Das alte Denken
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@pc(): mal wieder ein sehr unterhaltsamer text, der viel wahres enthält. ich lese deine postings eigentlich immer sehr gern.
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~fricky schrieb:
@pc(): mal wieder ein sehr unterhaltsamer text, der viel wahres enthält.
Hat wenigstens einen amüsiert, aber hat schon einer erklären können, warum mein Navi abstürzt, wenn ich nach Ungarn will, mein Sat- Receiver alle paar Tage vom Netz getrennt werden muß, mein WinXP beim jedem Start die Audio Devices zerwürfelt und ich meinem Dad alle paar Wochen aus einer OfficeXP- Zwickmühle helfen muß
Grottenschlechte Software, nichts sonst.
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pc() schrieb:
Grottenschlechte Software, nichts sonst.
bleib locker, stümperhaft gemachte software ist doch der normalzustand bei endverbraucherprodukten. wenn architekten häuser so konstruieren würden, wie softwareentwickler arbeiten, dann wäre zwar schon die halbe welt zusammengestürzt, aber in bereichen, in denen es wirklich darauf ankommt, dass software stabil läuft, geht's mit einem mal doch. eigentlich kommen wir doch alle ganz gut klar mit ständig crashenden windosen und einfrierenden embedded-linux devices. das ist nun mal end-user schrott, da wird nix ellenlang getestet und zertifiziert, etc. das geraffel muss billig sein, wird frühzeitig auf den markt geschmissen und reift dann beim kunden. banana ware.
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~fricky schrieb:
bleib locker, stümperhaft gemachte software ist doch der normalzustand bei endverbraucherprodukten. ... das geraffel muss billig sein, wird frühzeitig auf den markt geschmissen und reift dann beim kunden. banana ware.
Ja, eine Folge der "Geiz-ist-geil-" Mentalität. Ob das jetzt altes Denken ist, mag dahingestellt sein, aber man hat lieber den Endverbraucher dahingehend konditioniert, daß er das protestlos hinnimmt, als daß man Qualitätssstandards, die für einen Airbag- Wächter gelten, auf andere Bereiche ausdehnt und das als Merkmal vermarktet; auf's Stück umgelegt, wären das vielleicht drei EUR mehr, aber das wär's mir wert, wenn ich wirklich die Sendung von 2:30 Uhr im Kasten hätte, statt das Ding zum Frühstück Rebooten zu müssen.
Aber es sind ja nicht nur bugs und Bananaware, die nerven, sondern daß Software ohne jegliche Rücksicht auf Benutzer entwickelt wird. Office- Suiten sind schon so oft durch die Mangel gezogen worden, daß sich da eigentlich jedes weitere Wort als pure Wiederholung alter Vorwürfe ausnimmt, alleine, es juckt keinen Hersteller. Mit Blick auf meine Taskleiste fällt mir der Eagle von Cadsoft auf. Den habe ich vor langer, langer Zeit gekauft und fleißig geupdated, weil ich damit für jemanden eine Reihe Layouts auf dem Stand der Zeit halte. Das Teil hat so eine hirntote, krude Bedienbarkeit, es stinkt auch heute noch geradezu nach DOSe. In den Foren allfälliges Genörgel darüber wurde von den Mastern abgetan, "die Mehrheit" wolle das so beibehalten. Wenn ich an eigenen Sachen arbeite, brauche ich mit meinem Cadstar z.B. nur die Hälfte der Mauswege und Klicks für das Gleiche.
Ich will darauf hinaus, daß die Softwareindustrie generell nicht benutzer- oder gar aufgabenzentriert arbeitet, der User ist nur der blöde Hund, der das Zeug hinterher gegen viel Kohle kaufen soll. So darf man aber nicht denken, das führt bestenfalls zu Halbbrauchbarem. Benutzer "Opa", der seinem Vermieter einen Protestbrief wegen der überhöhten Nebenkostenabrechnung schreiben mag, hat andere Anforderungen als Benutzer "Enkel", der dem Opa eine Glückwunschkarte zum 76. Geb. zusammenklicken mag. Die Office- Suiten können beides, aber keinen von beiden usern effektiv an die Erledigung der Aufgabe heranführen.
Und was sich Microsoft mit der UAC bei Vista gedacht hat, weiß der Henker. Das Zeug ist für "Opa" wie "Enkel" unbedienbar, genauso wie für User "Bürotippse", auch ich als User "Entwickler" habe die Kryptik der Sicherheitshinweise durch "XP drübermachen" erstmal aus der Welt geschafft. Und langsam ist das Zeug, unter 2 GB RAM schmort das nur im eigenen Saft. Trotzdem haben meine Schwiegereltern durch die Werbung angeheizt, gefragt, ob ich ihnen das nicht auf den Rechner installieren mag, weil es doch das "beste und sicherste Windows" sei. Na klar, ich will im 5- Minuten- Takt als Hotliner herangezogen werden, sonst noch was?
Ich behaupte mal, daß es so ziemlich das schlechteste Betriebssystem aller Zeiten ist, weil es den Benutzer total aus dem Fokus verloren hat und ihn eher behindert denn unterstützt. Dafür verbraucht es Ressourcen ohne Ende und spendiert im Gegenzug Klicki- Bunti- Aero- Kokolores.Du wolltest Sprachsteuerung? Schonmal "Dragon naturally speaking" oder so probiert? Ich hab's wieder runtergeworfen, weil die Usability immer noch ziemlich auf das Diktat beschränkt ist und ich sowieso schneller tippe als spreche. Schlimmer noch, beim Navigieren durch RL unterbrochen kann zu Effekten führen, die viel Humor erfordern, wenn man nicht gegen den Rechner treten will.
Beispiel aus eigenem Fundus: Vor acht Jahren habe ich eine modifizierte Mehrachssteuerung einem Kunden vorgestellt, auf deren Display es sehr "technisch" zuging, so mit vorbeiflitzenden CNC- Datensätzen usw.. Ich fand's total cool, aber statt Applaus gab's Schelte, ob ich noch ganz bei Trost wäre. An der Kiste sollten später Medizintechnik- Laboranten und Lehrjungs sitzen, die mit CNC nichts am Hut haben, also mußte ich das Menü in einen Debug- Mode für die Servicetechniker verbannen. Dann haben wir uns den ganzen Arbeitsablauf vorgenommen, ein bißchen optimiert und als Ziel definiert, daß hinter dem Display mehr Intelligenz zu sitzen hat, als davor. Mit jedem Menschen begreiflicher Symbolik (wie z.B. Ampel rot, gelb, grün) ist dann ein Teil herausgekommen, das so beliebt geworden ist, daß die Rohlinge dafür mittlerweile in China gefälscht werden.
Mit der selben grundlegenden Technik, aber völlig anderem MMI habe ich das nochmal in den Zahntechnikbereich verkauft und bin dabei, eine dritte, wiederum angepaßte Variante fertigzustellen.Unter "alter Denke" verstehe ich, daß man alle möglichen Benutzer über einen Kamm schert und auch das Interfacing nie wirklich in Frage stellt. GUIs sind primär rein visuell geblieben, macht mal die Augen zu und probiert ein Braille- Terminal aus. Sprachsteuerung? Immer noch in den Kinderschuhen. Haptische Interfaces? SpaceMouse und ForceFeedback werden als Freak-/Spielezeugs abgetan. Zielgruppenrelevante GUIs? Bestenfalls Beginner/Expert- Modes.
Neues Denken im Bereich Software?
Vielleicht mal so:
- Software wird für Benutzer gemacht, die Aufgaben damit erledigen wollen. Je besser Deine Software dazu geeignet ist, desto höher ist die Usability.
- Benutzer sind nicht mit Dir identisch und denken nicht wie Du. Was Dir logisch vorkommt wird "Opa" und "Tippse" eher fremd sein.
- Ressourcen sind nicht unendlich. Was bei Dir funktioniert, kann Opas Rechner ins Koma stürzen. Nichts ohne Laufzeitoptimierung weggeben.
- Stabil designen, testen, testen, testen. Bugs sind Scheiße- Bumerangs.Fällt euch noch was ein?
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pointercrash() schrieb:
...als Ziel definiert, daß hinter dem Display mehr Intelligenz zu sitzen hat, als davor. Mit jedem Menschen begreiflicher Symbolik (wie z.B. Ampel rot, gelb, grün) ist dann ein Teil herausgekommen, das so beliebt geworden ist, daß die Rohlinge dafür mittlerweile in China gefälscht werden.
Mit der selben grundlegenden Technik, aber völlig anderem MMI habe ich das nochmal in den Zahntechnikbereich verkauft und bin dabei, eine dritte, wiederum angepaßte Variante fertigzustellen.Unter "alter Denke" verstehe ich, daß man alle möglichen Benutzer über einen Kamm schert und auch das Interfacing nie wirklich in Frage stellt. ...
Naja, was uns "Freaks" schnell mal aus dem Blick gerät, ist, dass für 99% der Leute, die letztlich unsere Arbeit bezahlen, das Ergebnis nur ein Werkzeug ist, mit dem sie ihre Arbeit erleichtert bzw. deren Ergebnis verbessert haben wollen.
Nur wenige haben Zeit/Muße oder Lust, ihre (nicht selten über Jahrzehnte hin optimierte) Arbeits- und Sichtweise auf ihr fachliches Feld (von dem sie nicht selten mehr Ahnung haben als wir IT-Fraggles) daraufhin umzuwerfen, was gerade am schicksten zu programmieren ist.
Um das "Autobeispiel" mal wieder zu bemühen: Wenn Du als Kurierfahrer Dein Geld verdienst, wärst Du auch nicht glücklich, wenn Dein Auto jede Woche ein komplett neues Interface (mal Steuerknüppel, mal Lenkrad, Licht, Pedale, Schaltweise, Workflow komplett anders, ....) hätte, das dem Automechniker so richtig "cool" vorkommt.
... oder mal für "uns": Was hieltet Ihr davon, wenn die Tastaturhersteller jede Innovation sofort umsetzten und die Tasten permanent woanders plazierten, Eingaben nur noch per Trackball zuließen und Monate darauf auf Sprachsteuerung wechselt... da würde ich als Entwickler auch wahnsinnig werden.
- und ehrlich gesagt: Ich vermisse gar nichts bei meinem derzeitigen UI.Gruß,
Simon2.
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Simon2 schrieb:
Nur wenige haben Zeit/Muße oder Lust, ihre (nicht selten über Jahrzehnte hin optimierte) Arbeits- und Sichtweise auf ihr fachliches Feld (von dem sie nicht selten mehr Ahnung haben als wir IT-Fraggles) daraufhin umzuwerfen, was gerade am schicksten zu programmieren ist.
Hast Du das aus einem AutoCAD- Werbefetzen abgepinselt
Simon2 schrieb:
Um das "Autobeispiel" mal wieder zu bemühen: Wenn Du als Kurierfahrer Dein Geld verdienst, wärst Du auch nicht glücklich, wenn Dein Auto jede Woche ein komplett neues Interface (mal Steuerknüppel, mal Lenkrad, Licht, Pedale, Schaltweise, Workflow komplett anders, ....) hätte, das dem Automechniker so richtig "cool" vorkommt.
Und das macht Dich sicher, daß Lenkrad, Kupplung usw. "richtig" positioniert sind? Falsch, sie sind nur konventionell plaziert. Ergonomisch betrachtet ist das angeblich suboptimal, für Linkshänder sogar falsch, man verwirft es nur nicht wegen der starken Konvention. Anders herum würde der Usability- Gewinn bei der Ergonomie den Verlust der Usability als De-Facto- Standard nicht wettmachen. Nichtsdestotrotz sollte man alles zyklisch hinterfragen.
Simon2 schrieb:
... oder mal für "uns": Was hieltet Ihr davon, wenn die Tastaturhersteller jede Innovation sofort umsetzten und die Tasten permanent woanders plazierten, Eingaben nur noch per Trackball zuließen und Monate darauf auf Sprachsteuerung wechselt... da würde ich als Entwickler auch wahnsinnig werden.
Gilt das Gleiche wie zuvor - ist es besser, sollte man drüber nachdenken, ob es den Verlust an Konvention wert sein könnte.
Simon2 schrieb:
- und ehrlich gesagt: Ich vermisse gar nichts bei meinem derzeitigen UI.
Ah, und jetzt hab' ich Dich da, wo Du Dir die Frage gefallen lassen mußt, ob Du Dir deswegen um "Opa" und "Tippse" keine Gedanken machen magst? DU bist ja zufrieden ...
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man sollte davon aus gehen, seh ich in der verwandschaft
jeder weiss was die taste ist im eins nach rechts zu ruecken, oder was man druecken muss damit es gross geschrieben wird
aber sag blos nicht "tab" oder "shift" dann wird man nur ratlos angeschaut"drueck mal alt und tab"
dann sind die normal benutzer schon ueberfordert, "was ist jetzt tab? bei alt stehts ja drann"genauso verhaellt es sich in der oberflaeche
und bevor man oberflaechen umstellt, muss man wissen was man riskiert - auch wenns innovativer, besser und leichter zu bedienen ist, wird "buerotussi" sagen "das is doch scheisse, ich will mein altes zurueck"
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pointercrash() schrieb:
Unter "alter Denke" verstehe ich, daß man alle möglichen Benutzer über einen Kamm schert und auch das Interfacing nie wirklich in Frage stellt. GUIs sind primär rein visuell geblieben, macht mal die Augen zu und probiert ein Braille- Terminal aus. Sprachsteuerung? Immer noch in den Kinderschuhen. Haptische Interfaces? SpaceMouse und ForceFeedback werden als Freak-/Spielezeugs abgetan. Zielgruppenrelevante GUIs? Bestenfalls Beginner/Expert- Modes.
- Spracherkennung funktioniert nicht hinreichend fehlerfrei, weil es keine passende Algorithmen gibt.
- GUI-Entwicklung ist aufwendig und teuer, gleich mehrere Oberflächen wird kaum jemand bezahlen wollen.
- Alternative Bedienungsoberflächen sind erforscht worden, nur stimmt bei diesen meist das Kosten zu Nutzen Verhältnis nicht. Das kann bei speziellen Geräten meist ganz anders aussehen. Aber der 08/15 Computer ist nun einmal meist auf Tastatur und Maus beschränkt.
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pointercrash() schrieb:
Ja, eine Folge der "Geiz-ist-geil-" Mentalität. Ob das jetzt altes Denken ist, mag dahingestellt sein, aber man hat lieber den Endverbraucher dahingehend konditioniert, daß er das protestlos hinnimmt, als daß man Qualitätssstandards, die für einen Airbag- Wächter gelten, auf andere Bereiche ausdehnt und das als Merkmal vermarktet...
richtig, ()'geiz_ist_geil+mehr_schein_als_sein' ist nämlich das 'neue denken'. jeder will die konkurrenz preislich unterbieten. und wo lässt sich die meiste kohle einsparen? natürlich bei der softwareentwicklung. z.b. glauben viele, sie können geld sparen, indem sie open source verwenden. nun müssen sie aber ihre hardware aufmotzen, weil embedded linux allein für die eigene verwaltung ein gewisses speicherminimum sehen will. und sie brauchen 'nen spezialisten, der ein board support package für die hardware entwickelt, usw. am ende sprengen solche projekte immer den kostenrahmen. weil jedoch () immer oberste priorität hat, wird nun die notbremse gezogen und das teil halbfertig auf den markt geschmissen. zu befürchten hat man nicht viel, denn man weiss ja, dass konkurrenzprodukte ebenfalls qualitativ minderwertig sind.
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~fricky schrieb:
...zu befürchten hat man nicht viel, denn man weiss ja, dass konkurrenzprodukte ebenfalls qualitativ minderwertig sind.
Zum Glück gibt es aber auch noch ein paar kleinere Softwareklitchen, die zumindestens genug Geld einspielen, um sich auch etwas Idealismus erlauben zu können.
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Schönes Beispiel für "Altes Denken":
Lass uns doch erstmal die Software stabil machen, deinen ganzen Test-Quatsch können wir dann ja nachher noch machen.
(Originalzitat als ich versuchte unserem "alten" Programmierer mein QS-Konzept näherzubringen. Nebenbei... ich progge auch seit 30 Jahren...)
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pointercrash() schrieb:
Simon2 schrieb:
Nur wenige haben Zeit/Muße oder Lust, ihre (nicht selten über Jahrzehnte hin optimierte) Arbeits- und Sichtweise auf ihr fachliches Feld (von dem sie nicht selten mehr Ahnung haben als wir IT-Fraggles) daraufhin umzuwerfen, was gerade am schicksten zu programmieren ist.
Hast Du das aus einem AutoCAD- Werbefetzen abgepinselt
....
Nö ... im Werbeprospekt stände wohl nichts von "Zeit, Musse und Lust".
Das ist einfach meine Erfahrung bei Rückmeldungen von Kunden.
Du kannst natürlich gerne die "Alle-Anderen-haben-ja-keine-Ahnung-und-nur-ich-weiß-was-gut-für-sie-ist"-Keule schwingen - das ändert nichts am Status Quo (den ich beschrieb) - und ziemlich sicher auch nichts an der zukünftigen Einstellung Deiner Kunden.Viele sind mit ihrem "lokalen Optimum" zufrieden ... und deswegen nicht bereit, auf ein Versprechen eines "noch besseren lokalen Optimums" hin Geld/Zeit und Aufwand zu opfern. So geht's mir auch mit meinem Auto und mit meiner Tastatur.
pointercrash() schrieb:
...Gilt das Gleiche wie zuvor - ist es besser, sollte man drüber nachdenken, ob es den Verlust an Konvention wert sein könnte....
Meiner Ansicht nach ignoriert dieser schön klingende Ansatz verschiedene Problem:
1.) Allein das Herausfinden, ob es "besser" ist üblicherweise 90% des Umstellungsaufwands bedeutet. Ich müsste jedenfalls bei einer strukturell neuen Tastananordnung lange testen, bis ich wirklich beurteilen könnte, ob das neue System besser ist als das, was ich mir in den letzten 25 Jahren angewöhnt habe. Ich tippe z.B. nicht nach dem klassischen 10-Fingersystem, bin aber mit meinem inzwischen so schnell, dass ich sehr lange 10-Fingersystem trainieren müsste, um ihm eine echte Chance zu geben.2.) "Deine" optimale Lösung muss nicht "meine" sein. Nach meinem Eindruck ist z.B. das 10-Fingersystem super für "klassische Texte" (meine Frau ist damit wahnsinnig schnell) ... aber für's Programmieren (mit velen Ziffern, Klammer, ...) einfach unpraktisch.
Genauso erlebe ich oft den Hochmut von Programmierern, die nach 2 Stunden Beschäftigung mit der Materie meinen, besser beurteilen zu können, was "optimal" ist, als der Sachbearbeiter, der das sein 20 Jahren macht.
Natürlich kommt der Außenstehende oftmals auf neue/frische/außergewöhnliche Ideen, aber die Analyse, ob es wirklich in der Praxis besser ist, scheint mir zu oft seeeehr schluderig.3.) "Ausprobieren" ist oft ein unumkehrbarer Prozess. Wenn ich mich erstmal alles Neue installiert, eingewöhnt, geschult, ... habe, ist es nicht selten kaum noch mögich, auf das Alte zurückzuwechseln.
pointercrash() schrieb:
Simon2 schrieb:
- und ehrlich gesagt: Ich vermisse gar nichts bei meinem derzeitigen UI.
Ah, und jetzt hab' ich Dich da, wo Du Dir die Frage gefallen lassen mußt, ob Du Dir deswegen um "Opa" und "Tippse" keine Gedanken machen magst? DU bist ja zufrieden ...
Was haben denn "Opa" und "Tippse" damit zu tun, ob ich mit meiner Tastatur gut klar komme ?
Als Endanwender (der ich in diesem Beispiel bin: Endanwender meiner Tastatur) bin ich natürlich nicht dafür verantwortlich, ob das Produkt auch andere zufriedenstellt....Gruß,
Simon2.
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asc schrieb:
~fricky schrieb:
...zu befürchten hat man nicht viel, denn man weiss ja, dass konkurrenzprodukte ebenfalls qualitativ minderwertig sind.
Zum Glück gibt es aber auch noch ein paar kleinere Softwareklitchen, die zumindestens genug Geld einspielen, um sich auch etwas Idealismus erlauben zu können.
klar gibts das, auch ohne misra-regeln und spice-level lässt sich qualitativ gute software machen. ich meinte ja auch speziell consumer-schrott (der unseren freund pc() so furchtbar nervt) oder auch z.b. computerspiele. dabei wird in aller eile fliessbandmässig was hingepfuscht. anders geht's leider nicht, wenn man im harten konkurrenzkampf überleben will. das zeug darf so viele fehler haben, dass es der käufer gerade so eben hinnimmt. und irgendwie, scheint mir, ist diese akzeptanzschwelle weiter am sinken.
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~fricky schrieb:
...oder auch z.b. computerspiele. dabei wird in aller eile fliessbandmässig was hingepfuscht. anders geht's leider nicht, wenn man im harten konkurrenzkampf überleben will. das zeug darf so viele fehler haben, dass es der käufer gerade so eben hinnimmt. und irgendwie, scheint mir, ist diese akzeptanzschwelle weiter am sinken.
Siehe Sacred 2. Es stürzt stündlich ab, man kann regelrecht zusehen, wie er in unerlaubte Bereiche schreibt, weil immer mehr Grafikfehler auftreten, bis er dann durch undefiniertes Verhalten das einzige Savegame, was er anlegt zerschießt. Bloß weg damit!
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Sag nichts gegen Sacred2! -)
Ich habe bei Ascaron gearbeitet und bin aber letztes Jahr gegangen, weil ich das Durcheinander dort nicht mehr mitmachen wollte.
Aber einige Programmteile (2D-Grafiklib, Lokalizierung) sind noch von mir (denk ich mal)...Aber ich kann deinen Frust verstehen!
Ich habe aber auch keinen High-End-Rechner, um mir Sacred2 zu installieren und zu spielen. Z.Z. spiele ich lieber noch Titan Quest Immortal Throne.
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Simon2 schrieb:
Was haben denn "Opa" und "Tippse" damit zu tun, ob ich mit meiner Tastatur gut klar komme ?
Als Endanwender (der ich in diesem Beispiel bin: Endanwender meiner Tastatur) bin ich natürlich nicht dafür verantwortlich, ob das Produkt auch andere zufriedenstellt ...Deine Zufriedenheit als User verstellt Dir aber den Blick auf die Bedürfnisse anderer. Wenn Du programmierst, bist Du dafür verantwortlich, daß Deine Zielgruppe damit klarkommt.
Bei der Benutzerfreundlichkeit gibt es krasse Unterschiede: Ein paar Redakteure der längst eingestellten Zeitschrift MC kamen zusammen und beschlossen, "wir machen was mit Computer und Elektronik", schnappten sich ein paar Programmierer und bastelten den ersten Eagle für DOS. Schon damals wurde die Bedienung kritisiert, aber weil das Teil urbillig war, hat es sich etabliert. Man kriegt zwar das Gleiche hin wie mit zehnmal so teuren Produkten, aber ich gehe jede Wette ein, daß man ohne Tutorial, also nur mit Klicken und Schauen, was passiert, nicht klarkommen wird.
Ich habe damals viel probiert und bin bei MassTeck gelandet, das war ein gewaltiger Unterschied. Ich habe das Handbuch eigentlich nie gebraucht, weil die Bedienung glasklar, intuitiv und absolut stringent war. Leider ist der Laden später aufgekauft und die LowCost- Linie nicht weitergepflegt worden. Insofern schlecht, weil bei größeren Designs ein paar ganz harte Bugs für ständige Abstürze sorgten.Das Ganze hat sich zweimal wiederholt und immer habe ich den jeweils neuesten Eagle angeschaut und immer war das Interface wie am ersten Tag und immer hieß die Begründung, das müsse so sein, weil sich der Benutzer daran gewöhnt habe und obendrein sei die GUI eh doch ganz toll. Das ist doch totale, demonstativ vorgebrachte Betriebsblindheit!
Andere Ecke: Mein damals vierjähriger Sohn wollte am PC malen, also hab' ich ihm ein paar Vektorzeichner installiert und ein wenig beim "Click&Try" zugeschaut. Das 5er- Corel- Paket hat er schnell liegengelassen, sich mit anderen etwas länger befaßt und ist letztlich beim Designworks 2 gelandet. Neuere Pakete hat er aufgemacht, die Icon- Wüste kurz angeschaut und wieder geschlossen. Das Programm hat zwar nicht ganz die Funktionsfülle wie CorelDraw 5, aber intuitiver gestaffelt und der Kleine hat sukzessive auch die letzten Ecken entdeckt.
Mit Kindern, die noch nicht lesen können, kann man am leichtesten Designsünden erkennen. Ein Dialogfeld z.B., das sich ohne korrekte Eingabe nicht mehr schließen läßt, sorgt da durchaus für Verzweiflung in der Kinderseele.
Benutzer "Opa" kann das vielleicht noch lesen, er hängt aber auch, wenn er's nicht versteht und die Textausgestaltung vieler "Glanzstücke" bietet eher Desorietierung als Hilfe.
So kommt mein Kleiner mit KDE genauso klar wie mit Win9x, W2K und XP, mag aber das Vista absolut nicht. Ich habe ihm eingeschärft, daß er mich fragen soll, wenn die UAC meckert, aber pro Spielestunde drei- viermal zum Rechner gezerrt zu werden und selbst bei vielen Meldungen nur die Schulter zucken zu können, zeigt mir, wie sehr Microsoft eigentlich auf den User scheißt. Das alles nur, weil man nicht willens oder in der Lage war, beim Systementwurf von NT ein schlüssiges Sicherheitskonzept zu integrieren. Um des Kundens Nutzen Einreißen und neu machen? Ach woher, die kaufen das auch so.Thema CAD. Vor 12 Jahren hatte ich eine aufwendigere Mechanik zu entwerfen und wollte nicht mit Handgekritzel beim Maschinenbauer erscheinen, habe daher die Trials von den "üblichen Verdächtigen" ausprobiert, kam aber mit nichts wirklich klar. Rausgreifen möchte ich da AutoCAD, die da in der Zwickmühle waren, von wegen alte Kunden nicht verlieren wollen, aber auch sehend, daß man dem 3D- Trend so nicht begegnen kann. Sie haben dann einen anderen Laden aufgekauft (Inventor) und fahren seitdem zweigleisig.
Damals habe ich dann doch wieder per Hand gezeichnet, als ich vor einem Jahr wieder so ein Problem hatte, durfte ich freudigst feststellen, daß es mittlerweile eine ganze Latte von Programmen gibt, wo man schnell zu Potte kommt, ohne im Handbuchwust zu versinken.Ich bin wieder so ausschweifend, worauf ich hinaus will: In dem Moment, wo man ein Programm entwickelt, ist man user und developer zugleich. Und dabei verliert man oft aus den Augen, daß man das Programm üblicherweise nicht nur für sich selbst, sondern für andere schreibt. Zudem wird Kritik oft als persönlich aufgefaßt.
Ich war z.B. für die Regionalisierung eines Produkts zuständig und hab' vom Chef(Entwickler)einen neuen Draft Ende letzten Jahres reingekriegt mit der Bitte um Meinung. Ich fand's nur schlecht und habe über 30 Punkte gefunden, an denen Bedienschritte verkürzt bzw. logischer gemacht werden könnten und das in 15 Seiten erklärt. Der war so verschnupft, daß er die neuen Features von jemand anderem Eindeutschen ließ und erst mal keinen meiner Vorschläge umgesetzt hat. Lustigerweise hatten aber ein paar User im Forum dann doch die gleichen Ideen wie ich, in der aktuellen Release sind doch schon drei Sachen umgesetzt.
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Dazu paßt auch die Beobachtung, daß maßstabsetzende und besonders langlebige Software oftmals diejenige ist, die ursprünglich für den Eigenbedarf hergestellt wurde und nicht auf Kundenwunsch hin programmiert wurde: TeX, Emacs, *n*x, usw.
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asc schrieb:
Zum Glück gibt es aber auch noch ein paar kleinere Softwareklitchen, die zumindestens genug Geld einspielen, um sich auch etwas Idealismus erlauben zu können.
Naja ich würde mal sagen, dass gerade die kleinen Softwarefirmen ohne ein gewisses Maß an Qualität gar nicht überleben können, ganz im Gegenteil zu so manchem großen Softwarerhersteller.
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pointercrash() schrieb:
Simon2 schrieb:
Was haben denn "Opa" und "Tippse" damit zu tun, ob ich mit meiner Tastatur gut klar komme ?
Als Endanwender (der ich in diesem Beispiel bin: Endanwender meiner Tastatur) bin ich natürlich nicht dafür verantwortlich, ob das Produkt auch andere zufriedenstellt ...Deine Zufriedenheit als User verstellt Dir aber den Blick auf die Bedürfnisse anderer. Wenn Du programmierst, bist Du dafür verantwortlich, daß Deine Zielgruppe damit klarkommt....
Ich weiß nicht, ob es Deine Absicht ist, aber Du mischst in Deinen Antworten immer wieder falsch die Rollen, deswegen nochmal:
a) "Was interessieren mich als Enduser (ich bin kein Tastaturdesigner!!) die Bedürfnisse anderer User?"
b) Als Hersteller (z.B. von Tastaturen) wiederum sind meine eigenen Anforderungen eher von untergeordneter Wichtigkeit. Stattdessen ist ein gutes UI nicht das, was ich mir toll vorstelle, sondern das, mit dem meine Kunden optimal umgehen können. ... und genau deswegen ist es Quatsch, meinen Kunden vorschreiben zu wollen, worauf sie gefälligst umzusteigen haben, weil ich (als Hersteller) das Bisherige "unergonomisch" oder "veraltet" finde....Gruß,
Simon2.
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Simon2 schrieb:
b) Als Hersteller (z.B. von Tastaturen) wiederum sind meine eigenen Anforderungen eher von untergeordneter Wichtigkeit. Stattdessen ist ein gutes UI nicht das, was ich mir toll vorstelle, sondern das, mit dem meine Kunden optimal umgehen können. ... und genau deswegen ist es Quatsch, meinen Kunden vorschreiben zu wollen, worauf sie gefälligst umzusteigen haben, weil ich (als Hersteller) das Bisherige "unergonomisch" oder "veraltet" finde....
Gruß,
Simon2.
Ja und nein.
Ja insofern das ich als Hersteller niemals die eigenen Ansichten/Vorlieben als Maßstab ansetzen darf.
Aber auch nein, denn würde man die Aussage auf die Spitze treiben wäre das Ergebnis Stillstand. Enduser neigen dazu an dem Festzuhalten was sie bereits kennen, egal wie schlecht das ist weil sie nichts anderes kennen. Ich erinnere nur daran wie sich die guten alten DOS-User fast 10 Jahre lang gegen die Maus gewehrt haben. Hätte man diesen (damals mehrheitlichen) Userkreis als Grundlage genommen gäbe es bis heute weder Mäuse noch grafische Oberflächen.
Es gibt ein gutes Buch über User INterfaces (The Humane Interface, Jeff Raskin) wo sinngemäß die Aussage drin steht: Wenn Enduser genau wüßten was sie brauchen wären UI-designer arbeitslos.
Es gibt eine Reihe wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Thema GUI Design die teilweise im Widerspruch zu gängigen Praktiken stehen, deren Umsetzung uns das Leben aber erheblich erleichtern könnte. Soll man solche Erkenntnisse jetzt nicht umsetzen, nur weil die Enduser es anders gewohnt sind?
Mehr als einmal in meinem Leben bin ich dazu gezwungen worden umzudenken und oft war ich im Nachhinein froh darüber. Manchmal muß man Leute eben tatsächlich zu ihrem Glück zwingen.