Sollte der Westen sich stärker für Georgien einsetzen?
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rüdiger schrieb:
"Eingreifen der Russen ist berechtigt, jedoch übertrieben. Handlungskonsequenz für den Westen: Eingreifen, wenn die Russen erst weiter auf Georgien zu marschieren."
etc.Ein Eingreifen ist für den Westen völlig unmöglich.
a) operativ: es sind keine Truppen verfügbar
b) strategisch: wozu? Du schreibst selbst
In der Region ist es eben üblich, dass die "Armeen" im Sommer zu den Waffen greifen. Der Schnee/Eis ist weg und die Straßen sind nicht mehr schlammig. Die Felder sind bestellt und das Vieh auf den Weiden => die Landwirtschaft braucht nicht mehr so viel Arbeitskräfte. Da greift man eben zu den Waffen und kämpft für oder gegen irgend eine Unabhängigkeit.
Welchen Nutzen haben solche Länder als Verbündete? Wieso macht überhaupt jemand solche irrwitzigen Versprechungen? Btw: gilt meines Erachtens auch für Kosovo & Co. Die NATO wurde früher mal als "Wertegemeinschaft" bezeichnet.
c) wirtschaftlich: wir exportieren ziemlich viel nach Rußland, und bekommen ziemlich viele Rohstoffe von dort. So gesehen ist Rußland vielleicht unbequemer, aber nützlicher als Georgien.
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Dennis123 schrieb:
Von Seiten des Völkerrechts hingegen ist das wieder eine ganz andere Sache. Da andere Staaten die 2 abtrünnigen Konfliktprovinzen nicht anerkennen, handelt es sich alleine um georgisches Territorium, wo die Georgier freie Hand haben und alles machen dürfen.
Sowieso ist das alles Doppelsprech.
Ich sage nur Tibet.
Mir muß mal einer erklären, wie er die jeweilige Empörungen bzgl Süd-Ossetien, Tschetschenien, Kosovo und Tibet auf einen gemeinsamen Nenner bringt.
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Dennis123 schrieb:
und Süd-Ossetien schon immer eine gewissene Verbundenheit mit Russland hat.
Die Verbundenheit ruht vor allem daher, dass die Russen Süd-Ossetien verteidigen. Ich frage mich nur, warum sich Nord-Ossetien nicht von Russland lossagen will.
Dennis123 schrieb:
Das Eingreifen Russlands hier ist aber genauso gerechtfertigt, wie das Eingreifen der NATO damals im Kosovo.
Huch, das war gerechtfertigt?
Marc++us schrieb:
Dennis123 schrieb:
Von Seiten des Völkerrechts hingegen ist das wieder eine ganz andere Sache. Da andere Staaten die 2 abtrünnigen Konfliktprovinzen nicht anerkennen, handelt es sich alleine um georgisches Territorium, wo die Georgier freie Hand haben und alles machen dürfen.
Sowieso ist das alles Doppelsprech.
Ich sage nur Tibet.
Mir muß mal einer erklären, wie er die jeweilige Empörungen bzgl Süd-Ossetien, Tschetschenien, Kosovo und Tibet auf einen gemeinsamen Nenner bringt.
Wie die Fahne halt im Winde steht

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rüdiger schrieb:
Ich frage mich nur, warum sich Nord-Ossetien nicht von Russland lossagen will.
Ganz einfach, sie wollen es nicht. Und 3 Mal darfst du raten, wo die Südosseten hin wollen. Die Flüchtlinge sind auch nicht nach Georgien geflüchtet, sondern nach Norden.
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D-U-D-E schrieb:
rüdiger schrieb:
Ich frage mich nur, warum sich Nord-Ossetien nicht von Russland lossagen will.
Ganz einfach, sie wollen es nicht.
Nicht ganz einfach. Warum wollen sie nicht?
D-U-D-E schrieb:
Die Flüchtlinge sind auch nicht nach Georgien geflüchtet, sondern nach Norden.
Nö, es sind auch Flüchtlinge nach Georgien geflohen. Ein großer Teil der Menschen in Südossetien sind ja sogar Georgier.

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Laut Wikipedia sind knapp 2/3 der Leute Osseten, Georgier sind ungefähr mit 1/4 vertreten.
Laut einem Referendum, das durchgeführt wurde, wollen mehr als 90% der Menschen nicht zu Georgien gehören, sondern sich mit dem Nordteil vereinigen (und damit in die RF eintreten). Sieht man den Kosovo als Präzedenzfall an, reicht es aus, um sich von einem anderen Staat abzuspalten.
Für Abchasien sieht es ähnlich aus.
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D-U-D-E schrieb:
Laut Wikipedia sind knapp 2/3 der Leute Osseten, Georgier sind ungefähr mit 1/4 vertreten.
Laut einem Referendum, das durchgeführt wurde, wollen mehr als 90% der Menschen nicht zu Georgien gehören, sondern sich mit dem Nordteil vereinigen (und damit in die RF eintreten).Bei dem Referendum wurden aber auch Georgier von der Abstimmung ausgeschlossen (laut Wikipedia). Aus dem Grund wurde die auch nie international Anerkannt.
D-U-D-E schrieb:
Sieht man den Kosovo als Präzedenzfall an, reicht es aus, um sich von einem anderen Staat abzuspalten.
Für Abchasien sieht es ähnlich aus.Der Kosovo ist ja auch ein katastrophaler Präzedenzfall.
Im Grunde muss man sich ja überhaupt fragen: Wen befragt man bei so einem Referendum? Warum sollte Beispielsweise ein Dorf im Süden von Südossetien mit mehrheitlich georgischer Bevölkerung sich von Georgien abspalten, nur weil die in anderen Landesteilen mehrheitliche Bevölkerung aus Osseten besteht? Andersrum macht man dann für jedes Dorf ein eigenes Referendum (=> differenziert immer stärker) oder macht man dann einfach für die ganze Region - also Georgien - ein Referendum, ob sich der Teil abspalten darf?
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Ich sehe gerade "heute" und finde das einfach krass, wie nun die Georgier als Opfer dargestellt werden. Da fällt einem doch alles aus dem Gesicht.
Vor allem: was war der Plan der Georgier, hier und jetzt anzugreifen??? Ich hab's oben gelesen, aber ich frag's mich immer noch.
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Sprechweise hat sich geändert:
Heute - Journal
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/228?inPopup=true
edit:
Irgendwie fühlt man sich an Orwell erinnert
"at just this moment it had been announced that Oceania was not after all at war with Eurasia. Oceania was at war with Eastasia. Eurasia was an ally."
http://orwell.ru/library/novels/1984/english/
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Marc++us schrieb:
Ich sehe gerade "heute" und finde das einfach krass, wie nun die Georgier als Opfer dargestellt werden. Da fällt einem doch alles aus dem Gesicht.
Schon richtig. Hab mich auch gewundert: Besonders unparteiisch wirkte die Berichterstattung vor allem auch unserer oeffentlich rechtlichen ja zunaechst nicht gerade. Inzwischen ist das IMHO wenigstens etwas besser geworden.
Grundsaetzliches Misstrauen Russland gegenueber? Was soll sowas?
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b7f7 schrieb:
Sprechweise hat sich geändert:
Heute - Journal
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/228?inPopup=trueAm Anfang wirkt es wirklich fast so, als ob die Sendung der georgischen PR-Offensive auf den Leim ginge. Schließlich sind die Sympathien ohnehin schon immer automatisch auf der Seite des Schwächeren. Gegen Ende kriegt die Sendung aber zum Glück die Kurve und nennt Georgien - klein und sympathisch hin oder her - klar als Aggressor, der unverständlicherweise mit dem Feuer spielte und sich jetzt die Pfoten verbrennt.
Nobuo T schrieb:
Grundsaetzliches Misstrauen Russland gegenueber? Was soll sowas?

Ich denke ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber Russland ist leider mehr als gerechtfertigt.
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Die ganze Aktion dort hat aus meiner Sicht einen rein wirtschaftlichen Hintergrund, denn in Georgien verlaufen sowohl westliche als auch russische Pipelines und es ist für beide Seiten wichtig das Land zu kontrollieren. (Momentan ist Georgien auf Seiten der USA).
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D-U-D-E schrieb:
Für Abchasien sieht es ähnlich aus.
oh ja, säubern wir einfach mal die region von den leuten, die auf ein waffenstillstandsabkommen setzen.
nicht dass ich das, was georgiens vorgehen betrifft gut finde oder auch nur gutes daran abgewinnen kann;
aber dass dieser konflikt langsam an die oberfläche kommt ist doch bitte schon seit jahren klar. man höre sich nur einmal hier bei uns bei den georgischen asylanten um, da bekommt man ein schönes bild.
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Nobuo T schrieb:
Grundsaetzliches Misstrauen Russland gegenueber? Was soll sowas?

Naja, Rußland restauriert nach einer Schwächephase seit 1990 im Moment gerade seine geopolitischen Machtstrukturen.
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Ich glaube nicht das ein Multikulti-Friede-Freude-Eierkuchen-Staat mit Osseten und Georgiern noch zu machen ist. -> Eine von der OSZE Überwachte Abstimmung wohin die "Osseten" wollen. Die Landesteile die sich mehrheitlich für Rußland entscheiden sollten sich dann den Nordosseten anschließen dürfen. Das Gerede von Nichteinmischung in die Angelegenheiten von unabhängigen Staaten hat doch noch nie funktioniert.
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peterfarge schrieb:
Ich glaube nicht das ein Multikulti-Friede-Freude-Eierkuchen-Staat mit Osseten und Georgiern noch zu machen ist. -> Eine von der OSZE Überwachte Abstimmung wohin die "Osseten" wollen. Die Landesteile die sich mehrheitlich für Rußland entscheiden sollten sich dann den Nordosseten anschließen dürfen. Das Gerede von Nichteinmischung in die Angelegenheiten von unabhängigen Staaten hat doch noch nie funktioniert.
Aber wie suchst du die Landesteile aus? Südossetien gibt es in Georgian so gar nicht als Landesteil, weil das auf mehrere Teile aufgeteilt ist. Oder macht man für jedes Dorf eine eigene Abstimmung? In Südossetien gibt es auch Dörfer mit mehrheitlich georgischen Bewohnern und warum sollten die sich unabhängig von Georgien machen, nur weil die Dörfer weiter im Norden zum größten Teil aus Nicht-Georgiern bestehen? Und dürfen bei der Abstimmung _alle_ Bewohner mit machen oder nur die mit georgischem Pass? Viele Bewohner Südgeorgiens sind ja angeblich russische Staatsbürger, dass würde also viele ausschließen. Aber andererseits würden die Osseten einfach eine große Menge Russen organisieren, um das Abstimmungsverhältnis zu manipulieren etc.
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Das erinnert mich ein bißchen an die Glaubensverteilung in unserer Gegend... da gibt's 2000 Einwohner in einem Dorf, im Oberdorf alle evangelisch, im Unterdorf alle katholisch. Im nächsten Ort wieder anders. Vor 40 Jahren hat man da noch skeptisch geschaut, wenn jemand eine Freundin aus der falschen Dorfhälfte hatte. Heute ist's egal, weil dieses Merkmal nicht mehr beachtet wird.
Daraus schlußfolgernd für diesen Konflikt:
Solange es Kämpfe gibt, schreibt sich der Konflikt in die Zukunft und eine Überwindung der trennenden Merkmale ist nicht möglich.
Die Kämpfe können enden durch Vernunft/äußeren Zwang, dann gibt's irgendwann diese Überwindung, oder die Kämpfe enden durch den Sieg einer Seite und die Auslöschung/Vertreibung des schwächeren Gegners.
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@Rüdiger: Bei einer Abstimmung per dorf würde ein Flickenteppich entstehen. Besser per "Landkreis" oder Region. Man läßt nur die Laute abstimmen die dort länger als 3 Jahre wohnen bzw gewohnt haben. ZB.
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It0101 schrieb:
Die ganze Aktion dort hat aus meiner Sicht einen rein wirtschaftlichen Hintergrund, denn in Georgien verlaufen sowohl westliche als auch russische Pipelines und es ist für beide Seiten wichtig das Land zu kontrollieren. (Momentan ist Georgien auf Seiten der USA).
So wie ich das sehe hat Georgien den Quatsch angefangen. Keine Ahnung was dieser Sakashwili sich dabei gedacht hat, aber das Putin ihm fies eins auf die Mütze gibt war ja eigentlich klar. Dem ist jeder West-Bündler in der Nachbarschaft einer zu viel - vom Öl mal ganz abgesehen.
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peterfarge schrieb:
@Rüdiger: Bei einer Abstimmung per dorf würde ein Flickenteppich entstehen. Besser per "Landkreis" oder Region. Man läßt nur die Laute abstimmen die dort länger als 3 Jahre wohnen bzw gewohnt haben. ZB.
Aber nach welchen Regeln legt man die Landkreise fest? Anhand demographischer Daten? Nach geschichtlichen Daten? Oder nach den gegebenen georgischen Landkreisen?
Bei demographischen Daten hätte man den Nachteil, dass man so immer einen kleinen Fleck findet, wo die Separatisten die Mehrheit hätten. So könnte man auch dafür sorgen, dass Teile von Berlin zur Türkei gehören.
Nach geschichtlichen Daten? Das könnte aber dafür sorgen, dass eben georgische Dörfer in einem Südossetischen Staat landen, was ja auch nicht sinnig wäre.
Nach gegebenen georgischen Landkreisen? Das dürfte dann für Südossetien schlecht aussehen: http://en.wikipedia.org/wiki/Image:Ossetia-map.png
@Marc++us
Wenn es genug wirtschaftlichen Erfolg gibt, dann sind solche Streitigkeiten ohnehin nach ein/zwei Generationen vergessen. Nur wenn viel Armut herrscht, scheinen sich die Leute daran zu klammern, dass ihr unwichtiges Fleckchen Erde etwas besseres ist, als das unwichtige Fleckchen der Nachbarn.