und los gehts - die armen sollen aermer werden



  • rüdiger schrieb:

    Infrastrukturprojekte verlangen auch langfristige Planungen. Und gerade damit tun sich Firmen oft schwer. Wie will man den Aktionären klar machen, dass man eine Investition für die nächsten 25 Jahre plant? Gerade nach der "Liberalisierung" des Strommarktes sind die Investitionen in neue Kraftware oder Netzinfrastruktur enorm eingebrochen.

    "Enorm eingebrochen" ist zwar übertrieben, aber Du kannst drei mal raten, warum. Es könnte schon etwas mit den Regulierungen zu tun haben, huh? Es wäre absolut unmöglich, unsere aktuelle Energielandschaft mit aktuellen Regulierungen zu errichten.

    Daniel E. schrieb:

    rüdiger schrieb:

    Ich glaube nicht, dass es auf Basis von Infrastruktur einen wirklichen Wettbewerb geben kann.

    Das ist aber keine Glaubensfrage, sondern eine, die man tatsächlich prüfen kann. Das japanische Bahnsystem ist weitestgehend privat und das effizienteste der Welt. Straßenqualität steigt sogar bei halbprivaten Betreibern an und die Wasserprivatisierungsmaßnahmen haben in vielen Entwicklungsländern erst mal Wasser einem nennenswerten Bevölkerungsanteil zur Verfügung gestellt und in reicheren Ländern die Netzqualität größtenteils verbessert. Möchtest Du weiterhin "glauben," daß es nicht funktionieren kann?

    Das englische Bahnsystem ist seit der Privatisierung eine totale Katastrophe. Das US-amerikanische Bahnsystem ist doch iirc komplett privat und war immer privat und wird zumindest im Passagierbereich auch heftig kritisiert. Einfach zu privatisieren scheint da nicht auszureichen. Ich kenne mich aber mit dem japanischen Bahnsystem nicht aus (weiß nur, dass die extrem viele Strecken haben und mir hat mal jemand gesagt, dass die extrem teuer seien). Wie sind die Preise dort im Bezug auf das Durchschnittseinkommen?

    Das englische Bahnsystem war davor auch eine Katastrophe, darum hat man ja privatisiert. Der Punkt, warum es verkommt, ist aber ein regulativer: die Lizenzen werden Privatunternehmen nur über sehr kurze Zeiträume zugeteilt, in der sich Investitionen ins Netz nicht rechnen, weil nach man nach Ablauf der Lizenzen keine sehr hohe Chance besteht, an die dann entstehenden Gewinne ranzukommen.

    In den USA ist doch das einzige Intercity-Personensystem staatsbetrieben. http://en.wikipedia.org/wiki/Amtrak

    Japan ist billig, aber das Regulierungsklima ist ein komplett anderes als zB. in England. (Es werden auch Teile des Landes noch bezuschusst, aber es ist biller als vor der Privatisierung.)

    "Einfach privatisieren" reicht nie einfach aus. Das wichtigste ist, zum wiederholten mal, ein vernünftiges regulatives Umfeld und nicht so sehr, ob man dann "privat" oder "öffentlich" dazu sagt. Wenn man dumme Anreize in die Regulierungen reinbastelt, dann kriegt man natürich lausige Resultate, siehe zB. Bankenregulierung. Ob sie lausiger sind, als das, was der Staat vorher gemacht hat, das ist schwer zu sagen, aber normalerweise privatisiert man nur Dinge, die beschissen funktionieren, Verluste schreiben usw. Daher muß man schon fragen, ob die Meßlatte richtig angelegt wird, wenn hinterher nicht das Paradies auf Erden erscheint ...

    Daniel E. schrieb:

    Sehr hübsch, dein Szenario: private Netze -> Ausfall, staatlich -> robust, strategisch, zukunftssicher.

    Aber das ist doch komplett fiktiv. Warum sollte das genau so passieren und nicht genau andersrum? Glaubst Du zB. in Entwicklungsländern funktionieren die staatlichen Netze so viel besser als die privaten? Think again.

    Eine private Firma ist wirtschaftlichen Schwankungen unterlegen. Wenn sich der Staat den Betrieb des Netzes nicht mehr leisten kann, dann sind die Probleme eh ziemlich groß. Wie oben gesagt, sieht die Situation in Entwicklungsländern sicher anders aus.

    Stell dir mal folgendes vor. Der weltgrößte Energiekonzern fällt. Verschwindet. In einem halbwegs deregulierten Markt. Was passiert dann? Tote auf den Staßen, Massenpanik, wochenlange Finsternis? Oder nichts? Und warum passiert was?

    Ich rede natürlich von Enron. Ohne die (halbherzigen) Deregulierungen wäre der Kollaps nicht so locker über die Bühne gegangen.

    Wir in der westlichen Welt haben da ohnehin ein Luxusproblem. Wir haben ja sogar verhältnismäßig gut funktionierende Bürokratien, die es sich trotz aller Ineffizienz und politischer Einflußnahme ein Bahnsystem zum halbwegs zum laufen bringen können. Viele Länder können das aber nicht und da will man dann Wettbewerb, Macht möglichst dezentralisieren usw.

    Daniel E. schrieb:

    Die Privatisierung demonstriert vor allem, daß Netzneutralitätsregulierungen, bei dem man einzelnen Betreibern Monopolrechte einräumt und diese Betreiber dann reguliert, keine so clevere Idee sind. Daraus könnte man lernen (zB. für Netzneutralitätsdebatten im Internet).

    Ja, aber gerade deshalb finde ich, dass man das Netz nicht hätte privatisieren sollen. Oder was meinst du, was das richtige Vorgehen gewesen wäre? Jede Leitung einzeln versteigern?

    Nicht künstlich Monopole schaffen und die zu regulieren versuchen, wäre ein Anfang. Scheint aber zB. auch beim Thema Internetregulierung niemanden zu interessieren. Die Internetgemeinde möchte anscheinend die Probleme von "Common Carrier"-Modellen selbst erleben, weil es dieses Modell ja schon früher nie funktioniert hat.



  • rüdiger schrieb:

    Wann soll es ein derartiges System in den USA gegeben haben? Und warum gibt es das nun nicht mehr?

    Mir fiel da noch ein "System" ein, dass dem Libertarismus meiner Meinung nach nahe kommt - das Internet. Wenn alles so weiter läuft wie jetzt, wird man in ein paar Jahren vielleicht auch fragen: "Warum gibt es dann kein privates Internet, wenn das doch so toll ist?" Das Internet konnte so schnell wachsen, da es dort keine staatlichen Eingriffe gab. Viele sagen: "Das Internet wurde doch vom Staat erst geschaffen" Aber da kann ich dann nur wieder auf das Beispiel von Hazlitt aus "Economics in one lesson" verweisen.

    Das private Wohltätigkeit funktioniert sieht man meiner Meinung nach an Open Source sehr gut(BSD-Lizenz ftw :)).
    Hartz4ler(ganz zu Anfang des Internets):"Du glaubst doch nicht, dass Unternehmen armen Menschen helfen würden. Du SPINNST wohl. Wir brauchen den Staat! Jetzt hör aber ma uff. Die Unternehmen denken nur an Gewinne. Wenn ein Unternehmen viel Gewinn macht heißt das, dass es der Gesellschaft schadet. All die vielen Leute die die Produkte solch eines Unternehmens kaufen, werden ausgebeutet. SAUEREI! Eine SAUEREI ist sowas! Was sagst Du? Unternehmen und Private könnten über das Internet gemeinsam Software entwickeln? Selten so einen Schwachsinn gehört. Du bist ein totaler Träumer. In einer perfekten Welt vielleicht. Ich sach Dir, das Internet wird von Kriminellen nur so wimmeln. Der Staat muss da jetzt regulieren, damit sowas nicht passiert. Dann kann das Internet vielleicht was werden. Ansonsten ist das aber auch nur so ein Traum, wie dein Libertarismusdingsda.".

    OT: Viele kennen hier bestimmt Robert A. Heinlein. Ich wollte nur nochmal anmerken, dass er sich zu den Idealen des Libertarismus bekennt(steht zumindest auf Wikipedia so. Merkt man auch teilweise in seinen Romanen).



  • FrSan schrieb:

    Das private Wohltätigkeit funktioniert sieht man meiner Meinung nach an Open Source sehr gut(BSD-Lizenz ftw :)).

    Diese Wohltätigkeit *hust* lässt sich nicht so einfach auf die reale Welt übertragen. Schlechtes Beispiel.



  • Hallo

    Ich sach Dir, das Internet wird von Kriminellen nur so wimmeln.

    Genauso ist es doch - oder ?

    Mfg
    Klaus



  • Hallo

    Ich glaueb, dass FrSan den Mist wirklich glaubt den er schreibt, unfassbar.

    chrische



  • Hi,

    http://www.bild.de/BILD/politik/wirtschaft/2009/11/9/job-angebot-fuer-quelle-frauen/deutschlands-pfiffigste-sekretaerinnen.html

    wie man sieht gibt es noch Leute die mehr als nur auf dem Amt zu fragen unternehmen um einen neuen Job zu bekommen. Und wie man liest auch sehr erfolgreich. Drücke den 5 Mädels alle Daumen die ich habe.

    Gruß Mümmel



  • muemmel schrieb:

    http://www.bild.de

    🙄 👎



  • Hi,

    Wenn der Beitrag in der FAZ, Süddeutschen, Zeit, Welt... gestanden hätte, dann hätte ich für Dich natürlich diesen Beitrag für Dich verlinkt. Aber ich habs nun mal nur da gelesen.
    Ich bin sicher kein Bild-Gläubiger, aber Information ist Information, auch wenn sie von blos von Bild kommt.
    So wie man seinen Standpunkt nicht nur aus Bild beziehen sollte, sollte man die Zeitung auch nicht völlig ignorieren. Man sollte schon ein wenig wissen, worüber in der Kantine gesprochen wird.
    Ob man dann alles glaubt ist ja dann jedem selbst überlassen. Ein gewisser Filter zwischen den Ohren ist da ganz nützlich.
    Aber in dem Fall ist's eine durchaus nicht unwichtige Information, dass Einfallsreichtum belohnt wird, oder besser eine öffentliche Bestätigung dieser Tatsache, die leider viele aus Bequemlichkeit gerne verdrängen (ich habe ja doch keinen Einfluss...). Wichtig ist nicht, wie viele Bewerbungen einer insgesamt schreibt, sondern zu wievielen Vorstellungsgesprächen er es schafft eingeladen zu werden. Und wenn jemand nach 200 Bewerbungen immer noch nicht ein mal eingeladen worden ist, sollte er vielleicht mal darüber nachdenken ob er nicht was falsch macht. Bewerbungen in die man nicht alles was man an Kraft und
    Wissen hat investiert kann man getrost gleich sein lassen. Einladungen garantieren zwar auch noch keine Einstellung, aber man ist zumindest eine Runde weiter und nicht mehr einer von 1000 sondern einer von 10...

    Gruß Mümmel



  • muemmel schrieb:

    ...aber Information ist Information, auch wenn sie von blos von Bild kommt.

    Nicht ganz. Jedes Blatt vertritt eine gewisse Richtung, so auch "Bild" [neoliberal, kapitalismusfreundlich]. Mit solchen Artikeln, die keiner seriösen Zeitung eine Zeile wert wären, wird Stimmung gegen Arbeitslose gemacht: "Schaut euch diese engagierten Frauen an und was macht euer dauerarbeitsloser Nachbar? - Nichts!" 👎



  • general bacardi schrieb:

    muemmel schrieb:

    ...aber Information ist Information, auch wenn sie von blos von Bild kommt.

    Nicht ganz. Jedes Blatt vertritt eine gewisse Richtung, so auch "Bild" [neoliberal, kapitalismusfreundlich]. Mit solchen Artikeln, die keiner seriösen Zeitung eine Zeile wert wären, wird Stimmung gegen Arbeitslose gemacht: "Schaut euch diese engagierten Frauen an und was macht euer dauerarbeitsloser Nachbar? - Nichts!" 👎

    Was müsste BILD denn Schreiben um gegen dauerarbeitslose Nachbarn aber nicht gegen pauschal alle Arbeitslose Stimmung zu machen?
    Wie macht man sowas?



  • illuminator schrieb:

    Was müsste BILD denn Schreiben um gegen dauerarbeitslose Nachbarn aber nicht gegen pauschal alle Arbeitslose Stimmung zu machen?

    Ich denke, dass solcherlei Differenzierung nicht "Bild"s anliegen sein wird. Gewisse Feindbilder wie ausländische Jugendliche, Linke, Kampfhundebesitzer und Arbeitslose müßen mit einem Feuerwerk aus vielen kleinen Realitätsverzerrungen dem Leser vermittelt werden, das reicht schon. Einmal am Tag, alles gut durchgerührt serviert, lässt längerfristig auch das letzte bisschen Hirnmasse schwinden, womit "Bild"-Leser ohnehin nicht so reichhaltig bestückt sind.
    Würde "Bild" ernsthaften Journalismus betreiben, hätte http://www.bildblog.de/ wohl kaum den Grimme-Preis erhalten. 😃



  • general bacardi schrieb:

    muemmel schrieb:

    ...aber Information ist Information, auch wenn sie von blos von Bild kommt.

    Nicht ganz. Jedes Blatt vertritt eine gewisse Richtung, so auch "Bild" [neoliberal, kapitalismusfreundlich].

    Auch falsch. BILD ist eine opportunistische Hure. Sie fuehlt sich nur einem verpflichtet: den Verkaufszahlen. Der Rest ist Schnuppe.



  • general bacardi schrieb:

    illuminator schrieb:

    Was müsste BILD denn Schreiben um gegen dauerarbeitslose Nachbarn aber nicht gegen pauschal alle Arbeitslose Stimmung zu machen?

    Ich denke, dass solcherlei Differenzierung nicht "Bild"s anliegen sein wird. Gewisse Feindbilder wie ausländische Jugendliche, Linke, Kampfhundebesitzer und Arbeitslose müßen mit einem Feuerwerk aus vielen kleinen Realitätsverzerrungen dem Leser vermittelt werden, das reicht schon. Einmal am Tag, alles gut durchgerührt serviert, lässt längerfristig auch das letzte bisschen Hirnmasse schwinden, womit "Bild"-Leser ohnehin nicht so reichhaltig bestückt sind.
    Würde "Bild" ernsthaften Journalismus betreiben, hätte http://www.bildblog.de/ wohl kaum den Grimme-Preis erhalten. 😃

    Ich möchte nicht unhöflich sein, aber hätte gerne meine Frage beantwortet.
    Mir liegt nicht an der Verteidung der BILD, aber mich interessiert schon was der politisch korrekte Weg sowas zu machen.
    Ich denke den engagierten Arbeitslosen ist auch daran gelegen nicht mit den anderen in einene Topf geworfen zu werden.
    Also: wie macht man das? Wie weißt man auf darauf hin das es durchaus Leute gibt die vollkommen selbstverschuldet arbeitslos sind und bleiben und das womöglich auch noch toll finden? Wo hebt man positive Beispiele für Engagement bei Arbeitslosen hervor ohne "Stimmung gegen (andere) Arbeitslose" allgemein zu machen?



  • illuminator schrieb:

    Ich denke den engagierten Arbeitslosen ist auch daran gelegen nicht mit den anderen in einene Topf geworfen zu werden.

    Nein, natürlich nicht. Ein temporär Arbeitsloser wird sich aber auch nicht mit der "Bild"-Meinungsmache identifizieren. Ihm wird es ziemlich egal sein, was "Bild" schreibt, da er sich garnicht erst als Zielperson solcher Herabwürdigungen betrachtet.

    illuminator schrieb:

    Also: wie macht man das? Wie weißt man auf darauf hin das es durchaus Leute gibt die vollkommen selbstverschuldet arbeitslos sind und bleiben und das womöglich auch noch toll finden? Wo hebt man positive Beispiele für Engagement bei Arbeitslosen hervor ohne "Stimmung gegen (andere) Arbeitslose" allgemein zu machen?

    Eigentlich ist es eine sehr persönliche Angelegenheit, freiweillig arbeitslos zu sein und mit den vielen Nachteilen zu leben, die dieses Dasein mit sich bringt. Vielleicht könnte man Menschen befragen, warum sie nicht arbeiten gehen, obwohl sie es eigentlich könnten. Also solche, die weder krank, zu alt, unterqualifiziert, alleinerziehende Mütter oder sonst irgendwelche anerkannten Gründe haben, arbeitslos zu sein. Leider ist bei dem Thema Ehrlichkeit Mangelware, da frei gewählte Arbeitslosigkeit so sehr geächtet ist, dass wir nur einen Haufen Vorwände hören würden. Die wirklichen Gründe würden mich jedenfalls auch interessieren.


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