Wie fastet ihr?
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Jo, keine Ahnung, da würde ich jetzt erstmal nein antworten. Nach Kant müsste man aber ja antworten.
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Eisflamme schrieb:
Nach Kant müsste man aber ja antworten.
Nein. Kant würde sich im Grabe umdrehen, wenn er dich hören würde.
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Bashar schrieb:
Das klassische Beispiel. "Verstecken Sie hier Juden?"
Und es gibt keinen offiziellen Freifahrtschein in der Bibel, daß man in solchen Härtefällen doch lügen darf und soll?
Das wäre ja schlimm, dann mußte ich die Bibel wegwerfen.
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Also so weit ich das noch im Kopf habe, definiert sich bei Kant die Ethik auch daraus, wie die Art einer Sache an sich ist und die Lüge ist dabei negativ und damit unmoralisch. Zumindest weiß ich noch ziemlich genau von einem ähnlichen Beispiel, wo die Antwort klar "ja" war.
Auf der anderen Seite gibt es auch den "guten Willen", nach dem eine Lüge ja ok sein könnte, wenn das mit einem guten Willen in Verbindung gebracht würde, wobei der andere hier ja gezielt belogen werden würde, was wieder kein guter Wille wär.
Kannst Du das mit Begrifflichkeiten Mal genauer erklären, wieso das ein nein sein soll?
Laut wiki ist die Lüge generell auch verboten:
Daraus folgt aber, dass es in keinem denkbaren Anwendungsfall eine Ausnahme geben kann: Wenn es ein das Lügenverbot gibt, gilt es in jedem Fall. Al
Selbst eine Lüge, die keinem Betroffenen unmittelbar schadet oder in der konkreten Situation einen Vorteil verschafft, ist also verboten, da sie immer die Menschheit im Allgemeinen schädigt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Lüge#Kant
Quelle 2:
Lüge. Die Lüge ist unbedingt verwerflich, auch die "Notlüge".
http://www.textlog.de/32495.html
Quelle 3:
Nachfolgend lehnt er jedoch wieder Lügen grundsätzlich ab, auch die "Bagatellüge", also die Lüge mit guten Absichten.
http://www.grin.com/e-book/110729/kant-aus-menschenliebe-luegen (wobei hier auch von leichten Widersprüchlichkeiten die Rede ist, ändert aber alles in allem nichts)
Zweifelhaft, dennoch sagt Kant das so, hier Mal eine noch passendere Quelle 4:
Constant meinte, eine Schwäche gefunden zu haben. Wenn ich einem Unschuldigen auf der Flucht Unterschlupf vor seinen Verfolgern gewähre, diese dann aber an meine Tür klopfen und fragen, ob derjenige bei mir ist, soll ich dann nicht lügen? Denn nach Kant sollte man ja auch nicht unnötig Menschenleben verschwenden, was ja wohl klar der Fall wäre, wenn man den Unschuldigen ans Messer liefert. Kant meinte dazu, dass man nicht lügen sollte. Und fügte hinzu, dass ja eventuell die Chance besteht, dass die bösen Verfolger es einem nicht abnehmen, wenn man sagt, dass der Versteckte bei einem im Keller hockt und so vielleicht weiterziehen. Alles ein wenig schwierig und nicht recht glaubhaft, aber willst du moralisch sein, dann geht das bei Kant eben nur so.
http://differentialdiagnose.gerndesign.de/?p=108
Genau so, wie ich es auch im Kopf habe. SeppJ, basierend auf was hast Du Dein flottes "nein" geschrieben?
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Eisflamme schrieb:
Kannst Du das mit Begrifflichkeiten Mal genauer erklären, wieso das ein nein sein soll?
Kant schrieb:
Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.
Da steht nirgendwo, dass das allgemeine Gesetz eine einfache, absolute Aussage wie "Du sollst nicht lügen" sein muss. Das wird sogar später noch einmal klargestellt:
Kant schrieb:
Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.
Da man davon ausgehen darf, dass eine ehrliche Antwort auf die Frage, ob man Juden versteckt, der betroffenen Person maximal schadet, so wäre es wohl angebracht zu lügen.
edit: Ok, Kant persönlich hat das anders gesehen und würde dir zustimmen. Damit ist er aber nach seinem eigenem Imperativ meiner Ansicht nach ein zutiefst unmoralischer Mensch. Das was er als für ein allgemeine Gesetz tauglich hält, ist meiner Ansicht gefährlicher moralischer Absolutismus. Eine meiner Ansicht nach bessere Formulierung für solch ein Gesetz wäre "Ein
RoboterMensch darf die Menschheit nicht verletzen oder durch Passivität zulassen, dass die Menschheit zu Schaden kommt."
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"Kant" ist keine Quelle, s. meine vier Links. Du darfst auch gerne nochmal selbst Google bemühen und nach "Kant Lüge" suchen, dann wirst Du darauf kommen, dass Deine Interpretation keineswegs mit dem übereinstimmt, was Kant gemeint hat, da er genau diese Fragen ja bereits in seinen Schriften beantwortet hat.
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Eisflamme schrieb:
"Kant" ist keine Quelle, s. meine vier Links. Du darfst auch gerne nochmal selbst Google bemühen und nach "Kant Lüge" suchen, dann wirst Du darauf kommen, dass Deine Interpretation keineswegs mit dem übereinstimmt, was Kant gemeint hat, da er genau diese Fragen ja bereits in seinen Schriften beantwortet hat.
Ich habe oben noch was reineditiert, was diese Frage beantwortet.
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Als ich mich etwas mehr mit Kant beschäftigt habe, war ich mehr drin und hatte dazu auch mehr Meinung und Gedanken. Du verstehst sicher, dass ich es unzureichend finde, Kants gesamte Ethik mit einem Satz als falsch hinzustellen. Aber um da tiefer drüber zu reden, müsste ich mich auch mehr damit beschäftigen, gerade. Sonst wäre das nur Gesabbel, denn ich bin gerade echt raus.
Aber glaub Mal, dass sich mit etwas Hinschauen an Deiner Formulierung auch Berge von Problemen finden lassen.
Aber da sieht man Mal, dass es vielleicht doch nicht so ganz einfach ist, Beispiele zu finden, wo eine vermeintlich korrekte Lüge moralisch in Ordnung ist. Das ganze Thema ist hochkomplex, sonst hätten sich dazu auch nicht Philosophen aller Zeiten ständig und immer wieder dazu ausgelassen. Ich bin da auch noch nicht zu einem Ergebnis für mich gekommen, aber ich war bisher auch nicht in der Situation, dass ich lügen müsste, um jemandem vor großem Schaden zu bewahren. Es ist eben nicht einfach.
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Kant schreibt genauer:
Es ist doch möglich, daß, nachdem du dem Mörder, auf die Frage, ob der von ihm Angefeindete zu Hause sei, ehrlicherweise mit Ja geantwortet hast, dieser doch unbemerkt ausgegangen ist, und so dem Mörder nicht in den Wurf gekommen, die Tat also nicht geschehen wäre; hast du aber gelogen, und gesagt, er sei nicht zu Hause, und er ist auch wirklich (obzwar dir unbewußt) ausgegangen, wo denn der Mörder ihm im Weggehen begegnete und seine Tat an ihm verübte: so kannst du mit Recht als Urheber des Todes desselben angeklagt werden. Denn hättest du die Wahrheit, so gut du sie wußtest, gesagt: so wäre vielleicht der Mörder über dem Nachsuchen seines Feindes im Hause von herbeigelaufenen Nachbarn ergriffen, und die Tat verhindert worden.
[...]
Wenn man die Namen der Personen, sowie sie hier aufgeführt werden, beibehalten will: so verwechselte »der französische Philosoph« die Handlung, wodurch jemand einem anderen schadet (nocet), indem er die Wahrheit, deren Geständnis er nicht umgehen kann, sagt, mit derjenigen, wodurch er diesem Unrecht tut (laedit). Es war bloß ein Zufall (casus), daß die Wahrhaftigkeit der Aussage dem Einwohner des Hauses schadete, nicht eine freie Tat (in juridischer Bedeutung).In der Formulierung widerspricht das dem kategorischen Imperativ auch nicht, vielmehr widerspräche es ihm, wenn du den Mörder bloß als Mittel zur Verhinderung der Tat einsetzt (und ihm durch eine Lüge versuchst, davon abzuhalten). Damit negierst du in gewisser Form die freie Möglichkeit des Mörders, nicht zu morden. Und: Er schreibt auch nur für den Fall, dass man antworten muss und sagt auch nicht, was man sonst noch tun muss/kann, um den Mord zu verhindern. Dass man mit diesem Framework von sich aus nicht den Nationalsozialismus und dessen Funktionieren beschreiben kann ("Wenn aus Unrecht Rect wird..."), konnte Kant nicht vorhersehen.
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Das klingt konsequent nach Kant argumentiert.
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Aber der wichtige Punkt ist doch, dass wir uns darüber einig sind, dass der absolute Grundsatz "Du darfst nicht Lügen" zu moralischen Fehlentscheidungen führen kann. Dies ist natürlich unsere Moral die wir uns selbst gemacht haben. Das ist auch gut so, da alle absoluten moralischen Systeme bisher versagt haben. Das gilt auch für die Bibel. Daher braucht man in Ermangelung eines besseren Systems diese persönliche Moral wie sie Kant beschreibt. Zumindest in der Form wie ich ihn bisher verstanden habe. Ich bin geschockt, dass er das so radikal gemeint hat und bin heute von Kant-Fanboy zum Verächter geworden.
Meinen obigen Leitsatz kann ich jederzeit anpassen, wenn ich feststelle, dass damit etwas nicht richtig ist. Die Idee bei Kant ist zwar, dass ich vorher gründlicher hätte nachdenken müssen, damit so etwas gar nicht erst passiert, aber das ist realistisch gesehen unmöglich, alle Situationen perfekt vorauszusehen. Und ich muss Kant auch zum Vorwurf machen, dass er bei dem was du zitiert hast eben auch nicht so gedacht hat, dass moralisches Handeln in jeder Situation folgt.
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Das klingt jetzt zwar banal, gleichzeitig schwierig und für manche vielleicht sogar kitschig, aber eigentlich denke ich, dass man die moralisch besten Entscheidungen trifft, wenn man einfach auf sein Herz hört. Kant hat eigentlich versucht mehr oder weniger das abzubilden: Das natürlich Moralempfinden. Das niederzuschreiben und eine Theorie drum herum aufzubauen, ist streng genommen gar nicht notwendig. Aber die Gesellschaft, die immer alles als rationell nachvollziehbar benötigt, fordert so was natürlich ein wenig.
Daher bin ich auch großer Freund der Epoche "Klassik", weil sie Sturm und Drang sowie die Aufklärung gewissermaßen verbindet und weiterentwickelt. Ratio und Gefühle. Und was wir jetzt haben, ist eigentlich wieder so eine Art neuzeitliche Aufklärung, wobei das rationelle Denken ja leider nicht wirklich ausgeführt wird. Aber die Gefühlsebene ist doch eigentlich geradezu verbannt worden.
Ich bin echt ein Meister darin, neue Themen anzuschneiden, aber das hat sich mir gerade aufgedrängt.
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Eisflamme schrieb:
Das klingt jetzt zwar banal, gleichzeitig schwierig und für manche vielleicht sogar kitschig, aber eigentlich denke ich, dass man die moralisch besten Entscheidungen trifft, wenn man einfach auf sein Herz hört.
Das ist kitschig formuliert für "Tue das was du für richtig hältst.". Und ich halte das auch für eine gute Idee. Womit wir wieder beim Anfang wären:
SeppJ schrieb:
Wenn ihr euch aus der Religion sowieso die moralischen Botschaften rauspickt, die ihr für richtig haltet, wozu dann noch die Religion?
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Ne, ich möchte damit noch was anderes betonen. Für richtig halten kann man auch Dinge nach dem Verstand, damit kommt man aber nicht immer zu einer Lösung. Mit dem Herzen heißt sich wirklich in die Dinge reinzufühlen und dann nach Gefühl zu handeln, das ist etwas ganz anderes.
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Eisflamme schrieb:
Ne, ich möchte damit noch was anderes betonen. Für richtig halten kann man auch Dinge nach dem Verstand, damit kommt man aber nicht immer zu einer Lösung. Mit dem Herzen heißt sich wirklich in die Dinge reinzufühlen und dann nach Gefühl zu handeln, das ist etwas ganz anderes.
Das wiederum halte ich für gefährlichen Unfug. Bestenfalls, falls du mangels Informationen nicht zu einem logischen Ergebnis kommen kannst. Dann kannst du aber auch würfeln, gewichtet nach Plausibilität.
Was du beschreibst ist doch nur "Tue, was du willst". Wenn dein "Herz" dir sagt, dass du dem Baby den Lolli klauen sollst, weil du Hunger auf was Süßes hast, dann müsstest du dies deiner Aussage zufolge tun, obwohl dir dein Kopf etwas anderes sagt.
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Und das ist der Punkt. Dein Herz würde dir niemals sagen, dass du einem Kind den Lolly klauen willst. oO
Ich bin nicht davon ausgegangen, dass du das verstehst, aber so ein grobes Missverständnis ist schon hart. Nach dem Gefühl zu handeln, etwas richtig zu tun, hat nichts mit Neigungen zu tun, sondern resultiert aus einem tiefen in-sich-hineinhorchen.
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Eisflamme schrieb:
Und das ist der Punkt. Dein Herz würde dir niemals sagen, dass du einem Kind den Lolly klauen willst. oO
Ich glaube, da lassen sich unzählige Beispiele aufführen, daß jemandes Herz jemandem was Schreckliches gesagt hat.
http://www.sueddeutsche.de/panorama/pizzabaecker-mord-nach-fussballstreit-hier-hast-du-deine-vier-sterne-1.970783
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Eisflamme schrieb:
Nach dem Gefühl zu handeln, etwas richtig zu tun, hat nichts mit Neigungen zu tun, sondern resultiert aus einem tiefen in-sich-hineinhorchen.
Das geht dann in etwa so: Also eigentlich habe ich keine Lust auf einen Kreuzzug. Aber wenn ich tief in mich hineinhorche, habe ich da schon ein schlechtes Gewissen und erkenne, daß ich nicht auf der faulen Haut liegen sollte, sondern Gott und Vaterland aktiv verteidigen sollte und ein paar gefährliche Heiden ermorden.
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Tut mir Leid, volkard, aber... ich hab dich noch nie irgendwo so einen unglaublichen Schwachsinn schreiben sehen. Eigentlich ging ich davon aus, dass Du jemand bist, der Zusammenhänge richtig erkennen kann und nicht nur ein Hetzer ist oder der, um irgendwelche Dinge auszudrücken, nicht einfach Behauptungen in den Raum stellt.
Niemand wird, wenn er auf sein Herz hört, dazu kommen, dass er einen Kreuzzug führen oder jemanden töten sollte. Die meisten Leute hören eben nicht darauf. Und wenn man nach irgendwelchen Prinzipien handelt oder nach Vaterlands-/Gottesprinzip irgendwas tut, hat das auch nichts damit zu tun.
An den Haaren herbeigezogen und vollkommen unpassend für das, was ich meine, ist das und nichts anderes. Das ist auch das erste Mal in den beiden Threads, dass mich etwas tatsächlich Mal aufregt und enttäuscht, weil ich da mehr erwartet hätte. mimimi
Ich schreibe in diesen Threads nichts mehr und hätte, auch wenn Dir das egal sein sollte, tatsächlich mehr von Dir erwartet.
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Eisflamme schrieb:
Niemand wird, wenn er auf sein Herz hört, dazu kommen, dass er einen Kreuzzug führen oder jemanden töten sollte.
Das sehe ich nicht. Und genau das ist das Problem. Du schließt hier von Dir auf andere. Dein Herz ist wohlgeeicht. Aber das sind nicht alle Herzen.
Eisflamme schrieb:
Die meisten Leute hören eben nicht darauf. Und wenn man nach irgendwelchen Prinzipien handelt oder nach Vaterlands-/Gottesprinzip irgendwas tut, hat das auch nichts damit zu tun.
Eisflamme schrieb:
An den Haaren herbeigezogen und vollkommen unpassend für das, was ich meine, ist das und nichts anderes.
Du hast ein allgemeingültiges Prinzip aufgestellt. Das habe ich geprüft, indem ich Extremfälle gewählt habe, und nachgewiesen, daß es nicht allgemeingültig ist.
Eisflamme schrieb:
Ich schreibe in diesen Threads nichts mehr und hätte, auch wenn Dir das egal sein sollte, tatsächlich mehr von Dir erwartet.
Das ist mir nicht egal. Ich finde es schade. Du hast viele für mich wertvolle Beiträge geliefert. Daß ich in diesem Punkt echt anderer Meinung bin, sollte zu keinem Bruch führen.