Potenzgesetze: 1=-1?
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Hallo,
mir ist da etwas Merkwürdiges begegnet:
Einerseits:
[Exp(2*pi*i)]^(3/2) = [1]^(3/2) = 1
Andererseits:
[Exp(2*pi*i)]^(3/2) = Exp(3*pi*i) = -1
Wo liegt der Fehler? Ich würde vermuten bei dem Schritt[Exp(2*pi*i)]^(3/2)=Exp(3*pi*i), aber warum gilt das nicht?
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Dieses "Verschmelzen" der Exponenten ist nur für ganzzahlige äußere Exponenten definiert. (Wenn die Basis negativ ist.)
Siehe auch den braunen Kasten in
http://de.wikipedia.org/wiki/Potenz_(Mathematik)
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Ich verstehe, vielen Dank.
Jetzt muss ich mir nur mal angucken, woher das Gesetz (ab)c=a^(b*c) überhaupt kommt, damit ich verstehe, warum es hier nicht gilt. Oder falls jemand die Antwort sofort weiß, wäre es auch toll, wenn er es mir erklären könnte.
Edit: Ich hab's mal nachgerechnet, für alle die es interessiert. Wenn man die Formel (ab)c=a^(b*c) beweisen will, muss man erstmal die Definition der Potenz x^y=exp(y*ln(x)) einsetzen. Da der Logarithmus im komplexen aber nicht eindeutig definiert ist, klappt der Beweis nicht für komplexe b,c und die anderen Fälle die in dem Wikipedia-Artikel aufgeführt sind.
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Der Fehler ist, daß Du annimmst, Potenzierung sei assoziativ.
Potenzierung ist aber im allgemeinen nicht assoziativ.Das sieht man schon an einfachen Beispielen wie
256 = 2^(2^3) != (2^2)^3 = 64
Ferner ist Potenzierung per Definition rechts-assoziativ, d.h.
a^b^c := a^(b^c)
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Sorry, muß ich zurücknehmen. Ist gar nicht dein Problem, ich habe dein Posting zu oberflächlich gelesen
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Jetzt aber:
Das Problem ist, daß
[1]^(3/2)
nicht eindeutig ist, weil
1^(1/2) = {+1, -1}
und (+1)^3 = 1, (-1)^3 = -1
ist.
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u_ser-l schrieb:
Jetzt aber:
Das Problem ist, daß
[1]^(3/2)
nicht eindeutig ist, weil
1^(1/2) = {+1, -1}
und (+1)^3 = 1, (-1)^3 = -1
ist.Nein, dass ist es nicht, 1^(1/2) ist ganz eindeutig als 1 definiert, keine Doppeldeutigkeit. Denn es ist (per Definition der Potenz): 1^(1/2)=exp(0.5*ln(1))=exp(0)=1.
Warum es hier nicht funktioniert ist die Komplexität der Exponenten, wie ich im dritten Beitrag dieses Threads dargestellt habe.
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1^(1/2) ist {+1, -1} und das bringt die Doppeldeutigkeit in Deine Rechnung hinein, da Potenzierung mit 3 das Vorzeichen nicht ändert.
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[e(2*pi*i)](3/2) = [(e(2*pi*i))3]^(1/2) = [13](1/2) = {+1, -1}
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SeppJ schrieb:
1^(1/2) ist ganz eindeutig als 1 definiert, keine Doppeldeutigkeit
die Quadratwurzel ist immer doppeldeutig, außer bei 0.
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Es gibt 2 Lösungen der Quadratischen Gleichung x^2=1. Die Quadratwurzel ist aber nur eine der beiden, nämlich die nicht-negative.
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SG1 schrieb:
Es gibt 2 Lösungen der Quadratischen Gleichung x^2=1. Die Quadratwurzel ist aber nur eine der beiden, nämlich die nicht-negative.
Aha, und was wäre die andere? Also ich behaupte, dass die zweite Lösung -1 ist, denn -1*-1=1, bzw. ganz allgemein gilt auf einem Ring mit 1: (-1)*(-a)=a
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Aha? schrieb:
SG1 schrieb:
Es gibt 2 Lösungen der Quadratischen Gleichung x^2=1. Die Quadratwurzel ist aber nur eine der beiden, nämlich die nicht-negative.
Aha, und was wäre die andere? Also ich behaupte, dass die zweite Lösung -1 ist, denn -1*-1=1, bzw. ganz allgemein gilt auf einem Ring mit 1: (-1)*(-a)=a
Richtig. Und wo ist das jetzt der Widerspruch zu dem, was ich gesagt hab?
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u_ser-l, du darfst nicht vergessen, dass a^(1/2) NICHT als die Lösung von x^2=a definiert ist. Die Definition der Potenz mit nicht natürlichen Zahlen im Exponenten ist eine ganz andere, wie ich oben schon geschrieben habe.
Aus der Definition ergibt sich dann, dass a^(1/2) mit der (positiven!) Wurzel von a übereinstimmt, das hat aber nichts zu tun mit der Mehrdeutigkeit bei der Lösung quadratischer Gleichungen.
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SeppJ schrieb:
u_ser-l, du darfst nicht vergessen, dass a^(1/2) NICHT als die Lösung von x^2=a
definiert istdas stimmt schon, die Festlegung auf die positive Wurzel ist aber willkürlich, und wenn man von a^(1/2) eine der beiden Wurzeln wegläßt, entsteht das Vorzeichenproblem genau wie in deiner Rechnung.
Weiter unten in dem Artikel unter "Rechenregeln" siehst Du (ar)s = a^(r*s) für
positive a und beliebige reelle r und s.a ist in deinem Fall e^(2*pi*i), r ist 3, s ist 1/2.
Voila, es entsteht [1]^(3/2) = [1]^(3*1/2) = ([1]3)(1/2) = [1]^(1/2) = { +1, -1 } => Mehrdeutigkeit.
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[quote="u_ser-l"]
SeppJ schrieb:
Voila, es entsteht [1]^(3/2) = [1]^(3*1/2) = ([1]3)(1/2) = [1]^(1/2) = { +1, -1 } => Mehrdeutigkeit.
Alles richtig, bis auf den letzten Schritt. 1^(1/2) ist gleich 1 und zwar nur gleich 1. Das hat mit Wurzelziehen rein gar nichts zu tun. Das ist mehr oder weniger Zufall, dass bei sinnvoller Fortsetzung des Potenzierens für reelle Zahlen sich die Regel a^(1/2)=sqrt(a) ergibt. Und es ergibt sich eben nicht a^(1/2)=+-sqrt(a). Du schreibst ja selbst, dass die Rechenregel für beliebige reelle Zahlen gilt. Wäre (13)(1/2) mehrdeutig würde es ja nicht gelten.
Und die genannte Fortsetzung der Potenzfunktion ist deshalb sinnvoll, weil sie die Potenzen mit natürlichen Zahlen im Exponenten verbindet und die sind nunmal alle positiv. Wo sollten da auf einmal Mehrdeutigkeiten für die Zwischenwerte herkommen? (für negative Basen siehe auch die Fußnote, aber das ist hier egal, da e positiv)
Wäre das nicht so könnte man 22=(24)(1/2)=16(1/2) machen. Nach deiner Aussage wäre das sowohl 4 als auch -4. Dies steht aber im Konflikt zu der viel fundamentaleren Definition 2^2=2*2=4. Und wie du da eine Doppeldeutigkeit reinbringen willst, möchte ich gerne mal sehen.
Schöne Grüße,
SeppJFußnote: Man beachte: ist die Basis negativ, so sind die natürlichen Potenzen natürlich nicht alle positiv. In dem Fall bekommt man daher auch komplexe Werte für die rationalen Exponenten, weil der reelle Zahlenstrahl einfach nicht ausreicht, um dieses hin- und her sinnvoll zu verbinden. Die Potenzfunktion windet sich dann wie eine Spirale in der komplexen Ebene und schneidet die reelle Achse gerade dann wenn der Exponent eine ganze Zahl ist.
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SeppJ schrieb:
Du schreibst ja selbst, dass die Rechenregel für beliebige reelle Zahlen gilt. Wäre (13)(1/2) mehrdeutig würde es ja nicht gelten.
a^(r*s) = (ar)s gilt ja auch nicht mehr allgemein, sobald man beide Wurzeln berücksichtigt. Das Beispiel (24)(1/2) != 2^(4*1/2) hast du selbst gegeben.
Deine eigene Erklärung mit dem komplexen Exponenten ist richtig, ist aber letztendlich *genau* dasselbe wie die Mehrdeutigkeit der rechten Seite, die du unter den Tisch fallen läßt.
Rechnen wir genau, aber lassen wir bitte nichts unter den Tisch fallen:
(e(2*pi*i))(3/2) = e(3/2*log(e(2*pii)))
[nach Def: a^x = e^(xlog(a))]= { e^(3/2*(2*pi*i*n)) | n in Z }
[Z = Ring der ganzen Zahlen]= { e^(3*pi*i*n) | n in Z }
= { e^(pi*i*n) | n in Z }
= { (-1)^n | n in Z }
= {+1,-1}
= 1^(1/2) (jawohl !)
= (13)(1/2)
Paßt also.
Das Problem, daß Du 1^(3/2) willkürlich auf 1 setzt, hängt, wie die obige Umformung zeigt, direkt mit der
Mehrdeutigkeit des Logarithmus zusammen, und somit direkt mit der nicht mehr garantieren Gültigkeit von (ar)s = a^(r*s), sobald r nicht mehr reell ist
(oben: a = e, r = 2*pi*i, s = 3/2 )Grüße
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und falsch wird es an genau der stelle wo du zunächst noch einen ausdruck hast der eine zahl repräsentiert, dann ein = schreibst und dahinter eine Menge. SeppJ hat da schon ganz recht.
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SeppJ hat insoweit nicht Recht, wenn er die Ungültigkeit von (ar)s = a^(r*s) als Problemursache ausdeutet und gleichzeitig ablehnt, daß die Mehrdeutigkeit von 1^(3/2) Problemursache ist. Das sind aber zwei Seiten derselben Medaille.
Die Ungültigkeit von (ar)s = a^(r*s) ist nämlich nur ein Symptom.
Ursache ist aber die Vernachlässigung der Mehrdeutigkeit des Logarithmus komplexer Zahlen (im Komplexen ist log(1)=2*pi*Z) auf der linken Seite und der Quadratwurzel (1^(3/2) = {-1,+1}) auf der rechten Seite.
Bezieht man die Mehrdeutigkeiten mit ein (s. Rechnung in meinem vorangehenden Posting), dann ist die Vereinfachung von (e^(2 pi i))^(3/2) auf {+1,-1} auch nicht mehr vom Rechenweg abhängig, und so soll es ja sein.
SeppJ hat da auf ein sehr interessantes Problem hingewiesen, das zeigt, daß man selbst bei trivialsten Rechnungen höllisch aufpassen muß, sobald Konventionen (wie die, daß a^(1/2) nur die positive Wurzel berücksichtigt) benutzt werden, mit denen stillschweigend Mehrdeutigkeiten übergangen werden.
Verblüffende Sache.
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sollte natürlich heißen:
... log(1)=2*pi*i*Z ...