Was tun mit den deutschen Soldaten in Afghanistan?



  • rüdiger schrieb:

    @Optimizer
    Das haben die Taliban doch getan. Entweder waren die Warlords sogar hohe Taliban oder zumindest "auf dem Papier" verbündet und ein paar wurden ja wohl wirklich sogar entmachtet (=> getötet). Ich weiß, dass das nicht viel heißt. Nur weil ein Warlord dort sagt, dass er die Regierung unterstützt, bedeutet das nicht, dass er dies auch wirklich tut. 2001 gab es ja viele Warlords, die ganz schnell die Seiten gewechselt haben. Aber ähnlich ist ja auch die jetzige Situation, wo es Warlords gibt, die sich Geld von uns schicken lassen und dennoch die Taliban unterstützen. Die Warlords sind ja nicht dumm. Nur hatten die Taliban zumindest auf dem Papier ein Großteil des Landes unter ihrer Kontrolle und das war wohl mehr als die anderen Regierungen seit dem sowjetischen Einmarsch hatten. Also noch nicht gut, aber vielleicht eine Basis auf der man hätte arbeiten können. Zumindest mehr als die NATO jetzt hat.

    Ich habe keine Anhaltspunkte, zu glauben, dass die Taliban mehr Kontrolle hatten. Das Problem an der ganzen Sache ist ja schon, dass es nicht "die" Taliban gibt. Ich stimme zu, dass sie sich vielleicht besser mit den lokalen Autoritäten arrangieren konnten, aber dafür waren sie selber dezentral und haben sich vermutlich sogar gegenseitig bekämpft. Dazu kommt dann noch der Konflikt mit den anderen Volksgruppen - der Bürgerkrieg war ja schon vorher da.

    Diese Ausgangslage halt ich für genauso schwierig. Warum hältst du das für eine bessere Ausgangslage? Was sie auf dem Papier unter Kontrolle hatten, ist doch völlig unerheblich.



  • @Optimizer
    Es gibt mehrere Gründe, warum ich der Taliban größere Chancen zuspreche. Die Taliban bestanden zum größten Teil aus Afghanen und die ausländischen Kämpfer/Helfer waren zumindest mit den lokalen Sitten und Traditionen vertrauter, als die NATO Truppen es sind. Deshalb haben die Taliban natürlich nicht den Ruf von außen zu kommen, wie die NATO und derzeitige Regierung, obwohl die Taliban trotzdem große Unterstützung aus Pakistan (zT auch Saudi Arabien und wohl auch aus den USA) erhalten haben. Die Taliban waren so eben mit den lokalen Sitten und Traditionen vertraut. So ist es in Afghanistan wohl noch nicht einmal ein so großes Problem, wenn man jemanden im Kreuzfeuer tötet. Man muss sich aber an die lokalen Sitten halten und auch ein entsprechendes Diyya (Blutgeld) zahlen. Solche Dinge haben die Amis und die NATO (am Anfang) gar nicht berücksichtigt bzw. durch ihre Kriegsführung sind sie gar nicht in der Lage dies zu berücksichtigen (Bomben aus der Luft). Und es geht dabei eben oft um subtile Kleinigkeiten (wie zB das schauen über eine Hofmauer (siehe ein paar Beiträge vorher)). Somit verspielen sich die NATO-Soldaten nicht nur das Vertrauen der einheimischen, aber so hat die NATO eben auch Probleme mit den Warlords (oder Stammesältesten) zu verhandeln. Und die Taliban verstehen die lokalen Probleme natürlich deutlich besser, während die westliche Welt am Anfang dachte, dass der Burka-Zwang das einzige Problem sei. Das sind nur rein natürliche Vorteile, die die Taliban auf Grund ihrer Herkunft haben/hatten.

    Aber die Taliban scheinen schon das Land zu großen Teilen befriedet zu haben. Sie haben ja (andere) bewaffnete Banden vertrieben und den Krieg mit der Zeit immer weiter verschoben. Sicher will ich nicht bestreiten, dass es auch zu Konflikten in bereits befriedeten Gebiet gekommen sein könnte, aber dies dürfte im Vergleich zu vorher nicht wirklich relevant gewesen sein. Viele Warlords haben ja gleich aufgegeben, da sie so an der Macht bleiben und sich erst einmal um interne Konflikte kümmern konnten. Natürlich ist das noch keine Voraussetzung für einen langfristigen Frieden, aber zumindest für einen kurzfristigen und was man daraus macht ist dann eine andere Sache. Die Taliban wurden ja auch (zumindest am Anfang) von der Bevölkerung gefeiert, weil der Zustand sich effektiv verbesserte. Auch stammen die Taliban zwar aus den Paschtunengebieten und sind/waren sicher zum größten Teil Paschtunen, aber auch andere Volksgruppen unterstützten (zumindest am Anfang) die Taliban.

    Nach 30 Jahren Bürgerkrieg in allen Formen ist das Versprechen eines extremistischen aber geregelten Staat wohl doch attraktiv.

    Das basiert natürlich nicht auf harten Fakten, sondern eher auf Berichten und Artikeln die ich über die letzten Jahre gelesen habe. Aber halbwegs objektive Daten aus Afghanistan in dem Zeitraum von 1994 bis heute zu bekommen dürfte relativ schwierig sein.

    Und wie man an den ganzen Anschlagskarten sehen kann, ist der Aufstand auch nicht mehr auf das Paschtunengebiet beschränkt und wenn man genauer drüber nachdenkt, ist auch die These von "Taliban die sich in andere Gebiete eingeschlichen hat" nicht unbedingt haltbar. Ein Paschtune in einem Hararegebiet dürfte dort so auffallen, wie ein NATO Soldat. Entsprechend wären langfristige Aktionen einfach nicht möglich, da die Kämpfer einfach zu erkennen wären und es ihnen an der lokalen Versorgung fehlt. Also den Vorteilen einer Partisanenarmee. Also scheinen sich weitere Clans und Gruppen gegen die NATO zu wenden. Hinzu kommt natürlich, dass das Chaos wieder auf das ganze Land übergreift. Für die einheimischen wird die Situation wieder schwierig, da Anschläge überall stattfinden können und damit meine ich nicht nur Selbstmordattentate oder IEDs, sondern auch die Bomben der NATO-Flugzeuge.

    Die Verwendung von Bombern in der Form ist sowieso unangebracht und nur ein Zeichen der schlechten Taktik/Strategie gegen die Aufständischen.


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