syntaktische und semantische Folgerung



  • Hallo,

    ich denke mir ist der Unterschied zwischen syntaktischer und semantischer Folgerung nicht ganz klar.

    Angenommen ich habe die Aussagen:
    A: Alle Eisbären sind weiß.
    B: Einige Bären sind Eisbären.
    C: Einige Bären sind weiß.
    Also: ABCA \wedge B \models C
    Da bei allen Interpretationen in denen A und B wahr sind C auch wahr sein muss.

    Jedoch nicht:
    ABCA \wedge B \vdash C
    Da es kein Kalkül gibt, dass durch Umformen der Syntax C bildet?

    Ist das richtig so? Kann mir da jemand weiterhelfen?



  • Hi,

    du kannst es schon syntaktisch Folgern. Anzuwenden sind der Modus Ponens und die Regel der universellen Instanziierung für Allquantifizierte Ausdrücke. Ich versuche es mal zu formalisieren.

    Erstmal Prädikate E (für Eisbär), W (Weiß) und B (Bär) einführen. Deren tiefere Bedeutung ist völlig unerheblich und die könnten auch anders heißen. Die Domain lassen wir offen und formulieren erstmal die drei Aussagen:

    A: Alle Eisbären sind weiß.
    Y:E(Y)W(Y)\forall Y: E(Y) \rightarrow W(Y)
    (Für alle Y gilt, wenn Y ein Eisbär ist, dann ist Y weiß)

    B: Einige Bären sind Eisbären.
    X:E(X)B(X)\exists X: E(X) \wedge B(X)
    (Es gibt ein X das Eisbär und Bär ist. Anm: Ich quantifziere oben über Y, hier über X. Der Name ist unerheblich, durch unterschiedliche gibt es am Ende aber keine Mehrdeutigkeiten)

    Zu folgern ist
    C: Einige Bären sind weiß.
    X:B(X)W(X)\exists X: B(X) \wedge W(X)
    (Es gibt ein X das Bär und weiß ist)

    Nun schauen was damit möglich ist.
    B und A sind wahr, also auch deren Konjunktion:
    (X:E(X)B(X))(Y:E(Y)W(Y))(\exists X: E(X) \wedge B(X)) \wedge (\forall Y: E(Y) \rightarrow W(Y))
    Die Regel in einem rein syntaxorientierten Kalkül wäre dabei gewesen: A,BABA, B \vdash A \wedge B

    Da X weder frei noch gebunden in dem hinteren Ausdruck vorkommt, kann man ihn in die Existenzquantifizierung reinziehen:
    X:((E(X)B(X))(Y:E(Y)W(Y)))\exists X: ( (E(X) \wedge B(X)) \wedge (\forall Y: E(Y) \rightarrow W(Y)) )

    Die Regel der 'Universal instantiation' ( https://en.wikipedia.org/wiki/Universal_instantiation ) besagt allgemein:
    (X:A(X))(A(a/X))(\forall X: A(X)) \rightarrow (A(a/X))
    In einem allquantifizierten Audruck kann die gebundene Variable also durch eine beliebige Instanz der Domain substituiert werden. Angewandt auf den vorherigen Ausdruck wird das allquantifizierte Y durch das existenzquantifizierte X substituiert:
    X:((E(X)B(X))(E(X)W(X)))\exists X: ( (E(X) \wedge B(X)) \wedge (E(X) \rightarrow W(X)) )

    Klammern entfernen, umsortieren:
    X:B(X)E(X)(E(X)W(X))\exists X: B(X) \wedge E(X) \wedge (E(X) \rightarrow W(X))

    Der Modus Ponens ( https://de.wikipedia.org/wiki/Modus_ponens ) sagt nun:
    A(AB) BA \wedge (A \rightarrow 😎 \vdash \ B
    d.h.
    E(X)(E(X)W(X))W(X)E(X) \wedge (E(X) \rightarrow W(X)) \vdash W(X)
    und angewandt auf den obigen Ausdruck:
    X:B(X)W(X)\exists X: B(X) \wedge W(X)

    Das entspricht der zu folgernden Aussage C.

    Gibt es Einsprüche? Meine Logik-Vorlesung ist bald 10 Jahre her 😮



  • Ja, ein einziger kleiner Einspruch: Du hast eine völlig andere logik und das zugehörige kalkül benutzt.

    Das Beispiel ist reine Aussagenlogik, mit atomaren Aussagen wie "alle eisbären sind weiß". Um Dein kalkül nutzen zu können hast du die aussagen erst in prädikatenlogik umgeschrieben und dann das entsprechende kalkül benutzt.

    In der Aussagenlogik lässt sich das aber so nicht machen.



  • Hilf mir mal auf die Sprünge.

    Kalküle der Aussagenlogik sind vollständig und entscheidbar. Außerdem sind der semantische und syntaktische Folgerungsbegriff äquivalent.

    Wie bringt man das nun damit zusammen, dass einerseit A&B=>C gelten soll aber A&B->C nicht abgeleitet werden kann?



  • mortified_penguin schrieb:

    Also: ABCA \wedge B \models C
    Da bei allen Interpretationen in denen A und B wahr sind C auch wahr sein muss.

    Nein. Bei der einen Interpretation, die Du dir ausgesucht hast (nämlich die mit den Eisbären) sind A, B und C wahr. Das sagt aber nicht über die anderen Interpretationen aus.

    @µ: Das sollte auch Deine Frage beantworten.


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