Ingenieure in der SW Entwicklung



  • Also bei mir an der FH gibt es aus genau dem Grund bei Elektrotechnik den Schwerpunkt "Technische Informatik", bei dem du im 1. und 2. Semester die Grundlagenfächer der Elektroingenieure lernen musst und im 3. und 4. Semester die Grundlagenfächer der Informatiker.
    Es haben sich 34 Leute für Energietechnik, 28 Leute für Nachrichtentechnik und 8 (inklusive mir) für Technische Informatik eingeschrieben, wobei von den 8 noch einmal 5 abgesprungen sind und ich nicht weiß, was aus den anderen beiden geworden ist. Also nicht sehr beliebt. 😃

    Angeblich hat man diesen Studiengang aber eingeführt, weil da genau dieses Problem mit dem Umstieg auf Informatik bzw. Ingenieurswesen besteht und alle sind sie entsetzt darüber, dass das keiner machen möchte. 🙄



  • Hm, meine Erfahrung ist, dass Informatiker im mathematischen Bereich einen umfassenderen Background haben als die meisten Ingeneure. Immerhin ist die Informatik aus der Mathematik hervor gegangen. Wenn ich mich mit Freunden, die Mathematik studiert haben unterhalte, stelle ich auch immer wieder fest, das "angewandte Mathematik" und "theoretische Informatik" sich recht ähnlich sind.

    Ich hatte es immer als eine der Stärken von Informatikern angesehen sich eben in andere Fachbereiche soweit einzuarbeiten zu können um die Zusammenhänge in "guten" Code umzusetzen.

    Aber für mich ist auch Informatik != Softwareentwicklung ⚠



  • Meiner Meinung nach ist Informatik ein sehr breites Gebiet. Entsprechend kriegt man im Studium einen Einblick in viele Teilgebieten der Informatik, die untereinander aber nicht besonders stark verbunden sind. Physik ist demgegenüber ein Gebiet, bei dem es sehr in die Tiefe geht. Viele Teilbereiche bauen dort auf einander auf. Mathematik wird in allen Bereichen der Physik stark benötigt und es handelt sich nur teilweise um die gleiche Mathematik, die man im Informatikstudium lernt. Wenn ein Ingenieursgebiet dann nah an der Physik ist, wie zum Beispiel die E-Technik, dann haben die Leute dort auch einen entsprechend tiefen Einblick in die Materie. Da kommt man nicht einfach so rein, weil man, um Z zu lernen, erst mal X und Y lernen muss. Zum Programmieren ist das meistens nicht der Fall. Da braucht man entsprechende Querbezüge in der Informatik erst, wenn es sehr komplex wird. Für viele einfache Programmieraufgaben muss man nicht mal etwas von dynamischen Datenstrukturen wissen.

    Schlangenmensch schrieb:

    Hm, meine Erfahrung ist, dass Informatiker im mathematischen Bereich einen umfassenderen Background haben als die meisten Ingeneure. Immerhin ist die Informatik aus der Mathematik hervor gegangen. Wenn ich mich mit Freunden, die Mathematik studiert haben unterhalte, stelle ich auch immer wieder fest, das "angewandte Mathematik" und "theoretische Informatik" sich recht ähnlich sind.

    Ich hatte es immer als eine der Stärken von Informatikern angesehen sich eben in andere Fachbereiche soweit einzuarbeiten zu können um die Zusammenhänge in "guten" Code umzusetzen.

    Aber für mich ist auch Informatik != Softwareentwicklung ⚠

    Wie oben geschrieben: Ich habe da glaube ich einen etwas anderen Blick auf die Informatik entwickelt. Ich sehe auch nicht, dass Theoretische Informatik, also zum Beispiel Komplexitätstheorie, sehr viel mit Angewandter Mathematik zu tun hat (wobei die Betonung hier auf "angewandter" liegt). Es mag aber Bereiche der Theoretsichen Informatik geben, die man unter so einem Gesichtspunkt sehen kann.

    Wer ein Studium in der Informatik durchzieht, hat sicherlich gelernt, sich in viele unterschiedliche Gebiete einzuarbeiten. Es gibt aber auch Gebiete, die einfach aus sich heraus eine extrem hohe Einarbeitungshürde bieten. Insbesondere mathematisch sehr anspruchsvolle Gebiete. In so einem Fall ist es dann häufig naheligender, dass sich jemand aus diesem Gebiet die benötigten Informatikkenntnisse aneignet als andersherum. Die Fähigkeit, sich in andere Gebiete einzuarbeiten, haben Informatiker nicht exklusiv. Und kleinere Programmieraufgaben macht man überall (auch in Ingenieursstudiengängen), so dass sowieso jeder meint, er könne sehr gut programmieren und auch entsprechend auftritt.

    Unabhängig davon ob in einem bestimmten Fach viel oder wenig Mathematik benötigt wird: Man sollte davon ausgehen, dass die Leute, die in diesem Gebiet arbeiten, die benötigte Mathematik kennen. Wenn sich jemand neu in ein Gebiet einarbeitet, kann das auch der Fall sein, man muss aber nicht unbedingt davon ausgehen können.



  • muemmel schrieb:

    Informatik ist einfach nur die Lehre, wie man einen gegebenen Sachverhalt mit den Mitteln der Programmiersprache abstrahiert und umsetzt. Drum müssen sich die Fachkollegen am Anfang auch mit den Softwareentwicklern zusammensetzen und genau beschreiben, was sie wollen, ...

    Und hier sagen dann die Fachkollegen "nein danke, bis die Informatiker verstanden haben, was wir brauchen, haben wir es längst irgendwie selber programmiert."

    Wenn man von der praktischen Anwendung nichts versteht und auch nichts verstehen will (weil es angeblich Sache der Fachkollegen ist, einem das vorzukauen), ist man "Theoretischer Informatiker" und sollte Theorie treiben und von Softwareentwicklung die Finger lassen.

    Die Praktischen oder Technischen Informatiker sind von den Ingenieuren (mit Software-Fachgebiet) gar nicht so weit entfernt. Das Zeug zum Softwareentwickler haben beide.



  • HansKlaus schrieb:

    Also bei mir an der FH gibt es aus genau dem Grund bei Elektrotechnik den Schwerpunkt "Technische Informatik", ....
    Es haben sich ... 8 (inklusive mir) für Technische Informatik eingeschrieben, wobei von den 8 noch einmal 5 abgesprungen sind und ich nicht weiß, was aus den anderen beiden geworden ist. Also nicht sehr beliebt. 😃

    Angeblich hat man diesen Studiengang aber eingeführt, weil da genau dieses Problem mit dem Umstieg auf Informatik bzw. Ingenieurswesen besteht und alle sind sie entsetzt darüber, dass das keiner machen möchte. 🙄

    Keine Ahnung, warum das an deiner FH so ist. Es ist aber kein grundsätzliches Problem. An einer Hochschule, die ich kenne, ist TI ein florierender Studiengang, und die Absolventen sind gefragte Leute.



  • Printe schrieb:

    Wenn man von der praktischen Anwendung nichts versteht und auch nichts verstehen will (weil es angeblich Sache der Fachkollegen ist, einem das vorzukauen), ist man "Theoretischer Informatiker" und sollte Theorie treiben und von Softwareentwicklung die Finger lassen.

    Wie kommt man denn bitte sonst an Informationen zum Prozessablauf der einzelnen Kunden? - Woher soll der Softwareentwickler wissen, welche Abläufe er im Code abbilden muss, wenn er den Prozess nicht kennt?

    Natürlich muss ein Fachkundiger den Prozess erläutern. Sei es über Meetings oder über ein Lastenheft. - Fakt ist, es würde keine Software-Dienstleister geben, wenn man deiner Denke folgt. Denn dann würden alle ihr eigenes Brot backen, weil die die Softwareentwickler sein sollten deiner Ansicht nach theoretische Informatiker sind.



  • inflames2k schrieb:

    Printe schrieb:

    Wenn man von der praktischen Anwendung nichts versteht und auch nichts verstehen will (weil es angeblich Sache der Fachkollegen ist, einem das vorzukauen), ist man "Theoretischer Informatiker" und sollte Theorie treiben und von Softwareentwicklung die Finger lassen.

    Wie kommt man denn bitte sonst an Informationen zum Prozessablauf der einzelnen Kunden? - Woher soll der Softwareentwickler wissen, welche Abläufe er im Code abbilden muss, wenn er den Prozess nicht kennt?

    Er muss sich halt mit den Grundlagen vertraut machen. Oben ging es um Embedded-Software für Akku-Ladesysteme, und dass der Softwareentwickler selbst mit so Grundbegriffen wie Impedanz und Brückenschaltung überfordert war. Selbstverständlich muss man Ahnung von Leistungselektronik haben, wenn man solche Software entwickeln will. Nicht bis ins allerletzte, nicht so weit wie der, der die Elektronik baut, aber eben genug, um die Vorgänge verstehen und nachvollziehen zu können.

    Man kann nicht erwarten, dass der Elektronikingenieur ein "Akkus laden für Dummies"-Handbuch schreibt, nur weil der Softwerker meint, von Elektronik nichts verstehen zu müssen.

    Wenn ich eine Maschinensteuerung programmieren will, muss ich die Funktionen der Maschine kennen. Dann kann ich nicht dem Mechaniker sagen "sag mir, was hier passieren soll, sag mir, was da passieren soll" und das dann blind runterprogrammieren. Damit fahre ich die Maschine garantiert zu Klump.

    Natürlich muss ein Fachkundiger den Prozess erläutern.

    Natürlich. Aber er kann sich nicht in den Softwerker hineinversetzen (wenn er das könnte, könnte er die Software auch selber schreiben). Also muss der Softwerker dafür sorgen, dass er die Sprache des Fachkundigen spricht und genug von der Materie versteht, um die wichtigen Informationen zu erhalten.

    Fakt ist, es würde keine Software-Dienstleister geben, wenn man deiner Denke folgt.

    "Fakt ist", dass genau das oft der Grund ist, wenn der Auftraggeber mit der Software-Dienstleistungen am Ende unzufrieden ist: Wenn der Entwickler gemeint hat, er müsste die Aufgabe nicht verstehen, sondern nur abarbeiten.



  • Das Gespräch mit dem Fachkundigen (jetzt mal unabhängig vom Themengebiet) soll ja ganz klar Abgrenzen was umgesetzt wird und was nicht. - Natürlich muss sich der Softwareentwickler oder eher der Projektleiter / beauftragte mit der Materie beschäftigen. Grundlagen kann er selber erarbeiten. Details muss der Fachmann bereitstellen.



  • Gregor schrieb:

    Wie oben geschrieben: Ich habe da glaube ich einen etwas anderen Blick auf die Informatik entwickelt. Ich sehe auch nicht, dass Theoretische Informatik, also zum Beispiel Komplexitätstheorie, sehr viel mit Angewandter Mathematik zu tun hat (wobei die Betonung hier auf "angewandter" liegt). Es mag aber Bereiche der Theoretsichen Informatik geben, die man unter so einem Gesichtspunkt sehen kann.

    Mein Subjektiver Einblick ist da natürlich beschränkt, aber von den Inhalten, die befreundete Mathematiker an der Uni Bonn in angewandter Mathematik gemacht haben, und die ich in theoretischer Informatik gemacht haben, gibt es da eine recht große Ähnlichkeit.

    Um noch was zu der allgemeinen Diskussion beizutragen, ob und wie weit man als Informatiker die Prozesse verstehen muss, die man abbildet. Von mir aus, ein klares ja! Viele Softwaredienstleister, die ich kenne, bekommen ihre Aufträge meißtens auch aus ähnlichen Branchen.
    Und, ich muss Prozesse Verstehen um die algorithmisch optimieren zu können. Wenn ich nur vorgegebene Formeln runter programmiere, kann das wirklich fast jeder, der mal ein Programmier Buch gelesen hat.


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