Sollte der Westen sich stärker für Georgien einsetzen?
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minhen schrieb:
Dieser Waffenstillstand ist allem Anschein nach von georgischer Seite aus nun gebrochen worden.
Wir klar ist das überhaupt? Sicher gibt es seit 1992 einen Waffenstillstand. Aber wenn du dir die ganzen Zwischenfälle anschaust, dann weißt du auch, was der Wert ist. In der Region ist es eben üblich, dass die "Armeen" im Sommer zu den Waffen greifen. Der Schnee/Eis ist weg und die Straßen sind nicht mehr schlammig. Die Felder sind bestellt und das Vieh auf den Weiden => die Landwirtschaft braucht nicht mehr so viel Arbeitskräfte. Da greift man eben zu den Waffen und kämpft für oder gegen irgend eine Unabhängigkeit.
Gut, diesmal sind die Georgier mit voller Kraft einmarschiert. In dem Sinne haben sie angefangen aus den üblichen Feuergefechten einen Krieg zu machen. Aber bei solchen Sachen von "angefangen" zu reden, ist denke ich nicht so wirklich einfach.
Die Frage ist doch viel mehr, wie man das moralisch nicht verurteilen kann. Nur was wählt man da bei deiner Umfrage? Offenbar kommt ja nur in Frage, dass die Russen richtig handeln. Willst du eine aussagekräftigere Umfrage, solltest du sie vielleicht umformulieren

Was wäre dein Vorschlag?
Leprechaun schrieb:
rüdiger schrieb:
...verstärkt Waffen an Georgien liefern ...
Du könntest ja selbst hinfahren und dich als Söldner anheuern lassen.

Ich könnte es auch nicht machen.

Marc++us schrieb:
Ich finde, daß man aus diesem Konflikt endlich lernen sollte aufzuhören, die EU oder NATO nach Schönwetterlaune zu erweitern. Wenn man ein Verteidigungsbündnis erweitert, erhöht man auch die Zahl der potentiellen Konflikte, und damit dann auch die Gefahr, in einen Krieg eintreten zu müssen.
Länder, die ungelöste Grenz- oder Nationenkonflikte auf diesem Niveau haben, gehören meines Erachtens nicht in die NATO oder EU, da man ruckzuck sonst deren Bürgerkrieg oder Grenzkrieg zu uns trägt.
Ist das nicht eine Aufnahmebedingung für die NATO, dass man keine ungelösten Grenzkonflikte hat? Das war wohl neben dem Zustand der Armee einer der Gründe, warum die Aufnahme im April abgelehnt wurde.
Marc++us schrieb:
Die Russen überziehen jetzt natürlich, aber bei der Steilvorlage seitens der Georgier ist das aber auch zu verlockend.
Ich finde es auch sehr erstaunlich, dass die Georgier offenbar gedacht haben, dass die Russen ruhig bleiben. Eine derartige Reaktion war ja abzusehen. (Vor allem wenn die Russen es schaffen 10,000 Soldaten innerhalb von 2,3-Tagen über die Grenze zu bringen. Eine derartig große Operation braucht ja gewisse Planung und Vorbereitung). Entweder wissen wir hier einige Dinge nicht oder die Georgier waren wirklich so naiv.
Marc++us schrieb:
rüdiger schrieb:
Sollten wir also den Russen drohen,
Womit denn? Daß wir im kommenden Winter kein Gas mehr kaufen?
Das wäre die nächste Frage. Die NATO/USA sind einfach zu schwach. Mit einem Krieg würden die so wieso nicht drohen und selbst wenn man mit einem lokalen Eingreifen droht, würden die Russen sich wohl vor lachen in die Hose machen.
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Wurde nicht am Wochenende berichtet, dass Russland auch eine georgische Stadt ausserhalb besagter Konfliktregion angegriffen hat?
Alleine deswegen bin ich so verwundert, warum so viele hier abgestimmt haben, Russland handele richtig.

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Marc++us schrieb:
Die Russen überziehen jetzt natürlich, aber bei der Steilvorlage seitens der Georgier ist das aber auch zu verlockend.
Ich vermute mal, dass der georgische Plan in etwa so aussah:
"Die olympischen Spiele beginnen, die Welt ist mit diesem Großereignis beschäftigt. Damit geht ein Wiederaufflammen eines Konflikts mit einer Provinz, von der die meisten Menschen im Westen noch nie etwas gehört haben dürften, in den Meldungen mit Sicherheit unter."
Womit bei der Planung wohl niemand gerechnet haben dürfte, ist vermutlich diese Reaktion Russlands. Dumm gelaufen ...
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rüdiger schrieb:
Dennis123 schrieb:
Ich hab dafür gestimmt, dass die Russen richtig handeln. Ein Austausch der georgischen Regierung ist immerhin auch gerechtfertigt, da es ja Saakaschawili war, der den Feldzug gegen Süd-Ossetien gestartet hat, um die abtrünnige Provinz "heim-ins-reich" zu holen.
Hmm, der Argumentation kann ich nicht ganz folgen.
Dann hier lesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Südossetien#Drei-Stufen-Plan_Saakaschwilis_2004
Ich glaube Dennis123 meint das.
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rüdiger schrieb:
Was wäre dein Vorschlag?
Eingreifen der Russen ist berechtigt, jedoch übertrieben. Handlungskonsequenz für den Westen: Sich aus dem Konflikt heraushalten und Russland möglichst eindringlich zu weniger massivem Einsatz mahnen.
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minhen schrieb:
Marc++us schrieb:
Die Russen überziehen jetzt natürlich, aber bei der Steilvorlage seitens der Georgier ist das aber auch zu verlockend.
Ich vermute mal, dass der georgische Plan in etwa so aussah:
"Die olympischen Spiele beginnen, die Welt ist mit diesem Großereignis beschäftigt. Damit geht ein Wiederaufflammen eines Konflikts mit einer Provinz, von der die meisten Menschen im Westen noch nie etwas gehört haben dürften, in den Meldungen mit Sicherheit unter."
Womit bei der Planung wohl niemand gerechnet haben dürfte, ist vermutlich diese Reaktion Russlands. Dumm gelaufen ...Was aber wirklich sehr naiv gewesen sein dürfte. Ist ja klar, dass die Russen da irgend wie reagieren mussten. Die Georgier haben sich ja noch nicht mal Sinnvoll gegen ein russisches Eingreifen gesichert. Die Hauptverbindung von Südossetien nach Russland ist ein tunneliger Gebirgspass...
Apollon schrieb:
rüdiger schrieb:
Dennis123 schrieb:
Ich hab dafür gestimmt, dass die Russen richtig handeln. Ein Austausch der georgischen Regierung ist immerhin auch gerechtfertigt, da es ja Saakaschawili war, der den Feldzug gegen Süd-Ossetien gestartet hat, um die abtrünnige Provinz "heim-ins-reich" zu holen.
Hmm, der Argumentation kann ich nicht ganz folgen.
Dann hier lesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Südossetien#Drei-Stufen-Plan_Saakaschwilis_2004
Ich glaube Dennis123 meint das.
Ja, ich weiß schon, warum die Russen sich ein Russland freundlicheres Regime da unten wünschen. Nur warum er aus seiner Argumentation darauf schließt, dass die Russen deshalb "richtig" handeln. Wobei die Frage natürlich ist, was man hier mit "richtig" meint. "Logisch und schlüssig aus russischer Sicht"? Das auf jeden Fall.
minhen schrieb:
rüdiger schrieb:
Was wäre dein Vorschlag?
Eingreifen der Russen ist berechtigt, jedoch übertrieben. Handlungskonsequenz für den Westen: Sich aus dem Konflikt heraushalten und Russland möglichst eindringlich zu weniger massivem Einsatz mahnen.
Ich hätte eher ein allgemeineres "Nein" aufnehmen sollen. Dein Vorschlag ist ja zu detailliert (und für die Optionen zu lang). Dann kommt nämlich der nächste und will
"Eingreifen der Russen ist berechtigt, jedoch übertrieben. Handlungskonsequenz für den Westen: Sich aus dem Konflikt heraushalten und Russland zu weniger massivem Einsatz mahnen."
oder
"Eingreifen der Russen ist berechtigt, jedoch übertrieben. Handlungskonsequenz für den Westen: Eingreifen, wenn die Russen erst weiter auf Georgien zu marschieren."
etc.
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rüdiger schrieb:
Leprechaun schrieb:
rüdiger schrieb:
...verstärkt Waffen an Georgien liefern ...
Du könntest ja selbst hinfahren und dich als Söldner anheuern lassen.

Ich könnte es auch nicht machen.
Ich wollte dich nur auf die Hirnrissigkeit deines Vorschlags aufmerksam machen. Selbstverständlich kann und sollte man politischen und wirtschaftlichen Druck ausüben. Aber Waffen in eine Region zu exportieren, in der ein Konflikt schwelt, ist eine ganz dumme Idee.
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Zu meiner Argumentation: Das Verteidigen Süd-Ossetiens(und nur das!) finde ich seitens Russlands moralisch gerechtfertigt, da hier eindeutig die Georgier den Agressor darstellen und Süd-Ossetien schon immer eine gewissene Verbundenheit mit Russland hat.
Von Seiten des Völkerrechts hingegen ist das wieder eine ganz andere Sache. Da andere Staaten die 2 abtrünnigen Konfliktprovinzen nicht anerkennen, handelt es sich alleine um georgisches Territorium, wo die Georgier freie Hand haben und alles machen dürfen.
Das Eingreifen Russlands hier ist aber genauso gerechtfertigt, wie das Eingreifen der NATO damals im Kosovo. Serbien greift eine abtrünnige Provinz im eigenen Land an, wird aber aufgrund (moralischer?) Verpflichtungen/Bedenken der NATO daran gehindert, die Provinz einzunehmen.
Und nocheinmal zum Völkerrecht: Ein ganz gutes Beispiel ist hier Tschetschenien, welches völkerrechtlich zu Russland gehört, und so ein Vorgehen Russlands gegen den abtrünnigen Landesteil auch nicht zu beanstanden ist, was aber viele westliche Politiker anders sehen.
Ganz allgemein ist das Völkerrecht zu permissiv. Ein souveräner Staat darf eigentlich alles mit seiner Bevölkerung anstellen, ohne Konsequenzen zu fürchten.
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rüdiger schrieb:
"Eingreifen der Russen ist berechtigt, jedoch übertrieben. Handlungskonsequenz für den Westen: Eingreifen, wenn die Russen erst weiter auf Georgien zu marschieren."
etc.Ein Eingreifen ist für den Westen völlig unmöglich.
a) operativ: es sind keine Truppen verfügbar
b) strategisch: wozu? Du schreibst selbst
In der Region ist es eben üblich, dass die "Armeen" im Sommer zu den Waffen greifen. Der Schnee/Eis ist weg und die Straßen sind nicht mehr schlammig. Die Felder sind bestellt und das Vieh auf den Weiden => die Landwirtschaft braucht nicht mehr so viel Arbeitskräfte. Da greift man eben zu den Waffen und kämpft für oder gegen irgend eine Unabhängigkeit.
Welchen Nutzen haben solche Länder als Verbündete? Wieso macht überhaupt jemand solche irrwitzigen Versprechungen? Btw: gilt meines Erachtens auch für Kosovo & Co. Die NATO wurde früher mal als "Wertegemeinschaft" bezeichnet.
c) wirtschaftlich: wir exportieren ziemlich viel nach Rußland, und bekommen ziemlich viele Rohstoffe von dort. So gesehen ist Rußland vielleicht unbequemer, aber nützlicher als Georgien.
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Dennis123 schrieb:
Von Seiten des Völkerrechts hingegen ist das wieder eine ganz andere Sache. Da andere Staaten die 2 abtrünnigen Konfliktprovinzen nicht anerkennen, handelt es sich alleine um georgisches Territorium, wo die Georgier freie Hand haben und alles machen dürfen.
Sowieso ist das alles Doppelsprech.
Ich sage nur Tibet.
Mir muß mal einer erklären, wie er die jeweilige Empörungen bzgl Süd-Ossetien, Tschetschenien, Kosovo und Tibet auf einen gemeinsamen Nenner bringt.
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Dennis123 schrieb:
und Süd-Ossetien schon immer eine gewissene Verbundenheit mit Russland hat.
Die Verbundenheit ruht vor allem daher, dass die Russen Süd-Ossetien verteidigen. Ich frage mich nur, warum sich Nord-Ossetien nicht von Russland lossagen will.
Dennis123 schrieb:
Das Eingreifen Russlands hier ist aber genauso gerechtfertigt, wie das Eingreifen der NATO damals im Kosovo.
Huch, das war gerechtfertigt?
Marc++us schrieb:
Dennis123 schrieb:
Von Seiten des Völkerrechts hingegen ist das wieder eine ganz andere Sache. Da andere Staaten die 2 abtrünnigen Konfliktprovinzen nicht anerkennen, handelt es sich alleine um georgisches Territorium, wo die Georgier freie Hand haben und alles machen dürfen.
Sowieso ist das alles Doppelsprech.
Ich sage nur Tibet.
Mir muß mal einer erklären, wie er die jeweilige Empörungen bzgl Süd-Ossetien, Tschetschenien, Kosovo und Tibet auf einen gemeinsamen Nenner bringt.
Wie die Fahne halt im Winde steht

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rüdiger schrieb:
Ich frage mich nur, warum sich Nord-Ossetien nicht von Russland lossagen will.
Ganz einfach, sie wollen es nicht. Und 3 Mal darfst du raten, wo die Südosseten hin wollen. Die Flüchtlinge sind auch nicht nach Georgien geflüchtet, sondern nach Norden.
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D-U-D-E schrieb:
rüdiger schrieb:
Ich frage mich nur, warum sich Nord-Ossetien nicht von Russland lossagen will.
Ganz einfach, sie wollen es nicht.
Nicht ganz einfach. Warum wollen sie nicht?
D-U-D-E schrieb:
Die Flüchtlinge sind auch nicht nach Georgien geflüchtet, sondern nach Norden.
Nö, es sind auch Flüchtlinge nach Georgien geflohen. Ein großer Teil der Menschen in Südossetien sind ja sogar Georgier.

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Laut Wikipedia sind knapp 2/3 der Leute Osseten, Georgier sind ungefähr mit 1/4 vertreten.
Laut einem Referendum, das durchgeführt wurde, wollen mehr als 90% der Menschen nicht zu Georgien gehören, sondern sich mit dem Nordteil vereinigen (und damit in die RF eintreten). Sieht man den Kosovo als Präzedenzfall an, reicht es aus, um sich von einem anderen Staat abzuspalten.
Für Abchasien sieht es ähnlich aus.
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D-U-D-E schrieb:
Laut Wikipedia sind knapp 2/3 der Leute Osseten, Georgier sind ungefähr mit 1/4 vertreten.
Laut einem Referendum, das durchgeführt wurde, wollen mehr als 90% der Menschen nicht zu Georgien gehören, sondern sich mit dem Nordteil vereinigen (und damit in die RF eintreten).Bei dem Referendum wurden aber auch Georgier von der Abstimmung ausgeschlossen (laut Wikipedia). Aus dem Grund wurde die auch nie international Anerkannt.
D-U-D-E schrieb:
Sieht man den Kosovo als Präzedenzfall an, reicht es aus, um sich von einem anderen Staat abzuspalten.
Für Abchasien sieht es ähnlich aus.Der Kosovo ist ja auch ein katastrophaler Präzedenzfall.
Im Grunde muss man sich ja überhaupt fragen: Wen befragt man bei so einem Referendum? Warum sollte Beispielsweise ein Dorf im Süden von Südossetien mit mehrheitlich georgischer Bevölkerung sich von Georgien abspalten, nur weil die in anderen Landesteilen mehrheitliche Bevölkerung aus Osseten besteht? Andersrum macht man dann für jedes Dorf ein eigenes Referendum (=> differenziert immer stärker) oder macht man dann einfach für die ganze Region - also Georgien - ein Referendum, ob sich der Teil abspalten darf?
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Ich sehe gerade "heute" und finde das einfach krass, wie nun die Georgier als Opfer dargestellt werden. Da fällt einem doch alles aus dem Gesicht.
Vor allem: was war der Plan der Georgier, hier und jetzt anzugreifen??? Ich hab's oben gelesen, aber ich frag's mich immer noch.
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Sprechweise hat sich geändert:
Heute - Journal
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/228?inPopup=true
edit:
Irgendwie fühlt man sich an Orwell erinnert
"at just this moment it had been announced that Oceania was not after all at war with Eurasia. Oceania was at war with Eastasia. Eurasia was an ally."
http://orwell.ru/library/novels/1984/english/
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Marc++us schrieb:
Ich sehe gerade "heute" und finde das einfach krass, wie nun die Georgier als Opfer dargestellt werden. Da fällt einem doch alles aus dem Gesicht.
Schon richtig. Hab mich auch gewundert: Besonders unparteiisch wirkte die Berichterstattung vor allem auch unserer oeffentlich rechtlichen ja zunaechst nicht gerade. Inzwischen ist das IMHO wenigstens etwas besser geworden.
Grundsaetzliches Misstrauen Russland gegenueber? Was soll sowas?
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b7f7 schrieb:
Sprechweise hat sich geändert:
Heute - Journal
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/228?inPopup=trueAm Anfang wirkt es wirklich fast so, als ob die Sendung der georgischen PR-Offensive auf den Leim ginge. Schließlich sind die Sympathien ohnehin schon immer automatisch auf der Seite des Schwächeren. Gegen Ende kriegt die Sendung aber zum Glück die Kurve und nennt Georgien - klein und sympathisch hin oder her - klar als Aggressor, der unverständlicherweise mit dem Feuer spielte und sich jetzt die Pfoten verbrennt.
Nobuo T schrieb:
Grundsaetzliches Misstrauen Russland gegenueber? Was soll sowas?

Ich denke ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber Russland ist leider mehr als gerechtfertigt.
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Die ganze Aktion dort hat aus meiner Sicht einen rein wirtschaftlichen Hintergrund, denn in Georgien verlaufen sowohl westliche als auch russische Pipelines und es ist für beide Seiten wichtig das Land zu kontrollieren. (Momentan ist Georgien auf Seiten der USA).