Welche Parteien sind Sozialdemokratisch?



  • Ben04 schrieb:

    @Daniel E.
    Ist das nicht eher ein Argument dafür, dass Politik sich aus allem raushalten sollte was ohne sie auskommt? Warum da Volksentscheide, welche ja auch nur eine Form von Politik darstellen, besonders schlecht sind sehe ich nicht.

    Prinzipiell ja, aber die meisten Leute sind meiner Erfahrung nach viel eher bereit, "dem Volk" Macht über irgendeine Sache einzuräumen, als irgendwelchen Beamten oder Regierungsvertretern.

    Wenn wir direktdemokratische Elemente mit parlamentarischen Elementen vergleichen, dann bin ich nicht sicher, welches bessere Resultate liefert.

    Die Schweiz zB. wird ja immer als Muster direkter Demokratie angeführt, aber die Schweiz ist zudem extrem föderal und ist außerdem ein kleines Land und hat diese Mitmach-Kultur schon immer. Und vielleicht liege ich damit falsch, aber trotz sprachlichen und religiösen Differenzen, ist die Schweiz noch immer ein halbwegs homogenes Land, was Kultur und fundamentale Werte angeht. Solche Systeme lassen sich wahnsinnig schlecht auf andere Länder übertragen, Skandinavien hat zB. des Beamtentums gegenüber dem Volk gehabt als Deutschland (und damit meine ich nicht die letzten 20 Jahre, sondern eher die letzten 200). Oder Singapurs technokratische Einparteiendemokratie funktioniert auch recht gut ... Die Systeme würden alle in Deutschland erst mal unerwünschte Resultate produzieren.

    Anderes Beispiel für eine direkte Demokratie wäre Kalifornien. Funktioniert das da? Das war im wesentlichen, was ich meinte: wenn man sich direkter Demokratie verschreibt, stimmt man am Ende über alles ab.

    So wenig ich die Resultate unserer aktuellen, parlamentarischen Demokratie schätze, ich sehe einfach nicht, wieso es direkte Demokratie besser machen sollte. Was steckt da für eine Idee dahinter?



  • Daniel E. schrieb:

    So wenig ich die Resultate unserer aktuellen, parlamentarischen Demokratie schätze, ich sehe einfach nicht, wieso es direkte Demokratie besser machen sollte. Was steckt da für eine Idee dahinter?

    Die Rolle des Volkes in einer Demokratie ist es nicht direkt zu herrschen sondern die Herrscher in Schach zu halten. Das ist in Deutschland im Moment dank der homogenen Parteienlandschaft auf Bundesebene nicht möglich. Das Problem mit der aktuellen Bundespolitik ist, dass es möglich ist, dass Politiker reihenweise mit dem Kopf durch die Wand gehen können und erst merken was sie tun, wenn das Haus aus Mangel an Trägerwänden bereits zusammenstürzt.

    Ich bin nicht unbedingt der Meinung, dass man alles per Volksentscheid regeln sollte, insbesondere für Finanzsachen ist das fatal. Es sollte aber möglich sein, den Entscheidungsträgern ordentlich Steine in den Weg zu werfen. Denkbar wäre zum Beispiel Referenden, die zu einem längerem Aufschub eines Gesetzes mit anschließender Neuabstimmung im Bundestag führen könnten oder die eine nur mit einer 3/4 Mehrheit des Bundestags überstimmt werden können.

    Wichtig ist, dass den Entscheidungsträgern bewusst wird, wenn die Basis nicht mit ihnen auf einer Linie ist. Es darf nicht möglich sein dies zu ignorieren!

    Bestes Beispiel ist das aktuelle Internetzensur-Gesetz. Hier wäre es viel sinnvoller ein Referendum zu organisieren, als eine Partei mit beschränktem Themengebiet zu fördern. Im Referendum würde es wirklich nur um die Sache gehen und viele ältere Personen die keine Ahnung davon haben würden im Gegensatz zur Bundestagswahl nicht teilnehmen. Damit hast du ein halbwegs repräsentativ Bild des betroffenen Personenkreises. Ich kann mir nicht verstellen, dass man ein solch populistisches Gesetz erneut durch den Bundestag mit einer 3/4 Mehrheit kriegen könnte, wenn es in einem Referendum bereits abgelehnt wurde.



  • @Ben04: Moment, verstehe ich das richtig?

    Erst soll das Volk abstimmen und seine Meinung sagen dürfen, und danach hat die Politik dann per Gesetz legal die Möglichkeit, sich dennoch darüber hinwegzusetzen?

    Klingt nicht sehr demokratisch. 👎

    Aber schön, dass für Internetsperren nur sein kann, wer "alt ist und keine Ahnung hat". 😉

    EDIT/PS: Gerade bei Finanzsachen würde ich Volksabstimmungen für sehr heilsam halten. Abstimmen sollten dort dann aber natürlich nur die, die auch betroffen sind, also alle Nettozahler (Steuerlast > alle Einnahmen dank dem Staat).



  • ChrisM schrieb:

    Erst soll das Volk abstimmen und seine Meinung sagen dürfen, und danach hat die Politik dann per Gesetz legal die Möglichkeit, sich dennoch darüber hinwegzusetzen?

    Hast du richtig verstanden. Sonst schlägt ein Spaßvogel vor die Steuern abzuschaffen. Das kommt durch und der Staat geht im Chaos unter. 3/4* aller Abgeordneten (und zwar Ja Stimmen aller Abgeordneten, egal ob anwesend oder nicht) ist ein de facto einstimmiger Bundestag. Das wird man in der Regel nicht hinkriegen und sicherlich nicht bei auch nur ansatzweise strittigen Gesetzen.

    Es ist jedenfalls wesentlich demokratischer, als das jetzige System und ist ein meiner Meinung nach ein gangbarer Weg.

    Vor allem der Opposition wird ein Werkzeug in die Hand gegeben, mit der sie Gesetze verhindern kann, obwohl sie nur eine Minderheit des Bundestags stellt. Referendum organisieren, gewinnen und anschließend im Bundestag dagegen stimmen. Damit hat sie eine realistische Chance echten Einfluss zu nehmen und vor allem muss sie mit Lippenbekenntnissen vorsichtiger sein.

    Ihr FDPler hättet doch wunderbar von diesem System profitieren können. Ihr seid ja so ganz toll gegen Ursulars Gesetz, allerdings werdet ihr euch ja leider nach der Wahl nicht gegen die pöse CDU durchsetzen können. Damit hättet ihr die Möglichkeit gehabt tatsächlich dagegen vor zu gehen. Stimmen für die Wahl im September hätte das sicherlich gebracht. Die Frage ist ob ihr dann noch dagegen gewesen wärt... Wenn man weiß, dass man ein Versprechen nie einlösen muss, dann ist das schnell gegeben.

    ChrisM schrieb:

    EDIT/PS: Gerade bei Finanzsachen würde ich Volksabstimmungen für sehr heilsam halten. Abstimmen sollten dort dann aber natürlich nur die, die auch betroffen sind, also alle Nettozahler (Steuerlast > alle Einnahmen dank dem Staat).

    Ließ dir unbedingt die oben verlinkte Seite durch. Der Link von Daniel E. ist auch zu empfehlen. Das würde unter Garantie in die Hose gehen!

    *eventuell ist 4/5 besser... Details da es eh nicht umgesetzt wird, sind diese ja eh egal.



  • ChrisM schrieb:

    EDIT/PS: Gerade bei Finanzsachen würde ich Volksabstimmungen für sehr heilsam halten. Abstimmen sollten dort dann aber natürlich nur die, die auch betroffen sind, also alle Nettozahler (Steuerlast > alle Einnahmen dank dem Staat).

    Ich halte es für sehr bedenklich systematisch bestimmte Bevölkerungsgruppen von einer Abstimmung auszuschließen.



  • Ben04 schrieb:

    Hast du richtig verstanden. Sonst schlägt ein Spaßvogel vor die Steuern abzuschaffen. Das kommt durch und der Staat geht im Chaos unter. 3/4* aller Abgeordneten (und zwar Ja Stimmen aller Abgeordneten, egal ob anwesend oder nicht) ist ein de facto einstimmiger Bundestag. Das wird man in der Regel nicht hinkriegen und sicherlich nicht bei auch nur ansatzweise strittigen Gesetzen.

    In dem Artikel geht es aber soweit ich weiß nur um die Einkommenssteuer. Würde der Staat wirklich im Chaos versinken, würde diese abgeschafft? Immerhin gibt es auch in Deutschland politische Parteien, die genau das fordern.

    Ben04 schrieb:

    Ihr FDPler hättet doch wunderbar von diesem System profitieren können. Ihr seid ja so ganz toll gegen Ursulars Gesetz, allerdings werdet ihr euch ja leider nach der Wahl nicht gegen die pöse CDU durchsetzen können. Damit hättet ihr die Möglichkeit gehabt tatsächlich dagegen vor zu gehen. Stimmen für die Wahl im September hätte das sicherlich gebracht. Die Frage ist ob ihr dann noch dagegen gewesen wärt... Wenn man weiß, dass man ein Versprechen nie einlösen muss, dann ist das schnell gegeben.

    Es geht aber nicht darum, uneinlösbare Versprechungen zu machen und mit gnadenlos populistischen Wahllügen das Wahlvieh zu ködern. Das versuchen schon andere Parteien, zum Glück mit in jüngster Zeit sehr bescheidenem Erfolg.

    Jester schrieb:

    Ich halte es für sehr bedenklich systematisch bestimmte Bevölkerungsgruppen von einer Abstimmung auszuschließen.

    Ich gebe dir grundsätzlich recht. Allerdings weise ich darauf hin, dass ich natürlich nicht von der Bundestagswahl rede, sondern von (noch einzuführenden) Referenden zu bestimmten definierten Themen.

    Ich möchte eine Polemik in der Welt empfehlen, der mich damals (an anderer Stelle) zum Nachdenken bewogen hat. Bitte beachten, es handelt sich um eine Polemik. 😉

    Viele Grüße
    Christian



  • ChrisM schrieb:

    In dem Artikel geht es aber soweit ich weiß nur um die Einkommenssteuer. Würde der Staat wirklich im Chaos versinken, würde diese abgeschafft?

    Sag mal, muss ich ernsthaft begründen warum jeder Staat in die Knie geht, wenn du ihm von heute auf morgen 40% seiner Einnahmen weg nimmst?



  • Ben04 schrieb:

    ChrisM schrieb:

    In dem Artikel geht es aber soweit ich weiß nur um die Einkommenssteuer. Würde der Staat wirklich im Chaos versinken, würde diese abgeschafft?

    Sag mal, muss ich ernsthaft begründen warum jeder Staat in die Knie geht, wenn du ihm von heute auf morgen 40% seiner Einnahmen weg nimmst?

    Ja, die Begründung wäre interessant.

    Insbesondere wäre interessant, wieso du so so kurzfristig denkst und von 40% weniger Steuern auf 40% weniger Einnahmen schließt.

    Ich verzichte jetzt, hier konkrete Modellrechnungen zu verlinken, um dem Vorwurf der andauernden Parteiwerbung aus dem Weg zu gehen. Kann dir selbige aber gerne per PM o.ä. zukommen lassen, oder du schaust dich selbst bei der Initiative Umsteuern (z.B.) um.

    Sicher wird man auch an einigen Ausgabestellen sparen müssen, aber das fällt an vielen Stellen überhaupt nicht schwer. Mir fallen z.B. spontan gängelnde Bürokratie für die Wirtschaft (verhindern unternehmerische Tätigkeit => Steuereinnahmen), Entwicklungshilfe für China (!) oder das Einsparen von Ausgaben durch Bekämpfung von Sozialbetrug ein.

    Viele Grüße
    Christian



  • ChrisM schrieb:

    Ben04 schrieb:

    ChrisM schrieb:

    In dem Artikel geht es aber soweit ich weiß nur um die Einkommenssteuer. Würde der Staat wirklich im Chaos versinken, würde diese abgeschafft?

    Sag mal, muss ich ernsthaft begründen warum jeder Staat in die Knie geht, wenn du ihm von heute auf morgen 40% seiner Einnahmen weg nimmst?

    Ja, die Begründung wäre interessant.

    Insbesondere wäre interessant, wieso du so so kurzfristig denlst und von 40% weniger Steuern auf 40% weniger Einnahmen schließt.

    Naja, wenn die Einkommenssteuer weg ist, dann ist sie weg. Das ist der linke Startpunkt der Lafferkurve, Revenue=0. Gut, es gäbe ein paar andere Steuern, die das evtl. leicht kompensieren könnten (Unternehmenssteuern und Vermögenssteuern, die Massachusetts beide hat). Aber idR. lohnen sich Steuersenkungen für den Staat nicht. Die Kurve sagt ja nur, daß es einen Auffangeffekt gibt, nicht unbedingt, daß der zur Gegenfinanzierung ausreicht.

    Also von heut auf morgen kann man es wirklich schlecht abschaffen. Aber irgendwie abschaffen -- sicher. Nevada, Alaska, Florida, Texas usw. erheben alle keine Einkommenssteuer. Der Bund, also das IRS erhebt natürlich noch Steuern.



  • Hi,

    es ging ja auch nicht darum, ob es sich für den Staat lohnt, sondern ob dieser im Chaos untergeht oder halt nicht. 😉

    Zumindest muss aber die Unpraxis gestoppt werden, Steuern auf andere Steuern zu erheben.

    Viele Grüße
    Christian



  • "👍" für deine letzten drei Posts, ChrisM!



  • Daniel E. schrieb:

    ob auf ein Grundstück eine Moschee oder ein Golfplatz gebaut werden darf.

    Daniel E. schrieb:

    wir reden hier ja nicht von Sprengstofffabriken in Wohnsiedlungen

    Gut, dass du das dazugesagt hast!
    scnr



  • ChrisM schrieb:

    Ben04 schrieb:

    ChrisM schrieb:

    In dem Artikel geht es aber soweit ich weiß nur um die Einkommenssteuer. Würde der Staat wirklich im Chaos versinken, würde diese abgeschafft?

    Sag mal, muss ich ernsthaft begründen warum jeder Staat in die Knie geht, wenn du ihm von heute auf morgen 40% seiner Einnahmen weg nimmst?

    Ja, die Begründung wäre interessant.
    Insbesondere wäre interessant, wieso du so so kurzfristig denkst und von 40% weniger Steuern auf 40% weniger Einnahmen schließt.

    Mich würde interessieren, ob man einfach feststellen kann, auf welchem Punkt der Kurve sich Deutschland befindet. Links oder Rechts vom Scheitelpunkt? Mit Steuersenkung oder Erhöhung könnte man zumindest herausbekommen, wo man vorher war. D.h eigentlich bräuchten wir ein dynamisches System, dass die Steuern selbständig so lange erhöht, bis keine Besserung mehr eintritt und dann wieder zurückfährt. Wie ein Regelkreis.



  • Andromeda schrieb:

    ChrisM schrieb:

    Ben04 schrieb:

    ChrisM schrieb:

    In dem Artikel geht es aber soweit ich weiß nur um die Einkommenssteuer. Würde der Staat wirklich im Chaos versinken, würde diese abgeschafft?

    Sag mal, muss ich ernsthaft begründen warum jeder Staat in die Knie geht, wenn du ihm von heute auf morgen 40% seiner Einnahmen weg nimmst?

    Ja, die Begründung wäre interessant.
    Insbesondere wäre interessant, wieso du so so kurzfristig denkst und von 40% weniger Steuern auf 40% weniger Einnahmen schließt.

    Mich würde interessieren, ob man einfach feststellen kann, auf welchem Punkt der Kurve sich Deutschland befindet. Links oder Rechts vom Scheitelpunkt? Mit Steuersenkung oder Erhöhung könnte man zumindest herausbekommen, wo man vorher war. D.h eigentlich bräuchten wir ein dynamisches System, dass die Steuern selbständig so lange erhöht, bis keine Besserung mehr eintritt und dann wieder zurückfährt. Wie ein Regelkreis.

    1. Nur, weil eine Kurve irgendwo ein Optimum hat, bedeutet das nicht, daß man das System dort betreiben sollte. Es gibt gute Argumente dafür, die Steuern weiter zu senken.

    2. So ganz einfach geht das nicht. Die Lafferkurve gibt dir keinen direkt magischen Zusammenhang an, sondern sie beschreibt die Logik, daß sich bei niedrigeren Steuern andere Anreize wirken. Die Regelkreis-Logik hat zwei Probleme: dein Regelkreis hat mit unter beträchtliche Totzeiten, aber viel wichtiger ist, daß er evtl. gar nicht funktioniert. Wenn Du eine Politik ankündigst, wo Du im wesentlichen sagst: "hey, dieses Jahr ist die Unternehmenssteuer mal richtig niedrig, wie hoch sie nächstes Jahr ist, verrat ich euch nicht, ätsch", dann weiß keiner, was er erwarten soll und die Erwartungen sind entscheidend für zB. Investitionen. Wenn Du ständig an den Regeln rumspielst, dann wirst Du den Laffer-Zusammenhang nie sehen.

    3. Das dürfte von Steuerart zu Steurart verschieden sein. Die Tabaksteuer dürfte (wie viele "Erziehungssteuern") absichtlich "rechts" liegen.



  • Andromeda schrieb:

    ChrisM schrieb:

    Ben04 schrieb:

    ChrisM schrieb:

    In dem Artikel geht es aber soweit ich weiß nur um die Einkommenssteuer. Würde der Staat wirklich im Chaos versinken, würde diese abgeschafft?

    Sag mal, muss ich ernsthaft begründen warum jeder Staat in die Knie geht, wenn du ihm von heute auf morgen 40% seiner Einnahmen weg nimmst?

    Ja, die Begründung wäre interessant.
    Insbesondere wäre interessant, wieso du so so kurzfristig denkst und von 40% weniger Steuern auf 40% weniger Einnahmen schließt.

    Mich würde interessieren, ob man einfach feststellen kann, auf welchem Punkt der Kurve sich Deutschland befindet. Links oder Rechts vom Scheitelpunkt? Mit Steuersenkung oder Erhöhung könnte man zumindest herausbekommen, wo man vorher war. D.h eigentlich bräuchten wir ein dynamisches System, dass die Steuern selbständig so lange erhöht, bis keine Besserung mehr eintritt und dann wieder zurückfährt. Wie ein Regelkreis.

    Naja, das setzt aber ja voraus, dass das einzige Ziel des Staats ist, seine eigenen Einnahmen zu maximieren. Koste es, was es wohl (im wahrsten Sinne). IMO kein geeignetes Konzept bei einem Rechtsstaat. 👎

    Btw, zufällig vorhin gelesen:
    "If a tax cut increases government revenues, you haven't cut taxes enough."
    (Milton Friedman)

    Viele Grüße
    Christian



  • Daniel E. schrieb:

    1. Nur, weil eine Kurve irgendwo ein Optimum hat, bedeutet das nicht, daß man das System dort betreiben sollte. Es gibt gute Argumente dafür, die Steuern weiter zu senken.

    Du sagts "Die" Steuern, es gibt aber verschiedene Steuern. Manche sollte man sicherlich senken, andere vielleicht anheben.

    Daniel E. schrieb:

    1. So ganz einfach geht das nicht. Die Lafferkurve gibt dir keinen direkt magischen Zusammenhang an, sondern sie beschreibt die Logik, daß sich bei niedrigeren Steuern andere Anreize wirken. Die Regelkreis-Logik hat zwei Probleme: dein Regelkreis hat mit unter beträchtliche Totzeiten, aber viel wichtiger ist, daß er evtl. gar nicht funktioniert. Wenn Du eine Politik ankündigst, wo Du im wesentlichen sagst: "hey, dieses Jahr ist die Unternehmenssteuer mal richtig niedrig, wie hoch sie nächstes Jahr ist, verrat ich euch nicht, ätsch", dann weiß keiner, was er erwarten soll und die Erwartungen sind entscheidend für zB. Investitionen. Wenn Du ständig an den Regeln rumspielst, dann wirst Du den Laffer-Zusammenhang nie sehen.

    Nein, ein Regelkreis macht auch keine wilden Sprünge. Die Leute dürfen wissen, ob nächstes Jahr eine Senkung oder Anhebung ansteht, ja sogar um wieviel Prozent. Nähert man sich von links und "droht" mit einer Erhöhung für nächstes Jahr, überschreitet aber den Scheitelwert, dann gibt es sogar eine Senkung, was alle freuen würde. Im Jahr darauf gäbe es wieder eine Anhebung, allerdings eine Kleinere als im Jahr davor. Ich fände es wirklich interessant, wenn man Besteuerung einem Automatismus übergeben könnte, der versucht den höchsten Punkt auf der Kurve zu erreichen.

    ChrisM schrieb:

    Naja, das setzt aber ja voraus, dass das einzige Ziel des Staats ist, seine eigenen Einnahmen zu maximieren.

    Das muss nicht per se schlecht sein, wenn der Staat sinnvoll mit dem Geld umgeht. Er könnte mehr Geld in die Förderung von Bildung, Milderung von Armut, Förderung von umweltverträglichen Technologien stecken und alles anderen wichtigen Probleme konsequenter angehen, wenn mehr Geld da ist. Sinn von Steuern ist ja eine gerechtere Umverteilung der Finanzen zum Wohle aller. Auch haben z.B. zahlungskräftige Staaten die Finanzkrise abgemildert.



  • Andromeda schrieb:

    Daniel E. schrieb:

    1. So ganz einfach geht das nicht. Die Lafferkurve gibt dir keinen direkt magischen Zusammenhang an, sondern sie beschreibt die Logik, daß sich bei niedrigeren Steuern andere Anreize wirken. Die Regelkreis-Logik hat zwei Probleme: dein Regelkreis hat mit unter beträchtliche Totzeiten, aber viel wichtiger ist, daß er evtl. gar nicht funktioniert. Wenn Du eine Politik ankündigst, wo Du im wesentlichen sagst: "hey, dieses Jahr ist die Unternehmenssteuer mal richtig niedrig, wie hoch sie nächstes Jahr ist, verrat ich euch nicht, ätsch", dann weiß keiner, was er erwarten soll und die Erwartungen sind entscheidend für zB. Investitionen. Wenn Du ständig an den Regeln rumspielst, dann wirst Du den Laffer-Zusammenhang nie sehen.

    Nein, ein Regelkreis macht auch keine wilden Sprünge.

    Du hast wohl nur Regelungstechnik 1 gehört? 😉

    Die Leute dürfen wissen, ob nächstes Jahr eine Senkung oder Anhebung ansteht, ja sogar um wieviel Prozent. Nähert man sich von links und "droht" mit einer Erhöhung für nächstes Jahr, überschreitet aber den Scheitelwert, dann gibt es sogar eine Senkung, was alle freuen würde. Im Jahr darauf gäbe es wieder eine Anhebung, allerdings eine Kleinere als im Jahr davor. Ich fände es wirklich interessant, wenn man Besteuerung einem Automatismus übergeben könnte, der versucht den höchsten Punkt auf der Kurve zu erreichen.

    Bush hat 2003 nichtpermanente Steuersenkungen eingeführt (die Obama jetzt auslaufen lassen wird) und das hatte sehr geringe Auswirkungen auf die Investmentsituation und damit die Verbreiterung der Steuerbasis ... vor allem deshalb, weil sie explizit ein Auslaufdatum hatten. Man ändert sein Verhalten nicht für ein paar Jahre, wenigstens nicht, wenn es darum geht, große Investitionen zu tätigen. Das nur mal zur Größenordnungen der relevanten "Zeitkonstanten".

    Das muss nicht per se schlecht sein, wenn der Staat sinnvoll mit dem Geld umgeht.

    Andromeda im Wunderland?



  • Daniel E. schrieb:

    Das muss nicht per se schlecht sein, wenn der Staat sinnvoll mit dem Geld umgeht.

    Andromeda im Wunderland?

    Gut, der Staat ballert zu viel Geld für unnützes Zeug raus. Aber da sind auch viele wichtige Dinge dabei, auf die man besser nicht verzichtet.

    Der ganze Sozialkram kostet nun mal Geld. Was wäre denn die Alternative?
    Steuern senken, staatliche Tranferleistungen drastisch kürzen und dann hoffen, dass die Bedürftigen von Spenden williger Wohlständischer leben? Das halte ich für gewagt. Funktioniert auch nur im Wunderland.

    Aber ich habe auch keine Antwort darauf, wie man es regeln soll, dass der Staat das Geld nicht für nutzloses zeug raus haut.



  • Schneewittchen schrieb:

    Daniel E. schrieb:

    Das muss nicht per se schlecht sein, wenn der Staat sinnvoll mit dem Geld umgeht.

    Andromeda im Wunderland?

    Gut, der Staat ballert zu viel Geld für unnützes Zeug raus. Aber da sind auch viele wichtige Dinge dabei, auf die man besser nicht verzichtet.

    Der ganze Sozialkram kostet nun mal Geld. Was wäre denn die Alternative?
    Steuern senken, staatliche Tranferleistungen drastisch kürzen und dann hoffen, dass die Bedürftigen von Spenden williger Wohlständischer leben? Das halte ich für gewagt. Funktioniert auch nur im Wunderland.

    Und wer soll sowas gefordert haben? Niemand? Ach so.

    Aber nur weil wir ein Sozialsystem haben und ein Sozialsystem eine ganz gute Idee ist, bedeutet das nicht, daß unser Sozialsystem eine gute Idee ist. Wir zahlen etwa genau so viel Transferleistungen an die obersten 30% der Einkommensverteilung, wie an die untersten 30%. Und die Anreizstruktur ist auch nicht wirklich gesund. Abgesehen von dem bürokratischen Overhead.



  • @Laffer-Kurve
    Woraus schließt du, dass diese Funktion nicht mehrere lokale Extrema haben kann?

    Was mich mal an diesem ganzen Staat vs Wirtschaft Gerede interessieren ist, wo man die Linie zwischen beiden zieht.

    Wenn der Staat unternehmerisch tätig wird, ist er dann Teil der Wirtschaft? Wird ein Unternehmen zu groß, dann nimmt es staatsähnlich Strukturen an. Es gibt sogar Unternehmen mit hauseigenen Sozialsystemen. Ist das nun ein Staat?


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