Info: Risiken der Open-Source-Software



  • Bin in einer Zeitung darüber gestolpert, ist evtl. ganz lesenswert:

    Risiken der Open-Source-Software
    Eine juristische Risikoanalyse

    Open-Source-Software entwickelt sich immer mehr zu einer ernst zu nehmenden Alternative. Doch neben praktischen Problemen birgt die Anwendung der kostenlosen Programme auch juristische Fallen. Rechtsanwalt Thomas Feil erklärt, worauf Anwender und Programmierer achten müssen.

    ➡ http://www.recht-freundlich.de/download/OSS_Rechtliche_Informationen.pdf



  • Meinem juristisch laienhaften Verständnis nach ist der Artikel weitgehend falsch und könnte auch als klassische FUD-Propaganda bezeichnet werden.

    Punkt 4 der Einleitung springt natürlich sofort in's Auge. Selbstverständlich darf unter der GPL veröffentlichte Software kommerziell verwendet und vertrieben werden. Was u.a. nicht erlaubt ist, ist das Einfordern einer Abgabe o.ä., sollte der Empfänger der Software diese selbst weiterverbreiten wollen.

    Und der überwiegende Rest des Artikels beruht auf der falschen Annahme, dass es sich bei der GPL um einen Vertrag handeln würde, während es tatsächlich um eine Lizenz geht.

    Für Interessierte (die der englischen Zunge halbwegs mächtig sind) ist ein Besuch auf www.groklaw.net zu empfehlen. Neben aktuellen Informationen zu den verschiedenen Klagen von und gegen SCO gibt es dort auch jede Menge Abhandlungen zum Thema OSS ansich und speziell zur GPL bzw. diesbezüglichen Mythen und Missverständnissen.



  • Yezz, alles nur Propaganda vom Klassenfeind.

    Ich wußte ja, daß so eine Reaktion kommen würde, hatte mich nur über die Dauer gewundert.

    Der aufmerksame Leser wird vielleicht nachdenklich, ob eine englischsprachige Quelle für das deutsche Recht wirklich eine Bedeutung hat, oder ob nicht doch das BGB zur Beurteilung der GPL in Deutschland mehr Bedeutung hat.

    Aufgeweckte Leser würden vielleicht der Sache mit der Schenkung und der Haftung mehr Aufmerksamkeit schenken - das ist nämlich wirklich interessant von viel mehr Bedeutung als irgendwelche englischen Texte auf einer US-lastigen Homepage. Ob da nicht ein Text von einer deutschen Anwaltskanzlei neue Gesichtspunkte ins Spiel bringt... vor allem wenn diese bei einigen der Linux-Projekte im Verwaltungsbereich beratend tätig war, also wohl kaum dem Feindlager angehört.

    Ähnliches findet man z.B. auch hier http://www.ifross.de/ifross_html/art3.html

    Abgesehen davon ist eine Lizenz selbstverständlich Bestandteil eines Vertrages. Immer wenn 2 Personen in Deutschland ein Rechtsgeschäft eingehen, besteht zwischen ihnen ein Vertrag. Eine Regelung des Rechtsgeschäfts z.B. über eine Lizenz ist damit Bestandteil des Vertrages und damit vertragsrechtlich prüfbar. Man spricht dann übrigens auch von "Lizenzvertrag".

    Übrigens ist der Punkt 4 falsch zitiert.



  • Ich hab mir jetzt den Bericht nicht durch gelesen (muß ich mal in einer freien Minute machen), aber es gab doch schon in den 80er Jahren (zu seeligen C64- und Amiga-Zeiten) Probleme mit PublicDomain.

    Kann mich noch gut daran erinnern, das Public Domain (noch freier als frei! da stinkt selbst die GPL gegen ab!) in Deutschland keine Gültigkeit hat. Warum? Weil in Deutschland das Gesetz des geistigen Eigentums gilt. Und dieses besagt, das JEDE geistige Arbeit IMMER einen Urheber hat. Deshalb ist in Deutschland nicht mal ein Copyright-Vermerk nötig. Selbst wenn ein Name/Unterzeichner in einer gestigen Arbeit fehlt, gibt es IMMER einen Urheber. Den Urheber kann man aus dieser geistigen Arbeit nicht aushebeln, auch sich selbst nicht.

    Und das waren damals "Probleme" die in allen Zeitschriften immer wieder aufgetaucht sind, da gabs GPL und OpenSource in dem Sinne noch nicht. Und ich wette, das dieses Urhebergesetzt heute immer noch Gültigkeit hat.

    Deshalb denke ich (ohne den Bericht noch nicht gelesen zu haben) Marcus hier schon Recht hat. Nämlich das in good old Germany die Gesetze anders sind. Wenn selbst vor GPL-Zeiten die Public Domain keine dt. rechtliche Gültigkeit hatte, wird auch die schwächere GPL hier Probleme machen.



  • Zu nennen sind insoweit die Schwierigkeiten, die sich beispielsweise beim Import- und Export externer Datenformate (z.b. MS-Produkten) zeigen.

    Ja das ist ein Problem, aber ehr ein allgemeines Systemwechsel Problem als ein alleiniges OS-Problem.
    Und wenn es um Import und Export geht dann könnten sich einige CS-Programme eine Scheibe von OS-Programmen abschneiten.
    Inkompatibilitäten werden benutzt um einen zum Kauf der neusten Version zu zwingen.
    Schwierigkeiten beim Import und Export gibt bei manchen CS-Programmen doch alle Paar Jahre, wenn eine neue Hippe Version releast wurde.

    Um rechtliche Unwägbarkeiten möglichst zu minimieren, sollte der Einsatz von OSS in jedem Einzelfall einer juristischen Risikoanalyse unterzogen werden.

    Diese Risikoanalyse bekomme ich beim Uhrheber des pdf 🙂
    Ich kann mir zwar denken das diese Analyse zugunsten von OSS ausfällt, aber wenn die BWLer glücklich macht können sie gerne so was machen.
    Aber teilweise werden ganz andere Risiken getragen wenn es darum geht Geld zu sparen.



  • Marc++us schrieb:

    Yezz, alles nur Propaganda vom Klassenfeind.

    Na, nun mal nicht gleich so aufgeregt.

    Weder dein Beitrag noch der Artikel heben ursprünglich explizit auf Besonderheiten der deutschen Rechtssprechung ab. Statt dessen verbreitet sich der Artikel über vermeintlich allgemein zutreffende "Risiken, die durch die rechtliche Konzeption impliziert werden" und geht nur ein einzelnen Punkten auf das deutsche Recht ein.

    Dass eine Lizenz Bestandteil eines Vertrages sein kann ist selbstverständlich, ich bezweifle aber weiterhin, dass eine Lizenz alleiniger Bestandteil eines Vertrages sein kann. Natürlich lasse ich mich durch einschlägige Gerichtsbeschlüsse o.ä. gern eines Besseren belehren.

    Zu Punkt 4, den ich im Übrigen gar nicht zitiert, sondern lediglich kritisert hatte, was also deine Kritik meiner Kritik betrifft:
    Eventuell liegt das ja daran, dass wir ob der vermeintlich unumstösslichen, tatsächlich aber schwammigen Formulierung ("Eine kommerzielle Verwertung des Programmes ist ausgeschlossen") zu unterschiedlichen Schlüssen bzgl. der beabsichtigten Aussage gekommen sind.

    Allerdings macht der Autor gegen Ende des Artikels nochmal klar, dass er das Prinzip nicht verstanden hat, indem er z.B. behauptet, dass dem Entwickler "[...] die wirtschaftliche Verwertung seiner Weiterentwicklung verwehrt" bliebe. Das trifft nämlich keineswegs zu; dem Entwickler steht es selbstverständlich frei, seinen eigenen Code neben der GPL auch unter andere, ggf. kommerzielle Lizenzen zu stellen. Genausowenig ist es verboten, Spenden o.ä. zur Unterstützung der weiteren Entwicklung anzunehmen.

    Weiterhin behauptet Th. Feil, bei Verwendung von GPL-Software in eigenen Anwendungen bestünde "[...] die Pflicht, sein Arbeitsergebnis zugänglich zu machen und den Quellcode zur Verfügung zur stellen", was den "[...] vitalen Interessen eines Unternehmens zumindest dann zuwider [laufen würde], wenn in die Berabeitung der Software [...] Betriebsgeheimnisse eingeflossen sind".
    Diese Pflicht zur Offenlegung besteht in der Tat, aber eben nur dann, wenn die (geänderte) Software anschliessend weiterverbreitet wird. Es steht einer Firma völlig frei, die geänderte Software innerhalb des Unternehmens auch für kommerzielle Zwecke einzusetzen. Und das ohne jedwede Offenlegung der Änderungen.

    Und noch eine Anmerkung zur generellen Ausrichtung des Artikels und meiner Klassifizierung desselben als FUD:

    Anfänglich spricht der Artikel von knappen Kassen als scheinbarem Hauptgrund für den Einsatz von OSS in Unternehmen und öffentlichen Institutionen. Im Anschluss allerdings konzentriert er sich lieber auf die aus Sicht der o.g. Anwender kaum erheblichen Aspekte der Anpassung und Weitergabe der Software, und impliziert vermeintliche diesbezügliche rechtliche Problem als Hindernisse für den Einsatz von OSS an sich.
    Dieser Widerspruch findet sich dann auch am Ende des Artikels wieder, wo zwar einerseits dazu geraten wird, lediglich "[...] Umarbeitung und Veränderung der Software [...]" in Hinsicht auf "Geheimhaltungsinteressen" zu reglementieren, als krönender Abschluss aber ausdrücklich der Rat gegeben wird, den "[...] Einsatz von OSS in jedem Einzelfall einer juristischen Risikoanalyse [...]" zu unterziehen. Ein Ratschlag, der für den Nichtjuristen wohl kaum als Ermutigung zur Verwendung von OSS zu verstehen sein dürfte.

    Ganz davon abgesehen, dass eine derartige Analyse auch bei Verwendung proprietärer Lösungen selbstverständlich sein sollte, und entsprechende Hinweise schon aufgrund des Umfanges der dort üblichen License Agreements weitaus notwendiger erscheinen.

    Mit etwas gutem Willen könnte man zu dem Schluss kommen, dass der Ton des Artikels sich eher zufällig und aus bestimmten Wissenslücken des Autors ergibt, FUD wird aber keineswegs immer nur vorsätzlich verbreitet.


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