Dürfen Asiaten Fehler zugeben?
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folgende story:
ich interessiere mich für elektronisches bauteil XXX mit chips von hersteller YYY.
hatte mir engineering samples zukommen lassen und festgestellt, dass auch die chips von YYY drauf sind.
nun hatte ich einige male telefonkontakt mit der herstellerfirma aus taiwan, der vertriebsmensch bestand aber die ganze zeit darauf, dass da chips con ZZZ??!! drauf sind.
also bin ich hin zur CeBit in hannover (weil die firma auch da ausstellt, hab' das teil mitgebracht um gewissheit zu kriegen) - und siehe da - alles ganz easy, chips von YYY sind daruf und so war's auch schon immer.
aber der typ, mit dem ich telefoniert hatte (der war auch da), tat so, als hätt er niemals was anders erzählt?!
warum?
angst vor'm chef, dass er mist erzählt hat?
hätte er sonst sein gesicht verloren und 'harakiri' begehen müssen?
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1. Harakiri ist eine japanische Sitte, keine aus Taiwan
2. Kein Japaner würde jemals "Harakiri" sagen, es heißt Seppuku
3. Von einem eizelnen Individuum gleich auf die gesamte Population eines doch ziemlich großen Kontinents zuschließen, ist IMHO "gewagt".
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Gewagt?
Das ist völlig unzulässig.
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Im allgemeinen gilt:
a) Vertriebsleute beliebiger Nationalität geben niemals Fehler zu, und am Telefon rechnen sie nicht damit, Dich noch mal in Person zu treffen
b) Dürfen Asiaten tatsächlich im Berufsleben keine Fehler zugeben, dafür gibt es recht komplizierte Ausweichstrategien
c) Jemanden vor anderen auf Fehler aufmerksam zu machen ist generell bei beliebiger Kultur schlecht (Stichwort: loben vor der Gruppe, Kritik im Einzelgespräch), in Asien zudem fast als Gewalttätigkeit betrachtet. Freunde bekommst Du damit nicht. Und nur mit Freunden macht man gute Geschäfte.
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Marc++us schrieb:
Im allgemeinen gilt:
a) Vertriebsleute beliebiger Nationalität geben niemals Fehler zu, und am Telefon rechnen sie nicht damit, Dich noch mal in Person zu treffen
b) Dürfen Asiaten tatsächlich im Berufsleben keine Fehler zugeben, dafür gibt es recht komplizierte Ausweichstrategien
c) Jemanden vor anderen auf Fehler aufmerksam zu machen ist generell bei beliebiger Kultur schlecht (Stichwort: loben vor der Gruppe, Kritik im Einzelgespräch), in Asien zudem fast als Gewalttätigkeit betrachtet. Freunde bekommst Du damit nicht. Und nur mit Freunden macht man gute Geschäfte.
hi Marc++us,
danke für dein aufschlussreiches posting.
ich bin auch nicht auf dem fehler rumgeritten, wollte den kerl nicht in verlegenheit bringen und fand's ja auch nicht weiter schlimm...
allerdings hab' ich mich dann noch mit seinem chef länger unterhalten, und dabei hab' ich mich dann verplappert und ihm gesagt, dass sein mitarbeiter unsinn erzählt hat. hoffentlich kriegt der jetzt keinen ärger deshalb
andererseits bin ich ja kein grosskunde und hoffentlich nehmen sie mir nicht übel, dass ich als doofer europäer mich nicht mit deren sitten beschäftigt habe, bevor ich sie anquatsche...btw: der obermuck von denen konnte übrigens recht plausibel erklären, wie es zu dem irrtum kommen konnte. hätte der vertriebler eigentlich selber machen können. aber, naja, es ist wohl so wie du sagst, dass vertriebler keine fehler zugeben dürfen...
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Ich werde diese Wirtschaftsfuzzies nie verstehen ... wäre es nicht viel besser für das Klima zum Kunden bzw. zwischen geschäftlichen Beziehungen in solch einem Fall einen (offensichtlichen) Fehler einzugestehen und sich zu entschuldigen?
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@vista: hier noch eine Antwort auf Deine Frage, die ich gerade einer Asiatin gestellt habe:
"Generell wird der Fehler nicht zugegeben, die Gesichtswahrung ist wichtiger. Einen Fehler zuzugeben ist ein Zeichen von starkem Vertrauen, was man nicht gegenüber Fremden hat. Man wird das nur tun, wenn man bereits ein enges Verhältnis hat. Besonders gegenüber Westlern wird man aber besonders zurückhaltend sein, da man in diesem Fall besonders schüchtern ist."
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Black Shadow schrieb:
Ich werde diese Wirtschaftsfuzzies nie verstehen ... wäre es nicht viel besser für das Klima zum Kunden bzw. zwischen geschäftlichen Beziehungen in solch einem Fall einen (offensichtlichen) Fehler einzugestehen und sich zu entschuldigen?
eben drum. fehler können jedem passieren. wer keine fehler zugeben kann, wirkt nicht gerade besonders kompetent und vertrauenswürdig (in unseren breiten, bei den taiwanesen etc. ist es wohl anders)
Marc++us schrieb:
@vista: hier noch eine Antwort auf Deine Frage, die ich gerade einer Asiatin gestellt habe:
"Generell wird der Fehler nicht zugegeben, die Gesichtswahrung ist wichtiger. Einen Fehler zuzugeben ist ein Zeichen von starkem Vertrauen, was man nicht gegenüber Fremden hat. Man wird das nur tun, wenn man bereits ein enges Verhältnis hat. Besonders gegenüber Westlern wird man aber besonders zurückhaltend sein, da man in diesem Fall besonders schüchtern ist."danke nochmal
na, dann bin ich ja froh, dass die mich nicht mit irgendwelchen asiatischen kampfsport-tricks von ihrem messestand geprügelt haben
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Mein Eindruck von Taiwanesen auf der CeBit ist der, dass die uns ständig aus-/verlachen. Zumindest fühlen sie sich mächtig stark, was sie sicher auch sind. Wer so stark ist macht keine Fehler.
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Ich würde sie allein deshalb schon net kritisieren, weil ich irgendwie bei jedem Asiaten sofort davon ausgehe, dass der Muay-Thai/Kung-Fu/Karate kann
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Meiner Erfahrung nach kann ich nicht bestätigen, daß Asiaten (wenn man das überhaupt veralgemeinern kann) "im Berufsleben keine Fehler zugeben" dürfen. Z.B. heißt es in Japan nicht einfach "der Kunde ist König", sondern "der Kunde ist Gott". Es wird also nicht diskutiert, da der Kunde sowieso Recht hat. Auch sonst entschuldigen sich zumindest Japaner insbesondere im Bereich Service für jede Kleinigkeit. Das rausreden bzw. auf andere schieben, kenne ich eher vom Supenmarkt um die Ecke; Stichwort: Servicewüste Deutschland.
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Kann man den rituellen Selbstmord nicht als eine extreme/ultimative Form von Entschuldigen gelten lassen?
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Erhard Henkes schrieb:
Mein Eindruck von Taiwanesen auf der CeBit ist der, dass die uns ständig aus-/verlachen. Zumindest fühlen sie sich mächtig stark, was sie sicher auch sind. Wer so stark ist macht keine Fehler.
Da ist was dran.
Der Rassismus und das Überlegenheitsgefühl sind sehr stark ausgeprägt, letztlich gehen alle davon aus, daß sie keine Unterstützung benötigen. Sobald der Wessi aus dem Haus ist, macht man es wieder so wie man will.
Und untereinander sieht's ähnlich aus, alle hassen die Japaner, die Taiwanesen betrachten die Mainlander als ungebildete Bauern, die Vietnamesen hassen die Chinesen, die Thais verachten die Malayen und Chinesen, die Singapurianer stehen sowieso über allem, die Japaner verachten die Koreaner und Chinesen, und die Philippinos werden von allen verlacht, weil sie keine eigene Kultur mehr haben.
@c++==d: aber die Japaner entschuldigen sich doch in dieser Situation nicht wirklich für einen Fehler. Sie entschuldigen sich für kleine Ungereimtheiten und Unannehmlichkeiten, die sie meistens nicht zu vertreten haben, aber gerade ein japanischer Lieferant wird einen technischen Fehler selbst dann noch abstreiten, wenn die Maschine brennt. Das was Du meinst würde ich eher auf die normale Gesprächs- und Umgangsebene schieben, da sind die Umgangsformen in der Tat extrem höflich und man ist bemüht jegliches Problem gleich wegzuschaffen. [Ich persönlich liebe es in Asien einzukaufen, weil es da wirklich Spaß macht.]
Ich würde übrigens schon sagen, daß man von "den Asiaten" sprechen kann, es gibt einige sich wiederholende Stereotypen, die man - wenn man das dann aus der Ferne betrachtet - auch bei "den Europäern" findet. Das merkst Du, wenn Du mit Franzosen, Engländern oder Italienern in Asien zusammenarbeitest - wir haben eine sehr ähnliche Vorgehensweise und Logik, auch wenn das in Europa viel unterschiedlicher erscheint. [Selbst Holländer sind uns relativ ähnlich.
] Man merkt das dann vor dem Hintergrund der fremden Kulturen in Asien, daß unsere Unterschiede doch in Details liegen. Ähnlich sieht's mit den asiatischen Kulturkreisen untereinander aus, natürlich sind die anders, trotzdem gibt's hier weitgehende Gemeinsamkeiten, wie den Hierarchiedruck, Gesichtswahrung und eine gewisse Absenz deduktiver Logik.
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Marc++us schrieb:
... aber gerade ein japanischer Lieferant wird einen technischen Fehler selbst dann noch abstreiten, wenn die Maschine brennt.
Zumindest wenn eine ganze Serie schon seit Jahren abbrennt, dadurch bereits einige Leute ums Leben gekommen sind, die Firma die ganze Zeit davon Kenntnis gehabt hat und es nun endlich ins öffentliche Licht gerückt ist, kann man miterleben, wie sich der Chef oder mitunter auch der gesamte Vorstand bei einer Presskonferenz sich von den Plätzen erhebt, sich verbeugt und öffentlich entschuldigt. So geschehen, z.B. bei Mitsubishi Motors.
Nee, jetzt im Ernst: Ich glaube nun zusehen, worauf Du hinaus willst. Wenn man den genauen Wortlaut der "Entschuldigungen" lauscht, so hört man, daß man "den unglücklichen Lauf der Dinge zutiefst bedauert" oder "es eine Tatsache ist, daß so viel Leid entstanden ist". Man hat sich dann zwar entschuldigt, aber den eigentlichen Fehler nicht zugegeben. Dieser Umstand ist IMHO u.a. dafür zuständig, daß Japan zwar glaubt, daß es sich für die Missetaten im 2.WK (schon mehrmals) "entschuldigt" hat, die anderen insbesondere China und Korea aber immer noch auf eine eben solche Entschuldigung warten.
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c++==d schrieb:
Meiner Erfahrung nach kann ich nicht bestätigen, daß Asiaten (wenn man das überhaupt veralgemeinern kann) "im Berufsleben keine Fehler zugeben" dürfen. Z.B. heißt es in Japan nicht einfach "der Kunde ist König", sondern "der Kunde ist Gott". Es wird also nicht diskutiert, da der Kunde sowieso Recht hat. Auch sonst entschuldigen sich zumindest Japaner insbesondere im Bereich Service für jede Kleinigkeit. Das rausreden bzw. auf andere schieben, kenne ich eher vom Supenmarkt um die Ecke; Stichwort: Servicewüste Deutschland.
Kann ich auch bestätigen. Beschwerden werden in Japan allerdings etwas "subtiler" vorgetragen. Zum Beispiel "bittet" man den Zulieferer sich die Situation anzusehen und "Verbesserungsvorschläge" zu machen. Als schwere Demütigung wird es in Japan verstanden, wenn der Kunde oder auch der Vorgesetzte den Mist selber in Ordnung bringt in Anwesenheit des Zuliefers. Dann bleibt wirklich nur noch Sebbuku ...
Deshalb können westliche Gesten in Japan schnell als Beschwerde missverstanden werden. Anderseits kann auch ein ewig freundlich lächelnder Japaner eine Sekunde davor sein das "Schwert" zu ziehen. Am Mimenspiel wie bei Europäern kann die Stimmung nicht direkt ableiten. Alles basiert auf einen hohen Anteil non-verbaler Kommunikation und Situationsanalyse. Dafür hat man als O8-15 Westeuropäer normalerweise kein Gespür ...
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Prof84 schrieb:
Deshalb können westliche Gesten in Japan schnell als Beschwerde missverstanden werden. Anderseits kann auch ein ewig freundlich lächelnder Japaner eine Sekunde davor sein das "Schwert" zu ziehen. Am Mimenspiel wie bei Europäern kann die Stimmung nicht direkt ableiten. Alles basiert auf einen hohen Anteil non-verbaler Kommunikation und Situationsanalyse. Dafür hat man als O8-15 Westeuropäer normalerweise kein Gespür ...
naja, aber ich glaube die asiaten können sich besser auf europäer einstellen, als wir auf die.
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vista schrieb:
naja, aber ich glaube die asiaten können sich besser auf europäer einstellen, als wir auf die.
Keine Angst, so wie ich das mitkriege ist die Ratlosigkeit bidirektionaler Natur.