich habe einiges an Stellen vorort gesehen.

    Nun, das Feedback war ziemlich eindeutig (wie es sich hier auch bereits abgezeichnet hat): für die Hardcore-Programmierung war ich definitiv zu unerfahren.
    Eine SW-Entwicklerstelle im Bereich Bioimaging wurde leider (?) intern besetzt. Dann gab's noch die Möglichkeit, Analysesoftware für Messgeräte zu schreiben. Die Stelle musste ich dann aus verschiedenen Gründen von meiner Seite aus ablehnen.

    Letztendlich habe ich jetzt eine Stelle als Sysadmin bei einem Unternehmen angetreten, dass sich gänzlich wissenschaftlichen Fragestellungen und Wissenschaftlern als Kunden widmet. Was mir bei der Stelle gefiel war die Aussicht, nicht nur in einem dunklen Kämmerchen zu sitzen und bis zur nächsten Deadline vor mich hinzuwurschteln (das ist jetzt total überspitzt formuliert, sorry), sondern viel Kontakt mit Kunden zu haben die ebenfalls Wissenschaftler sind. Der Job ist sehr vielfältig. Im Moment mache ich recht viel Administration von Linux Servern, aber was noch kommt sind Suchmaschinendienste, Virtualisierung, Storage- und Langzeitarchivierung, Clustercomputing und die Architektur von IT-Infrastruktur. Auch wenn man jetzt denkt, "der Typ macht ja jetzt was, was er überhaupt nicht gelernt hat", so stimmt das nur bedingt. Die Art und Weise Probleme anzugehen, zu analysieren und Lösungen zu konstruieren wie ich es im Labor gelernt habe hilft mir ungemein, ich bin immer schneller fertig als man es von mir erwartet. Okay, die Bezahlung könnte besser sein, aber mir war es wichtig nach Hause zu kommen und zufrieden zu sein, nette Kollegen zu haben, die gewollt sind, dir was zu zeigen und was beizubringen. Auch was man heute neumodisch als "Work-Life-Balance" bezeichnet war mir wichtig, und das habe ich hier - kein Herumackern von 8-20 Uhr für nix und wieder nix.

    Es ist zwar frustig zu bemerken, wie krass gut und Erfahren deine Kollegen sind und dass ich noch ne Weile brauche, bis ich da mithalten kann, aber mich wird nichts mehr so frusten wie die Biowissenschaften selbst. Und vielleicht hilft der Titel ja später einmal... Jetzt schauen wir mal, wie sich das so entwickelt.

    Ciao,
    PCMan

    P.S.: Achja, Programmierung ist auch drin, aber eher Richtung Skriptsprachen.



  • PCMan schrieb:

    Nun, das Feedback war ziemlich eindeutig (wie es sich hier auch bereits abgezeichnet hat): für die Hardcore-Programmierung war ich definitiv zu unerfahren.

    Ich hatte damals nicht geantwortet, aber ich selbst bin ein Quereinsteiger (weder Ausbildung noch abgeschlossenes Studium) in der Softwareentwicklung, wenn ich auch den Vorteil hatte vor der .com-Blase in dem Beruf anzufangen (Gehaltstechnisch liege ich nicht viel unter dem Durchschnittsgehalt von Studierten in meinem Bereich, und das bei einer sehr kleinen Firma, in einer eher strukturschwachen Umgebung). Und ich sehe ins besondere noch immer bei kleinen Firmen das es auch heute noch möglich ist, Fuß zu fassen (nur muss man dann bereit sein die Firma ein paar mal zu wechseln, um auf ein gutes Gehalt zu kommen).

    PCMan schrieb:

    Es ist zwar frustig zu bemerken, wie krass gut und Erfahren deine Kollegen sind und dass ich noch ne Weile brauche, bis ich da mithalten kann, aber mich wird nichts mehr so frusten wie die Biowissenschaften selbst. Und vielleicht hilft der Titel ja später einmal... Jetzt schauen wir mal, wie sich das so entwickelt.

    Der Titel nützt in der Regel nur, wenn man diesen auch zeitnah (das heißt zwar nicht zwangsweise innerhalb weniger Jahre, es sollten aber auch nicht zu viele werden) nutzt. Und auch du wirst dich als Quereinsteiger fragen müssen wo du hin willst. Rechne nicht damit das du in deiner aktuellen Firma auf ein gutes Gehalt kommst, wobei du ja scheinbar einiges an Erfahrung auch erst einmal sammeln musst (Da hatte ich weniger Probleme, irgendwie passten bislang die Firmen immer so gut auf mich, das meine Einarbeitszeit immer sehr kurz war [In der Regel etwa eine Woche]). Und ich hatte zwar nie das Gefühl aus gelernt zu haben, aber ebenso auch nicht das Gefühl das mir andere weit voraus waren [von vereinzelten Genies in ihrem Bereich einmal abgesehen]).

    Ich mache inzwischen zwar parallel wieder ein Studium, das aber nicht aus Zwang sondern eher aus der Überlegung ob ich mein Leben lang vor dem Rechner Software entwickeln will. Wenn alles glatt geht werde ich aber etwa 40 sein, wenn ich Bachelor+Master abgeschlossen habe - mal sehen ob mir die Scheine was nützten, zum Teil mache ich die auch einfach nur für mich selbst.

    P.S: 7k halte ich eher für sehr kleine Projekte, kenne aber nicht die Programmgrößen im Bereich der Naturwissenschaften, sondern aus dem Bereich der Anwendungsentwicklung (Rechnungsverarbeitung/-nachverarbeitung, Vertragsverwaltung, ERP, CRM...). Die typischen Programmgrößen an denen ich aktiv mitgemacht habe, liegen in Bereichen zwischen 100k und 10m Codezeilen (Im kleinsten Fall war ich einer von 3 Entwicklern, im größten Fall habe ich über den Lauf der Zeit vermutlich ca. 1m Codezeilen angepasst/korrigiert oder beigetragen).



  • Ich bin auch einer der Programmier-Quereinsteige ohne Abitur, Studium oder Ausbildung in der Richtung. Allerdings war mein Umstieg vom Elektroniker zum Programmierer schon um die Jahrtausendwende. Ich konnte vor meiner ersten Einstellung: 68000 Assembler, Basic und SPS aus der Ausbildung. Mir hat das Wissen um die digitale Schaltungstechnik mit Boolescher Algebra etc. sehr geholfen, die vielen kleinen Probleme, auf die man im täglichen Programmierer-Alltag stößt, zu bewältigen. Die Programmiersprache PHP wurde dann nebenbei mit gelernt, allerdings nur rein durch schauen in die Referenz. Da gab es zu jedem Befehl auch meist ein kleines Beispiel, was meist schon ausreichte um die Funktionsweise zu verstehen.

    OOP war da noch überhaupt kein großes Thema und ich habe auch lange gebraucht um in Klassen zu denken, da bin auch aber auch noch nicht am Weges-ende angelangt. Und nun versuche ich den Umstieg hin zu C++, das ist näher am System, was mich als Elektroniker irgendwie mehr anspricht. Ob ich meinen Umstieg schaffe, wird sich zeigen. Aber ich bin guter Dinge, da ich extrem motiviert bin das zu schaffen.


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