Anzahl der geladenen Baryonen und Leptonen im Universum



  • Soll das ein Witz sein?
    Dann erzähl mir mal, wie Du die Ladungsträgerbilanz eines Kubik-Parsecs bestimmen willst.
    Die Feldstaerke ist abstandsabhaengig von den Ladungen.
    Das Spektrum einzelner Ionen kannst Du bestimmen, Strahlung und gravimetrische Effekte. Aber keine Gesamtbilanz.



  • Gregor schrieb:

    Wenn also ein großer astronomischer Körper nennenswert aufgeladen wäre, dann würde er dadurch andere Körper auch über weite Entfernungen hinweg anziehen oder abstoßen. Das könnte man feststellen.

    Ausser wenn rund um uns herum noch haufenweise andere aufgeladene Körper sind. Wenn unsere gesamte Umgebung inetwa gleich aufgeladen ist, dann wirkt hier keine Kraft auf geladene Teilchen. Wie könnten wir das dann feststellen?


  • Mod

    hustbaer schrieb:

    Gregor schrieb:

    Wenn also ein großer astronomischer Körper nennenswert aufgeladen wäre, dann würde er dadurch andere Körper auch über weite Entfernungen hinweg anziehen oder abstoßen. Das könnte man feststellen.

    Ausser wenn rund um uns herum noch haufenweise andere aufgeladene Körper sind. Wenn unsere gesamte Umgebung inetwa gleich aufgeladen ist, dann wirkt hier keine Kraft auf geladene Teilchen. Wie könnten wir das dann feststellen?

    Wir würden sehen, dass sich andere Objekte ungewöhnlich stark zueinander angezogen oder gar abgestoßen fühlen. Besonders das Abstoßen würde auffallen.



  • Prof84 schrieb:

    Soll das ein Witz sein?
    Dann erzähl mir mal, wie Du die Ladungsträgerbilanz eines Kubik-Parsecs bestimmen willst.
    Die Feldstaerke ist abstandsabhaengig von den Ladungen.
    Das Spektrum einzelner Ionen kannst Du bestimmen, Strahlung und gravimetrische Effekte. Aber keine Gesamtbilanz.

    Wie bereits geschrieben, gehe ich davon aus, dass man das bei grossen Objekten abstossende oder anziehende Kraeften sehen wuerde, die von der Gravitation abweichen. Damit sieht man es dann natuerlich auch in den Trajektorien dieser Koerper. Bei kleinen geladenen Teilchen wuerde man elektromagnetische Strahlung und Thomson-Streuung feststellen. Ganz generell kann eine Galaxie nicht massiv geladen sein, da sie sonst wegen der Coulomb-Abstossung nicht zusammen halten wuerde.

    Sicherlich kann man ueber solche Messungen und Erwaegungen keine Ladungsbilanz bis auf die letzte Elementarladung hin aufstellen, aber man kann vermutlich eine Obergrenze fuer die Ladung in einem Raumbereich angeben. Veroeffentlichungen in dem Zusammenhang kenne ich allerdings nicht.



  • SeppJ schrieb:

    Wir würden sehen, dass sich andere Objekte ungewöhnlich stark zueinander angezogen oder gar abgestoßen fühlen. Besonders das Abstoßen würde auffallen.

    Naja...
    Wenn es um grosse "Objekte" (Galaxien, Galaxienhaufen) geht ... OK.

    Aber wenn wir annehmen dass das ganze Universum von z.B. einem "Elektronengas" durchsetzt ist, das sich mehr oder weniger schnell ausbreitet (weil es sich halt selbständig "auseinanderdrückt")...
    Dann gäbe es ein mehr oder weniger homogenes Feld, und nichts würde besonders stark in irgend eine Richtung beschleunigt.

    Und wenn, dann würde ich eben das annehmen. Wieso sollte eine Galaxie besonders stark geladen sein? Was sollte die überschüssigen Ionen in der Galaxie halten?


  • Mod

    hustbaer schrieb:

    Aber wenn wir annehmen dass das ganze Universum von z.B. einem "Elektronengas" durchsetzt ist, das sich mehr oder weniger schnell ausbreitet (weil es sich halt selbständig "auseinanderdrückt")...
    Dann gäbe es ein mehr oder weniger homogenes Feld, und nichts würde besonders stark in irgend eine Richtung beschleunigt.

    Dass dies nicht der Fall ist, sieht man da dran, dass man überhaupt etwas sieht 🙂

    Und wenn, dann würde ich eben das annehmen. Wieso sollte eine Galaxie besonders stark geladen sein? Was sollte die überschüssigen Ionen in der Galaxie halten?

    Eben nichts. Aber ich dachte, du hättest das so gemeint, dass aus irgendeinem Grund ein paar Galaxien positiv geladen und andere negativ geladen sind.



  • SeppJ schrieb:

    hustbaer schrieb:

    Aber wenn wir annehmen dass das ganze Universum von z.B. einem "Elektronengas" durchsetzt ist, das sich mehr oder weniger schnell ausbreitet (weil es sich halt selbständig "auseinanderdrückt")...
    Dann gäbe es ein mehr oder weniger homogenes Feld, und nichts würde besonders stark in irgend eine Richtung beschleunigt.

    Dass dies nicht der Fall ist, sieht man da dran, dass man überhaupt etwas sieht 🙂

    Ach das kommt bloss drauf an wie dicht die Suppe ist 🙂

    Photonen werden an Elektronen ja bloss gestreut wenn sie direkt draufdonnern, oder hab' ich das falsch verstanden/falsch in Erinnerung? Und so ein Elektron ist ja doch ziemlich klein...

    Und SO mächtig viele werden vielleicht gar nicht mehr übrig sein - die angenommene Elektronensuppe müsste sich ja seit dem Urknall durch "wir mögen uns gegenseitig nicht" schon reichlich verdünnt haben.
    (Bzw. wenn der Überschuss aus Protonen bzw. allgemein positiv geladenen Ionen besteht gilt im Prinzip das selbe. Nur dass dann die Chancen für "ist schon ausreichend dünn" dann vermutlich durch das ungünstigere Ladung/Masse Verhältnis um mehrere Grössenordnungen geringer ausfallen werden.)

    Also mir geht es hierbei um die Frage, ob nicht die naheliegendste Erklärung für die nicht-beobachtbarkeit einer signifikanten Ladung die ist, dass so ein Elektronenüberschuss/Ionenüberschuss sich seit der Teilchenentstehung einfach schon bis zur Unmessbarkeit "verdünnt" hätte.

    SeppJ schrieb:

    Und wenn, dann würde ich eben das annehmen. Wieso sollte eine Galaxie besonders stark geladen sein? Was sollte die überschüssigen Ionen in der Galaxie halten?

    Eben nichts. Aber ich dachte, du hättest das so gemeint, dass aus irgendeinem Grund ein paar Galaxien positiv geladen und andere negativ geladen sind.

    Wenn dann hätte ich gemeint dass alle gleichermassen aufgeladen sind. Und daher ein mehr-oder-weniger homogenes Feld erzeugen. Was bei Galaxien natürlich nicht funktioniert, da die so überhaupt nicht homogen verteilt sind.


  • Mod

    hustbaer schrieb:

    Photonen werden an Elektronen ja bloss gestreut wenn sie direkt draufdonnern, oder hab' ich das falsch verstanden/falsch in Erinnerung? Und so ein Elektron ist ja doch ziemlich klein...

    Ich muss meine Bemerkung zurück nehmen, dass ein Elektronengas auf jeden Fall undurchsichtig wäre. Ich hatte zunächst an ein gemischtes Gas aus positiven und negativen Ladungen gedacht, welches diffus weiß wäre. Aber wenn's nur freie Elektronen sind, bin ich mir gerade nicht sicher, wie das aussähe. Kommt drauf an, welche Arten von Anregungen da möglich sind, denn ein "direkt draufdonnern" gibt es nicht. Ich würde intuitiv sagen, dass letztlich doch so ziemlich jedes Energieniveau anregbar sein sollte, genau so wie im gemischten Ladungsgas. bloß ist die klassische Interpretation, dass im gemischten Gas zwei Ladungen durch die Anregung weiter getrennt werden eben umgekehrt, dass sich zwei Elektronen näher kommen. Aber am Ende hieße das schon noch, dass dann das freie Elektronengas (bei hinreichender Dichte) ebenfalls diffus weiß wäre.

    Und SO mächtig viele werden vielleicht gar nicht mehr übrig sein - die angenommene Elektronensuppe müsste sich ja seit dem Urknall durch "wir mögen uns gegenseitig nicht" schon reichlich verdünnt haben.
    (Bzw. wenn der Überschuss aus Protonen bzw. allgemein positiv geladenen Ionen besteht gilt im Prinzip das selbe. Nur dass dann die Chancen für "ist schon ausreichend dünn" dann vermutlich durch das ungünstigere Ladung/Masse Verhältnis um mehrere Grössenordnungen geringer ausfallen werden.)

    Wenn wir über Effekte reden, die so gering sind, dass man sie nicht beobachten kann, dann kann man dagegen natürlich nicht durch Beobachtung argumentieren 🙂 . Etwas muss halt schon ganz schön stark verdünnt sein, damit es über kosmische Distanzen nicht sichtbar ist*. Vielleicht gibt's ja zu jedem magnetischen Monopol im Universum ein zugehöriges freies Elektron/Positron.

    *: Die Dichte interstellarer Nebel und Staubwolken, die auf Bildern immer derart undurchsichtig erscheinen, ist beispielsweise von der Größenordnung der besten Laborvakuums.



  • @SeppJ
    Die ursprüngliche Frage war ja, warum inetwa gleich viel positiv wie negativ geladene Teilchen entstanden sind.

    Und ich wollte die Frage aufwerfen, ob man denn überhaupt davon ausgehen kann dass das so ist.
    Denn wenn z.B. ein Elektronenüberschuss dagewesen wäre, dann hätten sich die Elektronen sicherlich bald aus dem Staub gemacht. Also zumindest mal in die Zwischenräume zwischen den Galaxien verzogen.
    Die Frage ist bloss wie weit sie seit dem Urknall gekommen wären.
    Wenn sie weit genug gekommen sind, dass sie quasi die äusseren Galaxien überholt haben, dann wäre allein die Tatsache dass man kein Elektronengas im interstellaren Raum "sehen" kann, kein Anhaltspunkt dafür ob gleich viel positive wie negative Ladungen entstanden sind oder nicht.

    Und natürlich kommt noch dazu dass es ja lange nicht sicher ist dass nicht auch haufenweise Antimaterie entstanden ist.

    SeppJ schrieb:

    *: Die Dichte interstellarer Nebel und Staubwolken, die auf Bildern immer derart undurchsichtig erscheinen, ist beispielsweise von der Größenordnung der besten Laborvakuums.

    Soweit ich weiss ist die durchschnittliche Dichte des Universums deutlich unter der Größenordnung der besten Laborvakuums.
    Grössenordnung 10 Wasserstoffatome pro Kubikmeter oder so.
    Wenn also - angenommen - 10 Elektronen pro Proton entstanden wären, und man annimmt dass die Elektronen es nicht geschafft haben sich deutlich weiter auszudehnen als die Galaxien, dann müssten zwischen den Galaxien ca. 100 Elektronen pro Kubikmeter rumhängen. (Weniger, da es ja auch noch Neutronen und andere Teilchen gibt, aber das vergessen wir mal - der Unterschied wird die Grössenordnung um die es geht vermutlich nicht beeinflussen.)
    Keine Ahnung ob das auf die riesigen Distanzen um die es da geht zu einer nennenswerten Streuung/Dämpfung führen würde.


  • Mod

    Dann ist es ja bloß noch eine Frage, ob man diese Dichte sehen würde. Soweit ich weiß, hat man die Dichte des intergalaktischen Plasmas auf eben eine Größenordnung von hunderten von ionisierten Wasserstoffen pro m³ gemessen. Und das ist durchaus von Wichtigkeit, da es merklich das Licht von entfernten Quellen dämpft. Ich vermute mal, dass ungefähr die gleiche Menge an Elektronen dabei aufgefallen wäre.

    Mittlerweile hatte ich aber auch Zeit, selber mal ein bisschen zu recherchieren. Dabei habe ich zum Beispiel folgenden Ansatz gefunden:
    http://journals.aps.org/prl/abstract/10.1103/PhysRevLett.54.2457
    Da geht's zwar prinzipiell um mögliche Ursachen und Folgen einer Gesamtladung, aber es werden auch Abschätzungen anhand aktueller Beobachtungen gemacht. So folgern der messbaren Einfallsrichtung der kosmischen Strahlung, auf eine Obergrenze für den Ladungsüberschuss. Dummerweise geben sie das in Ladungsüberschuss/Photon (10^-39) an. Das ist für Kosmologen sicherlich eine sinnvolle Einheit ist, aber ich muss natürlich erst einmal nachgucken, dass die Zahl der Photonen/Baryon auf ungefähr 10^9 geschätzt wird. Das ist doch mal eine Zahl. Also, wenn geladen, dann sehr gering (10^-36 Ladungen pro cm^3, wenn ich mich nicht verrechnet habe).
    Dieser Artikel geht noch weiter:
    http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0370269302026369
    Da wird aus den (relativ gut bekannten) Statistiken der Nukleosynthese (die sehr viel besser verstanden ist als die Baryogenese, bei der (oder gar noch davor) der Ladungsüberschuss entstanden sein müsste), dass das Verhältnis sogar kleiner als 10^-43 sein muss.

    Womit sich vermutlich auch Gregors Frage klärt.

    PS: Für diejenigen ohne Zugang, hier eine offene Version zumindest des zweiten Artikel (wenn auch scheußlich formatiert 😞 ), worin auch der erste Artikel erwähnt wird:
    http://arxiv.org/abs/astro-ph/0201248


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