"Amokläufer verbrachte Abend vor der Tat mit Killerspiel"



  • F98 schrieb:

    Zoom schrieb:

    scrub schrieb:

    Na klar, es ist quasi typisch, daß man vom Gabelstaplerfahrer irgendwann zum Fabrikhallenkehrmeister zum Fabrikanten wird.

    ja, so nach 40 jahren betriebszugehörigkeit etwa, sollte das schon drin sein.

    Diese Denke ist leider Vergangenheit. Ich glaube kaum, dass man heutzutage noch 40 Jahre in der selben Firma arbeitet. Ich kenne jedenfalls niemanden. Und die, die drauf hoffen, sitzen zu Hause - arbeitslos.

    das war auch nur ironisch gemeint. das märchen "vom tellerwäscher zum millionär" ist eben nur ein märchen.



  • Daniel E. schrieb:

    Es ist aber höchst zweifelhaft, ob ein Mindestlohn hilft.

    Nein. Ein Mindestlohn legt fest, dass bestimmte Personen nicht ausgebeutet werden. Das hat direkten Einfluss, auf die finanzielle Situation der Geringverdiener und entlastet diese auch.

    Daniel E. schrieb:

    Er hat ja schließlich offensichtlich negative Konsequenzen, denn er macht Leute arbeitslos (Stell dir einen Mindestlohn von 100€/h vor. Wenn man so Wohlstand schaffen könnte, warum tun wir es dann nicht?).

    Negative Konsequenzen? Ich dachte es geht um die Entlastung der Bevölkerung und nicht um die Ertragssteigerung des Arbeitgebers. Die Friseuse in Ostdeutschland wird sicherlich von einem Mindestlohn profitieren.

    Daniel E. schrieb:

    Aber gut, nehmen wir an, wir haben eine halbwegs vernünftige Regierung und bekommen einen Mindestlohn von 8€/h.

    Das halte ich für einen guten Richtwert. 8 Euro wäre gut als Mindestlohn.

    Daniel E. schrieb:

    Das betrifft nur eine sehr kleine Menge an Leuten (Ausländer, die schlecht deutsch sprechen, junge Leute, die keine Qualifikation haben usw.),

    Und? Sind das etwa keine Menschen? Wenn wir die Steuern senken, dann betrifft es auch nur eine sehr kleine Gruppe, für die eine prozentuale Steuersenkung spürbar mehr Geld einbringt. Für die unteren Einkommensschichten wird sich NICHTS spürbar ändern. Und wer für 5 Euro/h arbeitet, zahlt sowieso keine Steuern - wovon soll er denn Steuern zahlen? Da gibt es zwar noch die Mittelschicht, aber deren finanzieller Gewinn durch eine Steuersenkung wäre bei Weitem nicht so verlockend wie für die obersten Einkommensschichten.

    Daniel E. schrieb:

    aber der gesamte Effekt auf dem Arbeitsmarkt ist recht marginal und ausserdem kann man argumentieren, daß das sowieso beschissene 5€/h-Jobs waren um die es nicht schade ist

    Marginal? Durch einen Mindestlohn landet das Geld dort, wo es am meisten gebraucht wird. Bei der untersten Einkommensschicht. Welchen Effekt auf den Arbeitsmarkt gibt es, wenn hauptsächlich die oberen Einkommensschichten von einer Steuersenkung profitieren?

    Daniel E. schrieb:

    (stimmt zwar nicht, die meisten Leute steigen schnell in der Jobhierarchie auf, aber sei's drum).

    Sicher... Wie ich deinen Worten entnehmen kann, kennst du persönlich niemanden, der solch einen Job hat/hatte. Ich kenne genug Leute ( auch in der Verwandschaft), die schon seeehr lange für diesen mikrigen Lohn arbeiten. Schonmal was von Leihfirmen gehört? Die FDP will ja hartnäckig daran festhalten, da "es den Arbeitsmarkt flexibilisiert". Dass ich nicht lache. Die meisten Leihfirmenangestellte finden selbst auf längere Sicht keine Festeinstellung. Hier werden die Arbeitnehmer systematisch in der untersten Lohnschicht festgehalten. Also das Märchen von "Hierarchie schnell hochsteigen" zählt hier nicht, wir reden hier nicht von typischen Akademikerberufen.

    Daniel E. schrieb:

    Also gibt es einen zusätzlichen Anreiz, unqualifizierte Kräfte durch qualifiziertere zu ersetzen.

    Ist doch gut, da sehen ich kein Problem. Im Endeffekt solltest du dich einmal fragen wie viele qualifizierte Kräfte für den Mindestlohn arbeiten würden. Ich schätze mal, dass es nicht so viele sind. Also würden auch die unqualifizierten nicht komplett ausgetauscht werden.

    Daniel E. schrieb:

    Das positivste, was man über einen Mindestlohn sagen kann ist, daß er nicht viel schadet, wenn er niedrig genug ist.

    Den von dir oben genannten Mindestlohn von 8 Euro/h halte ich für angemessen.
    Er ist nicht zu hoch und zudem wird es zum leben reichen.

    Ich sage es mal so: Eine Vollzeitstelle, die nicht genug Geld einbringt um halbwegs über die Runden zu kommen (sprich, man ist immer noch auf staatliche Hilfen angewiesen), ist in meinen Augen keine richtige Arbeitsstelle. Ich rede hier nicht von gut bezahlten Jobs.

    Daniel E. schrieb:

    Ganz ähnlich ist es ja mit dem Kündigungsschutz -- auch eine Maßnahme, die denjenigen, denen es helfen soll, mehr schadet, nämlich wieder den wenig qualifizierten Arbeitslosen ("Langzeitarbeitslosigkeit").

    Ach wirklich?
    Hier mal ein Beispiel aus der Vergangenheit:
    http://www.wsws.org/de/2006/jul2006/alli-j05.shtml

    Es werden Arbeitnehmer entlassen trotz Rekordgewinn. Als Begründung wird
    "mehr Rendite" angegeben. Soviel zu dem Thema...
    Und das ist kein Einzelfall. Wenn man den Kündigungsschutz lockert, dann werden sich solche Fälle mit Sicherheit häufen.

    Daniel E. schrieb:

    In Deutschland sind über die Hälfte der Arbeitslosen ein Jahr lang arbeitslos, in den USA zB. nicht mal 10% (nicht ganz aktuell, aber so grob sollte es immer noch passen).

    Du kannst Deutschland nicht so einfach mit USA vergleichen, dazu sind beide Staaten zu unterschiedlich.

    Daniel E. schrieb:

    Niedrigere Grenzsteuersätze produzieren langfristig einen Anreiz, mehr zu produzieren (weil von dem zusätzlich verdienten Euro weniger weggenommen wird) und das produziert Wirtschaftswachstum

    Soweit stimmt es ja auch... nur wird der Arbeitnehmer nicht entlastet.

    Daniel E. schrieb:

    und das nimmt viele Leute aus der unteren Einkommensschicht mit nach oben (wenn auch nicht im Kennedy-"A rising tide lifts all the boats"-Stil).

    Das halte ich für ein Märchen. Siehe nochmals:
    http://www.wsws.org/de/2006/jul2006/alli-j05.shtml

    Daniel E. schrieb:

    In deiner Welt scheinen Anreize überhaupt keine Rolle zu spielen, weil Leute prinzipiell doof sind und immer das gleiche machen.

    Ich weiß zwar nicht, wo du das herausgelesen hast, davon habe ich nichts gesagt.
    Jedoch schaffst du mit 5 Euro/h (oder weniger) sicher keinen Anreiz um mehr zu leisten.

    Zusammenfassend will ich ein Zitat eines Unternehmers (dessen Name ich vergessen habe) aufführen:*
    "Würden die Arbeitgeber ihre Angestellten anständig bezahlen, bräuchte man keinen Mindestlohn."*

    Das ist aber leider nicht der Fall. Der Mindestlohn ist halt eine Notlösung.



  • Zoom schrieb:

    das märchen "vom tellerwäscher zum millionär" ist eben nur ein märchen.

    Der amerikanische Traum? Klar gibt es Karrieren in der Art. Ich kann Dir'n Beispiel dafür nennen: Arnold Schwarzenegger. 😋 Aber zugegeben: Solche Karrieren sind wirklich sehr selten.



  • Schneewittchen schrieb:

    Immer diese Heuchelei von wegen "Mittelstand entlasten". Klar, Kündigungsschutz "lockern" wird bestimmt den Mittelstand entlasten - entlasten von der Arbeitsstelle und vom Lohn. 🙄

    In der Praxis gibt es ja eh keinen Kündigungsschutz mehr. Was glaubst Du, warum es in letzter Zeit so einen Boom bei Zeitarbeitsfirmen gab? Das hat einen zentralen Grund: Die Firmen, die sich Leiharbeiter in den Betrieb holen, haben die Möglichkeit, eine Form von Hire&Fire zu betreiben. Entsprechend entlassen die großen Unternehmen momentan ja auch nicht im großen Stil Leute. Die Leute, die es zuerst trifft, sind nämlich nur ausgeliehen und gar nicht direkt bei den großen Unternehmen eingestellt. Naja, sehen wir mal das Positive: Eine ganze Menge Leute, die in letzter Zeit als Leiharbeiter unterwegs waren, hätten keine direkte Anstellung bekommen. Insofern steigert die Leiharbeit durchaus die Anzahl der beschäftigten Personen. Aber man hätte das Gleiche auch haben können, indem man auf den Kündigungsschutz verzichtet. Dann hätte man sogar keine parasitären Unternehmen, die sich zwischen dem Arbeiter und dem eigentlichen Arbeitgeber positionieren und dort Geld abzapfen. Aber die offizielle Abschaffung des Kündigungsschutzes war halt zu unpopulär. Da ist die Lösung über Zeitarbeitsfirmen politisch durchsetzungsfähiger gewesen.



  • Schneewittchen schrieb:

    Daniel E. schrieb:

    Er hat ja schließlich offensichtlich negative Konsequenzen, denn er macht Leute arbeitslos (Stell dir einen Mindestlohn von 100€/h vor. Wenn man so Wohlstand schaffen könnte, warum tun wir es dann nicht?).

    Negative Konsequenzen? Ich dachte es geht um die Entlastung der Bevölkerung und nicht um die Ertragssteigerung des Arbeitgebers. Die Friseuse in Ostdeutschland wird sicherlich von einem Mindestlohn profitieren.

    Erstens sind Arbeitgeber auch Teil der Bevölkerung und zweitens entlastest Du keinen Arbeitnehmer, wenn Du ihn arbeitslos machst. Aber das passiert natürlich, wenn er für weniger als 8€ produktiv ist. Würdest Du jemanden einstellen, bei dem Du jede Stunde einen Euro verlierst oder würdest Du ihn nicht einstellen?

    Daniel E. schrieb:

    Das betrifft nur eine sehr kleine Menge an Leuten (Ausländer, die schlecht deutsch sprechen, junge Leute, die keine Qualifikation haben usw.),

    Und? Sind das etwa keine Menschen?

    Doch, darum frage ich dich ja, ob es gerecht ist, diesen gesellschaftlich schwachen Schichten nun auch noch explizit durch einen Mindestlohn zu schaden, in dem man sie aus dem Arbeitsmarkt drängt und sie somit nicht mal ihre geringe Qualifikation "on the job" verbessern können. Stattdessen verordnest Du ihnen ein Leben als Sozialhilfeempfänger.

    Wie groß diese Gruppe ist, ist entscheidend, wenn man die Konsequenzen von Mindestlohneinführungen auf den Arbeitsmarkt analysieren möchte. Aber da Du an solchen Fragen ohnehin nicht interessiert bist, können wir dieses Subthema beenden, nehme ich an.

    Daniel E. schrieb:

    aber der gesamte Effekt auf dem Arbeitsmarkt ist recht marginal und ausserdem kann man argumentieren, daß das sowieso beschissene 5€/h-Jobs waren um die es nicht schade ist

    Marginal? Durch einen Mindestlohn landet das Geld dort, wo es am meisten gebraucht wird. Bei der untersten Einkommensschicht.

    Da landet es eben *nicht*. Warum auch, es werden ja viel weniger Leute aus dieser Einkommensschicht in Lohn und Brot sein.

    Daniel E. schrieb:

    (stimmt zwar nicht, die meisten Leute steigen schnell in der Jobhierarchie auf, aber sei's drum).

    Sicher...

    Ich habe doch Schnittstudienergebnisse vorgelegt: In 16 Jahren wandern über 50% der Leute aus den untersten 20% der Gesellschaft in die obersten 20%. Das kann man einfach *messen* das ist ein Faktum, da kannst Du dich noch so sehr auf den Kopf stellen.

    Ich kenne genug Leute ( auch in der Verwandschaft), die schon seeehr lange für diesen mikrigen Lohn arbeiten. Schonmal was von Leihfirmen gehört? Die FDP will ja hartnäckig daran festhalten, da "es den Arbeitsmarkt flexibilisiert". Dass ich nicht lache. Die meisten Leihfirmenangestellte finden selbst auf längere Sicht keine Festeinstellung. Hier werden die Arbeitnehmer systematisch in der untersten Lohnschicht festgehalten. Also das Märchen von "Hierarchie schnell hochsteigen" zählt hier nicht, wir reden hier nicht von typischen Akademikerberufen.

    Nein, wir reden zB. von einem schlecht deutsch sprechenden Kroaten, der ein paar Jahre lang in der Gastronomie als Hilfskoch (=Küche putzen und Kartoffelsäcke schleppen) arbeitete und mittlerweile selbst kocht. Ohne Schulabschluss. Du darfst dich gerne fragen, wo der wäre, wenn er nie anfangen hätte dürfen zu arbeiten -- weil er das Geld des Mindestlohns einfach nicht wert gewesen wäre, wenn man immer alles x mal vor machen muss, weil er nicht mal einfache Anweisungen versteht.

    BTW, jetzt erzähl doch mal ein bißchen was von deinen Bekannten, die seit Jahren für weniger als zB. 8€/h arbeiten? Was arbeiten die denn so?

    Weil der von scrub zitierte "Baggerfahrer" wird es wohl kaum gewesen sein: der bekommt deutlich mehr als den Mindestlohn. Der wird also davon ziemlich sicher nicht profitieren und es wird ihm auch nicht schaden: er hat in der Diskussion einfach nichts verloren.

    Daniel E. schrieb:

    Also gibt es einen zusätzlichen Anreiz, unqualifizierte Kräfte durch qualifiziertere zu ersetzen.

    Ist doch gut, da sehen ich kein Problem. Im Endeffekt solltest du dich einmal fragen wie viele qualifizierte Kräfte für den Mindestlohn arbeiten würden. Ich schätze mal, dass es nicht so viele sind. Also würden auch die unqualifizierten nicht komplett ausgetauscht werden.

    Du bist echt ein Scherzkeks: Es wird nicht ein Minderqualifizierter durch einen Qualifizierten ersetzt. Sondern eine neue Maschine und der Qualifizierte ersetzen eher 10 Minderqualifizierte. Solche Investitionen werden durch Mindestlöhne attraktiver.

    Umgekehrt wird es auch attraktiver, Mindestlohnempfängern zusätzliche Leistungen (eine Klimaanlage zB.) einfach abzustellen, weil sonst die Produktivitätslücke noch weiter auseinanderzuklaffen beginnt. Früher hätte man einfach die Gehälter später erhöht und daraus die Zusatzleistungen bezahlt -- aber so macht man's einfach nicht. Ist doch bestimmt auch wieder ganz in deinem Sinne, oder?

    Ich sage es mal so: Eine Vollzeitstelle, die nicht genug Geld einbringt um halbwegs über die Runden zu kommen (sprich, man ist immer noch auf staatliche Hilfen angewiesen), ist in meinen Augen keine richtige Arbeitsstelle.

    Ist ja schön, aber wieso möchtest Du Leuten, die keine Qualifikation, keine Ausbildung, kein nützliches Wissen, keine Sprachkenntnisse, körperliche oder geistige Behinderungen ... also Leuten, die gar nichts haben, nicht die Möglichkeit geben, irgendwas zu arbeiten und Qualifikationen zu bekommen und sie evtl. noch zusätzlich zu unterstützen, damit es "zum Leben reicht". Solche zusätzlichen Unterstützungen wären trivial zu implementieren, zB. in der Form einer negativen Einkommenssteuer, wo jeder, der arbeitet, prinzipbedingt ein höheres Einkommen hat als jemand der nicht arbeitet? Das scheint mir prinzipiell eine ganz gute Idee. Viele Unqualifizierte aus dem Arbeitsmarkt rauszuhalten und dann noch von einer speziellen Gruppe (den Arbeitgebern von Unqualifizierten) aus umzuverteilen, scheint mir dagegen --mit Verlaub-- komplett bescheuert.

    Daniel E. schrieb:

    Ganz ähnlich ist es ja mit dem Kündigungsschutz -- auch eine Maßnahme, die denjenigen, denen es helfen soll, mehr schadet, nämlich wieder den wenig qualifizierten Arbeitslosen ("Langzeitarbeitslosigkeit").

    Ach wirklich?
    Hier mal ein Beispiel aus der Vergangenheit:
    http://www.wsws.org/de/2006/jul2006/alli-j05.shtml

    Es werden Arbeitnehmer entlassen trotz Rekordgewinn. Als Begründung wird "mehr Rendite" angegeben. Soviel zu dem Thema...

    Und das ist kein Einzelfall. Wenn man den Kündigungsschutz lockert, dann werden sich solche Fälle mit Sicherheit häufen.

    Sicher: es wird zweifelsohne mehr gekündigt. Aber Du scheinst absolut nicht gewillt zu sein, einen Schritt weiter zu denken.

    Der Kündigungsschutz verteuert es prinzipiell, jemanden zu feuern. Wenn man also vor der Wahl steht, jemand, der sich eventuell als Fehlschlag erweisen könnte, einzustellen oder nicht und man weiß, das es recht teuer wird, ihn wieder loszuwerden, dann ist als Arbeitgeber meine Entscheidung schon Richtung "nicht einstellen" vorbelastet. Der Kündigungsschutz sagt: "Im Zweifel wird nicht eingestellt."

    Und so entsteht eine Schicht an Menschen, die nie einen Job finden und über Jahre arbeitslos sind.

    Das ist --wie beim Mindestlohn-- ein Insider-Outsider-Problem: Es gibt Insider, die profitieren (Leute, deren Lohn dank Mindestlohn steigt oder Leute, die nicht gefeuert werden) und es gibt Outsider (Leute, die nie in den Arbeitsmarkt eintreten können), die verlieren. Die scheint es in deiner Welt nicht zu geben und das ist ein Hinweis auf Realitätsverlust: in der realen Welt sind die Gruppen riesig.

    Ich verweise wieder auf die Arbeitslosenquote der vergangen Jahre auf Deutschland und die USA und auf den Anteil der Langzeitarbeitslosen. Ich vergleiche nicht "Deutschland und die USA", ich vergleiche die Auswirkungen der Gesetzeslage auf den Arbeitsmarkt.

    Daniel E. schrieb:

    und das nimmt viele Leute aus der unteren Einkommensschicht mit nach oben (wenn auch nicht im Kennedy-"A rising tide lifts all the boats"-Stil).

    Das halte ich für ein Märchen. Siehe nochmals:
    http://www.wsws.org/de/2006/jul2006/alli-j05.shtml

    Du meinst also, Wirtschaftswachstum hilft den ärmsten nicht? Also ist China oder Indien wo täglich ein paar Tausend Leute aus der Armut herausgehoben werden einfach die totale Ausnahme? In Deutschland ist alles ganz anders? Sag mal, hast Du eigentlich auch Daten für deine Weltsicht, oder denkst Du dir den Kram selber aus?

    Zusammenfassend will ich ein Zitat eines Unternehmers (dessen Name ich vergessen habe) aufführen:*
    "Würden die Arbeitgeber ihre Angestellten anständig bezahlen, bräuchte man keinen Mindestlohn."*

    Das ist aber leider nicht der Fall. Der Mindestlohn ist halt eine Notlösung.

    Natürlich ist das der Fall: die Gesamtkompensation von Arbeitern folgt quasi exakt ihrer Produktivität. Das Gehalt fällt aber in der Tat zurück und zwar aus zwei Gründen: (a) der Staat bedient sich immer stärker und (b) die zusätzlichen Leistungen (also platt: die Klimaanlage am Arbeitsplatz) kosten auch. Wenn man Klimaanlagen verbieten würde, dann würde dein Gehalt steigen ...

    Aber hey, warum sollte es keine dappigen Unternehmer geben? Gibt ja auch genug Spinner unter Professoren, Bierbrauern oder Journalisten.



  • Wenn der Kündigungsschutz doch de facto nicht mehr existiert, wieso wird dann danach gerufen, ihn abzuschaffen? Und wenn in Amerika jeder alles werden kann, wie kann das sein, da es ja dort anscheinend Mindestlöhne gibt, der doch aber angeblich alles verhindert?
    Und noch was, wenn jemand jemanden nicht einstellt, ist das die eigene Entscheidung. So einer sollte doch gerade froh sein, sich hinter dem Kündigungsschutzgesetz verstecken zu können, sonst wäre ja offensichtlich, daß trotzdem niemand eingestellt wird.



  • durito schrieb:

    Momentan sind die Killerspiel-Auswirkungen eh noch sehr klein, da die Killerspiele-Generation erst im Soldaten-Alter ist. Wirklich schlimm wird's wenn Killerspiele-Geschädigte (z.B. Civilization!!) ins Politiker-Alter kommen 😮 Ay caramba, dann gehts aber los mit Despotismus, Vasallentum und Atomkrieg 😞

    Wann ist man denn im Politiker Alter? Castle Wolfenstein kam '81 raus. Wers damals als Jugendlicher gespielt hat, ist heute Anfang bis Mitte 40. 🤡

    Aber mal was anderes: mein Schwager ist Psychater. Kürzlich wurde jemand eingeliefert, der auf der Autobahn Unfälle verursacht. Er hat mit dem Auto andere Autos gestreift und gerammt. Es hat sich rausgestellt, dass er häufig Autorennen a la Need for Speed gespielt hat. Er hat einfach angenommen, er könne auch in der Realität einfach so durch andere Autos "durchfahren".

    Sollte man nun solche Spiele (die wohl nicht als "Killerspiele" gelten) verbieten?



  • Sollte man nun solche Spiele (die wohl nicht als "Killerspiele" gelten) verbieten?

    Selbstverständlich, der Typ ist kein bisschen krank in der Rübe. Das kann doch wirklich jedem passieren ...

    ... naaaaaaaaaaaaaaat



  • scrub schrieb:

    Wenn der Kündigungsschutz doch de facto nicht mehr existiert, wieso wird dann danach gerufen, ihn abzuschaffen? Und wenn in Amerika jeder alles werden kann, wie kann das sein, da es ja dort anscheinend Mindestlöhne gibt, der doch aber angeblich alles verhindert?

    Ein guter Punkt, aber: Mindestlöhne sind stark entwertet worden: in den 80ern ist die Kaufkraft des Mindestlohns um mehr als 25% gefallen (er wurde nie erhöht) und damit ist der Anteil der Mindestlohnempfänger in 20 Jahren bis 2000 von etwa 10% auf etwa 1% der Arbeiterschaft gefallen. Und wenn der Mindestlohn zu niedrig liegt, dann hat er schlicht keinen Effekt.

    Zum Kündigungsschutz: weil Zeitarbeitsfirmen nicht so viel vermitteln können (etwa 3% der Erwärbstätigen arbeiten so, sagt statista) und es gibt ja noch genug andere Regulierungen, die Einstellungen verteuern, darum wächst der Markt nicht so schnell.

    Und noch was, wenn jemand jemanden nicht einstellt, ist das die eigene Entscheidung. So einer sollte doch gerade froh sein, sich hinter dem Kündigungsschutzgesetz verstecken zu können, sonst wäre ja offensichtlich, daß trotzdem niemand eingestellt wird.

    Aber es wird ja definitiv mehr eingestellt. Wieder hilft ein Blick auf Länder mit weniger geregeltem Arbeitsmarkt und warum die über Jahre Vollbeschäftigung hatten, wärend in Deutschland Massen- und Langzeitarbeitslosigkeit herrscht.



  • Daniel E. schrieb:

    scrub schrieb:

    Wenn der Kündigungsschutz doch de facto nicht mehr existiert, wieso wird dann danach gerufen, ihn abzuschaffen? Und wenn in Amerika jeder alles werden kann, wie kann das sein, da es ja dort anscheinend Mindestlöhne gibt, der doch aber angeblich alles verhindert?

    Ein guter Punkt, aber: Mindestlöhne sind stark entwertet worden: in den 80ern ist die Kaufkraft des Mindestlohns um mehr als 25% gefallen (er wurde nie erhöht) und damit ist der Anteil der Mindestlohnempfänger in 20 Jahren bis 2000 von etwa 10% auf etwa 1% der Arbeiterschaft gefallen. Und wenn der Mindestlohn zu niedrig liegt, dann hat er schlicht keinen Effekt.

    Zum Kündigungsschutz: weil Zeitarbeitsfirmen nicht so viel vermitteln können (etwa 3% der Erwärbstätigen arbeiten so, sagt statista) und es gibt ja noch genug andere Regulierungen, die Einstellungen verteuern, darum wächst der Markt nicht so schnell.

    Ich möchte dazu auch noch etwas sagen.

    Ich habe vorhin mal bei Wikipedia recherchiert, wie hoch der Mindestlohn in den USA ist. Er liegt umgerechnet bei unter 4,90€ und ist damit wesentlich geringer als der Mindestlohn, der hier diskutiert wird. Der Mindestlohn, der hier für Postzusteller durchgesetzt wurde, beträgt etwa das Doppelte. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Geographie der USA. Die USA ist groß und hat nur im Süden mit Mexiko ein Land, das ein wesentlich geringeres Lohnniveau hat. In Deutschland sieht das anders aus. Polen hat schon ein wesentlich geringeres Lohnniveau als Deutschland und man kann von Polen aus innerhalb weniger Stunden sämtliche Orte in Deutschland erreichen. Ähnlich sieht es für diverse andere Staaten in Osteuropa aus. Wir haben hier in Europa eine viel stärkere Konkurrenz durch Billiglohnländer als die USA. Dadurch kann man sich hier in Deutschland viel eher überlegen, ob man nicht irgendeine Produktion in diese Staaten auslagert. Vor einiger Zeit war das glaube ich mal bezüglich des Fleischereigewerbes stark in den Medien. Aber zugegeben: Es gibt durchaus Berufe, die nicht so einfach ausgelagert werden können, weil sie wesentlich lokaler relevant sind. Der Friseur zum Beispiel. Der würde von einem Mindestlohn vermutlich relativ wenig betroffen sein. Im Reinigungsgewerbe sieht es wiederum anders aus: Da kann sich eine Firma oder andere Organisation durchaus fragen, ob sie jeden Tag saubermachen lässt, oder doch lieber nur einmal die Woche. IMHO würden in diesem Bereich eine ganze Menge Arbeitsplätze verschwinden, wenn das Lohnniveau zu hoch steigt.

    Es ist also auf keinen Fall alles unter einen Hut zu bringen. Ein Mindestlohn hat auf die unterschiedlichen Branchen unterschiedliche Auswirkungen und er ist auch bezüglich unterschiedlicher Staaten unterschiedlich zu bewerten.

    Beim Kündigungsschutz möchte ich auch nochmal darauf hinweisen, dass die Zeitarbeitsfirmen noch nicht sooo lange existieren. AFAIK wurden die damals legitimiert, als Rot-Grün an der Macht war. Der Markt entwickelt sich also noch. Zuerst reagieren da natürlich die großen Firmen: Man hört ja teilweise schon in den Medien, dass ein großer Anteil der Arbeiter in solchen Unternehmen Zeitarbeiter sind. Aber IMHO ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich die Zeitarbeit auch in diversen anderen Bereichen einen ganz ordentlichen Markt erkämpft hat. Sehr kleine Betriebe mit vielleicht weniger als 10 Arbeitern werden vermutlich am wenigsten durch Zeitarbeitsfirmen betroffen sein. Insofern greift der Kündigungsschutz bei solchen Unternehmen vermutlich noch am ehesten.



  • Kleinbetriebe fallen nicht unter das Kündigungsschutzgesetz...



  • scrub schrieb:

    Kleinbetriebe fallen nicht unter das Kündigungsschutzgesetz...

    Oh, dann ist es da wohl auch nicht relevant.



  • Gregor schrieb:

    Ich habe vorhin mal bei Wikipedia recherchiert, wie hoch der Mindestlohn in den USA ist. Er liegt umgerechnet bei unter 4,90€ und ist damit wesentlich geringer als der Mindestlohn, der hier diskutiert wird. Der Mindestlohn, der hier für Postzusteller durchgesetzt wurde, beträgt etwa das Doppelte. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Geographie der USA. Die USA ist groß und hat nur im Süden mit Mexiko ein Land, das ein wesentlich geringeres Lohnniveau hat. In Deutschland sieht das anders aus. Polen hat schon ein wesentlich geringeres Lohnniveau als Deutschland und man kann von Polen aus innerhalb weniger Stunden sämtliche Orte in Deutschland erreichen.

    Aber die Mobilität in den USA ist wesentlich höher: etwa 3% der Bevölkerung wechseln jedes Jahr den Bundesstaat, in Deutschland sind es etwa 1%. Unter Geringqualifizierten wechseln jedes Jahr fast 5% den Bundesstaat, und wie Du schon sagst: die USA sind sehr viel größer. Aber darum ist das Gefälle zwischen verschiedenen Bundesstaaten recht flach.

    Dazu hat die USA ein komplett anderes Einwanderungssystem: etwa 12% der Bevölkerung sind im Ausland geboren, in Deutschland beträgt der Anteil von Leuten mit ausländischem Pass (also auch Kinder, die hier geboren, aber nicht die Deutsche Staatsbürgerschaft haben) nicht ganz 9%. Du kannst auch mal spaßeshalber Deutschland mit Texas oder Californien vergleichen -- beides Staaten, in denen weiße Amerikaner dank Einwanderung mittlerweile eine Minderheit darstellen.

    Es ist ein interessantes Gedankenexperiment, sich zu überlegen, wie Deutschland bei Immigration american-style aussehen würde und ich denke, es wäre ein Desaster: die USA haben einen genau so großen Bevölkerungszuwachs seit 1990 gehabt wie die Bundesrepublik dank der Deutschen Einheit. Nur in den USA sind das hauptsächlich zugezogene Latinos (und ein paar Asiaten) gewesen, die ziemlich sicher schlechter ausgebildet gewesen sind ...

    Ähnlich sieht es für diverse andere Staaten in Osteuropa aus. Wir haben hier in Europa eine viel stärkere Konkurrenz durch Billiglohnländer als die USA. Dadurch kann man sich hier in Deutschland viel eher überlegen, ob man nicht irgendeine Produktion in diese Staaten auslagert.

    Es ist genau andersrum, Outsourcing liefert in Deutschland viel geringere Returns als in den USA, insbesondere, weil damit ja ein Strukturwandel in Deutschland geschehen müsste ("mehr Dienstleistungen" zB.), damit es sich lohnt. Aber Strukturwandel ist etwas, womit der deutsche Kuschel-Kapitalismus nicht so wirklich klar kommt.

    Der Friseur zum Beispiel. Der würde von einem Mindestlohn vermutlich relativ wenig betroffen sein.

    Naja, wenn ich mir das Friseurgeschäft in München ansehe, dann wird das komplette Billigsegment (Haare schneiden für 8€ und so) von türkischen oder griechischen Mitbürgern erledigt, die den Langhaarschneider halbwegs bedienen können. Kann mir nicht vorstellen, das da ein Mindestlohn keine Auswirkungen hat.

    Es ist also auf keinen Fall alles unter einen Hut zu bringen. Ein Mindestlohn hat auf die unterschiedlichen Branchen unterschiedliche Auswirkungen und er ist auch bezüglich unterschiedlicher Staaten unterschiedlich zu bewerten.

    Soweit ist das schon klar, besonders sollte man auch dazusagen, daß viele Staaten in den USA höhere Mindestlöhne haben.

    Aber wenn man die Arbeitsmärkte und die Auswirkungen von Einzelmaßnahmen vergleichen will, ist ein Vergleich mit den USA ziemlich lehrreich (mit Schweden als anderem Beispiel übrigens auch).



  • Gregor schrieb:

    Ich habe vorhin mal bei Wikipedia recherchiert, wie hoch der Mindestlohn in den USA ist. Er liegt umgerechnet bei unter 4,90€ und ist damit wesentlich geringer als der Mindestlohn, der hier diskutiert wird.

    ich weiss nicht, wie hoch die lebenshaltungskosten in den usa sind, aber hier könnte man von 4.90/h nicht leben, ohne auf staatliche unterstützung angewiesen zu sein. das wären nach abzug aller arbeitnehmerabgaben vielleicht etwa 20...30€ pro tag, bzw. 400...600€ im monat. eine mietwohnung wäre schon mal nicht drin.



  • Zoom schrieb:

    aber hier könnte man von 4.90/h nicht leben, ohne auf staatliche unterstützung angewiesen zu sein.

    Und? Muss man das?

    Ok, man hat also keine Kompetenzen, für die einem Leute viel Geld bezahlen würden. Deshalb macht man trotzdem, was man kann und kriegt vom Staat noch einen Zuschuss, um damit gut leben zu können. Ist doch alles in Ordnung? 😕

    ...es soll ja sogar Leute geben, die für ihre Arbeit auch noch zahlen müssen. Studenten und so. Stellt auch keiner wirklich in Frage.



  • Gregor schrieb:

    Zoom schrieb:

    aber hier könnte man von 4.90/h nicht leben, ohne auf staatliche unterstützung angewiesen zu sein.

    Und? Muss man das?

    ja, muss man.

    Gregor schrieb:

    Ok, man hat also keine Kompetenzen, für die einem Leute viel Geld bezahlen würden. Deshalb macht man trotzdem, was man kann und kriegt vom Staat noch einen Zuschuss, um damit gut leben zu können. Ist doch alles in Ordnung?

    daran ist nichts in ordnung. man muss allein durch eigene arbeit leben können, ohne stattliche almosen und ohne 25 stunden am tag arbeiten zu müssen.

    Gregor schrieb:

    ...es soll ja sogar Leute geben, die für ihre Arbeit auch noch zahlen müssen. Studenten und so. Stellt auch keiner wirklich in Frage.

    ein studium ist eine umwegsinvestition: erst arm sein und später hat man die option, relativ viel geld zu verdienen.



  • Gregor schrieb:

    ...es soll ja sogar Leute geben, die für ihre Arbeit auch noch zahlen müssen. Studenten und so. Stellt auch keiner wirklich in Frage.

    Ich würde ein Studium nicht als "Arbeit" bezeichnen. Arbeit impliziert ja, dass man Werte schafft für die Gesellschaft. Das tut ein Student aber nicht, er konsumiert zwar (essen, wohnen, etc.), schafft aber erstmal keine Werte, solange er nicht aktiv an der Forschung beteiligt ist.

    Viele Grüße
    Christian



  • Zoom schrieb:

    man muss allein durch eigene arbeit leben können, ohne stattliche almosen und ohne 25 stunden am tag arbeiten zu müssen.

    Das ist eine Ideologie, die in der heutigen Zeit nicht mehr stimmt. Und je weiter sich die Welt entwickelt, desto weniger stimmt sie. Ein stark industrialisiertes Land, wie Deutschland, verdankt den Wohlstand seiner Bürger der stark qualifizierten Arbeit, die diese leisten. Unqualifizierte Arbeit führt nicht zu einem derartigen Wohlstand. Wenn man also nur unqualifizierte Arbeit leisten kann, kann man es nicht erwarten, mit dem Wohlstands-Maßstab in einem Land wie Deutschland mithalten zu können. Inzwischen sind wir an einem Punkt angekommen, an dem sich unqualifizierte oder wenig qualifizierte Arbeit kaum mehr lohnt. Deshalb muss sie staatlich subventioniert werden. In Deutschland heißt das, dass den Leuten, die diese Arbeit leisten, ein Mindestlebensstandard ermöglicht wird.

    An dieser grundsätzlichen Entwicklung ändert auch ein Mindestlohn nichts. Die geringqualifizierte Beschäftigung wird in Deutschland immer weiter verschwinden. Und zwar, weil sie in Deutschland zu teuer geworden ist. Ein Mindestlohn würde diese Entwicklung nur noch weiter beschleunigen.



  • Gregor schrieb:

    Zoom schrieb:

    aber hier könnte man von 4.90/h nicht leben, ohne auf staatliche unterstützung angewiesen zu sein.

    Und? Muss man das?

    Ok, man hat also keine Kompetenzen, für die einem Leute viel Geld bezahlen würden. Deshalb macht man trotzdem, was man kann und kriegt vom Staat noch einen Zuschuss, um damit gut leben zu können. Ist doch alles in Ordnung? 😕

    Ich dachte immer, der Sinn eines Mindestlohnes sei das man keine staatlichen Hilfen mehr braucht. Wozu sollte man sonst einen Mindestlohn einführen?

    Gregor schrieb:

    Zoom schrieb:

    man muss allein durch eigene arbeit leben können, ohne stattliche almosen und ohne 25 stunden am tag arbeiten zu müssen.

    Das ist eine Ideologie, die in der heutigen Zeit nicht mehr stimmt. Und je weiter sich die Welt entwickelt, desto weniger stimmt sie. Ein stark industrialisiertes Land, wie Deutschland, verdankt den Wohlstand seiner Bürger der stark qualifizierten Arbeit, die diese leisten. Unqualifizierte Arbeit führt nicht zu einem derartigen Wohlstand. Wenn man also nur unqualifizierte Arbeit leisten kann, kann man es nicht erwarten, mit dem Wohlstands-Maßstab in einem Land wie Deutschland mithalten zu können. Inzwischen sind wir an einem Punkt angekommen, an dem sich unqualifizierte oder wenig qualifizierte Arbeit kaum mehr lohnt. Deshalb muss sie staatlich subventioniert werden. In Deutschland heißt das, dass den Leuten, die diese Arbeit leisten, ein Mindestlebensstandard ermöglicht wird.

    An dieser grundsätzlichen Entwicklung ändert auch ein Mindestlohn nichts. Die geringqualifizierte Beschäftigung wird in Deutschland immer weiter verschwinden. Und zwar, weil sie in Deutschland zu teuer geworden ist. Ein Mindestlohn würde diese Entwicklung nur noch weiter beschleunigen.

    Ja, aber was sind Mindestlohnjobs? Kellner, Friseur, Callcenter-Mitarbeiter, Verkäufer etc. diese Jobs sind ja nicht verzichtbar, sie erfordern eben nur wenig Qualifikation. Gerade in einer Gesellschaft voller "qualifizierter Arbeit", sollte man diese Jobs doch auch so entlohnen können, dass die Personen davon leben können.

    Und im Endeffekt zahlt man es doch eh über die Sozialbeiträge und Steuern. Wenn der Staat jemandem Geld für das Geld geben muss, was er verdient, dann stammt das Geld ja auch von irgend woher. (Das Problem ist natürlich nur, sobald man irgend wo die Ausgaben senkt, findet der Staat eine neue Möglichkeit Geld zu verschwenden (zB Internetzensur) und im Endeffekt hat der Beitragszahler eh nichts davon).



  • rüdiger schrieb:

    Ja, aber was sind Mindestlohnjobs? Kellner, Friseur, Callcenter-Mitarbeiter, Verkäufer etc. diese Jobs sind ja nicht verzichtbar

    Scheint mir alles trivial verzichtbar zu sein, zB. indem man auf Selbstbedienung umstellt, Callcenter ins Ausland verlagert (in den USA gehen bei Gegensprechanlagen im McDonald's Drivethrough teils Leute in anderen Bundesstaaten ans Telefon, weil dort der Mindestlohn niedriger ist) oder bei Männern mehr auf Haarschneidegeräte umstellt. Verzichtbar heißt ja nicht, daß es keine mehr davon gibt, sondern eher, das es einen Punkt gibt, ab dem sich so eine Investition mehr lohnt, als die konventionelle Methode und an der Grenze Arbeitsplätze wegfallen. In teuren Hotels gibts ja sogar heute noch Liftboys -- ein Job, der recht früh durch Mindestlöhne vernichtet wurde, btw.

    sie erfordern eben nur wenig Qualifikation. Gerade in einer Gesellschaft voller "qualifizierter Arbeit", sollte man diese Jobs doch auch so entlohnen können, dass die Personen davon leben können.

    Aber ein Mindestlohn bürdet diese Kosten einer kleinen Gruppe auf: den Arbeitgebern von Minderqualifizierten (und evtl. deren Kunden). Stell dir vor, wir haben einen Mindestlohn von 6€/h und erhöhen den auf 6,5€/h und Du hast 10 Mitarbeiter, die davon betroffen sind. Und Du schmeisst keinen raus, weil es sich "gerade noch so lohnt", dann sind die 50 Cent mehr eine effektive Belastung von rund 10 k€/Jahr, wirkt also einfach wie eine Steuer auf die Arbeitgeber, die viele solcher Leute einstellen.

    Wenn man schon eine gesellschaftliche Verantwortung sieht, dann sollte doch bitte auch "die Gesellschaft" die Kosten dafür tragen und nicht eine kleine Gruppe, findest Du nicht? Und dafür gibt es ein Umverteilungssystem, mit dem man solche Leute unterstützen kann, zB. wie in den USA die EITC's (eine negative Einkommenssteuer, was hin und wieder in Deutschland als "Bürgergeld" diskutiert wird). Klar ist natürlich auch, das man mit allen solchen Umverteilungsmaßnahmen Anreize schafft, weniger oder gar nicht zu arbeiten, aber EITC wirkt da wenigstens nicht komplett substitutiv, wie manche Maßnahmen in Deutschland: wenn man einen Euro mehr verdient, dann wird nicht gleichzeitig ein Euro an Sozialleistungen gestrichen (das ist der Punkt ab dem sich "Arbeit nicht mehr lohnt"), sondern weniger. Darum zerschießt man das Anreizsystem nicht komplett.


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