Krieg jetzt in der light-Version



  • Provieh-Programmierer schrieb:

    Dann wäre es sinnvoll und Aufgabe der afghanischen Regierung und ihrer Alliierten die Bevölkerung über die Gefahren des Waffenbesitzes aufzuklären.

    Erstens ist das aber (leider) kulturelles Erbe (es hat für sie schlicht etwas mit Stolz zu tun) und zweitens ist es schwer, einem Menschen die Waffe auszureden, wenn er sich berechtigterweise unsicher fühlt.
    Und die afghanische Regierung hat außerhalb Kabuls sowieso nichts zu melden.

    Demzufolge sollte es nicht so schwierig sein relativ schnell eine große Anzahl von Remote-Piloten zu rekrutieren.

    Um so besser. Ganz viele Drohnen mit ungeschulten Hobby-Cowboys...



  • Man könnte ja auch ein Computerspiel schreiben in dem die Steurung der Drohnen simuliert wird. Die die sich als gute Spieler herausgestellt haben werden dann markiert, so dass sie, ohne es zu wissen, echte Drohnen steuern anstatt das Computerspiel zu spielen.



  • SeppJ schrieb:

    Die Frage ist: Was passiert, wenn die Drohnen gut genug sind, dass die Guerilla von ihnen besiegt werden kann?

    Dann wird es an jeder Straßenecke eine bewaffnete Videoüberwachung geben. Technik ist immer höchst flexibel einsetzbar.



  • Provieh-Programmierer schrieb:

    rüdiger schrieb:

    Nein. Ist ja nicht so, dass jeder Mensch mit einer Waffe in Afghanistan ein Taliban ist. Nach dem was ich so gelesen habe, ist gerade in den ländlichen Bereichen eine Waffe (auch eine AK47) durchaus üblich und wird auch bei Razzien nicht angekreidet.

    Dann wäre es sinnvoll und Aufgabe der afghanischen Regierung und ihrer Alliierten die Bevölkerung über die Gefahren des Waffenbesitzes aufzuklären.

    Das ist eine typische Übervereinfachung. So etwas funktioniert aus zahlreichen Gründen nicht. (Da wäre es wohl einfacher Texas zu entwaffnen...). Nicht nur wegen dem Prinzip "freie Männer tragen Waffen", was ja auch in westlichen Kulturen angeführt wird, wäre dies nicht möglich. Sondern gerade auch weil die Dorfbewohner sich so auch gegen Taliban und Banditen wehren. Die vom Westen getragene Regierung Afghanistans ist nun einmal sehr schwach. Wenn sich Dörfer Sicherheit verschaffen wollen, dann in dem sie sich bewaffnen. Hinzu kommen die zahlreichen Truppen von Warlords, die ja auch teilweise zur Regierung gehören oder geduldet werden. Von Jagdwaffen oder Hochzeiten mal ganz zu schweigen. Es gab doch einen Vorfall bei dem ein Kampfflugzeug meldete, dass es beschossen wurde. Danach eine Gruppe von Menschen mit AK47s entdeckte und eine Bombe abwarf. Stellte sich raus, dass dies die Hochzeitsgesellschaft von einem Cousin von Karzai war. Es gehört eben zur afghanischen Kultur, dass man bei einer Hochzeit in den Himmel schießt. In Afghanistan kannst du keine deutschen Verkehrsregeln durchsetzen. Erst recht kein deutsches Waffenrecht.

    Daher ist es ja so wichtig, dass man die Informationen vor Ort holt. Wer gehört zur welcher Gruppe? Wer hat wo Einfluss? Wer gehorcht wem? etc. Ob man jemanden ermorden sollte, kann man nicht anhand eines Wärmekamerabilds entscheiden oder anhand eines Laserzielsenders, der von einem bezahlten afghanischen Bauern gelegt wurde.

    Provieh-Programmierer schrieb:

    rüdiger schrieb:

    Aber auch wenn Drohnen von alleine fliegen (und einige sogar von alleine landen) können, wird die Beobachtung und Steuerung ja immer noch von einem Menschen gemacht. So viele Drohnen könntest du also gar nicht aufstellen, um eine totale Überwachung zu ermöglichen.

    Dass ein Mensch weiterhin die letzte Entscheidung über einen Waffeneinsatz trifft, ist sinnvoll und bis auf weiteres unerlässlich. Allerdings sind die Qualifikationsanforderungen für einen Remote-Piloten wesentlich geringer als für einen Kampfpiloten, der im Cockpit sitzt.

    Demzufolge sollte es nicht so schwierig sein relativ schnell eine große Anzahl von Remote-Piloten zu rekrutieren.

    Schau dir an wie groß Afghanistan ist und rechne dir die Fläche, die eine UAV überwachen kann mit der Anzahl an benötigten Piloten durch. Hinzu kommen natürlich benötigte Start- und Landebahnen. (UAVs der US Luftwaffe können übrigens nicht selbst landen und werden nur von Offizieren bedient!) Selbst wenn die Anforderung an die Piloten sinkt, so steigt doch die Anforderung an die Personen, die die Information im Endeffekt auswerten. Die Kosten wären enorm und die sind nun einmal ein limitierender Faktor. Schau dir allein an, wie sehr die USA unter den derzeitigen Kosten leiden.

    Und selbst wenn man jeden Menschen mit einer AK47 entdeckt und eliminieren kann, so wird es noch genug Wege geben, dass Feinde der NATO gestützten afghanischen Regierung es schaffen werden Anschläge oder Aktionen durchzuführen. Gerade elektronisch gibt es sicher viel Potential welches man gegen UAVs einsetzen kann und sei dies nur eine Jacke, die man mit Infrarot-LEDs beklebt. Gerade durch Kleinigkeiten kann man solche Mechanismen doch gut austricksen.



  • rüdiger schrieb:

    Das ist eine typische Übervereinfachung. So etwas funktioniert aus zahlreichen Gründen nicht. (Da wäre es wohl einfacher Texas zu entwaffnen...). Nicht nur wegen dem Prinzip "freie Männer tragen Waffen", was ja auch in westlichen Kulturen angeführt wird, wäre dies nicht möglich. Sondern gerade auch weil die Dorfbewohner sich so auch gegen Taliban und Banditen wehren. Die vom Westen getragene Regierung Afghanistans ist nun einmal sehr schwach. Wenn sich Dörfer Sicherheit verschaffen wollen, dann in dem sie sich bewaffnen. Hinzu kommen die zahlreichen Truppen von Warlords, die ja auch teilweise zur Regierung gehören oder geduldet werden. Von Jagdwaffen oder Hochzeiten mal ganz zu schweigen. Es gab doch einen Vorfall bei dem ein Kampfflugzeug meldete, dass es beschossen wurde. Danach eine Gruppe von Menschen mit AK47s entdeckte und eine Bombe abwarf. Stellte sich raus, dass dies die Hochzeitsgesellschaft von einem Cousin von Karzai war. Es gehört eben zur afghanischen Kultur, dass man bei einer Hochzeit in den Himmel schießt. In Afghanistan kannst du keine deutschen Verkehrsregeln durchsetzen. Erst recht kein deutsches Waffenrecht.

    "Wer mit dem Schwert lebt, wird durch das Schwert sterben."

    Das ist eine der Ursachen der afghanischen Krankheit. Wenn es jeder (Mann) als sein Recht ansieht mit Waffen, sogar Kriegswaffen, herumzulaufen, ist es klar, dass dort keine staatlichen Strukturen geschaffen werden können, bzw. keine staatliche Autorität durchgesetzt werden kann.
    Dann herrscht das Recht des Stärkeren und das Recht des stärkeren Stammes. Und die weite Verbreitung von Waffen schafft ideale Voraussetzungen für Banden- und Terrorgruppenbildung.

    Das ist an sich schon ein Problem, das Afghanistan, auch ohne die Taliban, davon abhält sich gesellschaftlich und wirtschaftlich weiter zu entwickeln.

    Ich traue den Afghanen zu, zu erkennen, dass es besser ist keine Waffen zu tragen. Nicht jede Tradition ist es Wert bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag weiterverfolgt zu werden.
    Wenn den Afghanen grundsätzlich geholfen werden soll, ist es unabdingbar dort eine zivilere Gesellschaft zu etablieren. Und Waffen gehören definitiv nicht dazu.
    Ansonsten wird Afghanistan weiterhin ein Hort der Armut, Willkür und im schlimmsten Falle, des Terrorismus bleiben.

    Das kann man auch nicht mit den USA vergleichen. Dort laufen nicht mehr Leute in der Öffentlichkeit mit Waffen herum als bei uns. Zumindest habe ich in der New Yorker U-Bahn noch keine Sturmgewehre oder Panzerfäuste gesehen.



  • Du musst aber leider _erst_ Sicherheit schaffen, und kannst _dann_ jemandem seine Waffentradition ausreden wollen.
    Ich würde als Afghane nicht meine Waffen abgeben, wenn du mir das so erklären würdest. Warum sollte ich, solang der Staat (+ die ausländischen Truppen) meine Sicherheit nicht garantieren kann?

    Und so oder so, der eigentliche Punkt: Auch mit Drohnen etc. wirst du diese Sicherheit so leicht nicht schaffen. Im Gegenteil, mehr Kolleteralschäden - die bei stärkerer Fokussierung auf Luftschläge (durch Drohnen) unvermeidlich sind - spielen den Taliban noch mehr in die Hände.



  • @Provieh-Programmierer

    Ja, da hast du natürlich recht. Es ist nicht nützlich, dass dort jeder Waffen trägt und für eine stabile Gesellschaft braucht man ein sicheres Land. Nur erreicht man das nicht, in dem man anfängt die Waffen einzusammeln. Zuerst muss man staatliche Strukturen und Sicherheitssysteme aufbauen, die dann graduell die von den Stämmen/Dorfgemeinschaften/Kriegsherren geprägten Systeme und Strukturen ersetzen. Dies ist aber gerade mit der sehr schwachen NATO-geförderten Regierung erst in ferner Zukunft möglich. Dies ist ja einer der Gründe, warum die Taliban so schnell zurück gekommen sind. Die haben es eben schnell geschafft staatliche Strukturen in den südlichen Regionen wieder aufzubauen, falls diese überhaupt zerstört wurden.



  • @Sinthoras
    Wie kommst du darauf, dass es durch die Drohnen mehr Kolleteralschäden gibt? Durch Drohnen können Kolleteralschäden verringert werden.



  • Grohool schrieb:

    @Sinthoras
    Wie kommst du darauf, dass es durch die Drohnen mehr Kolleteralschäden gibt? Durch Drohnen können Kolleteralschäden verringert werden.

    Und wie das?

    Generell (oder zweifelst du das in der Form schon an?) bringt eine Verlagerung auf den Luftkampf bzw. die Bekämpfung von Bodenzielen aus der Luft mehr Opfer und Kolleteralschäden mit sich.
    Und genau diese Verlagerung findet beim Drohneneinsatz wohl statt, sonst lohnt das ganze ja nicht.

    (Darüberhinaus ist es leichter, Menschen abzuschießen, wenn es schon nur noch nach Computerspiel aussieht...)



  • Was ist denn deiner Meinung nach die Alternativ zu Drohnen?

    Jemand der sich seit Stunden in einem stacheligen Gebüsch versteckt, sich seit Monaten in Kriegsbereitschafft befindet und dessen Leben in Gefahr ist wird wohl schneller mal den Abzug drücken, wenn ein potentieller Feind, als Ziegenhirte verkleidet vorbeikommt. Ein Drohnenpilot sitzt sicher zuhause, ist relativ entspannt, hat viel Zeit die Situation zu bewerten und tut dies vermutlich nicht alleine.



  • Und warum ist es dann sogar die neue Doktrin von McChrystal, Luftangriffe bis auf absolute Ausnahmen zu vermeiden?
    Sogar der US-Oberbefehlshaber sagt - so ganz verkürzt: Mehr Luftangriffe -> Mehr Kolleteralschäden -> mehr Taliban(-sympathisanten)



  • Grohool schrieb:

    Jemand der sich seit Stunden in einem stacheligen Gebüsch versteckt, sich seit Monaten in Kriegsbereitschafft befindet und dessen Leben in Gefahr ist wird wohl schneller mal den Abzug drücken, wenn ein potentieller Feind, als Ziegenhirte verkleidet vorbeikommt. Ein Drohnenpilot sitzt sicher zuhause, ist relativ entspannt, hat viel Zeit die Situation zu bewerten und tut dies vermutlich nicht alleine.

    So ist es.
    Außerdem kann man die Bildschirme abgreifen und im Fernsehen zeigen. Die Werbeeinnahmen dürften gewaltig sein.



  • Ich kann nur nochmal auf McChrystals (neuere) Position zu Luftangriffen verweisen.

    Und worum es mir eigentlich geht, ist das folgende: Die Ansicht, es könne einen "sauberen" Krieg geben, und vor allem die Erkenntnis, dass eigene Leben nicht mehr in Gefahr sind, macht es jedem Volk viel leichter, sich für einen Krieg zu entscheiden. Und damit ist doch wohl niemandem geholfen, oder?
    Mehr (leichtfertige) Kriege retten wohl eher keine Menschenleben...



  • Ja sicher, wenn man zivile Gebäude bombadiert, dann muss man mit zivilen Opfern rechnen. Aber das hat nicht wirklich was mit Luftangriffen zu tun. Bei einem Artillerie beschuss kommt sicher kein besseres Ergebnis raus.



  • Grohool schrieb:

    Ja sicher, wenn man zivile Gebäude bombadiert, dann muss man mit zivilen Opfern rechnen. Aber das hat nicht wirklich was mit Luftangriffen zu tun. Bei einem Artillerie beschuss kommt sicher kein besseres Ergebnis raus.

    Doch, dass zivile Gebäude versehentlich getroffen werden, hat etwas mit Luftangriffen zu tun. Womit denn sonst?
    ... und Artillerie wird nach Möglichkeit auch nicht eingesetzt. Eben weil es genau der gleiche Mist ist (bzw. meist noch schlechter geeignet). Du hast ja völlig recht, das ist nicht besser.



  • Sinthoras schrieb:

    Grohool schrieb:

    @Sinthoras
    Wie kommst du darauf, dass es durch die Drohnen mehr Kolleteralschäden gibt? Durch Drohnen können Kolleteralschäden verringert werden.

    Und wie das?

    Drohnen erlauben eine deutlich bessere taktische Aufklärung. Dadurch lassen sich Kollateralschäden verringern. Auch können die Daten von mehreren Personen gleichzeitig betrachtet werden, was Fehleinschätzungen reduzieren kann.



  • rüdiger schrieb:

    Drohnen erlauben eine deutlich bessere taktische Aufklärung. Dadurch lassen sich Kollateralschäden verringern. Auch können die Daten von mehreren Personen gleichzeitig betrachtet werden, was Fehleinschätzungen reduzieren kann.

    Jup, wer faellt wohl die bessere Entscheidung?

    a) Der Soldat, der mit seinen Trupp, vollgepumpt mit Adrenalin in der Gefahrenzone sitzt und nur den Tag heil ueberstehen will.
    b) 2 Offiziere, die das Livebild auf dem Monitor im Container verfolgen.

    Trotzdem ist eine Drohne keine Wunderwaffe, ein gut ausgebildeter Soldat kann die Situation anders einschaetzen als der Oberleutnant mit dem Kaffee in der Hand vorm Monitor. Fehler machen beide, das kann auch die beste Technik nicht verhindern.





  • Grohool schrieb:

    Jemand der sich seit Stunden in einem stacheligen Gebüsch versteckt, sich seit Monaten in Kriegsbereitschafft befindet und dessen Leben in Gefahr ist wird wohl schneller mal den Abzug drücken, wenn ein potentieller Feind, als Ziegenhirte verkleidet vorbeikommt. Ein Drohnenpilot sitzt sicher zuhause, ist relativ entspannt, hat viel Zeit die Situation zu bewerten und tut dies vermutlich nicht alleine.

    Ein Drohnenpilot der zu Hause sitzt hat keine Ahnung von der Umgebung, in der er in seiner Arbeitszeit herumfliegt und wird imho sehr viel eher Kollateralschäden verursachen. Bodentruppen, die sich seit Monaten in dem Gebiet aufhalten und mit den Leuten reden, wissen mehr über die Umgebung und wie die Menschen leben. Für mich ist völlig klar, dass es das erleichtert, Zivilisten von Feinden zu unterscheiden. Natürlich ist es für den eigenen Arsch riskanter. Und hier fängt dann das Balancing an.

    rüdiger schrieb:

    Drohnen erlauben eine deutlich bessere taktische Aufklärung. Dadurch lassen sich Kollateralschäden verringern. Auch können die Daten von mehreren Personen gleichzeitig betrachtet werden, was Fehleinschätzungen reduzieren kann.

    Ich glaube, dass Drohnen für einen Präzisionsschlag schon praktisch sein können, aber zur Aufklärung, naja. Wenn man keine Leute vor Ort hat die sich auskennen, kann man IMHO gar nichts gut einschätzen.

    Die Aufklärung aus der Luft funktioniert sowieso überhaupt nicht. Siehe zum Beispiel das Gefecht auf Takur Ghar, wo die Amis nach einem umfangreichen Scan mit Wärmebildkameras Navy SEALs mitten im Feindgebiet abgesetzt haben (der Heli wurde gleich noch mit abgeschossen). Als die Quick Reaction Force sie retten wollten, wurden sie ebenfalls abgeschossen. Das halte ich für einen klaren Aufklärungs-Fail.



  • Danke 🙂

    Schön gesagt btw: 😃

    Optimizer schrieb:

    Und hier fängt dann das Balancing an.

    p.s. wenn Drohnen so überragende Eigenschaften haben dank ihrer tollen Aufklärung, warum erreicht man dann mit normalen Luftschlägen keine wirklich geringen Kolleteralschäden?
    (ja, da werden meist auch Bilder nach Hause übertragen und dort bewertet. Daraufhin erhält das Flugzeug/ der Helikopter/ ... Feuerfreigabe)


Anmelden zum Antworten