Karrierekiller Grundlagenforschung?



  • Hallo,

    ich habe schon von mehreren Leuten gehört, dass eine Diplomarbeit z.B. am CERN einem lebenslangen Ausschluss von jedweder Karriere in der echten Wirtschaft oder Industrie gleichkommt. Stimmt das? Habt ihr es geschafft, aus der Forschung an einer großen Einrichtung in die reale Welt auszubrechen (oder seid dabei gescheitert)? Und an die anderen: Ist ein solcher Punkt im Lebenslauf eher ein Vor- oder ein Nachteil? Oder spielt es für euch keine Rolle?



  • Das glaube ich nicht. Die Industrie betreibt auch Forschung. Außerdem ist für "richtige" Wissenschaftler ein Posten als Manager in einem Wirtschaftsbetrieb wohl nicht erstrebenswert.



  • Außerdem ist für "richtige" Wissenschaftler ein Posten als Manager in einem Wirtschaftsbetrieb wohl nicht erstrebenswert.

    Das kann ich nur unterschreiben. Wer im Grundlagenbereich(!) forschen möchte, sollte sich von der Industrie fern halten und eine Hochschulkarriere, viele Publikationen und Vorträge, ein Lehr- oder Fachbuch und den Nobelpreis anstreben.
    Im Anwendungsbereich sind die Fronten weniger verhärtet.



  • Zitat eines Kollegen:

    "Promotion Summa cum laude. Diplom mit 1.0. Damit habe ich echte Schwierigkeiten in der Industrie einen Job zu finden. Man unterstellte mir ständig dass ich eigentlich in die Forschung will und bei der ersten Gelegenheit in den Sack hauen würde. Dabei will ich nur ein ordentliches Gehalt."

    Mit Grundlagenforschung gibst Du Ihnen schriftlich Anlass für solche Vorurteile.

    Industrielle Forschung := Anwendung der Grundlagenforschung
    Grundlagenforschung := " ... where boldly go where noone is gone before." - Für BAT und die Chance auf den Nobelpreis.

    Meine Karrieretipps für Angestellte in der Industrie:
    - angepasst
    - produzierend
    - egoistisch
    - illoyal
    - pragmatisch
    - immer dumm sein oder stellen (vergieß alles was Du weißt und sei dummenkompatible)
    - meide Expertenwissen (Karrieresekundenkleber), suche firmenweites Überblickswisssen
    - nimm jedes Meeting mit das Du finden kannst.
    - mach Dich schwer ersetzlich
    - meide P84 und sichere Deine Managerboni vor dem Konkurs 😃

    Du wirst Geld haben, Du wirst Macht haben. Aber Dein Leben wird bedeutungslos und destruktiv sein ...



  • Prof84 schrieb:

    Zitat eines Kollegen:

    "Promotion Summa cum laude. Diplom mit 1.0. Damit habe ich echte Schwierigkeiten in der Industrie einen Job zu finden. Man unterstellte mir ständig dass ich eigentlich in die Forschung will und bei der ersten Gelegenheit in den Sack hauen würde. Dabei will ich nur ein ordentliches Gehalt."

    Mit Grundlagenforschung gibst Du Ihnen schriftlich Anlass für solche Vorurteile.

    Industrielle Forschung := Anwendung der Grundlagenforschung
    Grundlagenforschung := " ... where boldly go where noone is gone before." - Für BAT und die Chance auf den Nobelpreis.

    Meine Karrieretipps für Angestellte in der Industrie:
    - angepasst
    - produzierend
    - egoistisch
    - illoyal
    - pragmatisch
    - immer dummen sein oder stellen (vergieß alles was Du weißt und sei dummenkompatible)
    - meide Expertenwissen (Karrieresekundenkleber), suche firmenweites Überblickswisssen
    - nimm jedes Meeting mit das Du finden kannst.
    - mach Dich schwer ersetzlich
    - meide P84 und sichere Deine Managerboni vor dem Konkurs 😃

    Du wirst Geld haben, Du wirst Macht haben. Aber Dein Leben wird bedeutungslos sein ...

    Woher weißt Du das alles?



  • Prof84 schrieb:

    Industrielle Forschung := Anwendung der Grundlagenforschung

    Nein, eigentlich nicht. Industrielle Forschung ist viel mehr anwendungsorientiert, auch wenn man Nutzen daraus ziehen kann, wenn man vorher als Grundlagenforscher aktiv war.

    Prof84 schrieb:

    Meine Karrieretipps für Angestellte in der Industrie:
    - angepasst
    - produzierend
    - egoistisch
    - illoyal
    - pragmatisch
    - immer dumm sein oder stellen (vergieß alles was Du weißt und sei dummenkompatible)
    - meide Expertenwissen (Karrieresekundenkleber), suche firmenweites Überblickswisssen
    - nimm jedes Meeting mit das Du finden kannst.
    - mach Dich schwer ersetzlich
    - meide P84 und sichere Deine Managerboni vor dem Konkurs

    Naja, das trifft eher auf die "unteren Ränge", irgendwo zwischen Hausmeister und Projektleiter, zu. 🕶

    volkard schrieb:

    Woher weißt Du das alles?

    Eine blühende Phantasie? 😃



  • @general bacardi, Merkwürdiglieb: Was genau versteht Ihr unter Grundlagenforschung?



  • Gregor schrieb:

    @general bacardi, Merkwürdiglieb: Was genau versteht Ihr unter Grundlagenforschung?

    Nun, wie das Wort schon sagt, sämtliche Forschung, die sich mit den Grundlagen einer Wissenschaft beschäftigt. Für die Mathematik seien z.B. Mengenlehre, Logik und Beweistheorie genannt, die einen wesentlichen Teil der Mathematik ausmachen.



  • general bacardi schrieb:

    Gregor schrieb:

    @general bacardi, Merkwürdiglieb: Was genau versteht Ihr unter Grundlagenforschung?

    Nun, wie das Wort schon sagt, sämtliche Forschung, die sich mit den Grundlagen einer Wissenschaft beschäftigt. Für die Mathematik seien z.B. Mengenlehre, Logik und Beweistheorie genannt, die einen wesentlichen Teil der Mathematik ausmachen.

    Hmmm. Also ich glaube nicht, dass man diesen Begriff an wissenschaftlichen Teilgebieten festmachen kann/sollte. Allerdings fällt es mir auch schwer, bezüglich der Grundlagenforschung eine Begriffsvorstellung zu formulieren. Und ich glaube, dass die meisten Leute diesbezüglich recht unterschiedliche Begriffsvorstellungen haben. Deswegen frage ich, was Ihr darunter versteht. Der Threadersteller hat ein Beispiel mit dem CERN gebracht. "CERN" steht für mich einfach für "Teilchenphysik". Und in dem Zusammenhang kommen mehrere Aspekte zusammen:

    1. Man kann da definitiv Grundlagenforschung betreiben, keine Frage.
    2. Teilchenphysik hat in der Industrie in absehbarer Zeit keine Anwendung (weiß nicht, ob es da ein paar Ausnahmen gibt). Ich würde so einen physikalischen Teilbereich als "Fundamentalphysik" bezeichnen und bin mir nicht sicher, ob der Threadersteller nicht vielleicht statt Grundlagenforschung eher "Beschäftigung mit Fundamentalphysik" oder auf Mathematik bezogen "Beschäftigung mit reiner Mathematik" meint.

    Grundlagenforschung kann man zumindest auch in Bereichen betreiben, die sehr wohl Anwendungen in der Industrie haben. Zum Beispiel in der Nanostrukturphysik, der Laserphysik, der Halbleiterphysik oder ähnlichem. Und da kann man dann natürlich auch eine ganze Menge Wissen aufbauen, das für die Industrie sehr wertvoll sein kann.



  • Gregor schrieb:

    Hmmm. Also ich glaube nicht, dass man diesen Begriff an wissenschaftlichen Teilgebieten festmachen kann/sollte. Allerdings fällt es mir auch schwer, bezüglich der Grundlagenforschung eine Begriffsvorstellung zu formulieren.

    Nein, natürlich nicht. Ich habe mich vermutlich nicht deutlich genug ausgedrückt. Grundlagenforschung beschäftigt sich nicht damit, "irgendwelche Zweige" auszuloten, sondern beschäftigt sich mit den Wurzeln einer Wissenschaft. Wobei ich als "Wurzel" keine zeitliche Abfolge meine, sondern das, worauf sich eine bestimmte Wissenschaft aktuell begründet. 😉



  • Merkwürdiglieb schrieb:

    ich habe schon von mehreren Leuten gehört, dass eine Diplomarbeit z.B. am CERN einem lebenslangen Ausschluss von jedweder Karriere in der echten Wirtschaft oder Industrie gleichkommt. Stimmt das?

    Mir wäre neu, dass man sich mit der Abgabe der Diplomarbeit lebenslang an ein bestimmtes Fachgebiet bindet. Ich halte diese Aussage für völligen Quatsch!



  • Hallo,

    Walli schrieb:

    Merkwürdiglieb schrieb:

    ich habe schon von mehreren Leuten gehört, dass eine Diplomarbeit z.B. am CERN einem lebenslangen Ausschluss von jedweder Karriere in der echten Wirtschaft oder Industrie gleichkommt. Stimmt das?

    Mir wäre neu, dass man sich mit der Abgabe der Diplomarbeit lebenslang an ein bestimmtes Fachgebiet bindet. Ich halte diese Aussage für völligen Quatsch!

    Dass ich nach der Diplomarbeit noch in der Lage bin, an etwas anderem zu arbeiten hoffe ich auch. Die Frage ist jedoch, ob meine Bewerbung mit Hintergrund in einer riesigen staatlich geförderten Einrichtung mit einem für die meisten Menschen nichtssagenden Thema genau so gut betrachtet wird wie eine mit einem eher weltlichen Thema. Werde ich als weltfremder Freak wahrgenommen, der nicht willens oder fähig ist, konkrete produktive Ergebnisse zu weltlichen Aufgabenstellungen zu liefern? Das möchte ich wissen.

    @Gregor: Ich verstehe unter "Grundlagenforschung" sowas wie das: http://de.wikipedia.org/wiki/Grundlagenforschung .
    Also "Wissenschaft für die Wissenschaft" als Abgrenzung zur "Wissenschaft für die Anwendung".

    Der Begriff ist aber nicht zentral für meine Frage. Was mich interessiert ist, ob ich nach einem Jahr Tätigkeit im akademischen Betrieb ohne jeglichen Bezug zu gewinnbringenden Gewerben als produktives Mitglied der Gesellschaft angesehen werde.



  • Nicht ohne Grund stellen Consulting-Firmen sehr gerne Mathematiker und Physiker ein. Das machen sie nicht weil sie Teilchenphysiker, Astronomen, Mengentheoretiker oder Logiker brauchen, sondern Menschen, die gut Probleme lösen können. Da ist das Thema der Diplomarbeit völlig irrelevant.



  • Merkwürdiglieb schrieb:

    Der Begriff ist aber nicht zentral für meine Frage. Was mich interessiert ist, ob ich nach einem Jahr Tätigkeit im akademischen Betrieb ohne jeglichen Bezug zu gewinnbringenden Gewerben als produktives Mitglied der Gesellschaft angesehen werde.

    Hi. Kannst Du mir mal irgendeine Art von Diplomarbeitsthema in der Physik nennen, das Bezug zum gewinnbringenden Gewerbe hat?



  • Gregor schrieb:

    Merkwürdiglieb schrieb:

    Der Begriff ist aber nicht zentral für meine Frage. Was mich interessiert ist, ob ich nach einem Jahr Tätigkeit im akademischen Betrieb ohne jeglichen Bezug zu gewinnbringenden Gewerben als produktives Mitglied der Gesellschaft angesehen werde.

    Hi. Kannst Du mir mal irgendeine Art von Diplomarbeitsthema in der Physik nennen, das Bezug zum gewinnbringenden Gewerbe hat?

    Deins 🤡



  • TravisG schrieb:

    Gregor schrieb:

    Merkwürdiglieb schrieb:

    Der Begriff ist aber nicht zentral für meine Frage. Was mich interessiert ist, ob ich nach einem Jahr Tätigkeit im akademischen Betrieb ohne jeglichen Bezug zu gewinnbringenden Gewerben als produktives Mitglied der Gesellschaft angesehen werde.

    Hi. Kannst Du mir mal irgendeine Art von Diplomarbeitsthema in der Physik nennen, das Bezug zum gewinnbringenden Gewerbe hat?

    Deins 🤡

    😃 Nenene... Auch wenn ich in der Einleitung durchaus industrielle Motivationen für die Arbeit gebe, ist diese Verbindung doch sehr abstrakt.



  • Also ganz so schwarzweiß darf man die Sache wohl nicht betrachten. Zum einen ist die Promotion bei größeren Firmen oft erst die Einstiegskarte für Positionen im gehobenen Management. Da jede Promotion mit einer intensiven Forschungsarbeit einhergeht, kann sie schonmal nicht als Karrierekiller betitelt werden, sofern man eine gehobene Managementsposition als Karriere betrachten würde.

    Die Forschungsabteilungen großer Firmen fordern ebenfalls eine Promotion, sowie bestenfalls weitere, wissenschaftliche Veröffentlichungen.

    Ich glaube eher, dass man sich durch die Forschung für eine gewisse Teilmenge aller Fachkräftestellen einfach überqualifiziert - schließlich will die Promotion nach Möglichkeit auch bezahlt werden. Das rentiert sich für Firmen aber in der internen Entwicklung meist nicht. Wo man eher Absolventen mit Promotion einsetzt, sind Stellen, die viel mit Öffentlichkeitsarbeit zu tun haben. So ein Doktortitel macht eben etwas her. In einigen Softwarefirmen, die ich kennengelernt habe, sind das beispielsweise die Produktmanager, die eher die larifari Planung machen (die von den leitenden Entwicklern wieder umgeschmissen wird, da Schwachsinn) und ansonsten eher repräsentativ auftreten.
    Auch Leiter der firmeneigenen Schulungen sind Doktortitelkandidaten.


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