Lesenswerte Argumentation (Zwischenfall AKW Schweden)



  • ChrisM schrieb:

    ja, das anthropogene CO2 meinte ich ja auch. Man muss sich nur mal die Größenordnungen vor Auge führen. Bei Naturkatastrophen, beispielsweise einem Vulkanausbruch, werden riesige Mengen CO2 freigesetzt, wahrscheinlich viel mehr, als es der Mensch es in einem ganzen Jahr tut.

    Da hast du recht. Aber das ist ja kein Argument gegen die These, dass CO2 die Erwärmung beschleunigt. Ansonsten müsstest du der Natur ja einen Selbstschutzmechanismus unterstellen.

    Bei einem chaotischen System kann man lediglich sagen, dass ein Einfluss vorhanden ist.

    Äh? Wenn man Einfluss auf ein chaotisches System nachweisen kann, dann ist das System doch nicht chaotisch. Zumindest folgere ich das mal aus meiner Logik.



  • kingruedi schrieb:

    Wenn man Einfluss auf ein chaotisches System nachweisen kann, dann ist das System doch nicht chaotisch. Zumindest folgere ich das mal aus meiner Logik.

    Ich bin zwar in der Chaostheorie nicht unbeding bewandert, aber allein das Wissen, dass irgendetwas auf ein System wirkt, muss nicht hinreichend für ein nicht-chaotisches System sein.

    Greetz, Swordfish



  • Zurück zum AKW in Schweden (vll sollte man den Thread mal aufteilen :))

    volkard schrieb:

    TGGC schrieb:

    Das eigentlich eine ziemlich wage formuliert. Wieviele der Aggregate hätte man denn gebraucht, damit die Kühlung noch funktioniert? Eines oder zwei? Dass müsste man erstmal wissen sonst kann man die Sache überhaupt nicht bewerten. Ich brauch hier ja sicher nicht erklären, was vierfache Sicherheit u.ä. bedeuten würde. f'`8k

    anzunehmen ist wohl, daß eins gereicht hätte. so hätten du und ich sie ausgelegt, oder?
    .was hätte man machen müssen, wenn alle 4 ausgefallen wären? wieviele minuten hat man, um durch feuerwehr, kathastropenschutz, polizei und armee für zusatzkühlng oder externen strom zu sorgen? wie lange dauert die reparatur eines aggregats oder irgendeine überbrückung (immerhin hängt ein stromkraftwerk meistens am netz)?

    http://www.ski.se/dynamaster/file_archive/060803/33cd15dfe7e3739372aa77bbc24f96b0/RASK-report english.pdf

    Der offizielle Bericht des SKI über den Vorfall. Sicher lesenswerter als den Mix von Interpretationen auf Spiegel.de.

    A number of conditions in the safety trains (in system 516, the reactor protection system) tripped: several scram conditions, I-isolation and N-chain. The reactor scram could be seen through WRNM even though the indication for control rod positions was unclear due to the unit partly having lost its power supply.
    [...]
    The display of the reactor level was ambiguous since some actuators were not active due to loss of power.
    [...]
    After 23 minutes the shift team realized that there was a possibility to manually restart the two diesels that had stopped, and after this the situation was quite quickly stabilized.
    [...]
    SKI concludes that the event badly affected important redundant components, namely the
    DC/AC inverters for feeding of the battery secured 500 kV-bus bar from a UPS
    (Uninterrupted Power Supply). This means that this is a common cause failure event. If the other two subs had been knocked out as well this would have led to a total loss of power, including the battery secured net. This is a more severe case than was anticipated in the Safety analysis report. During the visit there was no obvious direct cause for two subs being knocked out, whereas the other two were not.
    [...]
    The 70 kV-net was probably instable. This is to be confirmed by SVK. The instable voltage in the 70 kV-net led to the 6 kV-net also being unstable. When automatic switch tried to connect the 500 V-net the 6 kV-net was too unstable, and automatic switch then tried to feed the 500 V-net from the diesels. It is essential that a complete picture of the steps in the event be put together and confirmed.

    The reason for two of the battery secured bus bars being knocked out is, according to the primary analysis, that the voltage transient tripped the rectifier as well as the inverter, which according to the utility FKA is due to incorrect design. The inverter should have been in operation to make the batteries feed the 500 kV-net. The tuning of the protective devices should be done in such a way that these trip selectively, so that the DC/AC-converter for battery voltage to the 500 kV-net is protected.

    Wenn ich das richtig verstehe hatten die mit nur 2 aktivierten Generatoren noch nicht einmal genug Energie um aussreichende und verlässliche Informationen über den Reaktor zu erhalten. Erst nach 23 Minuten viel denen auf, dass sie doch mal die 2 Generatoren aktivieren könnten die versagt haben!

    Und die Generatoren waren wohl die Absicherung des Batterie betriebenen UPS. Sprich man ist durch die erste Sicherung (Batterien) gerauscht und die nächste hat nur zu 50% Funktioniert. Hätten die es also nicht geschafft die zweite Stufe auf 100% zu bringen, wäre das Ding vermutlich hoch gegangen!

    (Wobei ich nicht weiß was das 70 kV-net ist. Ob es eine weitere Absicherung darstellt.)

    Ui ui ui, dass hört sich nicht gut an.



  • Also, was Atomtechnik angeht muss man ja auch sehen,
    was mit den ganzen Abfällen aus den heutigen Kraftwerken geschehen
    soll, der ist nämlich auch nicht unerheblich. Zu dem man ihn wohl einige
    Jahre lagern muss, weil noch haben wir keine Technik um ihn einfach in die
    Sonne zu schiessen, oder auf der Erde in einem Fusionsreaktor zu verheizen.
    Ins Meer kippen geht nicht, und einfach vor der Haustüre vergraben
    ist auch was schwer.
    Letztendlich bleiben nur regenerative Energien übrig, die ein einigen Jahren
    dann den Hauptbedarf an Strom liefern müssen.

    Daneben werden wohl in 50 Jahren die ersten richtigen Fusionskraftwerke
    möglich sein, das sollte wohl die Energieprobleme entgültig beheben.

    Wenn ich das richtig verstehe hatten die mit nur 2 aktivierten Generatoren noch nicht einmal genug Energie um aussreichende und verlässliche Informationen über den Reaktor zu erhalten. Erst nach 23 Minuten viel denen auf, dass sie doch mal die 2 Generatoren aktivieren könnten die versagt haben!

    Noch schlimmer, da hat sich jemand einfach so über das Notfallprotokol hinweggesetzt.
    Da steht nämlich drin, das man eine halbe Stunde lang nix manuelles machen darf,
    das heisst, er hätte eigentlich noch 7 Minuten warten müssen...

    phlox



  • Was ich da rauslese ist: Sofort nach dem Kurzschluss gab es eine partielle Notabschaltung und kurz darauf eine komplette Notabschaltung. Dies war auch ohne die elektrische Anzeigen zu sehen. Kühlwasser wurde in den Reaktor gepumpt. Nur 2 der vier Dieselgeneratoren liefen, wodurch nich mehr alle elektronischen Anzeigen über den Reaktor verfügbar waren. Nach 23 Minuten wurden die restlichen 2 Generatoren getartet. f'`8k

    Gruß, TGGC (\-/ returns)



  • phlox81 schrieb:

    Letztendlich bleiben nur regenerative Energien übrig, die ein einigen Jahren dann den Hauptbedarf an Strom liefern müssen.

    du meinstest sicherlich:
    Fakt ist, daß letztendlich nur regenerative Energien übrig bleiben, die ein einigen Jahren dann den Hauptbedarf an Strom liefern müssen.



  • phlox81 schrieb:

    Daneben werden wohl in 50 Jahren die ersten richtigen Fusionskraftwerke möglich sein, das sollte wohl die Energieprobleme entgültig beheben.

    muß man die fusionsreaktoren nicht auch alle 50 jahre ersetzen und sich dann fragen, wo man kilotonnen von verstraktem beton hinmacht? da war doch irgendsowas, wenn ich mich recht erinnere.



  • Ich muss noch eine Anmerkung los werden:

    Leichwasserreaktoren sind stabile Systeme. Schnelle Neutronen können keine Spaltung hervorrufen. Daher wird ein Moderator eingesetzt um die Neutronen zu bremsen. In Leichtwasserreaktoren wird hierfür Wasser eingesetzt. Wenn es nun im Reaktor zu heiß wird, bilden sich irgendwann Dampfblasen und das Wasser kann die Funktion als Moderator nicht mehr ausüben. Daher werden die schnellen Neutronen nicht mehr ausreichend gebremst. Daher sind nur noch wenige Neutronen zum Spalten von Kernen in der Lage sodass weniger Energie durch das Spalten frei wird.

    Natürlich gibt es auch andere Nationen, welche der Ansicht waren, dass
    a) Reaktoren in Werkshallen unterzubringen sind und
    b) Man Uran nicht anreichern muss

    zu b ist zu sagen, dass nicht angereichertes Uran sich nicht eignet in Leichtwasserreaktoren verfeuert zu werden. Daher haben die Russen auch Kohlenstoff als Moderator eingesetzt. Leider hat Kohlenstoff die Eigenschaft auch noch bei großer Hitze gut zu moderieren(neben einigen weiteren Problemen). Was dabei rum kommt, kann man heute in der Ukraine bestaunen.



  • volkard schrieb:

    phlox81 schrieb:

    Daneben werden wohl in 50 Jahren die ersten richtigen Fusionskraftwerke möglich sein, das sollte wohl die Energieprobleme entgültig beheben.

    muß man die fusionsreaktoren nicht auch alle 50 jahre ersetzen und sich dann fragen, wo man kilotonnen von verstraktem beton hinmacht? da war doch irgendsowas, wenn ich mich recht erinnere.

    Hm, reicht dann nicht ein

    delete Fusionskraftwerk;?
    

    Ok, irgendwie wird man die dann auch entsorgen müssen, aber mit weitweniger
    Abfall und Risiko.

    Wenn wir mal erst mehr von Nanoröhren verstehen, können
    wir ja auch evtl. Windräder in die Jetstreams hängen, und die Energie
    per Laser auf den Boden übertragen...

    Und Konzepte für gute regenerative Kraftwerke gibt es genügend, nur das da halt
    nicht soviel interesse von den Stromkonzernen drin ist, da vieles dann dezentrale
    evtl. sogar private Kraftwerke sind... (OMG man verliert das Monopol... 🙄 )



  • Hm, reicht dann nicht ein

    delete Fusionskraftwerk;?
    

    Ok, irgendwie wird man die dann auch entsorgen müssen, aber mit weitweniger
    Abfall und Risiko.

    Wenn wir mal erst mehr von Nanoröhren verstehen, können
    wir ja auch evtl. Windräder in die Jetstreams hängen, und die Energie
    per Laser auf den Boden übertragen...
    Wenn wir mal erst mehr von Nanoröhren verstehen, können
    wir ja auch evtl. Windräder in die Jetstreams hängen, und die Energie
    per Laser auf den Boden übertragen...

    Das ist es, was du sagst....



  • volkard schrieb:

    phlox81 schrieb:

    Daneben werden wohl in 50 Jahren die ersten richtigen Fusionskraftwerke möglich sein, das sollte wohl die Energieprobleme entgültig beheben.

    muß man die fusionsreaktoren nicht auch alle 50 jahre ersetzen und sich dann fragen, wo man kilotonnen von verstraktem beton hinmacht? da war doch irgendsowas, wenn ich mich recht erinnere.

    Die Reaktorteile sind verstrahlt, jedoch mit einer vergleichsweise geringen Halbwertszeit von ein paar hundert Jahren. Das Reaktionsprodukt ist bei den meisten Bauweisen Tritium mit nur etwa 12 Jahren Halbwertszeit, das ist also wirklich kein Problem zum Endlagern und wohl auch der größte Anteil am Müll, der anfällt.

    Jedenfalls ist die Strahlungsmüll-Problematik bei Kernfusionsreaktoren schon reichlich geringer. Man sagt nach 10 Halbwertszeiten ist der Müll ungefährlich, 120 Jahre lang ein bisschen Müll zu lagern dürfte schon machbar sein (das ist Fakt 😉 ).

    Warum diese Reaktoren sicherer sind, habe ich nicht vollständig verstanden. Es ist wohl nicht trivial, die Kernfusion aufrecht zu erhalten (und überhaupt erst in Gang zu bringen), man hat also kein System, dass sich selber immer weiter anheizt.



  • Optimizer schrieb:

    man hat also kein System, dass sich selber immer weiter anheizt.

    Das hat mein bei diesem Reaktor in Schweden auch nicht. f'`8k

    Gruß, TGGC (\-/ returns)



  • Optimizer schrieb:

    Jedenfalls ist die Strahlungsmüll-Problematik bei Kernfusionsreaktoren schon reichlich geringer. Man sagt nach 10 Halbwertszeiten ist der Müll ungefährlich, 120 Jahre lang ein bisschen Müll zu lagern dürfte schon machbar sein (das ist Fakt 😉 ).

    Warum diese Reaktoren sicherer sind, habe ich nicht vollständig verstanden. Es ist wohl nicht trivial, die Kernfusion aufrecht zu erhalten (und überhaupt erst in Gang zu bringen), man hat also kein System, dass sich selber immer weiter anheizt.

    👍
    leuchtet mir ein. thx.



  • TGGC schrieb:

    Optimizer schrieb:

    man hat also kein System, dass sich selber immer weiter anheizt.

    Das hat mein bei diesem Reaktor in Schweden auch nicht. f'`8k

    Gruß, TGGC (\-/ returns)

    Du spielst sicher darauf an, dass in einem Siedewasserreaktor bei großer Wärmeentwicklung der Moderator verdampft und damit die Reaktion zum Erliegen kommt. Es ist allerdings schon fraglich, ob man damit eine Kernschmelze verhindern kann, denn es dauert eine ganze Zeit, bis dieser Mechanismus wirkt. Es ist richtig, dass das System selbstregelnd ist, aber auf einen kompletten Ausfall der Kühlung ist es nicht vorbereitet. Wenn (unwahrscheinlicherweise) alle Kühlsysteme ausfallen, kann es schon passieren, dass der Kern vorher durchschmilzt, da in den Brennstäben auch Kernspaltungen unabhängig vom Moderator stattfinden und Nachzerfallswärme erzeugen.

    Ich weiß aber nicht, warum dieses Problem beim Fusionsreaktor scheinbar nicht existiert. Anscheinend ist es dort möglich, alle Reaktionen sofort zu stoppen.



  • Das Plasma eines Fusionsreaktors wird durchaus geheizt, damit es fusionieren kann. Üblicherweise wird es, um Kontakt zur Reaktorwand zu vermeiden, durch ein Magnetfeld gehalten.
    Ein unkontrollierter Zustand tritt nur ein, wenn dieses Magnetfeld das Plasma nicht mehr halten kann (Steuerungsfehler usw.). Was passiert in diesem Fall? Das heiße Plasma, allerdings insgesamt nur mit der Masse weniger Zehntelgramm, kommt in Kontakt zur Reaktorwand- dort kühlt es sofort ab, die Fusion wird gestoppt.



  • Optimizer schrieb:

    Du spielst sicher darauf an, dass in einem Siedewasserreaktor bei großer Wärmeentwicklung der Moderator verdampft und damit die Reaktion zum Erliegen kommt.

    Nicht nur. Auch die Steuerstäbe werden gegen ihr eigenes Gewicht durch Elektromotoren aus dem Reaktorkern gezogen. Ohne Stromzufuhr bricht die Kettenreaktion ab. f'`8k

    Gruß, TGGC (\-/ returns)



  • Der Vorfall hat übrigens die INES 2, na wenn man nicht näher an die Kernschmelze herankommen kann, dann gibts ja kein Problem. f'`8k

    Gruß, TGGC (\-/ returns)


  • Mod

    Das ist doch überhaupt die Frage, da über der technischen Problematik die verdammte Ideologie hängt.

    Nämlich das hier "Ein Angestellter des Kraftwerks sagte schwedischen Zeitungen, dass ein Reaktor kurz vor der Kernschmelze gestanden habe."

    Folgt daraus, daß ohne die angesprungen Dieselgeneratoren nun die Kernschmelze eingetreten wäre oder nicht?

    Oder hat man sich nur sehr nahe an diesen Punkt angenähert, er hätte sich aber trotzdem - wegen systeminherenter Sicherheit - nicht einstellen können?

    Letztlich war wohl die Anlage "nur" ohne Überwachung, da kein Strom, also gab es keinerlei Meß- und Visualisierungsdaten. Ist das System aber inherent sicher, ist dieser Zustand zwar unangenehm für den Leitstand, aber trotzdem kann nichts mit dem Reaktor passieren (ok, er wird vielleicht beschädigt, aber er geht nicht durch).



  • TGGC schrieb:

    Der Vorfall hat übrigens die INES 2, na wenn man nicht näher an die Kernschmelze herankommen kann, dann gibts ja kein Problem. f'`8k

    *LOL*

    Marc++us schrieb:

    Folgt daraus, daß ohne die angesprungen Dieselgeneratoren nun die Kernschmelze eingetreten wäre oder nicht?
    Oder hat man sich nur sehr nahe an diesen Punkt angenähert, er hätte sich aber trotzdem - wegen systeminherenter Sicherheit - nicht einstellen können?

    Mein Gefühl (Zeitungsberichte, Berichterstattung TV) sagt mir, dass es ohne die beiden Dieselgeneratoren böse ausgesehen hätte.

    Greetz, Swordfish



  • Der SKI Bericht sagt ja folgendes

    If the other two subs had been knocked out as well this would have led to a total loss of power, including the battery secured net.

    Sprich die waren kurz davor gar kein Strom in der Anlage zu haben. Kein Strom für Kühlung, kein Strom um die Brennstäbe zu entfernen.

    Problematisch ist dann die Nachzerfallswärme. Nur weil sich die Brennstäbe automatisch entfernen (SCRAM), wird ja immerhin noch eine enorme Wärme weiter produziert, die abgeführt werden muss. Aber das scheint ja in den 23 Minuten durch den geringen Strom gefährdet gewesen zu sein.

    Schaut euch mal den Unfall auf Three Mile Island an. Da wurden die Brennstäbe auch automatisch entfernt. Dennoch hat die Nachzerfallswärme das Ding noch so aufgeheizt, dass es zur Kernschmelze kam (nach dem die Kühlung durch die Wärme "runtergefahren" wurde).


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