Potenzgesetze: 1=-1?


  • Mod

    [quote="u_ser-l"]

    SeppJ schrieb:

    Voila, es entsteht [1]^(3/2) = [1]^(3*1/2) = ([1]3)(1/2) = [1]^(1/2) = { +1, -1 } => Mehrdeutigkeit.

    Alles richtig, bis auf den letzten Schritt. 1^(1/2) ist gleich 1 und zwar nur gleich 1. Das hat mit Wurzelziehen rein gar nichts zu tun. Das ist mehr oder weniger Zufall, dass bei sinnvoller Fortsetzung des Potenzierens für reelle Zahlen sich die Regel a^(1/2)=sqrt(a) ergibt. Und es ergibt sich eben nicht a^(1/2)=+-sqrt(a). Du schreibst ja selbst, dass die Rechenregel für beliebige reelle Zahlen gilt. Wäre (13)(1/2) mehrdeutig würde es ja nicht gelten.

    Und die genannte Fortsetzung der Potenzfunktion ist deshalb sinnvoll, weil sie die Potenzen mit natürlichen Zahlen im Exponenten verbindet und die sind nunmal alle positiv. Wo sollten da auf einmal Mehrdeutigkeiten für die Zwischenwerte herkommen? (für negative Basen siehe auch die Fußnote, aber das ist hier egal, da e positiv)

    Wäre das nicht so könnte man 22=(24)(1/2)=16(1/2) machen. Nach deiner Aussage wäre das sowohl 4 als auch -4. Dies steht aber im Konflikt zu der viel fundamentaleren Definition 2^2=2*2=4. Und wie du da eine Doppeldeutigkeit reinbringen willst, möchte ich gerne mal sehen.

    Schöne Grüße,
    SeppJ

    Fußnote: Man beachte: ist die Basis negativ, so sind die natürlichen Potenzen natürlich nicht alle positiv. In dem Fall bekommt man daher auch komplexe Werte für die rationalen Exponenten, weil der reelle Zahlenstrahl einfach nicht ausreicht, um dieses hin- und her sinnvoll zu verbinden. Die Potenzfunktion windet sich dann wie eine Spirale in der komplexen Ebene und schneidet die reelle Achse gerade dann wenn der Exponent eine ganze Zahl ist.



  • SeppJ schrieb:

    Du schreibst ja selbst, dass die Rechenregel für beliebige reelle Zahlen gilt. Wäre (13)(1/2) mehrdeutig würde es ja nicht gelten.

    a^(r*s) = (ar)s gilt ja auch nicht mehr allgemein, sobald man beide Wurzeln berücksichtigt. Das Beispiel (24)(1/2) != 2^(4*1/2) hast du selbst gegeben.

    Deine eigene Erklärung mit dem komplexen Exponenten ist richtig, ist aber letztendlich *genau* dasselbe wie die Mehrdeutigkeit der rechten Seite, die du unter den Tisch fallen läßt.

    Rechnen wir genau, aber lassen wir bitte nichts unter den Tisch fallen:

    (e(2*pi*i))(3/2) = e(3/2*log(e(2*pii)))
    [nach Def: a^x = e^(x
    log(a))]

    = { e^(3/2*(2*pi*i*n)) | n in Z }
    [Z = Ring der ganzen Zahlen]

    = { e^(3*pi*i*n) | n in Z }

    = { e^(pi*i*n) | n in Z }

    = { (-1)^n | n in Z }

    = {+1,-1}

    = 1^(1/2) (jawohl !)

    = (13)(1/2)

    Paßt also.

    Das Problem, daß Du 1^(3/2) willkürlich auf 1 setzt, hängt, wie die obige Umformung zeigt, direkt mit der
    Mehrdeutigkeit des Logarithmus zusammen, und somit direkt mit der nicht mehr garantieren Gültigkeit von (ar)s = a^(r*s), sobald r nicht mehr reell ist
    (oben: a = e, r = 2*pi*i, s = 3/2 )

    Grüße



  • und falsch wird es an genau der stelle wo du zunächst noch einen ausdruck hast der eine zahl repräsentiert, dann ein = schreibst und dahinter eine Menge. SeppJ hat da schon ganz recht.



  • SeppJ hat insoweit nicht Recht, wenn er die Ungültigkeit von (ar)s = a^(r*s) als Problemursache ausdeutet und gleichzeitig ablehnt, daß die Mehrdeutigkeit von 1^(3/2) Problemursache ist. Das sind aber zwei Seiten derselben Medaille.

    Die Ungültigkeit von (ar)s = a^(r*s) ist nämlich nur ein Symptom.

    Ursache ist aber die Vernachlässigung der Mehrdeutigkeit des Logarithmus komplexer Zahlen (im Komplexen ist log(1)=2*pi*Z) auf der linken Seite und der Quadratwurzel (1^(3/2) = {-1,+1}) auf der rechten Seite.

    Bezieht man die Mehrdeutigkeiten mit ein (s. Rechnung in meinem vorangehenden Posting), dann ist die Vereinfachung von (e^(2 pi i))^(3/2) auf {+1,-1} auch nicht mehr vom Rechenweg abhängig, und so soll es ja sein.

    SeppJ hat da auf ein sehr interessantes Problem hingewiesen, das zeigt, daß man selbst bei trivialsten Rechnungen höllisch aufpassen muß, sobald Konventionen (wie die, daß a^(1/2) nur die positive Wurzel berücksichtigt) benutzt werden, mit denen stillschweigend Mehrdeutigkeiten übergangen werden.

    Verblüffende Sache.



  • sollte natürlich heißen:

    ... log(1)=2*pi*i*Z ...


  • Mod

    Also das einzige was ich noch tun könnte, wäre meinen Beweis hier aufzuschreiben, aber ohne funktionierende LaTeX-Umgebung wäre das eine Qual. Da der aber nicht sehr schwer ist, rate ich dir, mal selbst die Formel (ab)c=a^(b*c) zu beweisen. Du wirst sehen, die einzigen Probleme erwachsen aus den Logarithmen und zwar dann und genau dann wenn b,c komplex oder a<=0.

    Mehr kann ich zu diesem Thema nicht mehr sagen, außer dass du in den Beiträgen hierüber schon wieder Zahlen gleich einer Menge gesetzt hast, was nicht sein kann.



  • Ich gebe gerne zu, daß ich selbst den Kern des Problem anfangs nicht genau gesehen habe, ich habe mich sogar entschuldigt (s. Thread-Anfang).

    Aber ich setze nirgendwo eine Zahl gleich einer Menge, sondern rechne konsequent mit allen Werten von log und Wurzel anstelle der Hauptwerte (log(1):=0 und 1^(1/2):=+1). Das hat den Vorteil, daß der Wert des Ausdrucks (e(2*pi*i))(3/2) dann nicht mehr vom Rechenweg abhängt, weil man dann eben nicht mehr je nach Rechenweg mal den einen, mal den anderen der unendlich vielen Werte von log im Komplexen erwischt.

    Jedenfalls eine interessante und unterhaltsame Sache, die Du da gefunden hast.



  • u_ser-l schrieb:

    I
    Aber ich setze nirgendwo eine Zahl gleich einer Menge, sondern rechne konsequent mit allen Werten von log und Wurzel anstelle der Hauptwerte (log(1):=0 und 1^(1/2):=+1).

    Das mag ja sein, und es lässt sich auch konsequent so durchziehen. Trotzdem mußt Du akzeptieren, dass Wurzel von 1 genau 1 ist und nicht {-1,1}. Dass man es auch anders machen könnte ändert daran ja nichts.



  • 1^(1/2) := 1 und log(1) := 0 sind aber nur Konventionen, und wenn Konvention dazu führt, daß man nicht mehr richtig rechnen kann, bin ich lieber unkonventionell :p



  • Das steht Dir natürlich frei. Wenn Dir andere Konventionen nicht so konventionell vorkommen, dann ist das ja prima. Dafür handelst Du Dir halt an anderen Stellen gewisse Probleme ein, Stichwort Wurzelfunktion etwa.


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