Neulich auf dem (den) Altstadtfest(en): frische Champignons?



  • Hi,

    irgendwie hab ich dass Gefühl, dass einige erwarten, die Händler machen das als ihr ganz privates Hobby und reichen nur die Materialkosten durch. 😃
    Ihr werdet es nicht glauben, aber das ist deren Beruf, die machen es, weil sie davon leben wollen.
    Es ist eben nicht nur der Preis der paar Champis. Nicht umsonst rechnet man im Gaststättengewerbe im allgemeinen Materialpreis mal 4.
    Mal dran gedacht, dass alleine die Genehmigung, den Stand dort aufzustellen im 4-stelligen Bereich liegt?
    Zusätzlich wollen die Gemeinden meist auch noch Wasser Strom sowie Abfallentsorgung fürstlich bezahlt haben (ja auch die Gemeinden machend das, um damit Geld zu verdienen, und nicht aus Hobby)
    Der Standbetreiber ist meist schon lange vor dem ersten Öffnen da und hat nach dem Schluss meist noch Stunden zu tun, um wieder alles zu verpacken bzw. einzupacken und zu verladen. Für die An- und Abreise kommen meist auch noch mal Stunden zusammen, Natürlich auch Spritkosten und Fahrzeugabschreibung/-wartung.
    Rechne da mal mit den Kosten für den Mindestlohn, für so einen Job einschließlich Berufsgenossenschaft ca 14-15 Euro pro Stunde reale Kosten.
    Das gleiche natürlich noch mal, für alle Mitarbeiter.
    Bei Mehrtägigen Veranstaltungen natürlich auch noch Übernachtungskosten.
    Das Zelt, der Wagen oder Stand ist entweder gemietet, dann fallen Leihgebühren an, oder es ist Eigentum, dann fallen Abschreibungen und falls er finanziert oder geliest ist ist noch Finanzierungs-/Liesingraten an.
    Teilweise kommt zu Beginn auch noch das Gesundheits-/Gewerbeamt vorbei und überprüft ob alles in Ordnung ist. Auch die stellen eine Rechnung mit einem "kleinen" Obulus aus.
    Gegen alle möglichen Unbille muss sich der Standbesitzer auch noch versichern. Kostet natürlich auch nicht zu wenig Geld.
    Die zu verkaufenden Waren müssen natürlich auch erst mal eingekauft werden. Geh mal auf den Markt und schau mal, was die gewünschten extra frischen Produkte kosten. Putzen muss man die Pilze natürlich auch noch. Dabei fällt ein Teil als Abfall weg. Und wenn das Wetter nicht so mitspielt, dann kann es einem passieren, dass man am Ende weit über die Hälfte wegwirft, weil die Leute nicht kommen und nichts verzehren.
    So und nun rechne mal zusammen, was eine Portion eigentlich wirklich kosten müsste. Bleibst Du mit den realistischen Gesamtkosten wirklich unter 10 Euro?

    Gruß Mümmel



  • Die Bratwurst hat auch einen Preisvorteil alleine durch die Menge.

    Wenn's Dich stört, kauf' eine Schale Champignons im Supermarkt und bereite sie selber zu. Du wirst merken, da klebt wesentlich mehr Arbeit dran, als ein paar Würstel auf den Rost zu schmeißen.

    Das mit der Industriesoße ist auch leicht zu erklären: Ein ordentlicher Champignonrahm ist zwar leicht zubereitet, aber schlecht über einen Verkaufstag appetitlich in Facon zu halten, geschweige denn nachzufertigen. Also muß das Tütenwunder herhalten.

    Also himmelschreiend unfair scheint mir der Preis gewiß nicht.



  • inflames2k schrieb:

    @nachtfeuer: Aber im Ernst, ist doch normale Wirtschaft. Billig einkaufen, teuer verkaufen. Sehe ich bis zu einem gewissen Maß auch als völlig in Ordnung an.

    Ja, und wie muemmel etwas genauer beschreibt, müssen die Budenaufsteller ziemlich hohe Standkosten abdrücken. (Aber geputzt wurden die Champignons nicht, braucht man eigentlich auch nicht (nur so grob)).
    Was ich meinte, war dass die Bratwürste nur 1,80 kosteten. Früher als Kind bekam ich ganz oft ein Würstchen vom Schlachter. Von Obst- oder Gemüsehändlern nie z.B. einen Apfel oder eine Karotte. Ich glaube, dass war ein wenig auch Ausdruck der Wohlstandsgefühls.
    Wenn man jetzt nur wenig Geld hat, z.B. als Schüler, wird man vermutlich Bratwurst essen. (Aber Bratwurst? Ist das nicht Restmüllverklappung?)
    Ernährungsidealisten, wie man sie an jeder Straßenecke findet, schreien doch immer ganz laut, Kinder sollen mehr Obst und Gemüse essen. Obst? Der Mundraub von damals kaum noch möglich (in Österreich vielleicht, aber nicht in Deutschland). Gemüse ganz ähnlich, als ich klein war: Kartoffeln auf dem Acker in heißer Asche gegart, herrlich "aromatisch". Heute ein Feuer machen? Nicht ohne 8 Wochen vorher Antrag bei der Feuerwehr abgeben 😉
    Im Fernsehen: "der alte Muff von gestern...blabla" (Schrebergärten mit Nutzpflanzen, Obst, Gemüse) etwas moderner (??): Kaufblumen aus dem Baumarkt... 🙄

    Warum ist Obst und Gemüse überhaupt so teuer, die modernen Produktionsmethoden (+ Landschaftsmonogamie überall) erlauben riesige Outputmengen -> niedrige Stückkosten ?

    Die Frage ist doch letzlich auch: Was sind realistische Gesamtkosten? (Logisik, LKW-Unfälle, Subventionen, Lohnentwicklung, Wohlfahrt usw.)
    (Ok, Überlegung: Fleisch und Autos werden fett subventioniert -> billige Bratwürste, kleines Einfamilienhaus, 4 Garagen drauf für 4 Rangerover, Kinder 0 oder 1...)
    Das ganze geht so weit, dass z.B. einmal auf einer VW-Wolfsburg-Gesundernähren-Seite ( http://www.welt.de/regionales/niedersachsen/article139675705/Bauernverband-droht-VW-mit-Boykott.html )den hohen Wasserverbrauch der Bauernwirtschaft kritisiert wurde...
    (die Autoindustrie verbraucht auch Wasser...)
    (Oder Mandelmilch verbraucht Bienen, ist aber trotzdem angeblich vegan)


  • Mod

    nachtfeuer schrieb:

    Warum ist Obst und Gemüse überhaupt so teuer, die modernen Produktionsmethoden (+ Landschaftsmonogamie überall) erlauben riesige Outputmengen -> niedrige Stückkosten ?

    Das ist auch so, sobald Du etwas einmachst. Champignons im Glas bekommst Du für den Bruchteil der Kosten. Oder denk mal an eine Dose Sauerkraut.

    Aber in diesem Fall ist die verwertbare Menge irgendwo bei 99.9%.

    Im Frischebereich sinkt der Wert der verwertbaren Menge (da Definition dort: Produkt im Qualitätsbereich UND Alter < 5(6,7,8) Tage) vielleicht auf ein Zehntel.

    Ergo gehen die Kosten pro Produkt entsprechend nach oben.

    Siehe Bratwurst: sobald sie eingemacht ist, bist Du eigentlich raus - alles verwertet und langzeitlagerbar. Daher auch billiger als frisches Gemüse.



  • Marc++us schrieb:

    Im Frischebereich sinkt der Wert der verwertbaren Menge (da Definition dort: Produkt im Qualitätsbereich UND Alter < 5(6,7,8) Tage) vielleicht auf ein Zehntel.

    Dass die verwertbare Menge so klein sein soll kommt mir komisch vor. Wieso?
    Im Frischebereich ist aber sicher die Logistik viel teurer.
    Eben damit nicht alles schon zu alt ist wenn es dort ankommt wo man es verkaufen will.
    Und natürlich kann man frisches Zeug nicht so unproblematisch handhaben wie tiefgefrohrenes oder eingerextes.


  • Mod

    hustbaer schrieb:

    Marc++us schrieb:

    Im Frischebereich sinkt der Wert der verwertbaren Menge (da Definition dort: Produkt im Qualitätsbereich UND Alter < 5(6,7,8) Tage) vielleicht auf ein Zehntel.

    Dass die verwertbare Menge so klein sein soll kommt mir komisch vor. Wieso?

    Der Einfachheit halber habe ich das jetzt über die gesamte Lieferkette bis Verbrauch gezogen, also retrograde Verbrauchsbuchung. Am Anfang ist die Qualität natürlich genauso hoch wie sonst auch.



  • Marc++us schrieb:

    Der Einfachheit halber habe ich das jetzt über die gesamte Lieferkette bis Verbrauch gezogen, also retrograde Verbrauchsbuchung. Am Anfang ist die Qualität natürlich genauso hoch wie sonst auch.

    Das habe ich auch so verstanden.
    Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen dass am Ende nur mehr 10% übrig bleiben.



  • hustbaer schrieb:

    Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen dass am Ende nur mehr 10% übrig bleiben.

    Doch, das kommt schon hin. Natürlich willst Du erste Wahl haben, der Rest wird eingedost oder kommt geschnetzelt da hin, wo's nicht stört (Schlemmerfilet mit Champignonkruste usw.). Da sind 50% schon mal weg. Verhält sich mit dem Großteil der gesamten vegetarischen Produktion so.
    Der Rest geht in Sachen Frischevorschriften drauf. Da hat auch der Gesetzgeber großen Anteil, daß nicht umfassend und nachhaltig verwertet wird. Nach einer bestimmten Zeit darf die Ware nicht mehr als frisch verkauft werden.
    Warum meinst Du, gibt's so viele, die was dran ändern wollen?



  • Wer schon mal selber was eingemacht hat (ö.ä) weiß, dass am besten eine Top-Qualität als Basis ist. Bei Holunder, welches man in diesen Tagen zu Gelee verarbeiten kann (schmeckt deutlich sinnlicher als gekauft) gilt ein wenig die Ausnahme, wegen dem Pektin (ein wenig frühreif mit + Zitronensaft verhindert, dass das Gelee zu flüssig wird)
    (Wer an den Kosten interessiert ist, sollte es einfach mal selber machen und protokollieren) (Wie operationalisiert man Stich- und Stichverletzungen (wie auch Kleidungszerreißungen) von Brombeerbüschen (Holunder und Brombeeren wachsen öfters im Verbund).
    (Wie unterscheidet sich das ganze, wenn man es allein macht, und mit Verwandten, Freunden oder Bekannten?) (man teilt auf jeden Fall eindeutige sinnliche Erfahrungen).

    Bei Tomaten scheint der Großteil der 1.Klasse-Produkte in die Dosen oder ins Ketchup zu wandern.
    Es gibt aus der Türkei ein ziemlich gutes Rezept für Trockenpulver (Vorläufer der Tütensuppe) das nennt sich Tarhana (verschiedene Rezeptvarianten) auch hier würde man sehr gute Basisqualität der Gemüsesorten verwenden.

    Quitten: z.B. Saft im Reformhaus, geht auch für Gelee. Aber man lässt sich wirklich etwas entgehen, wenn man die nicht selber (zu was auch immer) verarbeitet (ziemlich charakteristischer Duft und Geschmack), je besser die Basisquali, desto besser das Ergebnis bzw. sinnliche Erlebnis.

    Topqualitative Haferflocken (deutsche Kornmühlen) werden an Reformhäuser o.ä. geliefert, wo sie sich eher schlecht verkaufen + Verfallsdatumüberschreitungen. In Supermarkten geht die mittel- bis minderklassige Ware in den Supermärkten viel besser weg bis hin zu Lieferengpässen. (Bei Haferflocken im Supermarkt wird seltsamerweise nicht deklariert, wo sie herkommen).

    Wer regional einkauft, weiß, dass es kaum Sinn macht, auf Lager zu kaufen. Man muss mit kleinen Mengen und schnellem Verbrauch planen und kalkulieren.
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    Ist DAS letzlich der Grund, warum man wirklich frische Champignons nur sehr selten im Supermarkt (oder Wochenmärkte) bekommt (lose Champis hier i.d.R. (schon im Lieferlastwagen) 3-5 Tage alt.
    - oder älter? Aber Champis sind ein wenig wie Erdbeeren, gelten offiziell schon nach 3 Tagen (!) als verfallen/verdorben.
    Einmal hatte ich sogar gesehen (an einem Samstag) 1 Woche alte Pilze oben, tagesfrische Pilze direkt darunter in der unteren Palette. Die hat aber niemand gesehen, man musste erst die obere Palette anheben.

    Nur: wirklich frische Champignons gehen deutlich besser weg. Aber wirkliches Geschäftsinteresse? Champis kosten wenig.

    D.h. wenn man wirklich frische Pilze haben möchte (und sei es nur, um diese mal herumzuzeigen, als Referenz) geht eigentlich nur selber machen (und hätte dann viele Pilze über). Dauernd essen möchte man diese vielleicht auch nicht. Außerdem müsste man dauernd Pferde/Hühnermist updaten. Naja, ist auf dem Dorf mit Bauern als Nachbarn nicht das wirklich große Problem. Aber man müsste es halt regelmäßig machen.
    Oder man abonniert die Pilze selber beim nächstbesten (oder nächstnahen) Zuchtchampiproduzenten - sofern der überhaupt noch welche über hat (s.o.). Na gut, in diesem Punkt bin ich optimistisch. Eine Bäuerin aus dem Nachbardorf hat Kühe, und meinte zu mir, wenn ich Milch haben möchte, muss ich vor 18 Uhr da sein (dann kommt der Milchwagen und holt alles ab).)

    (was vielleicht auch noch ginge: - analog zu den Eiern - tagesfrische unverpackte Champignons bei Aldi.) Aldi müsste nur erstmal die Menge kalibrieren.)


  • Mod

    Ketzerfrage: Schmecken ein paar Tage alte Champignons nach dem Zubereiten überhaupt anders? Sehen doch nur vorher etwas schrumpeliger aus, da ihnen Wasser fehlt. Dass man aus den frischen Pilzen dann sowieso auskocht.

    PS: Die Frage ist rhetorischer Natur, falls dies nicht klar geworden sein sollte.



  • SeppJ schrieb:

    Ketzerfrage: Schmecken ein paar Tage alte Champignons nach dem Zubereiten überhaupt anders? Sehen doch nur vorher etwas schrumpeliger aus, da ihnen Wasser fehlt. Dass man aus den frischen Pilzen dann sowieso auskocht.

    PS: Die Frage ist rhetorischer Natur, falls dies nicht klar geworden sein sollte.

    Geht ja gar nicht anders, wenn man die Geschmacksprobe nicht kennt. (Champignons kann man auch roh essen). Da aber die tagesfrischen Champignons so selten auf dem Markt zu haben sind, ist man kaum in der Lage, einen sinnvollen A vs B Vergleich zu machen.
    (Man könnte zur Not tagealten Champis in ein Glas einmachen und das dann mit Champis aus dem Glas vergleichen. Der Unterschied wäre nur schwach, müsste aber trotzdem gut wahrnehmbar sein (da halt die tagealten irgendwie verdächtig tot (wie Pappe eben) wirken.)



  • Was mir neulich noch beim Herumsurfen zum Thema noch gefehlt hat, ist eigentlich sowas: http://www.ndr.de/der_ndr/presse/mitteilungen/pressemeldungndr11111.html
    (es geht um Gammelchampis aus den Supermärkten). Die meisten Nachrichten dieser Art sind von 2012. Was hat das jetzt wieder zu bedeuten? Gab es 2012 so etwas wie Agenda 2010 (alle machen tolle Sachen für Kinder, Umwelt etc. dann bzw. bald wird alles wieder links liegen gelassen. Inspiration Strohfeuerformat...)?

    bedauerlicher Einzelfall

    Leider nicht. Aber ab und zu gibt es ja tagesfrische Champignons. Wenn man jetzt noch vorhersagen könnte wann (und wo)...wäre fast wie bei wilden Pilzen.
    ( https://www.youtube.com/watch?v=jolKaF0Zwb8 )


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