Wie steht Ihr zu Dijkstra's Brandmauer der Informatik?


  • Mod

    gerüchtdecker schrieb:

    das gerücht, dass gruppen kreativer wären, hält sich hartnäckig.

    Natürlich wäre es vermessen generell Gruppenarbeit zu loben, ohne deren Schwächen zu erkennen: die Anzahl der Kommunikationsverbindungen steigt mit der Gruppengröße gemäß n!/2. Ab einer gewissen Gruppengröße nimmt der Overhead für Kommunikation so stark zu, daß die geleistete Arbeit absinkt. Ganz wie bei parallelen Rechnerarchitekturen auch. Eine extrem große Gruppe kippt irgendwann ins Palaver, wo nur noch geredet, aber nicht mehr geleistet wird.

    Folglich gibt es eine optimale Gruppengröße, die üblicherweise bei 3-4 Personen liegt. Nimmt man eine Anleihe beim Militär - das sich seit Jahrzehnten mit der Effizienz von Kleingruppen im Einsatz befasst - so sieht man, daß auch hier die Gruppengrößen von 3 (z.B. ein SET der GSG9) oder 4 ("Trupp" als Zerlegung der Gruppe bei der Infanterie, oder im KSK) Personen dominieren. Es gibt also sowas wie eine ideale Gruppenaufteilung.

    Gehe ich von einer solchen Gruppe aus, so erkenne ich weiterhin an, daß es immer wieder Einzelentwickler gibt, die die Gesamtleistung einer Gruppe übertreffen können. Diese Spitzenentwickler sind aber selten zu finden, nur wenige Einzelpersonen verkörpern so viele herausragende Merkmale in sich (Wissen, Durchhaltevermögen, Selbstreflexion), daß sie die Gruppe schlagen können. Die Masse der Einzelentwickler ist eben - wie das Massen so an sich haben - nur durchschnittlich. Und einen durchschnittlichen Einzelentwickler mit einer Gruppe zu schlagen ist nicht wirklich ein Problem, da hier die Vorteile der Gruppe leichter zur Wirkung kommen:

    - Selbstreflexion, die Gruppe kann leichter Fehler eines Gruppenmitglieds erkennen und dessen Irrwege frühzeitig abstellen, es fällt leichter bereits auf dieser Ebene eine Qualitäts-Kontrollinstanz zu realisieren.
    - Durchhaltevermögen, es reicht aus, wenn immer ein Mitglied der Gruppe gerade als Motivator dienen kann. Auch überwindet die Gruppe leichter die Verzweiflung, wenn man stecken bleibt und sich unerwartete Probleme auftun.
    - Wissen, eine Summe von Gruppenmitgliedern kann insgesamt mehr wissen als der durchschnittliche Einzelentwickler, und sich gegenseitig fortbilden, es ist eher unwahrscheinlich, daß ihr jeweiliges Einzelwissen nämlich völlig deckungsgleich ist

    In der Masse der Fälle schlägt die Gruppe den Einzelentwickler ganz einfach aus kombinatorischen und stochastischen Gründen. Und trotzdem ist es unumstritten, daß man immer wieder geniale Einzelentwickler trifft, die alle Gruppen in den Schatten stellen. Nur kann man nicht davon ausgehen, daß man diese Leute zur Verfügung hat. Im Alltag macht man die ernüchternde Erkenntnis, daß eben die meisten Leute nur durchschnittlich motiviert, wissend und fähig sind. Demnach muß man auch seine Planung aufbauen.

    Apropos, Gruppen haben noch einen anderen Vorteil: durch die erzwungenen Kommunikationsstrukturen ist es leichter, Definitionen für Vorgehensweisen einzuhalten. Der geniale Einzelentwickler hat manchmal den Nachteil, daß er zu genial ist und seine Denkweise nicht immer auf Anhieb nachvollziehbar, auch dokumentiert er (auch bzgl inherenter Dokumentation wie Schreibweisen, Namensgebung, etc) weniger, da er nicht für seine Mitarbeiter programmiert. Das macht es sehr schwierig, den Ausfall des Einzelentwicklers zu kompensieren (Krankheit, Kündigung, Kinder). Eine Gruppe fängt zunächst einen Einzelausfall kurzfristig sogar ohne wesentliche Einbußen ab, mittelfristig kann man durch Ergänzung der Gruppe wieder den Urzustand herstellen.

    Es sprechen daher eine auch Reihe von organisatorischen Gründen für Gruppenarbeit.



  • Marc++us schrieb:

    die Anzahl der Kommunikationsverbindungen steigt mit der Gruppengröße gemäß n!/2.

    (ein schlimmer fauxpax, der dich in diesem thread weit zu den bwl-ern rückt. nicht sehr weit, der BWL-er hätte was unwiderlegbares (weil leeres) von "kommunikationsoverkill" gefaselt aber der wissenschaftler zeichnet sich durch widerlegbarkeit aus.).
    n! ist ein harter brocken. nee, hier reicht n^2 völlig aus.
    bei 100 leuten sinds 5050 verbindungen (wenn wir selbstgespräche zulassen) aber nach deiner rechnung sinds 4,66e+157 verbindungen.

    Marc++us schrieb:

    - Selbstreflexion...

    (bzzz. buzz. pling.)
    dieser apparat heißt reflexion, rest von jenem absatz blieb im content-filter hängen.

    übrigens zwei hoffentlich unbedeutende kleinigkeiten, die sicher nich passiert wären, wenn die postings in kleingruppen verfaßt würden.



  • Marc++us schrieb:

    Und trotzdem ist es unumstritten, daß man immer wieder geniale Einzelentwickler trifft, die alle Gruppen in den Schatten stellen. Nur kann man nicht davon ausgehen, daß man diese Leute zur Verfügung hat.

    ich umstreite diesen punkt aber.
    diese "genialen" einzelentwickler sind einfach nicht mittelmäßig genug, um sie mit 2-3 normalos zusammenzustecken. sie würden gruppenarbeit mit ihresgleichen lieben (zwei genies müssen nicht automatisch kompatibel sein, genausowenig wie 2 normale leute. und wir können die genies nicht abschätzen. also gruppen besser nicht voreilig erzwingen). ganz abgesehen davon, daß die gruppe vermutlich wesentlich besser führbar als zwei einzelgenies wäre.



  • z.b. ist Volkard wohl nicht mit mir kompatibel. 😎

    Bye, TGGC (Demo or Die)


  • Mod

    volkard schrieb:

    n! ist ein harter brocken. nee, hier reicht n^2 völlig aus. .

    Schade. n! schrieb sich so schön.

    Volkard schrieb:

    Marc++us schrieb:

    - Selbstreflexion...

    (bzzz. buzz. pling.)
    dieser apparat heißt reflexion, rest von jenem absatz blieb im content-filter hängen.

    Das war Absicht. Ich wußte gar nicht, daß Selbstreflexion unter Buzzword fällt, da Reflexion ja nicht zwangsläufig auf die Ich-Perspektive abzielt... ich wollte damit ausdrücken, daß vielen als Einzelperson diese Fähigkeit über eigene Arbeiten und Ergebnisse neutral nachzudenken fehlt - und dieser Vorgang wird halt in der Psychologie als Selbstreflexion definiert - Reflexion über das eigene Ego. In der Gruppe kann man sicherlich auch nur über Reflexion sprechen, als Prüfung der Arbeitsinhalte. Aber wie kann man da schön das Problem der Einzelperson betrachten? Man ist sich sich selbst gegenüber ja oftmals nicht so ehrlich, wenn keiner genau hinsieht.

    volkard schrieb:

    übrigens zwei hoffentlich unbedeutende kleinigkeiten, die sicher nich passiert wären, wenn die postings in kleingruppen verfaßt würden.

    Sicherlich sogar. Siehe dazu die Vorgehensweise der Artikel für das c++-Magazin.



  • Marc++us schrieb:

    Das war Absicht. Ich wußte gar nicht, daß Selbstreflexion unter Buzzword fällt, da Reflexion ja nicht zwangsläufig auf die Ich-Perspektive abzielt...

    seltsame vorstellung, jemandes anderen verhalten zu REflektieren. in dem falle denkt man einfach drüber nach.

    ich wollte damit ausdrücken, daß vielen als Einzelperson diese Fähigkeit über eigene Arbeiten und Ergebnisse neutral nachzudenken fehlt

    war mir klar, was es aussagen sollte. refexion halt. *g*

    - und dieser Vorgang wird halt in der Psychologie als Selbstreflexion definiert - Reflexion über das eigene Ego.

    (veramrt wikipedia unsere kultur eigentlich?)
    naja, früher war's reflexion, oder?

    irgendwie mogelt sich "selbst" zu vielen worten. das allerschlimmste ist "selbstdisziplin". das wort an sich ist einfach kaputt. ich schwanke, ob ich mich da dem zeitgeist ergeben soll oder hoffnung besteht, daß die worte sich mit der zeit weider selbstheilen. (wieder so ein unfug. das "selbst" war unnötig, weil "sich" bereits stand und falsch überdies, weil leute die worte heilen und nicht worte sich selbst.)

    vielleicht sollten wir abwarten, bis auch http://de.wikipedia.org/wiki/Reflexion_(Pädagogik) umbenannt wird zur Selbstrefelxion?

    Man ist sich sich selbst gegenüber ja oftmals nicht so ehrlich, wenn keiner genau hinsieht.

    oder man bemerkt es gar nicht selbst.



  • volkard schrieb:

    ...
    natürlich soll jeder, der buzzwords braucht, damit zugetextet werden. auch ich mache das, wenn einer bedarf anmeldet. du textest sicherlich auch leute zu, die das brauchen. aber mich würde es schwer wundern, wenn du deine untergebenen entwickler, naturwissenschaftler und techniker zutexten würdest, die bereits deutlich gemacht haben, daß sie von dir rat, hilfe und leitung brauchen.
    ...

    "Wisdom starts with setting of terms!" (Sokrates)

    In fact, .. 🙄 .. oh sorry! Wait a minute - *slashheadondesk* <switch language="German" /> beginnt Erkenntnis aus dem Mappen einer Vielzahl von Informationen, Modellen, Begriffen, Abhängigkeiten und Bedingungen auf das bereits bestehende Wissen. Optimal wäre wenn das Modell von User A genau das Merkmal von User B aufweist, dass die Infos direkt daran gemappt werden können.

    Oft ist es in der Praxis aber so, dass nicht nur das entsprechende Erkenntnismerkmal fehlt, sondern das gesamte Konstrukt incl. Vernetzung und Wertung - welche Infos sind wichtig, welche müssen in wieweit in den Vordergrund gebracht werden, in welchen Abhängigkeiten stehen Sie, etc - vermittelt werden. Um nun die Erkenntnis von User A User B zu vermitteln, muss man den Horizont von User B kennen, damit er ein Transformationspattern formulieren kann - Erklärungskette. Das Problem ist, dass komplizierte Sachverhältnisse und deren Wertung extrem vernetzt sind und User A niemals in angemessener Zeit User B diesen Cluster vermitteln kann, noch User B die Zeit hat das mitgebrachte Wertungsmodel zu überdenken.

    Beispiel: Der Prof hebt ab und pinnst wie wild das Tafelbild ab, weil Du nichts mehr verstehst und versuchst den fehlenden Kontext zu erarbeiten, um den Stoff in dein Gesamtverständnis zu integrieren. Deshalb ist alles was auf der Tafel steht und einen fehlenden Kontext repräsentiert ein "Buzzword" - fuzzy, repräsentiert ein Vielzahl von Modellen, keine Glossar.

    Deshalb geht das intelligente Mitglied hin, googlet meine Buzzwords und erarbeitet die zugehörigen Wissenmodelle, integriert sie in seine Gesamterkenntnis statt irgendwelche Trollposts abzusetzen. Der Prof läßt sich nicht dazu hinreißen stundenlang einen einzelnen Studenten Nachhilfe zu geben. Er hat anderes zu tun. 😉

    Die 5-Meter-Posts von Marc++us verziehen nur die Leute.


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