Und noch ein Amokläufer



  • Als ich diesen "Abschiedsbrief" gelesen hatte ist mir sofort, wie von selbst, folgender Satz durch den Kopf gegeistert:

    "Deine Gewalt ist nur ein stummer Schrei nach Liebe."

    Meiner Meinung nach hat der Typ es nie gelernt bekommen, dass man sich die Anerkennung anderer verdienen muß. Sein Außenseitertum hat genau das Gegenteil bewirkt, er hat sich selbst ausgegrenzt und "die anderen" dafür verantwortlich gemacht.

    An den Kopf greife ich mir, wenn ich dann solche Berichte lese, wo sinngemäß die Worte "Counterstrike" und "Waffengesetz" drin vorkommen. Das sind nicht die Ursachen. Die Ursache war meiner Meinung nach das lasche, desinteressierte Umfeld.



  • F98 schrieb:

    Als ich diesen "Abschiedsbrief" gelesen hatte ist mir sofort, wie von selbst, folgender Satz durch den Kopf gegeistert:

    "Deine Gewalt ist nur ein stummer Schrei nach Liebe."

    Meiner Meinung nach hat der Typ es nie gelernt bekommen, dass man sich die Anerkennung anderer verdienen muß. Sein Außenseitertum hat genau das Gegenteil bewirkt, er hat sich selbst ausgegrenzt und "die anderen" dafür verantwortlich gemacht.

    Der Typ wurde gemobbt bis zum geht nicht mehr. Ich habe fast genau die gleiche Vergangenheit wie der Typ da, nur halt das ich nich so'n waffennarr bin und auch nicht zum Satanismus tendiere, und ich kann ihn gut verstehen (nicht in allem, aber in vielen Teilen)
    Wenn man gemobbt und total fertig und zum Außenseiter gemacht wird, dann ist es ganz klar das einem irgendwann mal die Sicherung rausfliegt.



  • Randall Flagg schrieb:

    Wenn man gemobbt und total fertig und zum Außenseiter gemacht wird, dann ist es ganz klar das einem irgendwann mal die Sicherung rausfliegt.

    Eben nicht. In der Regel spielt man dann Killerspiele, hört Heavy Metal, sieht sich brutale Filme an und findet dadurch Gleichgesinnte und die Welt ist nicht mehr ganz so gemein! 🤡



  • Hallo.

    also ich muss sagen, ich fand den Abschiedsbrief ebenfalls durchaus interessant. Vor allem, dass alle von den recht sozialkritischen Aspekten überhaupt nicht in den Medien auftauchen. Leider bisher auch noch nicht in diesem Thread. Folgende Überlegungen würde ich hervorheben, die mir zeigen, dass ihm u.a. auch die Sinnhaftigkeit im Leben gefehlt hat:

    Eine Welt in der Geld alles regiert

    Also muss man seinem Leben einen Sinn geben, und das mache ich nicht indem ich einem überbezahlten Chef im Arsch rumkrieche

    Schule, Ausbildung, Arbeit, Rente, Tod Das ist der Lebenslauf eines "normalen" Menschen heutzutage.

    Leider werden diese Aussagen von so viel diversen Hasstiraden überschattet, dass sie nicht mehr ernst genommen werden, auch ist der letzte Satz etwas übertrieben. Aber meiner Meinung nach ist es in der heutigen modernen Gesellschaft durchaus möglich, über eine bessere Verteilung der Arbeit nachzudenken. In der derzeitigen Situation ist es ja oft so, dass man sich auf der einen Seite entweder "für den Chef" totschufftet (siehe Millionen von Überstunden), oder man ist Hartz4-Empfänger. Da hat er vielleicht auch keine Perspektive gesehen, sein Leben dazwischen zu gestalten.

    H.W.



  • Ich denke, bezüglich der Musik habt ihr Recht, das ist kein wesentlicher Auslöser, aber man sollte trotzdem nicht die Wirkung von Sounds unterschätzen. Filme arbeiten stark damit, merkt man sofort, wenn man den Ton weg nimmt oder ganz leise schaltet.

    Seine sozialkritischen Sätze treffen einen wesentlichen Punkt in unserer Gesellschaft: die Sinnlosigkeit des menschlichen Daseins, wenn man "isoliert" ist.



  • Erhard Henkes schrieb:

    [..] die Sinnlosigkeit des menschlichen Daseins, wenn man "isoliert" ist.

    Das ist wohl auch die wesentliche Vorraussetzung für so eine Tat und das Kernproblem. Im besten Falle sollte man genau da ansetzen, zB gegen die verschiedenen Formen der Ausgrenzungen angehen ..



  • don_basto schrieb:

    Randall Flagg schrieb:

    Wenn man gemobbt und total fertig und zum Außenseiter gemacht wird, dann ist es ganz klar das einem irgendwann mal die Sicherung rausfliegt.

    Eben nicht. In der Regel spielt man dann Killerspiele, hört Heavy Metal, sieht sich brutale Filme an und findet dadurch Gleichgesinnte und die Welt ist nicht mehr ganz so gemein! 🤡

    Jein... die Welt ist noch genauso - aber man zeigt den anderen irgendwie, wie sehr man sie ablehnt.

    Heute wundere ich mich, dass meine Ohren noch so gut sind. Immer wenn ich sauer war habe ich Walkman gehört: Lautstärke voll auf (hoffentlich nervts die Anwesenden) und dann je nach Stimmung Böhse Onkelz (wütend), Tote Hosen (traurig) oder Ärzte (einfach nur Protest und Laune aufbessern).
    Hat zumindest kurzfristig immer sehr gut geholfen. 🙂



  • Hans Wurst schrieb:

    Vor allem, dass alle von den recht sozialkritischen Aspekten überhaupt nicht in den Medien auftauchen. Leider bisher auch noch nicht in diesem Thread.

    Sozialkritische Aussagen?

    Indem er seinem fiktiven Gegenüber einfach einen Haufen zusammenhangloser Gründe, verpackt in unreflektierten billigen Sätzen, hinballert?

    Hans Wurst schrieb:

    Schule, Ausbildung, Arbeit, Rente, Tod Das ist der Lebenslauf eines "normalen" Menschen heutzutage.

    Der Typ hatte ein generelles Problem mit der Sinnhaftigkeit und Wertigkeit seines Lebens und der Lebens anderer. Für dieses Problem macht er andere verantwortlich, damit ist er vermeintlich fein raus.

    Aber es ist müßig darüber zu diskutieren. Das ist wie mit den Onboard-Trollen hier: Fliegt einer raus, steigt morgen wieder eine neuer aus dem Bett und nervt die Welt. Da kann man aber nicht das Forum (austauschbar mit Begriffen wie "Counterstrike, Waffengesetz, Arbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit") verantworlich machen, sondern das billige unbefriedigte Ego des Einzelnen und die Gründe, die dazu geführt haben.



  • don_basto schrieb:

    Erhard Henkes schrieb:

    [..] die Sinnlosigkeit des menschlichen Daseins, wenn man "isoliert" ist.

    Das ist wohl auch die wesentliche Vorraussetzung für so eine Tat und das Kernproblem. Im besten Falle sollte man genau da ansetzen, zB gegen die verschiedenen Formen der Ausgrenzungen angehen ..

    👍 👍 👍

    Allerdings denke ich nicht, dass es an Ausgrenzungen liegt: Isolation sehe ich nicht als Folge von Ausgrenzung, sondern als fehlende Integration! Ich weiß ja nicht ob es immer schon so war, aber in größeren Städten z.B. redet man mit niemandem, es sei denn, man kennt ihn. Man beachtet niemanden, sieht niemanden an, es gibt nur einen selbst und halt die "Anderen". IMO gibt es nur noch kleine, starke, abgegrenzte Gesellschaften (a lá Freundeskreis) und größere, etwas schwächer zusammenhaltende Gesellschaften (a lá Interessengruppen). Gesellschaften sind dabei gesellschaftlich verbundene Personen.
    Wenn man nun Probleme hat, sich in solche kleinen oder größeren gesellschaftlichen Gruppierungen einzugliedern, bleibt man außen vor, man wird nicht beachtet, nicht angesprochen und fühlt sich eben nicht als Teil der Gesellschaft. Dabei sinkt rapide das Selbstwertgefühl, Verzweiflung äußert sich durch Neid und Hass. ➡ Meine Meinung.

    Viele Tiere sterben, wenn sie isoliert sind. Kann mir gut vorstellen, dass man dabei als Mensch auch innerlich zu Grunde gehen kann!

    Zusammengefasst: Grundeinstellung der Gesellschaft muss sich ändern; Lösungsvorschläge: Keine^^



  • Badestrand schrieb:

    Allerdings denke ich nicht, dass es an Ausgrenzungen liegt: Isolation sehe ich nicht als Folge von Ausgrenzung, sondern als fehlende Integration!

    Aber du kannst niemandem vorschreiben andere nicht auszugrenzen (im Gegensatz zu "mobben"), geschweige denn 'zu integrieren'.



  • Erhard Henkes schrieb:

    Seine sozialkritischen Sätze treffen einen wesentlichen Punkt in unserer Gesellschaft: die Sinnlosigkeit des menschlichen Daseins, wenn man "isoliert" ist.

    Ne, seine sozialkritischen Sätze zeigen einfach nur einen wichtigen Aspekt: Er war unfähig seine eigene Schuld einzugestehen und sucht die Schuld für seine Situation bei der Gesellschaft oder eben bei seinen Mitschülern/Lehrern. Dabei ist es ganz klar seine Schuld. Er hätte mit seinen Problemen klar kommen müssen. Aber er verhält sich eben wie ein Kind, das in seiner Phantasie-Welt aus Computer-Spielen und Krieg spielen im Wald lebt.

    Es ist sicher nicht die Schuld "der Gesellschaft" oder seines Umfeldes, das er Amok gelaufen ist.



  • rüdiger schrieb:

    Erhard Henkes schrieb:

    Seine sozialkritischen Sätze treffen einen wesentlichen Punkt in unserer Gesellschaft: die Sinnlosigkeit des menschlichen Daseins, wenn man "isoliert" ist.

    Ne, seine sozialkritischen Sätze zeigen einfach nur einen wichtigen Aspekt: Er war unfähig seine eigene Schuld einzugestehen und sucht die Schuld für seine Situation bei der Gesellschaft oder eben bei seinen Mitschülern/Lehrern. Dabei ist es ganz klar seine Schuld. Er hätte mit seinen Problemen klar kommen müssen [...]

    Das hat er. Er hat seine Probleme geloest.



  • F98 schrieb:

    Indem er seinem fiktiven Gegenüber einfach einen Haufen zusammenhangloser Gründe, verpackt in unreflektierten billigen Sätzen, hinballert?

    ja, in dem punkt hast du recht, relativ zusammenhanglos war der text schon. ich wollte mit meinem kommentar auch nicht sagen, dass NUR die gesellschaft für diesen amoklauf schuld ist. auch rüdiger hat recht, wenn er schreibt, dass er sich in seine phantasiewelt zurückgezogen hat.
    worauf ich aber hinweisen wollte ist, dass es nicht nur ein gravierendes psychisches problem mit ihm gab (dass er im übrigen nicht selber, sondern nur mit hilfe anderen hätte lösen können), sondern dass es auch probleme in der gesellschaft gibt, die solche taten indirekt hervorrufen können, also als auslöser dienen können.
    nicht umsonst hat der erste amokläufer in erfurt seine tat begangen, weil er kein zeugnis bekommen hat und daher keinen ausblick für seine zukunft gesehen hat. es ist natürlich jetzt leicht zu sagen, der junge hätte halt seinen abschluss schaffen müssen. aber selbst wieviele von denen, die es geschafft haben, haben hinterher eine ausbildung bekommen? und dann ganz ohne abschluss sieht die zukunft wirklich nicht so rosig aus.

    H.W.



  • Er hatte doch Freunde... Wie kommt ihr darauf, dass er isoliert war? 😕



  • Apollon schrieb:

    Das hat er. Er hat seine Probleme geloest.

    Interessante Definition von "Problem gelöst"...



  • Apollon schrieb:

    rüdiger schrieb:

    Erhard Henkes schrieb:

    Seine sozialkritischen Sätze treffen einen wesentlichen Punkt in unserer Gesellschaft: die Sinnlosigkeit des menschlichen Daseins, wenn man "isoliert" ist.

    Ne, seine sozialkritischen Sätze zeigen einfach nur einen wichtigen Aspekt: Er war unfähig seine eigene Schuld einzugestehen und sucht die Schuld für seine Situation bei der Gesellschaft oder eben bei seinen Mitschülern/Lehrern. Dabei ist es ganz klar seine Schuld. Er hätte mit seinen Problemen klar kommen müssen [...]

    Das hat er. Er hat seine Probleme geloest.

    Nö, er hat sein Problem nicht gelöst. Er ist tot, alle anderen Leben weiter. Die einzigen die jetzt wirklich unglücklich sind und die er mit der Tat bestraft hat, sind die Personen die ihm nie was böses getan haben: Seine Eltern und Freunde. Okay, vielleicht auch der Hausmeister mit dem Bauchschuß. Aber das heilt ja in ein paar Wochen.

    Na klar, wenn du Selbstmord als Problemlösung ansiehst, hat er sein Problem gelöst. Aber hey, dann sollten wir uns vermutlich nach der Geburt alle umbringen. So hätten wir alle Probleme gelöst.

    Hans Wurst schrieb:

    [...] sondern dass es auch probleme in der gesellschaft gibt, die solche taten indirekt hervorrufen können, also als auslöser dienen können.

    Kann sein, weiß ich nicht. Will ich auch gar nicht beurteilen. Ist dennoch seine Schule, das er versagt hat. Man muss eben mit seiner Situation klar kommen. So einfach ist das. Das die Gesellschaft einem hier und da das leichter machen könnte ist sicher klar. Aber wir leben eben Im Zeitalter des Individuum. Das hat man sich so gewählt und ich finde es nicht schlecht.

    Aber klar, wir können auch gerne Zwangsgruppenkuscheln an jedem zweiten Mittwoch im Monat einführen und Bildungswege die einen direkt in interessante Berufe wie "Molker", "Traktorfahrer" oder ähnliches führen. Natürlich hat man keine Individuelle Auswahl. Man macht das am besten nach Plan...


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