Moralkriterien bei selbstfahrenden Autos



  • Ich sehe da kein Problem. Wenn man annehmen muss, dass statistisch weniger tödliche Unfälle mit autonomen Autos passieren würden, wäre es dann nicht moralisch falsch diese nicht zu nutzen? Wenn es soweit ist, dann kann man nicht mehr mit Moral gegen selbstfahrende Autos argumentieren.



  • wenn nun ein selbstlenkendes fahrzeug einen unfall verursacht, wird bestimmt der hersteller haftbar gemacht. das wäre zumindest korrekt.

    aber der besitzer manchmal auch, wenn der technisch mangelhafte zustand seiner schlamperei zu schulden ist (wartungsintervalle nicht eingehalten und so).



  • muemmel schrieb:

    Aber selbst wenn es noch so selten ist, es wird in Deutschland das KO-Kriterium sein, um derartige Systeme nicht zulassungsfähi zu machen.
    FürDeutschland war ja schon der Tsunami von Japan ein Grund, die deutschen Atomkraftwerkew stillzulegen. Und das trotz der extrem gerinen Wahrscheinlickeit meterhoher Tsunamis auf dem Rhein.

    Du musst aber auch bedenken, die Autoindustrie stellt das Rückgrat der deutschen Wirtschaft dar und hat viel Unterstützung in der Politik und Bevölkerung ("Der Deutschen liebstes Kind"). Da sind entsprechende Gesetze schnell modifiziert.

    Die Atomkraft war in Deutschland schon sehr lange umstritten und die AKW-Hasser haben nur auf so eine Gelegenheit, wie den Tsunami in Japan, gewartet, obgleich es natürlich lächerlich ist, da Deutschland weltweit eines der Gebiete mit dem geringsten Risiko für schwere Erdbeben ist.


  • Mod

    muemmel schrieb:

    Oder Jugendliche machen sich einen Scherz und werfen eine Beate-Uhse-Bumspuppe auf die Fahrbahn. Die Elektronik erkennt einen liegenden Menschen, weicht aus und fährt in einen vollbesetzten Bus.

    Was würde es für einen Unterschied machen, wenn da nun ein Mensch sitzen würde? Der hatte den gleichen Fehler gemacht. Ist dein Problem, dass die Elektronik der ersten Generation noch nicht absolut unfehlbar wäre, sondern nur 10x besser als ein durchschnittlicher Mensch? Klingt für mich nämlich immer noch nach einem großen Fortschritt.

    Aber selbst wenn es noch so selten ist, es wird in Deutschland das KO-Kriterium sein, um derartige Systeme nicht zulassungsfähi zu machen.

    Mal sehen. Derzeit ist Deutschland jedenfalls voll auf Kurs, sich als digitales Nordkorea technisch zu isolieren. Das wird natürlich nur so lange gut gehen, wie der Rest der Welt noch etwas von uns will. Wenn der Rest der Welt aber in ein paar Jahrzehnten auf autonome Gemeinschaftstaxis umstellt (eben Knopf auf dem Handy drücken und wenige Minuten später kommt das nächste von alleine direkt zu deinem Standort), dann sieht die hiesige Industrie mit ihren Totfahrmodellen alt aus. Wenn davor kein gewaltiges Umschwenken kommt, dann bricht echt alles zusammen.



  • Man muss zunächst 12 bis 20 tödliche Unfälle mit "autonomen Autos" abwarten, dann hat man ausreichend statistisches Material, um sagen zu können, was wahrscheinlich weniger gefährlich ist, Mensch oder KI. Das nimmt dann als neues Ziel für die Weiterentwicklung.



  • Da fällt mir grad die Moral Machine des MIT ein, die sich mit solchen Entscheidungen selbstfahrender Autos befasst. Ist ganz spaßig, das mal durchzumachen: http://moralmachine.mit.edu/

    Meine Entscheidungen haben mehr oder weniger darauf basiert:
    1. Wenn Auswahl zwischen zwei Einzelpersonen kollidiert das Auto mit der älteren Person
    2. Wenn Auswahl zwischen zwei Gruppen kollidiert das Auto mit der kleineren (="Anzahl Mitglieder") Gruppe
    3. Wenn Auswahl zwischen Kollision mit Hindernis (wie Betonpfeiler etc.) und Kollision mit anderen Menschen immer Kollision mit Hindernis, da der "Fahrer" des Autos die Kontrolle an das Auto abgibt und somit auch die Konsequenzen tragen sollte, im Gegensatz zu Fußgängern etc.

    Man kann natürlich immer einen Fall konstruieren, bei dem meine Entscheidungsfindung eine moralisch "falsche" Entscheidung trifft.
    Ist ein schwieriges Thema..

    Mich persönlich reizt das Thema Autonomes Fahren aber eh nicht so. Für mich ist Autofahren in 80% der Fälle Spaß und den lasse ich mir nur ungern nehmen. Schön eine Kurve anbremsen und runterschalten, die Kurve flott durchfahren und dann den Motor beim Beschleunigen ganz hochdrehen und in den nächsten Gang schalten.. 😋 😋 😋 Gut, ich fahre aber auch fast nur Landstraßen und wenig Stadt/Autobahn. Wäre es genau andersrum, würde ich es vmtl. auch anders sehen.



  • GPC schrieb:

    Für mich ist Autofahren in 80% der Fälle Spaß

    Na du hast es noch gut ... 😞
    Ich glaube mein Spaßreservoir war nach ner halben Million Kilometer aufgebraucht. Mittlerweile ist es einfach nur noch Stress - mit dem Motorrad übrigens auch. Kein Spaß mehr ... armer abbes 😞 😞 😞
    Deshalb hoffe ich ja, dass bald etwas "Budder beide Fische" kommt. Für den Berufsverkehr wäre das nämlich eine enorme Entlastung. Stop&Go geht immer 🙂

    Das Auto bekommt übrigens auch viel mehr mit als du. 360° Perspektive mit Radar, Laser, IR und Schall machen es Möglich. Dunkelheit, starker Regen, Nebel ... alles Unfallfaktoren, die an Gewichtigkeit verlieren werden.



  • muemmel schrieb:

    [...], als die Schiffärztin [...]

    Boah, das war Deanna. Banause!



  • GPC schrieb:

    1. Wenn Auswahl zwischen zwei Einzelpersonen kollidiert das Auto mit der älteren Person

    Warum so pauschal? Der Wissenschaftler, der gerade an der Krebsheilung arbeitet oder der jugendliche Intensivtäter, du würdest den Wissenschaftler umfahren?



  • Swordfish schrieb:

    muemmel schrieb:

    [...], als die Schiffärztin [...]

    Boah, das war Deanna. Banause!

    OMG. Er hat wirklich Deanna mit Beverly* verwechselt!
    Geht garnicht ... muemmel, du bist raus!

    * Pulaski lasse ich einfach mal außen vor, die war ... anders.



  • Provieh-Programmierer schrieb:

    GPC schrieb:

    1. Wenn Auswahl zwischen zwei Einzelpersonen kollidiert das Auto mit der älteren Person

    Warum so pauschal? Der Wissenschaftler, der gerade an der Krebsheilung arbeitet oder der jugendliche Intensivtäter, du würdest den Wissenschaftler umfahren?

    Ich persönlich habe keine Ahnung, wie ich reagieren würde, käme ich in die Situation.. 50:50 würde ich sagen. Aber es geht ja darum, was soll das Auto machen. Und wie ich schrieb:

    GPC schrieb:

    Man kann natürlich immer einen Fall konstruieren, bei dem meine Entscheidungsfindung eine moralisch "falsche" Entscheidung trifft.

    Das Auto weiß ja nichts über die Hintergründe der Personen, also bleiben nur äußerliche Kriterien wie Alter bzw. eigentlich ja Körpergröße. Wenn sich beide Personen abwenden, kann man schließlich keinen Gesichtsscan machen um das Alter zu schätzen (hab auch keine Ahnung, ob das technisch überhaupt in so kurzer Zeit möglich ist). Jedenfalls habe ich junges Leben höher gewichtet als älteres Leben. Ob das okay ist? Keine Ahnung, kommt auf den Einzelfall an. Aber den kann so ein Auto halt nicht in Millisekunden prüfen 😉



  • Übrigens bringt Vögel füttern auch immer wieder interessante Nebenerkenntnisse.
    Am Anfang konnte ich so gut wie gar nicht unterscheiden, wer da ankommt, außer, wenn sie ganz nah dran sind.
    Als dann doch mal mehr seltsame Exoten angeflogen kamen, hatte ich mir angewöhnt, mit dem Fernglas genauer hinzusehen.
    Über die Jahre erkennt man seine Pappenheimer aber auch so - einfach an der Art, wie sie sich bewegen. Gleiche Typen unterscheiden sich oft dadurch, wie sie in den Sektor hinein und zum Futter fliegen oder manche sind panischer als andere usw.
    Manchmal dachte ich aber auch - wie? ich gucke wohl nicht richtig? hä??
    u.a. ein hellblauer Spatz und gleichzeitig ein schneeweißer Spatz daneben. Die Tiere waren zum Glück lange genug da, sonst hätte ich denken müssen, ich bin versehentlich auf Droge oder krank und leicht wahrnehmungsgestört o.ä.
    Das war eine sehr seltsame Spatzentruppe.

    Was die Moral angeht: Es ist doch immer wieder ein beliebtes Totschlagsargument der Selbstgerechtigkeit. "..könnte ein kleines Kind totfahren oder totgefahren haben. Das hört man oft zu schwierigen Entscheidungen zum Straßenverkehr.
    Gleichzeitig dürfen aber potentiell gefährliche Epileptiker ein halbes Dorf totfahren und keiner schert sich drum.
    Gleichzeitig dürfen LKWs an den unmöglichsten gefährlichen Stellen parken, und keiner schert sich drum.
    Gleichzeitig dürfen Lkws mehrere Schulklassen auf einmal totfahren und keiner schert sich drum.
    Gleichzeitig dürfen überreiche Spekulanten ganze Sozialstrukturen in Dörfern und Kleinstädten und Landesweit zerstören und keiner schert sich drum.
    Gleichzeitig darf die Nato mit Planungen und Umsetzungen ankommen, die weit unter die Gürtellinie dessen gehen, was ein normal ethisch denkender Mensch überhaupt für vertretbar oder ertragbar hält aber keiner schert sich drum.
    Wir brauchen nicht über Feinheiten bei Moralentscheidungen diskutieren, wenn sich über Jahrhunderte etablierte Werte und Normen grobmotorisch und kackfrech unterwandert oder in den Dreck getreten werden und keiner schert sich drum.


  • Mod

    GPC schrieb:

    Das Auto weiß ja nichts über die Hintergründe der Personen, also bleiben nur äußerliche Kriterien wie Alter bzw. eigentlich ja Körpergröße. Wenn sich beide Personen abwenden, kann man schließlich keinen Gesichtsscan machen um das Alter zu schätzen (hab auch keine Ahnung, ob das technisch überhaupt in so kurzer Zeit möglich ist). Jedenfalls habe ich junges Leben höher gewichtet als älteres Leben. Ob das okay ist? Keine Ahnung, kommt auf den Einzelfall an. Aber den kann so ein Auto halt nicht in Millisekunden prüfen 😉

    Korrigiere: Ein Mensch wüsste so etwas nicht. Das Auto wäre doch eine vollvernetzte Maschine und würde per Gesichtserkennung online einen Vergleich des projizierten Restlebensbruttosozialbeitrags der zur Auswahl stehenden Opfer machen können.



  • Mal abgesehen von ein paar fehlenden Daten zu den Personen.. ich habe so meine Zweifel, ob das in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit möglich ist.



  • Seien wir dochma ehrlich: ca.70% auf den Straßen sind total beschissene Autofahrer, aus welchem Grund auch immer.

    Wenn mir jemand glaubhaft versichert, dass eine autonome Kiste sicherer fährt als diese 70%, wäre es eher unmoralisch, diese nicht breit zuzulassen.

    Mich persönlich kotzt das Fahren im öffentlichen Straßennetz sowieso an, es langweilt mich zutiefst. Insofern wäre ich froh, mich nicht mehr zum Diener meines Navis machen zu müssen.

    Was Moral anbelangt, puh. Ich hab' zwei Ausritte in die Pampa hinter mir ohne Personenschaden und mit mäßigem Sachschaden - in beiden Fällen war für Moral keine Zeit mehr und ein Rechner hätte beide unfallverursachenden Manöver sowieso nie durchgezogen.

    Man versichert dann einfach nicht das Fahrzeug, sondern den Fahrer, damit hat es sich - ob das ein Automat oder ein Mensch aus Fleisch und Blut ist, wäre dann nebensächlich. Wenn ich die Automatik overrule, bin ich persönlich in der Haftung, ansonsten der Hersteller der Automatik.


  • Mod

    GPC schrieb:

    Mal abgesehen von ein paar fehlenden Daten zu den Personen..

    Du denkst in der hiesigen, fortschrittsfeindlichen Steinzeitgesellschaft. In der wird es sowieso nie autonome Systeme geben. Da wo autonome Autos fahren werden, werden auch solche Daten verfügbar sein.

    ich habe so meine Zweifel, ob das in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit möglich ist.

    Eine Sekunde ist eine lange Zeit für einen Computer. Die Rechnung wird sowieso ausgelagert an das zentrale Ethiksystem mit ordentlich Rechenpower, der Fahrcomputer telefoniert nur mit diesem und fragt, wen er eher umfahren soll.



  • SeppJ schrieb:

    Du denkst in der hiesigen, fortschrittsfeindlichen Steinzeitgesellschaft. In der wird es sowieso nie autonome Systeme geben. Da wo autonome Autos fahren werden, werden auch solche Daten verfügbar sein.

    Klar, ich orientiere mich ungefähr an der Realität und dem, was die Gesellschaft wohl gut finden würde. Ich würde auch nicht soweit gehen und von Fortschrittsfeindlichkeit sprechen, nur weil ich nicht will, dass jemand meinen "Lebenswert" auf Basis meiner Gesundheit, meines Alters, meines Einkommens etc. ausrechnet und davon dann mein Leben abhängt.
    Mir ist schon klar, dass es prinzipiell möglich ist, entsprechende Daten zu Personen zu speichern und dass das teilweise in Ansätzen schon praktiziert wird (geringere KK-Beiträge bei fitten Leuten, niedrigere KFZ-Prämien bei Black-Box im Auto etc.).

    Eine Sekunde ist eine lange Zeit für einen Computer. Die Rechnung wird sowieso ausgelagert an das zentrale Ethiksystem mit ordentlich Rechenpower, der Fahrcomputer telefoniert nur mit diesem und fragt, wen er eher umfahren soll.

    Eine Sekunde ist lang, ja. Ob man die immer hat? Es gibt bestimmt Fälle, in denen kann man locker berechnen, wer eher Opfer einer Kollision werden soll. Und auch Fälle, in denen die Zeit nicht reicht.



  • GPC schrieb:

    Eine Sekunde ist lang, ja. Ob man die immer hat? Es gibt bestimmt Fälle, in denen kann man locker berechnen, wer eher Opfer einer Kollision werden soll. Und auch Fälle, in denen die Zeit nicht reicht.

    In den Fällen in denen die Zeit zum berechnen nicht reicht, hätte ein Mensch auch keine Zeit zu reagieren.


  • Mod

    GPC schrieb:

    SeppJ schrieb:

    Du denkst in der hiesigen, fortschrittsfeindlichen Steinzeitgesellschaft. In der wird es sowieso nie autonome Systeme geben. Da wo autonome Autos fahren werden, werden auch solche Daten verfügbar sein.

    Klar, ich orientiere mich ungefähr an der Realität und dem, was die Gesellschaft wohl gut finden würde. Ich würde auch nicht soweit gehen und von Fortschrittsfeindlichkeit sprechen, nur weil ich nicht will, dass jemand meinen "Lebenswert" auf Basis meiner Gesundheit, meines Alters, meines Einkommens etc. ausrechnet und davon dann mein Leben abhängt.
    Mir ist schon klar, dass es prinzipiell möglich ist, entsprechende Daten zu Personen zu speichern und dass das teilweise in Ansätzen schon praktiziert wird (geringere KK-Beiträge bei fitten Leuten, niedrigere KFZ-Prämien bei Black-Box im Auto etc.).

    Eben. Es wird niemand kommen und sagen "wir müssen Daten erheben, damit unsere Maschine besser ausrechnen kann, wer leben darf und wer sterben muss". Die nötigen Daten werden für andere Zwecke und freiwillig herausgegeben werden. Und wenn dann angefangen wird, damit den Lebenswert im Falle eines Unfalls zu berechnen, wird niemand mehr dagegen sein.


  • Mod

    GPC schrieb:

    Eine Sekunde ist lang, ja. Ob man die immer hat? Es gibt bestimmt Fälle, in denen kann man locker berechnen, wer eher Opfer einer Kollision werden soll. Und auch Fälle, in denen die Zeit nicht reicht.

    Ich bin ein wenig enttäuscht von Dir... natürlich fragen wir vorab die Personendaten der Personen im Umkreis von 500 Metern ab, und lagern die im Cache - so dass die Rechnung auf jeden Fall klappt. Ich bilde die Optimierungsparameter vorab, und muss nur noch kurz mit Distanz und Fahrweg nachoptimieren. Fertig ist die Zielmatrix.

    Hat auch den Vorteil, dass ich das Ding als Drohne verwenden kann, muss nur aus dem >= ein < machen. 🙂


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