Lesenswerte Argumentation (Zwischenfall AKW Schweden)



  • Ich muss noch eine Anmerkung los werden:

    Leichwasserreaktoren sind stabile Systeme. Schnelle Neutronen können keine Spaltung hervorrufen. Daher wird ein Moderator eingesetzt um die Neutronen zu bremsen. In Leichtwasserreaktoren wird hierfür Wasser eingesetzt. Wenn es nun im Reaktor zu heiß wird, bilden sich irgendwann Dampfblasen und das Wasser kann die Funktion als Moderator nicht mehr ausüben. Daher werden die schnellen Neutronen nicht mehr ausreichend gebremst. Daher sind nur noch wenige Neutronen zum Spalten von Kernen in der Lage sodass weniger Energie durch das Spalten frei wird.

    Natürlich gibt es auch andere Nationen, welche der Ansicht waren, dass
    a) Reaktoren in Werkshallen unterzubringen sind und
    b) Man Uran nicht anreichern muss

    zu b ist zu sagen, dass nicht angereichertes Uran sich nicht eignet in Leichtwasserreaktoren verfeuert zu werden. Daher haben die Russen auch Kohlenstoff als Moderator eingesetzt. Leider hat Kohlenstoff die Eigenschaft auch noch bei großer Hitze gut zu moderieren(neben einigen weiteren Problemen). Was dabei rum kommt, kann man heute in der Ukraine bestaunen.



  • volkard schrieb:

    phlox81 schrieb:

    Daneben werden wohl in 50 Jahren die ersten richtigen Fusionskraftwerke möglich sein, das sollte wohl die Energieprobleme entgültig beheben.

    muß man die fusionsreaktoren nicht auch alle 50 jahre ersetzen und sich dann fragen, wo man kilotonnen von verstraktem beton hinmacht? da war doch irgendsowas, wenn ich mich recht erinnere.

    Hm, reicht dann nicht ein

    delete Fusionskraftwerk;?
    

    Ok, irgendwie wird man die dann auch entsorgen müssen, aber mit weitweniger
    Abfall und Risiko.

    Wenn wir mal erst mehr von Nanoröhren verstehen, können
    wir ja auch evtl. Windräder in die Jetstreams hängen, und die Energie
    per Laser auf den Boden übertragen...

    Und Konzepte für gute regenerative Kraftwerke gibt es genügend, nur das da halt
    nicht soviel interesse von den Stromkonzernen drin ist, da vieles dann dezentrale
    evtl. sogar private Kraftwerke sind... (OMG man verliert das Monopol... 🙄 )



  • Hm, reicht dann nicht ein

    delete Fusionskraftwerk;?
    

    Ok, irgendwie wird man die dann auch entsorgen müssen, aber mit weitweniger
    Abfall und Risiko.

    Wenn wir mal erst mehr von Nanoröhren verstehen, können
    wir ja auch evtl. Windräder in die Jetstreams hängen, und die Energie
    per Laser auf den Boden übertragen...
    Wenn wir mal erst mehr von Nanoröhren verstehen, können
    wir ja auch evtl. Windräder in die Jetstreams hängen, und die Energie
    per Laser auf den Boden übertragen...

    Das ist es, was du sagst....



  • volkard schrieb:

    phlox81 schrieb:

    Daneben werden wohl in 50 Jahren die ersten richtigen Fusionskraftwerke möglich sein, das sollte wohl die Energieprobleme entgültig beheben.

    muß man die fusionsreaktoren nicht auch alle 50 jahre ersetzen und sich dann fragen, wo man kilotonnen von verstraktem beton hinmacht? da war doch irgendsowas, wenn ich mich recht erinnere.

    Die Reaktorteile sind verstrahlt, jedoch mit einer vergleichsweise geringen Halbwertszeit von ein paar hundert Jahren. Das Reaktionsprodukt ist bei den meisten Bauweisen Tritium mit nur etwa 12 Jahren Halbwertszeit, das ist also wirklich kein Problem zum Endlagern und wohl auch der größte Anteil am Müll, der anfällt.

    Jedenfalls ist die Strahlungsmüll-Problematik bei Kernfusionsreaktoren schon reichlich geringer. Man sagt nach 10 Halbwertszeiten ist der Müll ungefährlich, 120 Jahre lang ein bisschen Müll zu lagern dürfte schon machbar sein (das ist Fakt 😉 ).

    Warum diese Reaktoren sicherer sind, habe ich nicht vollständig verstanden. Es ist wohl nicht trivial, die Kernfusion aufrecht zu erhalten (und überhaupt erst in Gang zu bringen), man hat also kein System, dass sich selber immer weiter anheizt.



  • Optimizer schrieb:

    man hat also kein System, dass sich selber immer weiter anheizt.

    Das hat mein bei diesem Reaktor in Schweden auch nicht. f'`8k

    Gruß, TGGC (\-/ returns)



  • Optimizer schrieb:

    Jedenfalls ist die Strahlungsmüll-Problematik bei Kernfusionsreaktoren schon reichlich geringer. Man sagt nach 10 Halbwertszeiten ist der Müll ungefährlich, 120 Jahre lang ein bisschen Müll zu lagern dürfte schon machbar sein (das ist Fakt 😉 ).

    Warum diese Reaktoren sicherer sind, habe ich nicht vollständig verstanden. Es ist wohl nicht trivial, die Kernfusion aufrecht zu erhalten (und überhaupt erst in Gang zu bringen), man hat also kein System, dass sich selber immer weiter anheizt.

    👍
    leuchtet mir ein. thx.



  • TGGC schrieb:

    Optimizer schrieb:

    man hat also kein System, dass sich selber immer weiter anheizt.

    Das hat mein bei diesem Reaktor in Schweden auch nicht. f'`8k

    Gruß, TGGC (\-/ returns)

    Du spielst sicher darauf an, dass in einem Siedewasserreaktor bei großer Wärmeentwicklung der Moderator verdampft und damit die Reaktion zum Erliegen kommt. Es ist allerdings schon fraglich, ob man damit eine Kernschmelze verhindern kann, denn es dauert eine ganze Zeit, bis dieser Mechanismus wirkt. Es ist richtig, dass das System selbstregelnd ist, aber auf einen kompletten Ausfall der Kühlung ist es nicht vorbereitet. Wenn (unwahrscheinlicherweise) alle Kühlsysteme ausfallen, kann es schon passieren, dass der Kern vorher durchschmilzt, da in den Brennstäben auch Kernspaltungen unabhängig vom Moderator stattfinden und Nachzerfallswärme erzeugen.

    Ich weiß aber nicht, warum dieses Problem beim Fusionsreaktor scheinbar nicht existiert. Anscheinend ist es dort möglich, alle Reaktionen sofort zu stoppen.



  • Das Plasma eines Fusionsreaktors wird durchaus geheizt, damit es fusionieren kann. Üblicherweise wird es, um Kontakt zur Reaktorwand zu vermeiden, durch ein Magnetfeld gehalten.
    Ein unkontrollierter Zustand tritt nur ein, wenn dieses Magnetfeld das Plasma nicht mehr halten kann (Steuerungsfehler usw.). Was passiert in diesem Fall? Das heiße Plasma, allerdings insgesamt nur mit der Masse weniger Zehntelgramm, kommt in Kontakt zur Reaktorwand- dort kühlt es sofort ab, die Fusion wird gestoppt.



  • Optimizer schrieb:

    Du spielst sicher darauf an, dass in einem Siedewasserreaktor bei großer Wärmeentwicklung der Moderator verdampft und damit die Reaktion zum Erliegen kommt.

    Nicht nur. Auch die Steuerstäbe werden gegen ihr eigenes Gewicht durch Elektromotoren aus dem Reaktorkern gezogen. Ohne Stromzufuhr bricht die Kettenreaktion ab. f'`8k

    Gruß, TGGC (\-/ returns)



  • Der Vorfall hat übrigens die INES 2, na wenn man nicht näher an die Kernschmelze herankommen kann, dann gibts ja kein Problem. f'`8k

    Gruß, TGGC (\-/ returns)


  • Mod

    Das ist doch überhaupt die Frage, da über der technischen Problematik die verdammte Ideologie hängt.

    Nämlich das hier "Ein Angestellter des Kraftwerks sagte schwedischen Zeitungen, dass ein Reaktor kurz vor der Kernschmelze gestanden habe."

    Folgt daraus, daß ohne die angesprungen Dieselgeneratoren nun die Kernschmelze eingetreten wäre oder nicht?

    Oder hat man sich nur sehr nahe an diesen Punkt angenähert, er hätte sich aber trotzdem - wegen systeminherenter Sicherheit - nicht einstellen können?

    Letztlich war wohl die Anlage "nur" ohne Überwachung, da kein Strom, also gab es keinerlei Meß- und Visualisierungsdaten. Ist das System aber inherent sicher, ist dieser Zustand zwar unangenehm für den Leitstand, aber trotzdem kann nichts mit dem Reaktor passieren (ok, er wird vielleicht beschädigt, aber er geht nicht durch).



  • TGGC schrieb:

    Der Vorfall hat übrigens die INES 2, na wenn man nicht näher an die Kernschmelze herankommen kann, dann gibts ja kein Problem. f'`8k

    *LOL*

    Marc++us schrieb:

    Folgt daraus, daß ohne die angesprungen Dieselgeneratoren nun die Kernschmelze eingetreten wäre oder nicht?
    Oder hat man sich nur sehr nahe an diesen Punkt angenähert, er hätte sich aber trotzdem - wegen systeminherenter Sicherheit - nicht einstellen können?

    Mein Gefühl (Zeitungsberichte, Berichterstattung TV) sagt mir, dass es ohne die beiden Dieselgeneratoren böse ausgesehen hätte.

    Greetz, Swordfish



  • Der SKI Bericht sagt ja folgendes

    If the other two subs had been knocked out as well this would have led to a total loss of power, including the battery secured net.

    Sprich die waren kurz davor gar kein Strom in der Anlage zu haben. Kein Strom für Kühlung, kein Strom um die Brennstäbe zu entfernen.

    Problematisch ist dann die Nachzerfallswärme. Nur weil sich die Brennstäbe automatisch entfernen (SCRAM), wird ja immerhin noch eine enorme Wärme weiter produziert, die abgeführt werden muss. Aber das scheint ja in den 23 Minuten durch den geringen Strom gefährdet gewesen zu sein.

    Schaut euch mal den Unfall auf Three Mile Island an. Da wurden die Brennstäbe auch automatisch entfernt. Dennoch hat die Nachzerfallswärme das Ding noch so aufgeheizt, dass es zur Kernschmelze kam (nach dem die Kühlung durch die Wärme "runtergefahren" wurde).



  • kingruedi schrieb:

    Sprich die waren kurz davor gar kein Strom in der Anlage zu haben. Kein Strom für Kühlung, kein Strom um die Brennstäbe zu entfernen.

    Unsinn, die Brennstaebe werden ueberhaupt nicht entfernt. Bei der Notabschaltung werden einfach nur die Elektromotoren, welche die Steuerstaebe aus dem Reaktor ziehen, ausgeschaltet. Dann fallen die Steuerstaebe von allein in den Reaktor. Um die Nachzerfallswaerme abzufuehren, haette eines der Dieselaggregate gereicht. In Three Mile hat es trotz massivem Kuehlmittelverlust ueber eineinhalb Stunden gedauert, bis es zur Kernschmelze kam.

    Gruß, TGGC (\-/ returns)



  • Woher weißt du, dass ein Generator gereicht hätte?

    Das beunruigende ist ja, dass 50% der Generatoren nicht ansprangen und weder AEG noch SKI noch die Betreiber einen Grund dafür wissen. Bei Spiegel stand ja, dass die Generatoren eine spezielle Anfertigung von AEG seien, die aber nicht von AEG gewartet werden.

    Das halte ich für sehr riskant. Da stehen vier Generatoren, von denen offensichtlich niemand so wirklich Ahnung hat, die aber im Notfall den Reaktor retten müssen.


  • Mod

    kingruedi schrieb:

    Das beunruigende ist ja, dass 50% der Generatoren nicht ansprangen und weder AEG noch SKI noch die Betreiber einen Grund dafür wissen.

    Wobei 50% natürlich auch beunruhigender klingt als 2 Stück. 😉 Auf der anderen Seite, würde man davon ausgehen, daß sie immer anspringen, würde man ja nicht 4 hinstellen, sondern nur einen.

    Und wenn AEG oder SKI bereits jetzt einen Grund nennen könnten, wäre es ohnehin gelogen.

    kingruedi schrieb:

    Das halte ich für sehr riskant. Da stehen vier Generatoren, von denen offensichtlich niemand so wirklich Ahnung hat, die aber im Notfall den Reaktor retten müssen.

    Wobei das eher nach organisatorischem Problem als nach technischem riecht, sprich kein Wartungsplan, oder keine Notfallübungen. Das ist sowieso das größere Problem beim Betrieb von Nuklearanlagen, daß diese sicher sind, wenn man immer dies und jenes tut und wartet, aber im alltäglichen Betrieb schleifen sich diese Dinge dann ab, werden vernachlässigt. Deswegen übt das Militär ja ständig (z.B. übt eine U-Bootbesatzung 1-2mal pro Woche Wassereinbruch und Brandbekämpfung), aber im Zivilbereich wird sowas aus Kostengründen gerne abgeschafft oder vernachlässigt.

    Ich weiß auch gar nicht, ob es für Kraftwerke Simulatoren gibt, wo die Leitstandsbesatzung - wie im Flugsimulator - regelmäßig "einen GAU übt". Es wäre der Komplexität der Technik angemessen und der Sicherheit wahrscheinlich zuträglicher als technische Updates.



  • http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/14.08.2005/1981032.asp schrieb:

    Der aufregendste Teil des Arbeitsalltags sind zweimal im Jahr die Ausflüge in die Essener Reaktorschule, wo ähnlich wie bei Flugzeugpiloten am Simulator der Ernstfall geprobt wird.



  • Findet ihr eigentlich Atomkraft zukunftstauglich?

    Greetz, Swordfish



  • Swordfish schrieb:

    Findet ihr eigentlich Atomkraft zukunftstauglich?

    Nein. Dafür aber gegenwartstauglich.



  • kingruedi schrieb:

    Woher weißt du, dass ein Generator gereicht hätte?

    http://www.dradio.de/dlf/sendungen/forschak/528234/

    Gruß, TGGC (\-/ returns)


Anmelden zum Antworten