Bei unzufriedener Leistung nicht zahlen



  • Hi,
    ich habe hier momentan einen Fall, wo ich eine Webseite aufsetze und ein Grafiker für die Grafik verantwortlich ist. Nun ist es so, dass meine Kunden, die gleichzeitig auch Freunde sind, wahrscheinlich vom Grafiker abspringen werden, weil sie unzufrieden sind. Er hat schon Prototypen geschickt (anders konnten sie keinen Eindruck gewinnen) und springen jetzt evtl. ab.
    Meine Frage: Müssen meine Kunden jetzt für evtl. Kosten aufkommen?

    L. G.,
    IBV



  • Schaut einfach im Vertrag nach was ihr vereinbart habt.



  • Gar nichts. Es gibt keinen Vertrag.



  • Auch eine mündliche Vereinbarung ist ein Vertrag. Also: Was wurde vereinbart? Sollte nicht über Bezahlung etwaiger nötiger Vorleistungen zur Werksfertigstellung gesprochen worden sein, so ist die Leistung IMHO erst dann erbracht, wenn das fertige Werk abgenommen ist.

    BGB § 633 lit. 2 schrieb:

    Das Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln,
    1. wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst
    2. für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann.

    Da sich ein Prototyp klar nicht zur gewöhnlichen Verwendung als Design einer Website eignet, ist das Werk nicht erfüllt. Ich würd' mal darauf warten, ob es dem Designer überhaupt in den Sinn kommt über erbrachte Vorleistungen eine Rechnung zu legen, obwohl die Zusammenarbeit offenbar aufgekündigt ist.

    ~Das ist natürlich keine Rechtsberatung.~

    // Edit: Aja, nochwas: Man macht keine Geschäfte mit Familie und Freunden. 💡



  • Es wurde auch mündlich nichts weiter vereinbart bzw. jede Kommunikation erfolgte schriftlich. Es gab nur einen schriftlichen Austausch bzgl. Anforderungen und dem Endpreis.

    Swordfish schrieb:

    // Edit: Aja, nochwas: Man macht keine Geschäfte mit Familie und Freunden. 💡

    Kann man so nicht generalisieren. Ich würde das auch kostenlos machen, aber die bestanden auf eine Bezahlung meinerseits. Bei mir steckt also nicht der Gedanke dahinter Geld zu verdienen, sondern eher Freunden zu helfen. Ich muss auch nicht viel mehr als ein CMS aufsetzen.

    L. G.,
    IBV



  • @swordfish:

    ich bin mir nicht sicher ob das ganz so einfach ist. schließlich wurde eine vereinbarung getroffen, die kann man nicht einfach wegen "gefällt mir nicht (mehr)" einseitig aufkündigen.

    Am besten wird es sein, wenn mal beide Seiten ihr Ansicht vorbringen was sie zu kriegen haben und sich dann eben in irgendeiner Weise einigen.



  • Deshalb sagte ich ja erstmal abwarten, ob der Designer irgendwas in Rechnung stellen will. Sonst kommt es auf die Absprache und den Schriftverkehr an.



  • Also ich kenne das so, dass es bei Grafik-/Designarbeiten usus ist dass Prototypen bezahlt werden.
    Wurde diesbezüglich nix vereinbart, dann wird der Grafiker sich im Falle des Falles genau darauf berufen. Würde ich zumindest an seiner Stelle. Ist ja auch vollkommen OK - er hat gearbeitet, also will er auch Geld dafür.

    Wäre für mich bloss anders wenn der Grafiker supertolle Grafiken/Designs als Referenz vorgezeigt hat, und dann als Prototyp mit etwas ankommt was nicht annähernd die vorgezeigte Qualität hat.

    Wenn man sich natürlich keine Referenzen zeigen lässt und nix bezüglich bezahlung für den Prototyp vereinbart, dann darf man sich mMn. auch nicht aufregen wenn man ihn bezahlen muss.

    @Swordfish
    Davon abgesehen ist die "gewöhnliche Verwendung" eines Prototypen nicht dass man ihn produktiv auf einer Webseite einsetzt. Sondern dass man die Qualität beurteilt. Und dafür eignet er sich ja wohl.

    Man könnte sich da bloss rausreden wenn man als Auftraggeber/Kunde gar keinen Prototypen verlangt hat.



  • Die sind jetzt von sich aus auf den Grafiker zugegangen und haben nach dem Preis gefragt.



  • hustbaer schrieb:

    Man könnte sich da bloss rausreden wenn man als Auftraggeber/Kunde gar keinen Prototypen verlangt hat.

    this!



  • hustbaer schrieb:

    Man könnte sich da bloss rausreden wenn man als Auftraggeber/Kunde gar keinen Prototypen verlangt hat.

    Und dann mit dem Argument, dass der nicht verlangte Prototyp nicht gefällt den Vertrag kündigen? Klingt nicht überzeugend.



  • IBV schrieb:

    Die sind jetzt von sich aus auf den Grafiker zugegangen und haben nach dem Preis gefragt.

    Tja. Fehler.

    @hustbaer: Ob ein Prototyp explizit verlangt wurde oder einfach so geliefert wurde ist in meinen Augen nebensächlich für die Werksvollendung. Einzig interessant schein mir, ob die Abgeltung für Vorleistungen vereinbart wurde oder nicht.



  • Swordfish schrieb:

    IBV schrieb:

    Die sind jetzt von sich aus auf den Grafiker zugegangen und haben nach dem Preis gefragt.

    Tja. Fehler.

    @hustbaer: Ob ein Prototyp explizit verlangt wurde oder einfach so geliefert wurde ist in meinen Augen nebensächlich für die Werksvollendung. Einzig interessant schein mir, ob die Abgeltung für Vorleistungen vereinbart wurde oder nicht.

    Dann kann der sich aber genauso gut auf den Standpunkt stellen, dass ein Vertrag ein Vertrag ist und er die Arbeit jetzt fertig macht. Sonst hätte man als Auftragnehmer ja überhauot keine Sicherheit...



  • Jester schrieb:

    Dann kann der sich aber genauso gut auf den Standpunkt stellen, dass ein Vertrag ein Vertrag ist [...]

    § 649 BGB.



  • Swordfish schrieb:

    Jester schrieb:

    Dann kann der sich aber genauso gut auf den Standpunkt stellen, dass ein Vertrag ein Vertrag ist [...]

    § 649 BGB.

    Prima, da steht ja alles:

    Kündigt der Besteller, so ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen...

    Er hat also Anspruch auf die vereinbarte Vergütung.

    ...; er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

    Muss aber die noch nicht geleistete Arbeit abziehen und auch sonstige Aufwendungen die durch die Kündigung entfallen.

    Alle bereits entstandenen Kosten und Arbeitszeiten muss der Besteller also in vollem Umfang bezahlen.



  • ... oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

    Kann mir das mal jemand bitte übersetzen?



  • Sandstroem schrieb:

    ... oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

    Kann mir das mal jemand bitte übersetzen?

    Wenn der Unternehmer in der durch die Vertragskündigung für ihn frei werdenden Zeit arbeitet (dann vermutlich für jemand anderen) und damit Geld verdient, dann ist das von der Bezahlung abzuziehen (er hat ja dann Ersatz). Oder, wenn er absichtlich (böswillig) in der Zeit nix verdient, dann unterlässt er es eine gewisse Menge Geld zu erwerben; der Wert, den er in der Zeit hätte erarbeiten können, muss dann aber dennoch abgezogen werden. Das macht auch irgendwie Sinn.



  • Jester schrieb:

    Swordfish schrieb:

    Jester schrieb:

    Dann kann der sich aber genauso gut auf den Standpunkt stellen, dass ein Vertrag ein Vertrag ist [...]

    § 649 BGB.

    [...]

    Muss aber die noch nicht geleistete Arbeit abziehen und auch sonstige Aufwendungen die durch die Kündigung entfallen.

    Jaaa, ist aber ein unangefordert entwickelter Prototyp wesentlicher Werksbestandteil? Mehr als 5% werden da für den Auftragnehmer sowieso ned drinnsein.



  • Swordfish schrieb:

    @hustbaer: Ob ein Prototyp explizit verlangt wurde oder einfach so geliefert wurde ist in meinen Augen nebensächlich für die Werksvollendung. Einzig interessant schein mir, ob die Abgeltung für Vorleistungen vereinbart wurde oder nicht.

    Das ist überhaupt nicht nebensächlich!
    Wenn der Prototyp verlangt wurde, dann gehört er zum Werk (bzw. ist ein eigenes Werk?), und dann wurde eben auch ein Teil des Werks (bzw. eines der Werke) vollendet.
    Und das muss man dann bezahlen.

    Wäre ja noch schöner wenn man einfach Sachen beauftragen könnte, dann nach fertigstellung von einem Teil (den man explizit beauftragt hat) absagen, und dann nix zahlen müsste. Überleg' dir das mal aus Sicht des Auftragnehmers - dann merkst du schnell wie komplett irre das wäre 😉

    Wenn dagegen kein Prototyp verlangt wurde, dann muss man den auch nicht in jedem Fall* bezahlen. Auch hier wäre es irre wenn es anders wäre. Sonst könnte der Auftragnehmer ja einfach irgendwas machen (z.B. erstmal ein 10-seitiges Gedicht über das beauftragte Werk schreiben), dann behaupten dass er das immer so macht, und Geld dafür verlangen.

    * Und wenn darüber nicht so genau gesprochen wurde, also weder gesagt dass man einen Prototypen (bzw. ein Gedicht) will, noch dass man keinen will, dann gilt im Zweifelsfall auch einfach das was Branchenüblich ist. Also wenn es bei solchen Designs üblich sein sollte nen Prototypen zu erstellen, dann muss der Auftraggeber den auch zahlen.
    (Ich weiss nicht ob so ein Prototyp im hier diskutierten Fall üblich ist. Ich sagen nur falls er üblich ist.)



  • Swordfish schrieb:

    Jester schrieb:

    Muss aber die noch nicht geleistete Arbeit abziehen und auch sonstige Aufwendungen die durch die Kündigung entfallen.

    Jaaa, ist aber ein unangefordert entwickelter Prototyp wesentlicher Werksbestandteil? Mehr als 5% werden da für den Auftragnehmer sowieso ned drinnsein.

    Dass der Prototyp nicht angefordert wurde unterstellst du hier laufend. Kannst du doch gar nicht wissen. Oder weisst du zum hier diskutierten Fall mehr als was es hier zu lesen gibt?
    Ich würde nämlich das "anders konnten sie keinen Eindruck gewinnen" von IBV eher so auslegen dass es gerade doch angefordert wurde.

    Davon abgesehen: siehe oben. Wenn branchenüblich, dann muss das bezahlt werden. Und die 5% sind auch nur eine Zahl die einfach so aus der Luft gegriffen ist. Je nachdem wie viel Aufwand der Prototyp relativ zum gesamten Auftrag sind könnten das genau so gut 95% sein.


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