Was tun mit den deutschen Soldaten in Afghanistan?



  • @rüdiger:

    Die Taliban sind nicht die erste Regierung die sowas wie Chance auf Ordnung gebracht hat. Das ganze Land ist riesig und es gibt kaum Infrastruktur. Leute, die weiter als 2 Tage von Kabul wegleben, kümmern sich einen Dreck darum, wer gerade offiziell herrscht. Die einzelnen Provinzen werden von Warlords kontrolliert, das sind die einzigen Leute, die den Bauern dort wirklich was zu sagen haben. Jede Regierung kann ihren Anspruch entweder akzeptieren, sie zu Partnern machen, dann herrscht zumindest aus dieser Richtung Ruhe. Oder sie kann versuchen, diese abzusetzen, dann muss sie aber eigene Truppen dort stehen lassen.

    Die einzige Art von zentraler Kontrolle die überhaupt möglich ist, ist es, mit den Warlords zusammenzuarbeiten. Dann hat man sowas wie ein Bundesland, nur kleiner. 🙂 Dumm nur, dass die Warlords auch ihre eigenen Interessen haben und sich nicht so gern was sagen lassen. Dumm auch, dass sie sich manchmal gegenseitig nicht mögen. Bürgerkriege und Kriminalität gehören zum Leben der Leute auf dem Land so wie jeden Tag aufstehen und Warmwasser haben zu deinem. Und an Kriegswaffen mangelt es den Leuten auch nicht.

    Wenn dann kann man sich nur ein gutes Stück Land raussuchen, dieses kontrollieren und befrieden und die restlichen 90% von Afghanistan, die Wüsten und Berge, sich selbst überlassen. Von Afghanistan kontrollieren, oder halb kontrollieren kann keine Rede sein, es gibt ja nichtmal ein zentrales Talibankommando, die wissen nicht, was ihre Kollegen 100 km weiter weg machen. Das einzige was die Taliban irgendwie kontrolliert haben, sind die größeren Städte, so wie unsere Truppen es heute auch tun. Heute ist eine andere Personengruppe darüber unglücklich als früher, ansonsten hat sich schon nicht so viel geändert. Und zumindest wie die Taliban das bisschen kontrolliert haben, darf schon auch kritisiert werden, gesellschaftlich war die Machtergreifung der Taliban erstmal ein Rückschritt.

    Ansonsten war auch unter deren Herrschaft das ganze Land von Chaos und Bürgerkrieg übersäht, wie seit Jahrhunderten halt schon. Ich sag mal, wir haben es wahrscheinlich nicht viel besser gemacht.



  • rüdiger schrieb:

    Wenn man in ein fremdes Land einmarschiert, die erste Regierung stürzt, die den Leuten seit 30 Jahren eine Chance auf Frieden und Stabilität geboten hat, dann die lokale Kultur und die Traditionen lächerlich macht und mit Füßen tritt, dann darf man sich nicht wundern, dass die Einheimischen nicht gerade begeistert sind und anfangen die Besatzer zu töten.

    Die Taliban waren nun wirklich nicht die erste Regierung nach dem Sowjet-Abzug. Die sind erst 4 Jahre danach in Kabul einmarschiert, haben also erstmal einen blutigen Bürgerkrieg inszeniert- Stabilität? In der Zwischenzeit war das Regierungssystem weit liberaler und die Frauen deutlich besser gestellt.
    Als die Taliban besiegt waren, gab es in Kabul Straßenfeste, junge Leute konnten zum ersten mal wieder Gitarre spielen, Mädchen ihr Studium fortsetzen.
    Über das, was die Taliban an "Frieden" gebracht haben, hab ich oben schon geschrieben. Stabilität haben sie als aller letztes gebracht. Denn sie haben praktisch alle modernen Informationswege verboten. Ohne Information kein Handel und kein Wohlstand, und ohne Wohlstand keine Stabilität.

    Ja, es gibt in Afghanistan diverse Ethnien und nicht alle hassen Frauen und Musik. Und sicher gibt es auch ein paar Frauen die westliche Kleidung tragen. Aber andersherum gibt es in Deutschland auch Frauen, die die Burka tragen. Wäre das für dich auch eine Rechtfertigung genug, dass die Taliban einen Angriffskrieg gegen Deutschland führen und versuchen uns ihre Kultur aufzuzwingen?

    Mit einem Unterschied: Frauen, die unter den Taliban keine Burka trugen, wurden öffentlich gedemütigt, verprügelt, u. U. sogar vergewaltigt oder umgebracht- mit voller Deckung durch die Staatsacht. In Deutschland muß davor keine Frau Angst haben, weder solche, die die Burka tragen, noch solche, die sie ablegen.

    Ich sage nicht, daß ich mit dem Einmarsch der Amerikaner in Afghanistan einverstanden war/ bin. Ich habe nur gesagt, daß der Abzug der ausländischen Truppen zum gegenwärtigen Zeitpunkt mehr Chaos hinterlassen würde, als jetzt schon herrschrt, und daß damit keinem gedient ist- auch nicht dem Westen.



  • @Optimizer
    Das haben die Taliban doch getan. Entweder waren die Warlords sogar hohe Taliban oder zumindest "auf dem Papier" verbündet und ein paar wurden ja wohl wirklich sogar entmachtet (=> getötet). Ich weiß, dass das nicht viel heißt. Nur weil ein Warlord dort sagt, dass er die Regierung unterstützt, bedeutet das nicht, dass er dies auch wirklich tut. 2001 gab es ja viele Warlords, die ganz schnell die Seiten gewechselt haben. Aber ähnlich ist ja auch die jetzige Situation, wo es Warlords gibt, die sich Geld von uns schicken lassen und dennoch die Taliban unterstützen. Die Warlords sind ja nicht dumm. Nur hatten die Taliban zumindest auf dem Papier ein Großteil des Landes unter ihrer Kontrolle und das war wohl mehr als die anderen Regierungen seit dem sowjetischen Einmarsch hatten. Also noch nicht gut, aber vielleicht eine Basis auf der man hätte arbeiten können. Zumindest mehr als die NATO jetzt hat.

    Aber der wesentliche Unterschied, warum alles was wir da mit Waffengewalt und viel Geld aufbauen nicht funktionieren kann, weil die Einheimischen keine Marionettenregierung akzeptieren werden. Gerade in diesem System der Warlords dürfte die Regierung sehr schwach stehen und wir wissen ja selbst wie schnell die die Seite wechseln. Die Taliban hatten von dem Standpunkt einfach bessere Chancen, dass sie akzeptiert und bei den Warlords gefürchtet waren.

    Und ja, die Taliban sind keine organisierte fixe Gruppe. Deshalb hab ich in den letzten Beiträgen auch immer von "Anti-NATO-Gruppen" gesprochen.

    Elektronix schrieb:

    Die Taliban waren nun wirklich nicht die erste Regierung nach dem Sowjet-Abzug. Die sind erst 4 Jahre danach in Kabul einmarschiert, haben also erstmal einen blutigen Bürgerkrieg inszeniert- Stabilität? In der Zwischenzeit war das Regierungssystem weit liberaler und die Frauen deutlich besser gestellt.
    Als die Taliban besiegt waren, gab es in Kabul Straßenfeste, junge Leute konnten zum ersten mal wieder Gitarre spielen, Mädchen ihr Studium fortsetzen.
    Über das, was die Taliban an "Frieden" gebracht haben, hab ich oben schon geschrieben. Stabilität haben sie als aller letztes gebracht. Denn sie haben praktisch alle modernen Informationswege verboten. Ohne Information kein Handel und kein Wohlstand, und ohne Wohlstand keine Stabilität.

    Die Taliban waren aber die erste Regierung die große Teile des Landes (auch wenn es nach Optimizers Aussage nur die Städte waren) kontrolliert haben. Klar gab es vorher Regierungen und zwar jedes mal eine ganze Menge :). Anfang der 90er gab es ja eine Regierung in Kabul und eine "offizielle Regierung" die Kabul mit Artillerie beschossen hat etc.

    Und ja, es gibt Ethnien in Afghanistan, die die Taliban nicht mögen. Kabul liegt ja zB eher in Tajik und Hazara Gebiet und die scheinen zB Musik zu mögen. Aber ich denke, dass die Taliban eine große Basis außerhalb der Städte und vor allem im Gebiet der Paschtunen hatten. Wie ich bereits gesagt habe, stammen deren Ideen vor allem aus den Traditionen der Paschtunen und der Landbevölkerung in Afghanistan.

    Elektronix schrieb:

    Mit einem Unterschied: Frauen, die unter den Taliban keine Burka trugen, wurden öffentlich gedemütigt, verprügelt, u. U. sogar vergewaltigt oder umgebracht- mit voller Deckung durch die Staatsacht. In Deutschland muß davor keine Frau Angst haben, weder solche, die die Burka tragen, noch solche, die sie ablegen.

    Aber Lehrer zB dürften keine Burka tragen und die Männer dürften ihre Frauen nicht bestrafen, wenn sie keine Burka tragen, so wie es bei den Paschtunen eben Tradition ist. Klar sind wir toleranter bei vielen Dingen. Aber wir lehnen eben auch Teile der afghanischen Kultur ab.

    Elektronix schrieb:

    Ich sage nicht, daß ich mit dem Einmarsch der Amerikaner in Afghanistan einverstanden war/ bin. Ich habe nur gesagt, daß der Abzug der ausländischen Truppen zum gegenwärtigen Zeitpunkt mehr Chaos hinterlassen würde, als jetzt schon herrschrt, und daß damit keinem gedient ist- auch nicht dem Westen.

    Ja, ein direkter Abzug wäre sicher nicht vorteilhaft. Aber wir stecken da halt in einer ziemlich blöden Situation, wo es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis wir verlieren.



  • rüdiger schrieb:

    Elektronix schrieb:

    Ich sage nicht, daß ich mit dem Einmarsch der Amerikaner in Afghanistan einverstanden war/ bin. Ich habe nur gesagt, daß der Abzug der ausländischen Truppen zum gegenwärtigen Zeitpunkt mehr Chaos hinterlassen würde, als jetzt schon herrschrt, und daß damit keinem gedient ist- auch nicht dem Westen.

    Ja, ein direkter Abzug wäre sicher nicht vorteilhaft. Aber wir stecken da halt in einer ziemlich blöden Situation, wo es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis wir verlieren.

    Das muß nicht sein. Kurz nach dem Einmarsch der Amerikaner gab es zunächst eine deutliche Beruhigung im Land, und die deutschen Truppen waren- da, wo sie stationiert waren- geradezu beliebt. Es müßte erstmal ernsthaft analysiert werden, warum sich das geändert hat. Alle humanitären NGO, die in Afghanistan tätig sind, kritisieren das militärische Engagement als kontraproduktiv. Außerdem kriisieren prominente Afghanen, daß die Amerikaner ein undurchsichtiges Doppelspiel spielen. Mit manchen "Guten" Taliban wird offen geredet- sie können sogar in aller Freiheit herumlaufen-, während "schlechte" Taliban nach wie vor verfolgt werden. Aber die Definition von "guten" und "schlechten" Taliban ist völlig undurchschaubar. Denn zu den "Guten" gehören einige der höchsten Repräsentanten des früheren Taliban-Regimes.
    Es müßte einen deutlichen Strategiewechsel geben, der möglicherweise zum Anfang auch mehr Truppen bedeutet, um die Lage unter Kontrolle zu bringen, und gleichzeitig muß ein Wiederaufbau in Zusammenarbeit mit den NGO stattfinden, damit die Menschen wieder Vertrauen zu den Ausländern fassen. Außerdem muß endlich ein tragfähiges Konzept für ein friedliches Zusammenleben der Ethnien entworfen werden, das auch der dortigen Kultur - und nicht nur den amerikanischen Vorstellungen- gerecht wird. Das wird sicherlich noch einiges an Geld und Zeit kosten- aber vermutlich weniger, als das derzeitige Chaos unverändert weiter zu führen.



  • Elektronix schrieb:

    Das muß nicht sein. Kurz nach dem Einmarsch der Amerikaner gab es zunächst eine deutliche Beruhigung im Land, und die deutschen Truppen waren- da, wo sie stationiert waren- geradezu beliebt.

    Weil die Bundeswehr nicht im Paschtunengebiet (dem Großteil Afghanistans) stationiert waren.

    Elektronix schrieb:

    Es müßte erstmal ernsthaft analysiert werden, warum sich das geändert hat.

    Da muss man nicht viel analysieren. Wenn man in ein Land einmarschiert und auf den lokalen Sitten und Traditionen herum trampelt, dann ist es doch nur eine Frage der Zeit, bis sich die Einheimischen wehren.

    Elektronix schrieb:

    Alle humanitären NGO, die in Afghanistan tätig sind, kritisieren das militärische Engagement als kontraproduktiv. Außerdem kriisieren prominente Afghanen, daß die Amerikaner ein undurchsichtiges Doppelspiel spielen. Mit manchen "Guten" Taliban wird offen geredet- sie können sogar in aller Freiheit herumlaufen-, während "schlechte" Taliban nach wie vor verfolgt werden. Aber die Definition von "guten" und "schlechten" Taliban ist völlig undurchschaubar. Denn zu den "Guten" gehören einige der höchsten Repräsentanten des früheren Taliban-Regimes.

    Ja, eine schlechte militärische Strategie kommt natürlich noch hinzu.



  • rüdiger schrieb:

    Elektronix schrieb:

    Das muß nicht sein. Kurz nach dem Einmarsch der Amerikaner gab es zunächst eine deutliche Beruhigung im Land, und die deutschen Truppen waren- da, wo sie stationiert waren- geradezu beliebt.

    Weil die Bundeswehr nicht im Paschtunengebiet (dem Großteil Afghanistans) stationiert waren.

    Daran allein kann es wohl nicht liegen, weil die Beliebtheit der Deutschen auch außerhalb der Paschtunen-Gebiete inzwischen gesunken ist.



  • Elektronix schrieb:

    rüdiger schrieb:

    Elektronix schrieb:

    Das muß nicht sein. Kurz nach dem Einmarsch der Amerikaner gab es zunächst eine deutliche Beruhigung im Land, und die deutschen Truppen waren- da, wo sie stationiert waren- geradezu beliebt.

    Weil die Bundeswehr nicht im Paschtunengebiet (dem Großteil Afghanistans) stationiert waren.

    Daran allein kann es wohl nicht liegen, weil die Beliebtheit der Deutschen auch außerhalb der Paschtunen-Gebiete inzwischen gesunken ist.

    Ja, was an dem entsprechenden Verhalten gegenüber der lokalen Traditionen liegt.



  • rüdiger schrieb:

    Elektronix schrieb:

    rüdiger schrieb:

    Weil die Bundeswehr nicht im Paschtunengebiet (dem Großteil Afghanistans) stationiert waren.

    Daran allein kann es wohl nicht liegen, weil die Beliebtheit der Deutschen auch außerhalb der Paschtunen-Gebiete inzwischen gesunken ist.

    Ja, was an dem entsprechenden Verhalten gegenüber der lokalen Traditionen liegt.

    Auch das glaube ich nicht. Zu den Anschlägen auf die Deutschen haben sich immer wieder die Taliban bekannt. Die sind aber in dem Gebiet gar nicht heimisch, sondern nur eingesickert. Da es bei den Anschlägen jedesmal auch zivile Opfer gibt, vermitteln sie den Einheimischen das Gefühl, die ausländischen Truppen und die Regierung seien nicht imstande, die Lage unter Kontrolle zu bringen- was ja teilweise auch stimmt. Die Deutschen stehen als Versager da. Und die Menschen fürchten, daß sie zwischen die Fronten geraten. Ich könnte mir denken, daß die zivilen Opfer bei den Anschlägen den Taliban sehr zupaß kommen, weil sie die Verunsicherung der Bevölkerung vergrößern und damit den Rückhalt der Ausländer schächen.



  • rüdiger schrieb:

    @Optimizer
    Das haben die Taliban doch getan. Entweder waren die Warlords sogar hohe Taliban oder zumindest "auf dem Papier" verbündet und ein paar wurden ja wohl wirklich sogar entmachtet (=> getötet). Ich weiß, dass das nicht viel heißt. Nur weil ein Warlord dort sagt, dass er die Regierung unterstützt, bedeutet das nicht, dass er dies auch wirklich tut. 2001 gab es ja viele Warlords, die ganz schnell die Seiten gewechselt haben. Aber ähnlich ist ja auch die jetzige Situation, wo es Warlords gibt, die sich Geld von uns schicken lassen und dennoch die Taliban unterstützen. Die Warlords sind ja nicht dumm. Nur hatten die Taliban zumindest auf dem Papier ein Großteil des Landes unter ihrer Kontrolle und das war wohl mehr als die anderen Regierungen seit dem sowjetischen Einmarsch hatten. Also noch nicht gut, aber vielleicht eine Basis auf der man hätte arbeiten können. Zumindest mehr als die NATO jetzt hat.

    Ich habe keine Anhaltspunkte, zu glauben, dass die Taliban mehr Kontrolle hatten. Das Problem an der ganzen Sache ist ja schon, dass es nicht "die" Taliban gibt. Ich stimme zu, dass sie sich vielleicht besser mit den lokalen Autoritäten arrangieren konnten, aber dafür waren sie selber dezentral und haben sich vermutlich sogar gegenseitig bekämpft. Dazu kommt dann noch der Konflikt mit den anderen Volksgruppen - der Bürgerkrieg war ja schon vorher da.

    Diese Ausgangslage halt ich für genauso schwierig. Warum hältst du das für eine bessere Ausgangslage? Was sie auf dem Papier unter Kontrolle hatten, ist doch völlig unerheblich.



  • @Optimizer
    Es gibt mehrere Gründe, warum ich der Taliban größere Chancen zuspreche. Die Taliban bestanden zum größten Teil aus Afghanen und die ausländischen Kämpfer/Helfer waren zumindest mit den lokalen Sitten und Traditionen vertrauter, als die NATO Truppen es sind. Deshalb haben die Taliban natürlich nicht den Ruf von außen zu kommen, wie die NATO und derzeitige Regierung, obwohl die Taliban trotzdem große Unterstützung aus Pakistan (zT auch Saudi Arabien und wohl auch aus den USA) erhalten haben. Die Taliban waren so eben mit den lokalen Sitten und Traditionen vertraut. So ist es in Afghanistan wohl noch nicht einmal ein so großes Problem, wenn man jemanden im Kreuzfeuer tötet. Man muss sich aber an die lokalen Sitten halten und auch ein entsprechendes Diyya (Blutgeld) zahlen. Solche Dinge haben die Amis und die NATO (am Anfang) gar nicht berücksichtigt bzw. durch ihre Kriegsführung sind sie gar nicht in der Lage dies zu berücksichtigen (Bomben aus der Luft). Und es geht dabei eben oft um subtile Kleinigkeiten (wie zB das schauen über eine Hofmauer (siehe ein paar Beiträge vorher)). Somit verspielen sich die NATO-Soldaten nicht nur das Vertrauen der einheimischen, aber so hat die NATO eben auch Probleme mit den Warlords (oder Stammesältesten) zu verhandeln. Und die Taliban verstehen die lokalen Probleme natürlich deutlich besser, während die westliche Welt am Anfang dachte, dass der Burka-Zwang das einzige Problem sei. Das sind nur rein natürliche Vorteile, die die Taliban auf Grund ihrer Herkunft haben/hatten.

    Aber die Taliban scheinen schon das Land zu großen Teilen befriedet zu haben. Sie haben ja (andere) bewaffnete Banden vertrieben und den Krieg mit der Zeit immer weiter verschoben. Sicher will ich nicht bestreiten, dass es auch zu Konflikten in bereits befriedeten Gebiet gekommen sein könnte, aber dies dürfte im Vergleich zu vorher nicht wirklich relevant gewesen sein. Viele Warlords haben ja gleich aufgegeben, da sie so an der Macht bleiben und sich erst einmal um interne Konflikte kümmern konnten. Natürlich ist das noch keine Voraussetzung für einen langfristigen Frieden, aber zumindest für einen kurzfristigen und was man daraus macht ist dann eine andere Sache. Die Taliban wurden ja auch (zumindest am Anfang) von der Bevölkerung gefeiert, weil der Zustand sich effektiv verbesserte. Auch stammen die Taliban zwar aus den Paschtunengebieten und sind/waren sicher zum größten Teil Paschtunen, aber auch andere Volksgruppen unterstützten (zumindest am Anfang) die Taliban.

    Nach 30 Jahren Bürgerkrieg in allen Formen ist das Versprechen eines extremistischen aber geregelten Staat wohl doch attraktiv.

    Das basiert natürlich nicht auf harten Fakten, sondern eher auf Berichten und Artikeln die ich über die letzten Jahre gelesen habe. Aber halbwegs objektive Daten aus Afghanistan in dem Zeitraum von 1994 bis heute zu bekommen dürfte relativ schwierig sein.

    Und wie man an den ganzen Anschlagskarten sehen kann, ist der Aufstand auch nicht mehr auf das Paschtunengebiet beschränkt und wenn man genauer drüber nachdenkt, ist auch die These von "Taliban die sich in andere Gebiete eingeschlichen hat" nicht unbedingt haltbar. Ein Paschtune in einem Hararegebiet dürfte dort so auffallen, wie ein NATO Soldat. Entsprechend wären langfristige Aktionen einfach nicht möglich, da die Kämpfer einfach zu erkennen wären und es ihnen an der lokalen Versorgung fehlt. Also den Vorteilen einer Partisanenarmee. Also scheinen sich weitere Clans und Gruppen gegen die NATO zu wenden. Hinzu kommt natürlich, dass das Chaos wieder auf das ganze Land übergreift. Für die einheimischen wird die Situation wieder schwierig, da Anschläge überall stattfinden können und damit meine ich nicht nur Selbstmordattentate oder IEDs, sondern auch die Bomben der NATO-Flugzeuge.

    Die Verwendung von Bombern in der Form ist sowieso unangebracht und nur ein Zeichen der schlechten Taktik/Strategie gegen die Aufständischen.


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