Determinismus und freier Wille



  • Warum wird der Mensch bei diesen Diskussionen eigentlich immer ausgeklammert? Ist er nicht Teil des Universums? Ist er nicht denselben Gesetzen unterworfen wie jede Materie? Warum sollten seine Handlungen von mehr abhängen als den Naturkräften, wenn der Körper doch nur aus Materie besteht? Ich dachte, die göttliche Seele wäre in der Wissenschaft mal vom Tisch.
    Natürlich hat der Mensch ein Bewusstsein und Gefühle und was weiß ich. Es fühlt sich als Mensch so an, als hätte man alles unter Kontrolle. Als hätte man immer die Wahl, wäre ein Außenstehender, der die Welt nach Belieben formen kann. Das nennt man dann wohl Freiheit.
    Jetzt muss man aber auspassen, auf welcher Ebene man argumentiert, sonst redet man aneinander vorbei. Betrachtet man das Gehirn getrennt von der restlichen Welt als eine Blackbox, die Input verarbeitet und Output generiert, so besteht die Freiheit darin, dass niemand vorhersagen kann, wie es handeln wird. Kein Mensch kann absolut sicher sagen, wie ein anderer sich verhalten wird. Die Funktionsweise des Gehirns wird untersucht, vielleicht wird man das eines Tages doch können. Aber zur Zeit gilt: Freiheit = Unvorhersagbarkeit durch andere Menschen.
    Betrachtet man jedoch die Gehirne als Teil des Universums, weil man zum Beispiel "Gott" ist, so bleiben nur noch Quanteneffekte als Quelle von Unsicherheit. Auf der Quantenebene gibt es Zufall, wenn man der heutigen Physik glaubt. Also sind Handlungen selbst mit absolutem Wissen über den Zustand des Universums zu einem Zeitpunkt nicht sicher vorhersagbar. In der Praxis werden einzelne Quanten wohl keine Rolle bei Gehirnaktivitäten spielen, der berüchtigte Schmetterlingseffekt bliebe meistens aus.
    Begibt man sich eine Ebene höher, wo der scheinbare Zufall herkommt, ist plötzlich alles vorhersehbar, weil man immer die nächsten Zufallszahlen kennt. Von der Freiheit bleibt in unserem Universum nichts mehr übrig.



  • earli schrieb:

    TGGC schrieb:

    _-- schrieb:

    @edit: bzw. wenn alles 100% bedeutet, dann ja. oh, es gibt ja keine 100% 😞 😉

    Gratulation, du hast den gleichen Widerspruch wie Tim06TR gebastelt...

    @Earli: Versuchen wir es doch mal mit Beispielen, um aus denen eine allgemeine Regel fuer die Interpretation deiner Deiner Definition abzuleiten.

    Welche Situation bietet mehrere Handlungsoptionen?
    Welche Situation bietet nicht mehrere Handlungsoptionen?
    Wann hat man sich eine Handlungsoptionen ausgesucht?
    Wann hat man sich eine Handlungsoptionen nicht ausgesucht?
    Was ist eine Handlungsoptionen die man aussuchen konnte?
    Was ist eine Handlungsoptionen die man nicht aussuchen konnte?

    Du bist wieder falsch, wir waren längst auf einer ganz anderen Ebene, und das ist die wirklich strittige Ebene:

    Was bedeutet "Option"?
    Was bedeutet "können"?

    Was ist falsch? Es sind doch nur Fragen gestellt. Du hast eine Definition aufgestellt und kannst nicht erklaeren was sie bedeutet, also entweder kannst du die Fragen beantworten oder wir koennen die Definition ignorieren. Nur zu sagen "du bist falsch" ist kein Argument und macht deine Definition nicht richtig.



  • Irgendwie vergesst ihr die Qualia. Das macht auch bei der starken KI das Problem.



  • Vielleicht gibt es einfach viele Paralleluniversen, die sich voneinander unterscheiden. Jedes Mal, wenn ein Quant mehrere "Entscheidungsmöglichkeiten" hat, entsteht für jede ein neues Universum.

    Das verstehe ich nicht. Kannst Du das an einem konkreten theoretischen Beispiel erläutern?


  • Mod

    Erhard Henkes schrieb:

    Vielleicht gibt es einfach viele Paralleluniversen, die sich voneinander unterscheiden. Jedes Mal, wenn ein Quant mehrere "Entscheidungsmöglichkeiten" hat, entsteht für jede ein neues Universum.

    Das verstehe ich nicht. Kannst Du das an einem konkreten theoretischen Beispiel erläutern?

    Damit meint er wohl die "Viele Welten"-Interpretation der Quantenmechanik. Ein volldeterministisches Modell eines Multiversums, in dem die Bewohner eines jeden Subuniversums den Eindruck eines nicht-deterministischen Universums haben.

    Habe ich auch irgendwo vor ein paar Seiten schon einmal erläutert, dass die Kopenhagener Interpretation der QM als grundlegend nicht-deterministisches Weltbild nur eine mögliche Interpretation ist, dass es durchaus auch andere Ansichten gibt, die alle ebenso Kompatibel zu den Experimenten sind. Die Kopenhagener Interpretation kommt aber ohne Zusatzannahmen aus und ist deshalb nach Occams razor nicht zu unrecht die verbreitetste Ansicht.

    Aber das will ich nicht noch einmal aufwärmen, da sich der Thread offensichtlich im Kreis dreht. Gerade eben ist ja auch das Stichwort wieder gefallen, dass der freie Wille ein Qualia des Gehirns ist, womit wir auch wieder irgendwo am Anfang wären.



  • Okay, Alpha und Omega, immer im Kreis, alles schwingt. So wird's schon irgendwie sein. ;):D



  • Das sich dieser Thread dreht ist klar.
    Jeder hat seine Meinung und Auffassung und da es niemand beweisen kann, da das schier unmöglich ist, enden wir bei der Metakommunikation.
    Ich habe das bereits angedeutet.



  • BTW:

    earli schrieb:

    TGGC versucht Freiheit so zu definieren, dass man frei ist, wenn man die Zukunft verändern kann.

    Wie kommst du da drauf? Aus welchen meiner Aussagen folgt das? Ich habe bisher nicht viel mehr getan als nach einer Definition zu fragen.



  • SeppJ schrieb:

    "Viele Welten"-Interpretation der Quantenmechanik.

    Ich frage mich bei der ja irgendwie immer, wer dann bestimmt was in welcher Welt passiert 😃


  • Mod

    cooky451 schrieb:

    SeppJ schrieb:

    "Viele Welten"-Interpretation der Quantenmechanik.

    Ich frage mich bei der ja irgendwie immer, wer dann bestimmt was in welcher Welt passiert 😃

    Ich bin jetzt nicht gerade der Experte für obskure Interpretationen der QM, aber ich glaube diese Frage macht innerhalb der Theorie keinen Sinn.



  • ..



  • @earli (AFAIR): Dan Dennet ausführlichst @ Harvard - http://www.youtube.com/watch?v=s_RvjOJPSc8
    Sind mehrere Teile und mehrere Tage, also nicht von den Video-Titeln in Verwirrung bringen. Ich kenne viele Videos von D. Dennett, hab mir aber das von dir verlinkte zunächst nicht angesehen, weil ich letzte Woche mit 128Kbps unterwegs war. Da ist das ganze etwas mühsam ^^
    Wenn ich mich richtig erinnere, geht Dennett auch auf die gerade erst aufgekommene Frage der Qualia ein (Tag 2 oder so).

    Diese Vorlesungen sind auf jeden Fall das Ausführlichste und Klarste zum Thema, das ich von Dennett kenne - einzig die Ausführungen darüber, die das Gehirn als Computer verstanden werden kann, sind ab einem gewissen Zeitpunkt noch etwas unausgearbeitet.



  • Erhard Henkes schrieb:

    Die Physik soll erstmal ihre bisherigen Grundlagen-Theorien beweisen oder widerlegen.

    Das ist nicht deren Aufgabe.
    Schau mehr Lesch!



  • volkard schrieb:

    Erhard Henkes schrieb:

    Die Physik soll erstmal ihre bisherigen Grundlagen-Theorien beweisen oder widerlegen.

    Das ist nicht deren Aufgabe.
    Schau mehr Lesch!

    Lesch hat eine Professur an einer Jesuiten-Hochschule, philosophisch kann er nicht als neutral gelten.



  • earli schrieb:

    Lesch hat eine Professur an einer Jesuiten-Hochschule, philosophisch kann er nicht als neutral gelten.

    Wen interessiert schon Philisophie? Vor allem in dieser Hinsicht. Die Welt könnte vollständig vorherbestimmt sein. Na toll, und jetzt?



  • cooky451 schrieb:

    earli schrieb:

    Lesch hat eine Professur an einer Jesuiten-Hochschule, philosophisch kann er nicht als neutral gelten.

    Wen interessiert schon Philisophie? Vor allem in dieser Hinsicht. Die Welt könnte vollständig vorherbestimmt sein. Na toll, und jetzt?

    Warum ist Herr Lesch Philosophie-Professor? (Das ist er - nicht nur Physiker!)

    Ob und wie Handlungen vorherbestimmt sind, ist eine wichtige Frage. Sollen wir Straftäter bestrafen? Wie verhindern wir, dass es überhaupt zu Straftaten kommt?


  • Mod

    earli schrieb:

    Ob und wie Handlungen vorherbestimmt sind, ist eine wichtige Frage. Sollen wir Straftäter bestrafen? Wie verhindern wir, dass es überhaupt zu Straftaten kommt?

    Aber was hat das mit Vorherbestimmtheit zu tun? Offenbar sind in deren Gehirn ein paar Schaltungen so, dass sie zu Straftaten neigen. Niemand begeht eine Straftat weil die Ströme in seinem Gehirn gerade durch dummen Zufall ungünstig fließen.



  • earli schrieb:

    Ob und wie Handlungen vorherbestimmt sind, ist eine wichtige Frage. Sollen wir Straftäter bestrafen?

    Die Frage ist absolut irrelevant, solange wir die Zukunft nicht vorhersehen können. Und Straftäter sperrt man ein, um die Gesellschaft zu schützen, nicht aus Rache.



  • cooky451 schrieb:

    earli schrieb:

    Ob und wie Handlungen vorherbestimmt sind, ist eine wichtige Frage. Sollen wir Straftäter bestrafen?

    Die Frage ist absolut irrelevant, solange wir die Zukunft nicht vorhersehen können. Und Straftäter sperrt man ein, um die Gesellschaft zu schützen, nicht aus Rache.

    Natürlich nicht aus Rache. Aber auch nicht zum Schutz, dafür gibt (bzw. gab) es die Sicherheitsverwahrung. Der Zweck von Haftstrafen (heute in Deutschland) ist erzieherischer Natur.



  • Es geht nicht um Rache, sondern angeblich um Gerechtigkeit "im Namen des Volkes".


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