Kann ich nicht logisch denken?



  • Ein Klassiker von meinem ehemaligen Mathematiklehrer (Herr Vischer - RIP):

    Alle Neger sind Menschen.
    Folgt daraus, daß alle Menschen Neger sind?

    ps: Sollte sich jemand an dem Wort "Neger" stören - in den 70ern des letzten Jahrhunderts gab es sowas wie "political correctness" noch nicht.

    Ich meine es auch nicht diskriminierend - ist nur OT.



  • supertux schrieb:

    denn das was du erklärst ist genau das, was ich die ganze Zeit sage: in der matehematische Logik interpretiert man streng nach Vorschrift, während auf Deutsch der Kontext die Interpretation stark beeinflusst.

    Eben das ist nicht so. Denn selbstverständlich wird in natürlichen Sprachen auch streng nach Vorschrift interpretiert. Wie diese Vorschrift im Detail aussieht, das ist der Haken. Aber dass sie existiert, das lässt sich relativ einfach aus der Tatsache ableiten, dass Kommunikation existiert und funktioniert. Dass wir uns hier unterhalten können, verlangt, dass wir nicht nur eine gemeinsame Menge von Wörtern kennen, sondern eben auch Interpretationen für die einfachen Wörter und Interpretationsvorschriften für die Kombinationen. In diesem Sinn ist das analog zur mathematischen Logik. Und genau so wie in der mathematischen Logik ist auch die natürliche Sprache kontextabhängig. Dass in der Logik die Interpretation einer Formel auch vom Kontext abhängen kann habe ich ja vorhin geschrieben. Und das ist der Punkt. Bei beidem musst du dich dann für eine Interpretation entscheiden. Die menschliche Sprache verlässt sich dabei sowohl auf strikte Regeln als auch auf menschliche Kognition, um die wahrscheinlichste Interpretation zu ermitteln. Die mathematische Logik dagegen verlässt sich darauf, dass der Mathematiker schon die richtige wählen wird, da alle Interpretationen erst einmal gleichwertig sind. In diesem Sinn könnte man vielleicht sogar sagen, dass die natürliche Sprache noch strenger als die mathematische Logik sei, sobald eine Kontextabhängigkeit drinnen ist. Und die kann es in der Logik nun mal geben.



  • minhen schrieb:

    Kommunikation existiert und funktioniert

    Woher wissen wir das? Vielleicht bilden sich beide Seiten nur ein, etwas zu verstehen (woher wissen wir, dass beide dasselbe meinen?).



  • minhen schrieb:

    Eben das ist nicht so. Denn selbstverständlich wird in natürlichen Sprachen auch streng nach Vorschrift interpretiert.

    Eben nicht. Betrachten wir den Satz "Sie sind ja gut".

    Der eine interpretiert den Satz "Sie sind ja gut" als Lob, der nächste als versteckten Tadel, ein dritter interpretiert ihn vielleicht als neutrale Feststellung, und ein vierter als Beleidigung (weil er ihn interpretiert wie "Sie sind frech"). Zudem hängt die Interpretation des Satzes davon ab, wer einen solchen Satz sagt.

    Natürliche Sprache ist nicht nur kontextabhängig, der Sinn eines Satzes in natürlicher Sprache kann zusätzlich von der Aussprache und Betonung abhängen (vgl. "Beton" als Substantiv und "Beton" als Imperativform von "betonen"), vom Sprecher (s. obiges Beispiel), vom Adressaten, von der Situation, sogar von der Gemütslage des Adressaten und des Sprechers. Bei einem solchen Ausmaß an Subjektivität wage ich ernsthaft zu bezweifeln, daß natürliche Sprache streng nach Vorschrift interpretierbar ist. Schon das "zwischen-den-Zeilen-Lesen" ist mit "streng nach Vorschrift" unmöglich, und dennoch leben ganze Literaturgenres u.a. davon (Satiren, Komödien, ...)



  • u_ser-l schrieb:

    (vgl. "Beton" als Substantiv und "Beton" als Imperativform von "betonen")

    sehr schlechtes beispiel.
    die befehlsform ist "betone", der baustoff wird eher wie "betong" gesprochen. da paßt nix.



  • úmfahren und umfáhren.



  • kennt jemand ein deutsches Wort, das mit der Betonung auf derselben Silbe, aber unterschiedlicher Länge der Silben eine andere Bedeutung hat?



  • u_ser-l schrieb:

    Der eine interpretiert den Satz "Sie sind ja gut" als Lob, der nächste als versteckten Tadel, ein dritter interpretiert ihn vielleicht als neutrale Feststellung, und ein vierter als Beleidigung (weil er ihn interpretiert wie "Sie sind frech"). Zudem hängt die Interpretation des Satzes davon ab, wer einen solchen Satz sagt.

    Natürliche Sprache ist nicht nur kontextabhängig, der Sinn eines Satzes in natürlicher Sprache kann zusätzlich von der Aussprache und Betonung abhängen (vgl. "Beton" als Substantiv und "Beton" als Imperativform von "betonen"), vom Sprecher (s. obiges Beispiel), vom Adressaten, von der Situation, sogar von der Gemütslage des Adressaten und des Sprechers. Bei einem solchen Ausmaß an Subjektivität wage ich ernsthaft zu bezweifeln, daß natürliche Sprache streng nach Vorschrift interpretierbar ist. Schon das "zwischen-den-Zeilen-Lesen" ist mit "streng nach Vorschrift" unmöglich, und dennoch leben ganze Literaturgenres u.a. davon (Satiren, Komödien, ...)

    Das ist, mit Ausnahme der Ambiguität, alles Kontext. Gerade die Abhängigkeit von Sprecher, Zuhörer, aber auch Ort nennt Montague selbst schon. Und der gute Mann war der Überzeugung, dass natürliche Sprachen auch nur formale Sprachen seien. Letztlich geht es darum: Ist es modellierbar oder ist es nicht modellierbar?
    Wir können es aber auch ganz grundsätzlich anpacken: Gibt es bei Satiren und Komödien keine Regeln? Keine Hinweise? Keine Kontextabhängigkeit? Ist Literatur grundsätzlich völlig willkürlich und beliebig? Oder zeigt die Problematik beim Interpretieren von Gedichten nicht viel mehr, dass es im Normalfall sehr wohl Regeln gibt und diese bei Gedichten absichtlich verletzt werden? Und der Durchschnitts-Schüler deswegen, wie ich finde, zuerecht mit "So ein Blödsinn!" reagiert, wenn er mal wieder so ein dubioses Gedicht interpretieren soll?

    fgfgfg schrieb:

    kennt jemand ein deutsches Wort, das mit der Betonung auf derselben Silbe, aber unterschiedlicher Länge der Silben eine andere Bedeutung hat?

    Malen und Mahlen.



  • minhen schrieb:

    Malen und Mahlen.

    sind beide lang.
    betten beten



  • volkard schrieb:

    minhen schrieb:

    Malen und Mahlen.

    sind beide lang.
    betten beten

    Geschrieben sollen die Wörter identisch sein.



  • dfgdfgf schrieb:

    volkard schrieb:

    minhen schrieb:

    Malen und Mahlen.

    sind beide lang.
    betten beten

    Geschrieben sollen die Wörter identisch sein.

    zusammengesetzt kann ich unfug konstruieren.
    in dem raum, wo das bett steht, hatte ich einen traum, in dem ich gebetet habe. komischer bettraum im bettraum.



  • minhen schrieb:

    Das ist, mit Ausnahme der Ambiguität, alles Kontext.

    Eine Interpretation, die je nach Gemütsverfassung des Empfängers anders interpretiert wird, folgt subjektiv beeinflußten "Vorschriften" oder Ableitungsregeln - und "Vorschriften", die abhängig von Subjektivität angewandt werden oder nicht, sind gar keine Vorschriften, denn Vorschriften müssen zuallermindest objektiv gelten.

    Bei Subjektivität hört alle Wissenschaft, und damit auch die eindeutige Ableitbarkeit von Interpretationen auf. Natürliche Sprache folgt zwar weitgehend Vorschriften, aber nicht vollständig. Und dieses ε macht den Unterschied zu formalen Kalkülen aus.

    PS. Warum kann man sich nach wie vor nicht mit einem Roboter unterhalten? Antwort: Weil einem Roboter die Datenbasis aus abermillionen von Sinneseindrücken und Trivialwissen fehlt, die das menschliche Bewußtsein prägen. Auch hier endet die Anwendbarkeit formaler Kalküle und führt rein formale Logik in die Sackgasse.



  • minhen schrieb:

    dass Kommunikation existiert und funktioniert.

    echt? Also mir kommt es so vor, als ob wir uns gegenseitig nicht verstehen können.

    minhen schrieb:

    Bei beidem musst du dich dann für eine Interpretation entscheiden.

    Der Satz ist korrekt, deinen Gedankengang kann ich aber so nicht ganz akzeptieren. Zugegeben, dass in der mathmatischen Logik erst die Interpretation gewählt werden muss, aber .... du musst die Interpretation für Konstanten, Funktion- und Relationssymbole festelegen, jedoch nicht für Quantoren und Junktoren. Ein UND-Junktor wird nur dann erfüllt, wenn beide Ausdrücke erfüllt sind. Ein UND-Junktor in der natürlichen Sprache hängt mitunter vom Kontext und Situation des Sprechers ab, somit trägt der Junktor mehr Information als der UND-Junktor der Spache der ersten Stufe. Das machen sich obige "Logische Online Tests" zunutze, bei denen viele nicht sofort von Deutsch auf mathematisch-logik-deutsch umschlten und somit mehr sehen, als da geschrieben wurde.

    minhen schrieb:

    Die mathematische Logik dagegen verlässt sich darauf, dass der Mathematiker schon die richtige wählen wird, da alle Interpretationen erst einmal gleichwertig sind.

    ich verstehe jetzt nicht, was du damit meinst. Mit 'Mathematiker' meinst du einen x-beliebigen Mathematiker oder strikt einen Logiker?



  • volkard schrieb:

    minhen schrieb:

    Malen und Mahlen.

    sind beide lang.
    betten beten

    Oha, hast natürlich recht. Da bin ich selbst auf die Orthographie hereingefallen.

    dfgdfgf schrieb:

    volkard schrieb:

    minhen schrieb:

    Malen und Mahlen.

    sind beide lang.
    betten beten

    Geschrieben sollen die Wörter identisch sein.

    Du willst dich also doch nicht über Deutsch, sondern nur über Mängel bei der Laut-Zeichen-Zuordnung in der amtlichen Rechtschreibung unterhalten.

    u_ser-l schrieb:

    Eine Interpretation, die je nach Gemütsverfassung des Empfängers anders interpretiert wird, folgt subjektiv beeinflußten "Vorschriften" oder Ableitungsregeln - und "Vorschriften", die abhängig von Subjektivität angewandt werden oder nicht, sind gar keine Vorschriften, denn Vorschriften müssen zuallermindest objektiv gelten.

    Sagt wer? Die Vorschriften, von denen ich rede, haben Regelcharakter. Es gibt natürlich niemanden, der irgendwas vorschreibt. Aber es gibt sehr wohl Regeln und die meine ich. Der Gemütszustand des anderen ist Teil des Kontexts, der Situation. Und zwar ein mitunter sehr wichtiger Teil. Wird dieser Kontext nicht vollständig übertragen, kann es zu Kommunikationsproblemen kommen. Wie dem, dass in einem Internetforum reihenweise keine Ironie verstanden wird.

    Bei Subjektivität hört alle Wissenschaft, und damit auch die eindeutige Ableitbarkeit von Interpretationen auf. Natürliche Sprache folgt zwar weitgehend Vorschriften, aber nicht vollständig. Und dieses ε macht den Unterschied zu formalen Kalkülen aus.

    Was hindert einen daran, eine Menge mit Gemütszuständen zu definieren und die Elemente im Index für das Ermitteln der Interpretationsfunktion zu verwenden? Das heißt, das Problem ist sogar eins, das man mit heutigen Formalismen schon relativ einfach lösen kann. Es spricht prinzipiell nichts dagegen, dass ich einen Index definiere, der eine Konstante für den Sprecher, eine Konstante für den Zuhörer, eine für den Gemütszustand des Sprechers und eine für den Gemütszustand des Zuhörers beinhaltet. Und mit dem Index, der den Kontext darstellt, ermittele ich dann die anzuwendende Interpretationsfunktion. Dass es viel Arbeit und auf Dauer keinen Spaß macht, das steht auf einem anderen Blatt. Aber es ist keine formale Unmöglichkeit.

    PS. Warum kann man sich nach wie vor nicht mit einem Roboter unterhalten? Antwort: Weil einem Roboter die Datenbasis aus abermillionen von Sinneseindrücken und Trivialwissen fehlt, die das menschliche Bewußtsein prägen. Auch hier endet die Anwendbarkeit formaler Kalküle und führt rein formale Logik in die Sackgasse.

    Absolut. Ja. Und dennoch kann man mit den Formalismen erstaunlich viel modellieren. In der Praxis sogar derzeit mehr als ohne. Ganz einfach weil man keine Ahnung hat, wie man es sonst machen sollte.



  • minhen schrieb:

    Wie dem, dass in einem Internetforum reihenweise keine Ironie verstanden wird.

    Kann man einem Text im Kontext immer ansehen, dass er ironisch gemeint ist? Wenn nein, wie kann man dann von verstehen reden?



  • minhen schrieb:

    Der Gemütszustand des anderen ist Teil des Kontexts, der Situation.

    Tja, Kontext betrifft objektivierbare Abhängigkeiten. Gemütsverfassung ist aber subjektiv, und ist daher mit keinerlei Vorschriften oder Gesetzmäßigkeiten beschreibbar, denn den mindesten Anspruch, den Gesetzmäßigkeiten erfüllen müssen, ist ihre Objektivierbarkeit.

    Der selbe natürlichsprachliche Satz kann einen sensiblen Menschen beleidigen und einem anderen in der gleichen Situation als neutrale Feststellung erscheinen. So etwas kann kein formaler Kalkül modellieren.

    Was hindert einen daran, eine Menge mit Gemütszuständen zu definieren und die Elemente im Index für das Ermitteln der Interpretationsfunktion zu verwenden?

    Das ist ein Konzept wie das von der Simulation des Gehirns durch ein neuronales Netz. Das Gehirn ist aber mehr als ein elektrischer Schaltkreis, es ist auch eine chemische Fabrik und ein chemisch modulierter Speicher. Dem wird man mit einem neuronalen Netz kaum gerecht werden.

    Analog steckt in der Interpretation natürlicher Sprache mehr als nur Buchstaben + Kontext.

    Es ist meiner Meinung nach nicht möglich, Subjektivität zu erzeugen, indem man nur Objektivität genügend komplex und detailliert simuliert. Subjektivität ist nicht der Grenzwert von Objektivität, sondern eine andere "qualitas".

    Ich verweise da mal an J.Searls Analogie von den chinesischen Karten, die durch einen Englischsprechenden Menschen nach bestimmten Regeln angenommen und ausgeteilt werden - so etwas ist noch kein Verständnis von chinesischer Sprache.



  • supertux schrieb:

    du musst die Interpretation für Konstanten, Funktion- und Relationssymbole festelegen, jedoch nicht für Quantoren und Junktoren. Ein UND-Junktor wird nur dann erfüllt, wenn beide Ausdrücke erfüllt sind. Ein UND-Junktor in der natürlichen Sprache hängt mitunter vom Kontext und Situation des Sprechers ab, somit trägt der Junktor mehr Information als der UND-Junktor der Spache der ersten Stufe. Das machen sich obige "Logische Online Tests" zunutze, bei denen viele nicht sofort von Deutsch auf mathematisch-logik-deutsch umschlten und somit mehr sehen, als da geschrieben wurde.

    Natürlich muss man die Bedeutung der Quantoren und Junktoren auch festlegen. Der Umstand, dass es konkrete Formalismen gibt, wo es andere für dich schon erledigt haben, macht die grundsätzliche Notwendigkeit ja nicht nichtig. Und gerade Quantoren werden ja auch immer fleißig erweitert. Du willst Notwendigkeiten und Möglichkeiten modellieren? Zeit für modale Quantoren! Du willst Zeiten modellieren, was gerade für Informatiker auch wichtig ist, her mit temporalen Quantoren! Ich will einen Existenzquanter haben, der aber nach der quantifizierten Entität fragt? Also führe ich einen neuen Quantor ein. Quantoren und Junktoren sind nicht gottgegeben, sondern definiert. Und damit mit der Definition grundsätzlich auch veränderbar.
    Ob man das wirklich tun muss oder will ist wieder eine andere Frage. Bei deinem Beispiel, und das habe ich bisher in der Tat nicht explizit gesagt, besteht überhaupt keine Notwendigkeit dazu. Man muss kein neues "und" einführen. Das alte tut es vollkommen. Denn die Mehrdeutigkeit hängt - wieder einmal - vom Kontext und nicht von der Koordination ab. "Ich fahre nach Berlin und saufe" und "Ich saufe und fahre nach Berlin" haben ja nicht grundsätzlich unvereinbare Bedeutungen. Wenn dir im ICE nach Berlin jemand zuprostet "Ich saufe und fahre nach Berlin" oder wenn dir ein Bundestagsabgeordneter auf die Frage, was er denn jetzt mache, in einer Kneipe sagt "Ich fahre nach Berlin", nach seinem Bier greift, "und saufe!" lallt, dann wird das wohl klar. Der Kontext macht's. Dass du als Mensch anfängst, dir bei fehlendem Kontext einen sinnvollen zu überlegen, das ist genau so ein anderes Thema, wie das Thema, wie unser saufender Politiker bei der Masse punkten konnte.
    Das "und" aber ist in beiden Fällen völlig gleich. Dass du dir als Mensch, wenn du den Satz isoliert hörst, überlegst, dass man am einfachsten die lineare Abfolge der Satzteile auf die lineare zeitliche Abfolge übertragen könnte, das ist alleine deine menschliche Interpretation bei unvollständigem Kontext. Du erzeugst, überlegst dir also den Kontext, in dem du die Aussage interpretieren möchtest. Das steckt, wenn man so sagen will, in dir. Und nicht im Satz. Logisch ist das "und" aber in allen Fällen dasselbe. Nur der Kontext ändert sich eben - und den wählst du aus. Beide Kontexte kann man aber ohne Weiteres modellieren. Und das ist der Punkt.
    Ich behaupte nicht, dass man Menschen modellieren würde. Ihre Gedanken und Denkweisen, oder auch nur ihre Handlungen. Ich rede einzig und alleine von Sprache - losgelöst vom Menschen. Dass das u. U. problematisch ist, sage ich hiermit zum dritten Mal in diesem Thread. Aber es ändert nichts daran, dass man sprachliche Äußerungen logisch modellieren kann. Und das stellt die Behauptung, Sprache sei unlogisch, nun mal in Frage.

    dsfsdfds schrieb:

    Kann man einem Text im Kontext immer ansehen, dass er ironisch gemeint ist? Wenn nein, wie kann man dann von verstehen reden?

    Ich persönlich würde behaupten, dass man es einem Text im Kontext sehr wohl ansehen kann. Die Praxis hier im Forum scheint aber das Gegenteil zu belegen. Wenn aber etwas ironisch gemeint war und man das mitbekommt - wieso sollte man dann nicht von verstehen sprechen?

    u_ser-l schrieb:

    Tja, Kontext betrifft objektivierbare Abhängigkeiten. Gemütsverfassung ist aber subjektiv, und ist daher mit keinerlei Vorschriften oder Gesetzmäßigkeiten beschreibbar, denn den mindesten Anspruch, den Gesetzmäßigkeiten erfüllen müssen, ist ihre Objektivierbarkeit.

    Der selbe natürlichsprachliche Satz kann einen sensiblen Menschen beleidigen und einem anderen in der gleichen Situation als neutrale Feststellung erscheinen. So etwas kann kein formaler Kalkül modellieren.

    Und weiter? Ich modelliere ja nicht den Menschen oder dessen Beweggründe, sondern die Sprache. Und dass Sprecher und Zuhörer wunderbar in den Kontext passen, das habe ich doch eben lang und breit erst ausgeführt. Und da in der Logik Interpretationen in der Regel sowieso extensional funktionieren, bekommst du deinen Unterschied zwischen Sensibelchen und Normalo sogar völlig ohne zusätzlichen Aufwand frei Haus geliefert. Oh und selbstverständlich ist es nicht derselbe Kontext, wenn sich etwas ändert. Ganz besonders, wenn es sowas wichtiges wie die beteiligten Personen sind. Und was ich unter Kontext verstehe, das habe ich ziemlich deutlich, mathematisch ausgeführt. Vielleicht solltest du deine Begriffe auch definieren.

    Das ist ein Konzept wie das von der Simulation des Gehirns durch ein neuronales Netz. Das Gehirn ist aber mehr als ein elektrischer Schaltkreis, es ist auch eine chemische Fabrik und ein chemisch modulierter Speicher. Dem wird man mit einem neuronalen Netz kaum gerecht werden.

    Nein, das hat herzlich wenig mit neuronalen Netzen zu tun. Nicht zuletzt, weil ich damit überhaupt keine Aussage über Menschen mache. Wieso sage ich eigentlich die ganze Zeit, dass die reale menschliche Sprachverarbeitung komplizierter sei und dass da die volle menschliche Kognition dahinterstecke?

    Es ist meiner Meinung nach nicht möglich, Subjektivität zu erzeugen, indem man nur Objektivität genügend komplex und detailliert simuliert. Subjektivität ist nicht der Grenzwert von Objektivität, sondern eine andere "qualitas".

    Das ist ein interessanter Punkt. Was ist Subjektivität denn genau? Definiere es doch mal. Für mich ist das Erleben ein klassisches emergentes Phänomen. Und mit Emergenz würde ich auch dem guten Searle mit seinem chinesischen Zimmer antworten. Die Wände verstehen kein Chinesisch, der Mensch darin auch nicht, die Bücher auch nicht. Aber das Zimmer als Gesamtsystem versteht sehr wohl Chinesisch. Das Verständnis ist nicht in den einzelnen Teilen des Systems zu finden, ergibt sich aber für das Gesamtsystem sehr wohl. Dass Searle darauf wohl als Totschlagargument "aber, aber das denkt ja dann gar nicht so wie ich" auspacken würde, ist seine Ignoranz. Vielleicht würde das Gespräch aber ja ganz nett werden, wenn er mir dann erklären müsste, ob einzelne Neuronen bei ihm Chinesisch verstünden und falls nicht, wieso er Verstehen als emergentes Phänomen besitzen darf, das Zimmer aber nicht. Dsa diffuse Gefühl, "aber ich bin anders! Und zwar besser und mehr!" hilft da herzlich wenig weiter.



  • minhen schrieb:

    Ich persönlich würde behaupten, dass man es einem Text im Kontext sehr wohl ansehen kann.

    *immer*?

    Wenn aber etwas ironisch gemeint war und man das mitbekommt

    Wie kann man sich *sicher* sein, dass es so gemeint war?



  • fgdfgfdg schrieb:

    minhen schrieb:

    Ich persönlich würde behaupten, dass man es einem Text im Kontext sehr wohl ansehen kann.

    *immer*?

    was nicht paßt, wird passend gemacht. und zwar nachträglich.
    falls du beweist, daß ich irgendwo was nicht vorhersehen konnte, nehme ich fragmente deines beweises und polstere meine theorie mit einem einzelfall aus und sage "siehste, ich hab doch gesagt, daß man es einem text im kontext ansehen kann".
    die sprache ist nämlich durch und durch logisch und keineswegs willkürlich. wer was anderes behauptet, der soll das erstmal beweisen. und dann beweise ich ihm, was.

    nee, klingt nicht gut. richtiger ist:
    das hängt doch nur von der interpretationsfunktionwählfunktion λ ab. zum inteprpretieren eines textes ρ im kontext שֶׁ wird die interpretationsfunktion ѫ mit ѫ=λ(ρ,שֶׁ) gesucht und dann wird ѫ(ρ,שֶׁ) natürlich die korrekte interpretation liefern und auch die ironie erkannt haben.



  • fgdfgfdg schrieb:

    minhen schrieb:

    Ich persönlich würde behaupten, dass man es einem Text im Kontext sehr wohl ansehen kann.

    *immer*?

    Wenn aber etwas ironisch gemeint war und man das mitbekommt

    Wie kann man sich *sicher* sein, dass es so gemeint war?

    Auch wenn volkard offensichtlich nicht mal im Ansatz versteht, was ich schreibe: Nein, natürlich nicht immer. Und nein, natürlich kann man sich nicht sicher sein. Und weiter?

    Ich sage es jetzt wirklich zum letzten Mal: Ich rede nicht davon, Menschen zu beschreiben. Ich rede auch nicht davon, deren Verhalten zu beschreiben. Ich rede auch nicht davon, irgendwas vorherzusagen. Ich rede nicht davon, die sprachliche Äußerungen der Realität zu erklären, sondern von einer mathematischen Modellierung der Sprache.

    Mir ist schon klar, dass es volkard überfordert. Schließlich habe ich ihm auch schon die Wissenschaft Linguistik erklärt, welche in der Tat Sprachen empirisch untersucht und Vorhersagen machen kann. Und jetzt rede ich plötzlich von Sprache die als Handwerkszeug rein mathematisch modelliert wird. Also davon den Untersuchungsgegenstand nicht zu erklären, sondern für praktische Zwecke nachzubauen. Dabei kann und wird man natürlich auch Erkenntnisse gewinnen. Wie sagen die Vertreter der "embodied artificial intelligence", verstanden hat man es erst, wenn man es selbst nachgebaut hat. Insofern kann man schon Erkenntnisse erwarten, wie die, dass Sprache logische Strukturen hat. Aber ist es wirklich so unglaublich schwer, so eine gigantische geistige Herausforderung, zu verstehen, dass es sich dabei um zwei verschiedene Arbeitsweisen, mit unterschiedlichen Möglichkeiten und unterschiedlichen Zielen handelt? Dass man mit einer mathematischen Modelierung nachbaut? Verstehst du das wirklich nicht, volkard?


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