Ist Informatik Naturwissenschaft oder Ingenieurwissenschaft



  • Sehr verwirrend. Wieso ist jetzt jemand, der eine "Methode" entwickelt, plötzlich interdisziplinär? Deine Erklärng ließ mich eigentlich als Antwort erwarten: Er ist Informatiker. Naja, gut, daß ich nochmal nachgefragt habe...

    Mir sind irgendwelche Grenzen eigentlich nicht so wichtig. Beim Doktorgrad wird halt in Deutschland eine scharfe Grenze gezogen- aber das einzige, was mich da überhaupt (und nur ganz wenig) stören würde, ist, daß man an meinem Grad nicht erkennen würde, woher ich komme (aus der Informatik halt). Für Ingenieure vielleicht auch nicht toll, daß da Informatiker in dem Revier "wildern". Aber sei's drum.

    Die Realität sieht anscheinend so aus, daß der Informatiker einfach der nächste Ingenieur ist. Seine Maschine ist halt nicht der Baukran, der Verbrennungsmotor oder der Transformator, sondern der Computer.



  • Xin schrieb:

    Informatiker können alles ein bisschen. Ein Informatiker bekommt nicht mehr Mathe mit als ein Ingenieur, teilweise andere Themen.

    Über die Quantität lässt sich streiten, aber Informatiker lernen immerhin Beweise zu führen, während Ingenieure nur rechnen.

    Ich fragte mal einen Matheprof, wie weit unsere Mathekenntnisse im Vergleich zur gesamten Mathematik sind. Ob wir die Grundschule schon geschafft hätten. Er meinte, dass wir vielleicht die Vorschule erreicht hätten.

    Das ist eine merkwürdige Antwort. Die "gesamte Mathematik" ist sicherlich unendlich, unsere Kenntnisse davon werden nie mehr als eine Nullmenge davon umfassen.



  • scrub schrieb:

    Sehr verwirrend. Wieso ist jetzt jemand, der eine "Methode" entwickelt, plötzlich interdisziplinär? Deine Erklärng ließ mich eigentlich als Antwort erwarten: Er ist Informatiker. Naja, gut, daß ich nochmal nachgefragt habe...

    Um die Methode zu entwerfen, muss er Informationen haben: Materialkunde. Um die Simulation schreiben zu können, muss er die dafür notwendigen Gesetzmäßigkeiten kennen.
    Mit dem Wissen könnte er auch auf Papier rechnen und dann das Simulierte bauen: er überschreitet also sein Fachgebiet und arbeitet sich in einem anderen ein.

    Ich weiß, dass ich mehr als Ingenieur weiß, wenn es um Informationsverarbeitung geht. Aber ich weiß auch, dass ich weniger als ein Elektrotechnik-Ingenieur weiß, wenn es darum geht, irgendeine Platine (sinnvoll) zusammenzulöten.

    Ingenieure sind besser oder schlechter, weder qualitativ noch quantitativ, sie sind nur anders. Darum möchte ich als Repräsentation meiner beruflichen Spezialisierung nicht Ingenieur genannt werden, weil ich da eigentlich nur versagen kann und finde es richtig, dass Ingenieure sich nicht Informatiker nennen, weil sie nicht über das nötige Fachwissen verfügen. Wir würden uns gegenseitig die Qualität des Titels im jeweiligen Fachgebiet kaputt machen.
    Sonst wäre auch eine Hausfrau Ingenieurin, die die Wurst im Kühlschrank so aufeinander stellt, dass sie nicht umkippt und dabei jede Wurst gut erreichbar ist.

    scrub schrieb:

    Mir sind irgendwelche Grenzen eigentlich nicht so wichtig. Beim Doktorgrad wird halt in Deutschland eine scharfe Grenze gezogen- aber das einzige, was mich da überhaupt (und nur ganz wenig) stören würde, ist, daß man an meinem Grad nicht erkennen würde, woher ich komme (aus der Informatik halt). Für Ingenieure vielleicht auch nicht toll, daß da Informatiker in dem Revier "wildern". Aber sei's drum.

    Die Grenze sehe ich schon sehr scharf. Aber die Grenze ist vergleichbar mit der Grenze zwischen Energie und Materie. Rechne ich mit Masse, muss ich mich auch mit der Kraft beschäftigen, die dann auf den Lagerplatz drückt, damit das Haus nicht versinkt, das Schiff nicht auseinander bricht oder beim LKW die Achsen brechen. Im Alltag sind Energie und Materie klar getrennt, aber trotzdem arbeitet man in der Regel doch irgendwie mit beiden. Und genauso ist es mit der Information.

    scrub schrieb:

    Die Realität sieht anscheinend so aus, daß der Informatiker einfach der nächste Ingenieur ist. Seine Maschine ist halt nicht der Baukran, der Verbrennungsmotor oder der Transformator, sondern der Computer.

    Der Computer ist eine Möglichkeit... Nur weil wir heute fast überall einen Computer (Händi) dabei haben, heißt das aber nicht, dass wir sämtliche sonstige Informationsorganisation aufgeben würden. Es gibt immernoch Bücher mit Glossaren und Inhaltsverzeichnissen, wir schreiben Notizzettel, malen Graffitis, machen Fotos und sortieren unsere DVDs nach Filmname, Verpackung oder Studio.
    Die Informatik beschäftigt sich auch mit Dingen wie "Wie finde ich mein Auto im Flughafenparkhaus wieder?" oder wie finde ich überhaupt das Gate und wie kann man die Wege kurz halten?
    Das kann man mit Computern simulieren. Aber der Computer ist dabei nicht viel mehr als der Zollstock oder Lötkolben beim Ingenieur. Die fertige Information das Produkt.

    Bashar schrieb:

    Xin schrieb:

    Informatiker können alles ein bisschen. Ein Informatiker bekommt nicht mehr Mathe mit als ein Ingenieur, teilweise andere Themen.

    Über die Quantität lässt sich streiten, aber Informatiker lernen immerhin Beweise zu führen, während Ingenieure nur rechnen.

    Och, ich glaube, da braucht man nicht zu streiten. Ein Ingenieur hat in der Regel Abitur und da mussten wir auch Beweise führen.

    Bashar schrieb:

    Ich fragte mal einen Matheprof, wie weit unsere Mathekenntnisse im Vergleich zur gesamten Mathematik sind. Ob wir die Grundschule schon geschafft hätten. Er meinte, dass wir vielleicht die Vorschule erreicht hätten.

    Das ist eine merkwürdige Antwort. Die "gesamte Mathematik" ist sicherlich unendlich, unsere Kenntnisse davon werden nie mehr als eine Nullmenge davon umfassen.

    Ich denke, er hat mich schon richtig verstanden, dass ich das Verhältnis unseres Wissens als Informatiker (FH) zum Gesamtwissen erfragt habe. Den genauen Wortlaut der Frage, kann ich nun aber nicht mehr nennen 😉



  • Ich glaube, wir werden in dieser Diskussion keinen Konsens finden, zumindest nicht mit mir. Ich sehe zwar, was einige Leute hier für Standpunkte vertreten, teilweise liegen diese Standpunkte aber derart weit jenseits meiner eigenen Denkweise und meiner eigenen Erfahrungen, dass es aus meiner Sicht kein gemeinsames Fundament gibt, auf dem man sinnvoll mit einander kommunizieren kann.



  • Gregor schrieb:

    Ich glaube, wir werden in dieser Diskussion keinen Konsens finden, zumindest nicht mit mir. Ich sehe zwar, was einige Leute hier für Standpunkte vertreten, teilweise liegen diese Standpunkte aber derart weit jenseits meiner eigenen Denkweise und meiner eigenen Erfahrungen, dass es aus meiner Sicht kein gemeinsames Fundament gibt, auf dem man sinnvoll mit einander kommunizieren kann.

    Ich verstehe dieses Forum oftmals nicht. 🙂
    Was könnte ein langweiligeres Ziel einer Diskussion sein als Konsens?

    Ich sehe häufig, dass Menschen Standpunkte vertreten, die meinen eigenen widersprechen, wie ich auch Meinungen vertrete, die nicht meiner alltäglichen Erfahrung entsprechen, weil die alltäglichen Erfahrungen falsch sind. Von irgendwas muss die Bildzeitung ja auch leben: Nur weil es alltäglich ist, muss es ja nicht sinnvoll sein.

    Wenn wir aber alle gleicher Meinung wären, dann hätten wir kein gemeinsames Fundament auf dem man sinnvoll kommunizieren kann: Was gäbe es denn noch zu erörtern, wenn wir alle die gleiche Meinung hätten? Wie soll man sich weiterentwickeln, wenn wir alle auf dem gleichen Stand wären? Wir würden alle das gleiche tun und niemand würde sich an irgendwas stören, denn wir haben Konsens.

    Nur aus der Spannung unterschiedlicher Meinungen kann man die Kraft für einen Fortschritt erzielen.

    Wir müssen keinen Konsens finden, um eine gute und sinnvolle Diskussion zu führen. Wir müssen nur bereit sein, andere Perspektiven einzunehmen und zu schauen, ob man von dort aus etwas sehen kann, was man vom eigenen Standpunkt übersehen haben könnte. Das ist doch der Wert einer Diskussion: Zum Perspektivenwechsel inspiriert zu werden, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen. Man diskutiert doch nicht, um andere zu überzeugen, sondern, um eine Thematik anders präsentiert zu bekommen, um die Chance wahrzunehmen, Argumente zu erfahren, die man möglicherweise noch nicht berücksichtigt hat.
    Wenn nicht, ist es sinnvoll seinen Standpunkt zu behalten, statt sich zu bewegen, nur weil einer oder viele anderer Meinung sind. Erkennt man etwas Neues so hat man einen Fortschritt erreicht.

    Konsens oder gar Kompromiss, also Kommens aus Bequemlichkeit, wäre der Tod jeder Weiterentwicklung. Allgemeinen Konsens zu finden bedeutet, entweder am Ende angekommen zu sein oder nicht mehr weitergehen zu wollen.
    Was könnte es langweiligeres im Leben geben, als am Ende angekommen zu sein?


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