Einstellung der deutschen C++ Delegation



  • Moin moin,

    ein kurzer Post zur C++ Standardisierung. Ihr habt evtl. auch gehört, das sich da in Zukunft mehr tun soll, unter anderem ein Standard für 2014 UND 2017 in Planung ist. Und es jetzt mehr Subgroups für alle möglichen Dinge in der Standardisierung gibt.

    So weit die Theorie, jetzt die Praxis aus Deutschland: Mit 2013 stellt die DIN das Gremium für ISO-Programmiersprachen ein. Oder legt es schlafen, wie auch immer, praktisch heisst dies, das es ab nächsten Jahr keine deutsche Delegation für die Standardisierung von C++ (und Ada, C, Cobol, Prolog, Lisp etc.) mehr geben wird. Der Grund hierfür sind nötige Einsparungen im Budget der DIN.

    Habe dies durch Peter Gottschling erfahren, und es leider auch durch die DIN bestätigt bekommen. Finde das sehr schade, und aktuell scheint es auch kaum jemand zu wissen, daher der Post, das sich das mal rumspricht.

    phlox81



  • AFAIK hatten "wir" (d.h. Deutschland) in letzter Zeit beim C++ Standard eh niemanden oder? Nur zwei Deutsche in der Schweizer Delegation





  • pumuckl schrieb:

    AFAIK hatten "wir" (d.h. Deutschland) in letzter Zeit beim C++ Standard eh niemanden oder? Nur zwei Deutsche in der Schweizer Delegation

    Eben, genau das wollte ich auch fragen. Ist nicht die ganze ISO-C++ Sache international, bzw. hat mit Deutschland wenig zu tun?

    Hier noch ein Zitat aus meinem Link:

    Es hat nie einen recht großen Einfluss aus Deutschland auf die Standardisierung von C++ gegeben, nennenswert ist wohl nur das damals in Frankfurt beschlossen wurde, das Concepts nicht Teil von C++11 sind, was aber wohl sicher nicht am deutschen Einfluss lag 😉



  • pumuckl schrieb:

    AFAIK hatten "wir" (d.h. Deutschland) in letzter Zeit beim C++ Standard eh niemanden oder? Nur zwei Deutsche in der Schweizer Delegation

    Jein, Peter Gottschling z.b. war durchaus tätig, und einige Deutsche sind ausserhalb der DIN tätig, weil ihre Firmen dort nicht Mitglied sind. Aber damit verlieren wir als Land jeden möglichen Einfluss auf die C++ Standardisierung, und bisher dachte ich eigentlich das wir hier ein Technologieland sind. Damit verliert z.b. auch die deutsche Forschung und Universitäten die Möglichkeit, offiziell zum Standard bei zu tragen. Das wir so wenig dort in der Vergangenheit beigetragen haben, ist sicher schade, aber kein Grund es einzustellen.

    @Sone jetzt zitierst du meine eigenen News 🤡



  • Du bist Jens Weller?
    Hübsches Bild... 😃



  • Nein, das ist nur ein Deckname 😛
    Und Bild, naja, Bewerbungsfoto halt...



  • phlox81 schrieb:

    damit verlieren wir als Land jeden möglichen Einfluss auf die C++ Standardisierung, und bisher dachte ich eigentlich das wir hier ein Technologieland sind. Damit verliert z.b. auch die deutsche Forschung und Universitäten die Möglichkeit, offiziell zum Standard bei zu tragen. Das wir so wenig dort in der Vergangenheit beigetragen haben, ist sicher schade, aber kein Grund es einzustellen.

    Einfluss = Möglichkeit, jemanden in die Gremien zu entsenden und abzustimmen, ok. Aber beitragen in Form von Proposals etc. geht doch immernoch oder muss man dafür auch irgendwo Mitglied sein?



  • pumuckl schrieb:

    AFAIK hatten "wir" (d.h. Deutschland) in letzter Zeit beim C++ Standard eh niemanden oder? Nur zwei Deutsche in der Schweizer Delegation

    Ich dachte, Daniel Krügler aus Bremen sei da stark involviert. Er beantwortet jedenfalls fleißig diverse Usenet Posts sowie auch einige Emails der isocpp.org-Mailinglisten und reicht auch diverse Proposal ein. Er kennt den Standard und die "Issue Listen" scheinbar in- und auswendig und zitiert daraus viel. In einem Proposal von ihm, was mir in Erinnerung geblieben ist, ging es darum, std::tuple und std::pair bzgl Referenz-Member zu korrigieren; denn vorher war tuple so spezifiziert, dass bei

    int main()
    {
      string a = "hello";
      tuple<string> t = tie(a);
    }
    

    auf einmal die Zeichenkette von a nach t "gemoved" wurde, ohne dass man hier irgendwo ein std::move explizit stehen hat. Gut, dass das behoben wurde... 🙂 Go, Deutschland. 😉

    Soweit ich weiß, hat er auch einen nicht zu vernachlässigen Einfluss -- direkt oder indirekt, das weiß ich nicht -- bei der offiziellen Stimmabgabe für Deutschland.



  • pumuckl schrieb:

    phlox81 schrieb:

    damit verlieren wir als Land jeden möglichen Einfluss auf die C++ Standardisierung, und bisher dachte ich eigentlich das wir hier ein Technologieland sind. Damit verliert z.b. auch die deutsche Forschung und Universitäten die Möglichkeit, offiziell zum Standard bei zu tragen. Das wir so wenig dort in der Vergangenheit beigetragen haben, ist sicher schade, aber kein Grund es einzustellen.

    Einfluss = Möglichkeit, jemanden in die Gremien zu entsenden und abzustimmen, ok. Aber beitragen in Form von Proposals etc. geht doch immernoch oder muss man dafür auch irgendwo Mitglied sein?

    Bin da kein Experte, aber natürlich gibt es auch andere Möglichkeiten da Einfluss zu nehmen, aber als Land ist damit halt unsere Stimme weg. An Proposals ist natürlich die Mitarbeit weiterhin möglich, einreichen dürfte man sie auch noch können. Ist natürlich die Frage woher dann das Funding dafür kommt, so eine Reise zum Standardisierungs Treffen kann ja etwas kosten. Einige Mitglieder des Commitees zahlen das z.b. privat, und nehmen sich Urlaub. Aus dem Universitären Bereich könnte es aber dann schwieriger werden, weil zum Beispiel Peter Gottschling ja über die DIN dies einreichen konnte.



  • Hallo alle zusammen,

    zunächst möchte ich erstmal Jens' Aussage bestätigen: Deutschland hätte wirklich sein Stimmrecht in der Standardisierung verwirkt.

    In gewissen Maße kann man tatsächlich noch auf den Standard einwirken. Wenn man eine gute Idee hat und einen guten Vorschlag einreicht, besteht durchaus die Möglichkeit, dass es in die Sprache einfließt.

    Es besteht auch die Möglichkeit, inoffiziell im Komitee mitzuarbeiten. Daniel Krüglers Name fiel da schon; Jens Maurer aus Frankfurt arbeitet genauso intensiv an der Standardisierung mit und das auch schon länger. Rein formal haben sie beide eigentlich gar kein Recht, an den Sitzungen teilzunehmen, das nimmt der jeweilige Convener, z.Z. Herb Sutter, auf die eigene Kappe. Man muss jedoch sagen, dass die Beiträge von Daniel und Jens im Komitee sehr geschätzt werden und die Gefahr gering ist, dass sie irgendwann nicht mehr teilnehmen dürfen.

    Abstimmen dürfen sie leider beide nicht. Es gibt bei den Sitzungen immer jeweils zwei Abstimmungsrunden: eine der amerikanischen Delegation und eine zweite der vertretenen Länder. Das liegt daran, dass die Sitzungen im Prinzip parallele von ANSI und ISO sind, auch wenn sie tw in Europa stattfinden.

    Es gibt allerdings Länder, die die Standardisierung offener handhaben, wie z.B. Großbritannien. Dort darf jeder mitmachen, muss allerdings auch an den nationalen Treffen in England teilnehmen. Das macht z.B. Dietmar Kühl, der allerdings auch in UK lebt. Es gibt auch noch mindestens einen anderen Deutschen in einer anderen Delegation: Thomas Witt macht bei ANSI mit. Von Deutschen, die in der Schweizer Delegation sind, habe ich noch nichts gehört. Man muss auch nicht unbedingt die jeweilige Nationalität haben, Bjarne hat auch schon Holland im Komitee vertreten (und die ganze Zeit so getan, als ob seine Meinung auch die von unzähligen holländischen Experten ist, mit denen er auf dem Laptop kommuniziert).

    Neben den Abstimmungen in den Sitzungen, werden die nationalen Komitees auch vor der Verabschiedung neuer Standards bzw. derer Entwürfe gefragt. Da hat man auch die Möglichkeit unter dem Vorbehalt von Änderungen zuzustimmen. Das haben wir auch beim letzten Standard gemacht (offiziell habe ich die Kommentare eingereicht, weil DIN sie von Jens und Daniel nicht akzeptiert hätten). Dann muss das ISO-Komitee auf alle Fälle darauf reagieren.

    Mal abgesehen von der konkreten Arbeit an einem bestimmten Sprachstandard ist die ganze Situation für unser Land ein gewaltiges Armutszeugnis. Wegen weniger als 10000€ Unkosten, die nicht durch Mitgliedsbeiträge gedeckt sind, manövrieren wir uns derartig ins Abseits. Die Tatsache, dass Vertreter des Wirtschaftsministeriums an dieser Entscheidung beteiligt sind, macht es noch viel trauriger. Wenn man sieht, wo Millionen überall unsinnig verschleudert werden, stellt sich hier wirklich die Frage der Verhältnismäßigkeit.

    Dass sich die Firmen nicht für die Programmiersprachen interessieren, ist auch nicht verständlich. Die Einzigen, die sich gegen die Schließung engagiert haben, waren Microsoft. Da muss man sich auch fragen, ob wir wirklich ein Hightech-Land sind. Oder vielleicht eines, das Hightech ohne Software kann ...

    Ich hoffe, damit ein paar Fragen beantwortet zu haben,

    Peter



  • pgottsch schrieb:

    Von Deutschen, die in der Schweizer Delegation sind, habe ich noch nichts gehört.

    Meines Wissens ist Detlef Vollmann Deutscher in der schweizer Delegation 🙂



  • pumuckl schrieb:

    pgottsch schrieb:

    Von Deutschen, die in der Schweizer Delegation sind, habe ich noch nichts gehört.

    Meines Wissens ist Detlef Vollmann Deutscher in der schweizer Delegation 🙂

    Das kanns ja aber auch nicht sein, das die Schweizer uns da jetzt vertreten müssen... 🤡 (Und ich dachte die Schweiz sei neutral 🤡 )



  • pumuckl schrieb:

    pgottsch schrieb:

    Von Deutschen, die in der Schweizer Delegation sind, habe ich noch nichts gehört.

    Meines Wissens ist Detlef Vollmann Deutscher in der schweizer Delegation 🙂

    Ich dachte, er wär Schweizer. Er hat zumindest das Temperament dafür. Ist aber eigentlich nebensächlich.

    Die Frage ist doch vielmehr: Braucht eine Industrienation noch Programmiersprachen, wenn sie einen Wirtschaftsminister wie Philipp Rösler hat?



  • Komme gerade zurück von Meeting C++, und das war einfach geil 😃

    Wir haben ein Ergebnis, und ich würde jetzt nicht hier posten wenns nicht was mit der DIN Sache zu tun hätte.
    Vor der Keynote haben Peter Gottschling, Michael Wong und ich dieses Thema addressiert, damit das Publikum dies weis.
    Im verlaufe des Freitags kam es dann dazu dass think cell sich dazu entschied, das fehlende Geld für das DIN Budget zu sponsorn.

    Das heisst, das wir wohl erstmal auch für nächstes Jahr eine deutsche Delegation bei der C++ Standardisierung haben werden!



  • Gute Arbeit! 🙂


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