Selbstverteidigung



  • Ja, aber so wie es aussieht läuft es wie so oft ab: Das Thema dominiert für eine Woche die Medien, man lädt Politiker, Psychologen und Sozialpädagoginnen zu Christiansen und Maischberger ein, labert viel darüber und letztlich passiert garnix. Zum einen weil es ja Arbeit macht, es ein heikles Thema ist und außerdem hat man inzwischen ja eh wieder neue Themen wie z.B. süße Eisbärenbabys.
    So wie es aussieht muss erst einer totgeprügelt werden, bis wirklich mal was passiert.



  • this->that schrieb:

    Meiner Meinung nach sollte der Staat viel härter gegen dieses respektlose Pack durchgreifen.

    👍 dito.

    mfg,
    julian



  • Natürlich sage ich nicht, dass das Verhalten schlecht war. Die wenigsten Menschen reagieren in solchen Situationen korrekt. Und ja, es ist in der Tat eine Unverschämtheit, dass so etwas passiert. Und es ist absolut nicht zu rechtfertigen. Ich merkte nur an, dass ich den Artikel recht dubios finde, bzw. für den üblichen Medien-Sensationsputsch halte. Wie hier schon angemerkt wurde, solche Vorfälle hört man täglich. Und ich bin nach wie vor der Meinung, wenn man schon in einer solchen Gegend lebt, muss man sein Verhalten ein wenig anpassen. Das macht das Verhalten der anderen keinen Deut besser, aber man lebt effektiv gesünder.

    Aber jetzt kommen eh wieder Gegenargumente und Vorwürfe, ich würde das Verharmlosen. Dabei war mein erster Kommentar weniger als absolute Antwort und Bestreitung der Tatsachen gemeint, als viel mehr ein Seitenkommentar, was ich an dem Artikel fraglich finde, bzw. an welchen Stellen er imho sehr subjektiv berichtet und interessante Details weglässt (ja, z.B. wie das "Geh doch Links an mir vorbei" vorgetragen wurde).



  • Erhard Henkes schrieb:

    Ich hoffe, dass sich diese Stimmung in diesem Land verdichtet, denn Sicherheit ist ein hohes Gut.

    Andererseits hätte ich dir für diesen Satz in einem anderem Kontext (VDS) Zunder gegeben. Schon eigenartig, dass das Wort "Sicherheit" bei mir mittlerweile so einen Abwehrreflex auslöst. Komischerweise haben manche Minister im Anstreben dieser Art von Sicherheit eine ziemliche Beharrlichkeit.



  • tatsächlich hört sich diese geschichte für mich sehr real an.

    was mir einmal passiert ist: war mit vier oder fünf freunden/freundinnen unterwegs (wir waren wohl alle so um die 16, 17 jahre alt) und wollten gerade die stiegen zum ubahn-bahnsteig hinauf, da sehen wir knapp vor uns zwei männer (um die 30) und eine frau, die frau, die irgendwie total eingeschüchtert wirkt und einer der männer zieht sie an den haaren die treppe hinauf; beim näheren hinsehen ist deutlich erkennbar, dass die frau eine blutspur am boden hinterlässt: mehrere platzwunden im gesicht. natürlich schockiert, als wir das gesehen haben, hat uns der typ bemerkt, die frau seinem freund "übergeben" und sich zurück auf den weg zu uns gemacht in der art "habt ihr ein problem oder was?" - wir natürlich etwas erschreckt sind erstmal in alle richtungen gelaufen, da konnte er uns zum glück nicht verfolgen und ist wieder die stiegen rauf zur verwundeten, der er gleich noch drei ohrfeigen und einen schlag in den bauch verpasst. wir haben uns derweil wieder gesammelt, lagebesprechung: irgendetwas müssen wir tun - und sind denen zuerst mal rauf zum bahnsteig gefolgt. irgendwie meinte einer von uns dann, dass wir schnell was tun müssen, bevor die in die ubahn einsteigen und abhauen. aufgabenverteilung: zwei laufen zur stationsaufsicht, die da ja eigentlich eingreifen müsste, die anderen beobachten erst einmal aus sicherer entfernung.
    der typ schlägt die frau noch ein paar male.
    auf dem bahnsteig stehen ungefähr 50 leute, auf dem gegenüberliegenden bahnsteig noch mehr (stoßzeit, 17.00 oder so). niemand schreitet ein oder macht auch nur *irgend*etwas, einige stehen einfach daneben und schauen ins leere, ein paar schauen zumindest hin. OK, dachte ich mir, der kann nicht so weitermachen und hab dem typen das auch gesagt. kommt natürlich mit drohgebärden auf mich zu, nur nicht einschüchtern lassen, back-up und mit den anderen eine front bilden - zumindest lässt er in der zeit von der frau ab. showdown als die ubahn kommt: ich weiß, wenn der jetzt einsteigt, wird er abhauen und niemand wird etwas unternehmen. die ubahn ist da, leute steigen ein und aus, er packt die frau am arm und steigt ebenso ein - ich stelle mich in die tür, damit die ubahn nicht losfahren kann. alle leute in der ubahn sehen, dass die frau *blutet* (es sind nicht mal wenige menschen drin, kaum ein sitzplatz frei) - und ich rufe hinein: ich kann die nicht fahren lassen, der typ prügelt da auf die frau ein und wir warten hier auf die polizei - ich blockiere absichtlich die ubahn, damit zumindest irgendjemand aufmerksam wird (anscheinend haben die anderen die stationsaufsicht immer noch nicht gefunden), die leute, die in der ubahn sitzen *sehen*, dass die frau hilfe braucht aber ärgern sich viel eher darüber, dass ich die ubahn blockiere. der freund von dem typen packt derweil die frau und geht einen wagon weiter nach hinten und ich lasse nicht locker - ich lass mich von dem kerl nicht berühren und trete immer zurück, wenn er mir zu nahe kommt, blockiere aber immer noch den eingang. mittlerweile müssten wohl alle fahrgäste mitbekommen haben, worum es geht, immerhin rufen ich und meine freunde jetzt schon seit zwei minuten in die ubahn hinein, worum es geht.
    dann passe ich einmal kurz nicht auf, der typ schafft es, mich aus der ubahn rauszustoßen und keine halbe sekunde später gehen die türen zu und der zug fährt ab. niemand von den zuschauern hat die polizei gerufen, die zwei freunde, die zur stationsaufsicht gegangen sind, haben sie gefunden und dem typ gesagt, was da abgeht. aber anstatt etwas zu tun, hat er nur gemeint, es sei nicht seine sache und hat eine fünfminütige zigarettenpause eingelegt (und derweil meine zwei freunde warten lassen) - dann ist er zurückgekommen und sie haben auf dem monitor gesehen, dass die ubahn schon abfährt, woraufhin er sagte: "da kann man jetzt eh nichts mehr tun."
    zumindest gegen den gab's dann ne anzeige, weil er offensichtlich seine aufgabe vernachlässigt hat und eine straftat, die vor seinen augen abläuft, nicht verhindert hat (und das ist selbst strafbar, zumindest die polizei muss man rufen).
    was mich an der geschichte so wahnsinnig nervt, ist, dass die einzigen, die *richtig* gehandelt haben, 16-jährige jugendliche waren, die einzigen, die die courage gehabt haben, irgendetwas zu tun. ich finde es weniger erschreckend, dass da ein typ eine frau schlägt (so etwas passiert ja nicht gerade selten), sondern dass er das in *aller* öffentlichkeit vor mindestens 100-200 personen tun kann, dass die leute sich dann darüber aufregen, dass der zug nicht abfährt und dass es allen egal zu sein scheint. so etwas finde ich noch viel widerwärtiger als die eigentliche gewalttat an sich, die schon brutal und scheußlich ist.

    kann sein, dass ich diese geschichte schonmal erzählt hab, aber sie regt mich jetzt nach jahren immer noch wahnsinnig auf. mittlerweile weiß ich auch, was wir hätten besser machen können.



  • Das ist eben genau das Problem. Keiner macht was.
    ABER: Wenn man was macht, kann es einem gut passieren dass man selbst wegen Körperverletzung oder sonst was dran ist. Und dass dann sogar die Frau gegen einen aussagt. Da brauch man sich dann nicht zu wundern... wenn Zivilcourage bestraft wird. Und das Personal ist nun weder richtig dazu ausgebildet, noch ausreichend bezahlt, um sich in Gefahr zu begeben.



  • queer_boy schrieb:

    mittlerweile weiß ich auch, was wir hätten besser machen können.

    Nur aus Interesse - Was wäre das deiner Meinung nach gewesen?

    In der Form ist mir so etwas noch nie passiert, aber du hast Recht, so, wie du es beschreibst, ist es wirklich schockierend 😞



  • Hallo

    Das hört sich wirklich übel an. Ich hörte mal, dass man wirklich ganz direkt Leute ansprechen soll("Sie mit der grauen Krawatte: Ich brauche Ihre Hilfe") damit diese sich nicht aus der Verantwortung stehlen können. Ob das am Ende hilft, kann ich natürlich auch nicht sagen.

    chrische



  • ohne jetzt etwas gelesen zu haben, aber wer sind denn die 4 die eine waffe in der öffentlichkeit tragen dürfen, bzw. womit haben sie das begründet?
    sind informatiker so gefährdet ?



  • steff3 schrieb:

    eine waffe in der öffentlichkeit tragen dürfen

    jeder darf eine waffe in der öffentlichkeit tragen, wenn er einen waffenschein mit sich führt...



  • Sicher tragisch, aber die Geschichte weist ein paar Ungereimtheiten auf. Naja egal.
    Besser ist da doch die Polizei zu rufen, statt der UBahn Wache.



  • Reyx schrieb:

    Nur aus Interesse - Was wäre das deiner Meinung nach gewesen?

    () gleich die polizei rufen und nicht lange nach der ubahn-aufsicht suchen (oder zumindest gleich die polizei rufen und danach die ubahn-aufsicht)
    (
    ) wenn man selbst nicht kann, jemanden aus der menge raussuchen und delegieren. jemand konkreten.
    (*) mehr abstand zu gewalttätern aufsuchen (sonst könnte man selbst der nächste sein)

    @Griffin: ungereimtheiten? wenn du mir sagst, was unklar ist, kann ich die sicher beseitigen. allerdings ist das ganze auch schon ein paar jahre her, also so genau vom ablauf her bin ich mir auch nicht mehr sicher.



  • Die Bürger haben die Verteidigung des "Rechts" an den Staat abgeben müssen. Genau so sieht es jetzt aus. Wir benötigen deutlich mehr Polizei und die Männer in diesem Land wieder mehr Courage.



  • Wir benötigen deutlich mehr Polizei und die Männer in diesem Land wieder mehr Courage.

    Widerspricht sich. Das eine braucht das andere nicht.



  • lagalopex schrieb:

    Das ist eben genau das Problem. Keiner macht was.
    ABER: Wenn man was macht, kann es einem gut passieren dass man selbst wegen Körperverletzung oder sonst was dran ist. Und dass dann sogar die Frau gegen einen aussagt. Da brauch man sich dann nicht zu wundern... wenn Zivilcourage bestraft wird. Und das Personal ist nun weder richtig dazu ausgebildet, noch ausreichend bezahlt, um sich in Gefahr zu begeben.

    Du sollst ja auch einfach die Polizei rufen und nicht Bruce Lee spielen. Eigentlich sollte doch in der heutigen Zeit so etwas kein Problem sein, da jeder ein Mobiltelefon hat. Lieber einmal zu oft anrufen, als einmal zu wenig.

    Erhard Henkes schrieb:

    Die Bürger haben die Verteidigung des "Rechts" an den Staat abgeben müssen.

    Und das ist ohne wenn und aber gut so!

    Erhard Henkes schrieb:

    Wir benötigen deutlich mehr Polizei [...]

    Man gibt halt lieber das Geld für in jeder Hinsicht nutzlose Videoüberwachung aus.



  • Erhard Henkes schrieb:

    Die Bürger haben die Verteidigung des "Rechts" an den Staat abgeben müssen.

    Ich verstehe gerade gar nicht, um welches "Recht" es geht. Aber man hat eigentlich ziemlich weitreichende Befugnisse, sich selber und andere zu verteidigen. Und sogar andere Sachen, beispielsweise habe ich das Recht, jemanden festzuhalten (auch unter Gewaltanwendung), wenn ich ihn beim Diebstahl erwische. Also Zivilcourage ist keineswegs eine Gratwanderung.

    btw. so leicht kriegt man für Zivilcourage auch keine Strafe, wenn man dabei einen kleinen Fehler macht:

    § 33 StGB schrieb:

    Überschreitet der Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken, so wird er nicht bestraft.



  • rüdiger schrieb:

    lagalopex schrieb:

    Das ist eben genau das Problem. Keiner macht was.
    ABER: Wenn man was macht, kann es einem gut passieren dass man selbst wegen Körperverletzung oder sonst was dran ist. Und dass dann sogar die Frau gegen einen aussagt. Da brauch man sich dann nicht zu wundern... wenn Zivilcourage bestraft wird. Und das Personal ist nun weder richtig dazu ausgebildet, noch ausreichend bezahlt, um sich in Gefahr zu begeben.

    Du sollst ja auch einfach die Polizei rufen und nicht Bruce Lee spielen. Eigentlich sollte doch in der heutigen Zeit so etwas kein Problem sein, da jeder ein Mobiltelefon hat. Lieber einmal zu oft anrufen, als einmal zu wenig.

    Wenn ich dir jetzt sage, dass ich kein Mobiltelefon mit mir führe 😉
    Naja, hast aber schon Recht.

    Optimizer schrieb:

    Erhard Henkes schrieb:

    Die Bürger haben die Verteidigung des "Rechts" an den Staat abgeben müssen.

    Ich verstehe gerade gar nicht, um welches "Recht" es geht.

    Es geht darum, dass der Staat das Recht durchsetzen soll. Mit Polizei etc pp

    Optimizer schrieb:

    Aber man hat eigentlich ziemlich weitreichende Befugnisse, sich selber und andere zu verteidigen. Und sogar andere Sachen, beispielsweise habe ich das Recht, jemanden festzuhalten (auch unter Gewaltanwendung), wenn ich ihn beim Diebstahl erwische. Also Zivilcourage ist keineswegs eine Gratwanderung.

    btw. so leicht kriegt man für Zivilcourage auch keine Strafe, wenn man dabei einen kleinen Fehler macht:

    § 33 StGB schrieb:

    Überschreitet der Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken, so wird er nicht bestraft.

    Achja... sagen wir ein Mann verprügelt seine Frau im Vorgarten. Du kommst vorbei und sagst, was du davon hälst. Der Typ kommt zu dir verpasst dir eine du haust zurück. Und die Polizei kommt dann endlich.
    Glaubst du, die Frau würde gegen ihren Mann aussagen? Nein, die behaupten du wärst auf die Frau los und der Mann hält dich davon ab...
    Ein echtes Problem, daher nie alleine sowas machen 😉


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