"Ein schwerer Nuklearunfall mit einem AKW passiert nur einmal in 10000 Jahren" -> Wir liegen voll im Zeitplan



  • SeppJ schrieb:

    Jodocus schrieb:

    Nein, aber man verliert Land, viel Land und u.U. sogar gleich Millionenstädte (und infolge dessen sehr viele Leben, denn es gibt keinen Weg, solch große Städte zeitnah zu evakuieren).

    Mach doch keine Panik aus falschen Gründen. Die besagten Städte und Landstriche wurden evakuiert, weil es gesundheitsschädlich sein kann, dort auf Wochen und Monate zu leben.

    Es stimmt natürlich, dass es hier eher um die Langzeitschäden geht und in solchen Regionen wohl keine Gefahr besteht, an akuter Strahlenkrankheit zu sterben, aber Deine Formulierung hört sich auch etwas verharmlosend an. Dass es in solchen Regionen zu wesentlich erhöhten Krebsraten kommen würde, steht wohl nicht in Frage, oder? Zudem wird in diesen Bereichen gerade kurz nach so einem Unfall die Wahrscheinlichkeit am höchsten sein, radioaktive Partikel einzuatmen und so die Strahlenquelle direkt in den Körper zu kriegen.

    Wenn bei dem Fukushima Unfall der Wind in Richtung Tokyo gezeigt hätte, dann wäre die Katastrophe für Japan ungleich größer. Ich weiß nicht, wie ein Staat mit so etwas umgehen könnte.



  • SeppJ schrieb:

    Jodocus schrieb:

    Nein, aber man verliert Land, viel Land und u.U. sogar gleich Millionenstädte (und infolge dessen sehr viele Leben, denn es gibt keinen Weg, solch große Städte zeitnah zu evakuieren).

    Mach doch keine Panik aus falschen Gründen. Die besagten Städte und Landstriche wurden evakuiert, weil es gesundheitsschädlich sein kann, dort auf Wochen und Monate zu leben.

    Das kommt doch alles sehr auf die Art des Unfalls an. In Prypjat hatte man keine Tage oder gar Wochen Zeit, denn der Meiler mit seinem Graphitmoderatoren stand lichterloh in Flammen. Japan jedoch hatte großes Glück mit seinem Wind, der am Anfang des GAUs ein paar Tage raus auf den Pazifik zog und erst drehte, als der größte Austritt an rad. Isotopen in die Atmosphäre vorüber war. Es wäre kaum auszumalen gewesen, was passiert wäre, wenn der Wind stattdessen richtung Kanto gestanden hätte. Eine Evakuierung von Tokyo-Yokohama würde Tage dauern (und bedenke, dass nach dem Tsunami die Infrastruktur alles andere als rosig aussah).

    Rechnet sich Atomkraft überhaupt? Die Kosten für den Rückbau scheinen ja gerade zu explodieren. Falls dann auch noch Super-GAUs hinzukommen sind Kosten und Risiken nicht einmal mehr abschätzbar. Was jedoch gewiss ist, ist, dass Landstriche über Hunderte von Jahren verloren gehen.

    Tschernobyl hätte längst allen eine Lehre sein müssen. Dieses Biest hätte halb Europa unbewohnbar machen können, hätte man nicht abertausende Liquidatoren et al. geopfert, um das Feuer zu löschen und um den Reaktor einzumauern. Das konnte man in der Sowjetunion mal eben machen. Würde das auch heute noch gehen?

    Gregor schrieb:

    Wenn bei dem Fukushima Unfall der Wind in Richtung Tokyo gezeigt hätte, dann wäre die Katastrophe für Japan ungleich größer. Ich weiß nicht, wie ein Staat mit so etwas umgehen könnte.

    Ack. Bei der Tsumani-Katastrophe hätte ja nicht mal die Verteilung von Jod funktioniert, geschweige denn eine Evakuierung (wohin denn mit Millionen Menschen?).

    Was die Politik angeht: der Rot-Grüne Beschluss war m.E. richtig und im Einvernehmen mit Industrie und Volk. Merkels emotionalen Schnellausstieg werde ich ihr nicht verzeihen - sie hat als Umweltministerin mit der Asse schon einmal bewiesen, dass sie ausgerechnet als Naturwissenschaftlerin reichlich Inkomptenez hinsichtlich der Atompolitik an den Tag legen kann.



  • BTW: Gerade bin ich auf diese Artikelserie da aufmerksam geworden:

    5 years after Fukushima — insights from current research

    ("These articles are freely available to access until the end of 2016.")

    Ist vielleicht im Zusammenhang dieser Diskussion ganz interessant. Ich habe da allerdings noch nicht reingelesen.



  • Jodocus schrieb:

    Was jedoch gewiss ist, ist, dass Landstriche über Hunderte von Jahren verloren gehen.

    Über wie viele Quadratkilometer reden wir hier eigentlich?

    Gregor schrieb:

    Dass es in solchen Regionen zu wesentlich erhöhten Krebsraten kommen würde, steht wohl nicht in Frage, oder?

    Auch hier: An welche Größenordnung denkst du, wenn du von "Regionen" sprichst?

    Versteht mich nicht falsch. Ich sehe auch die Risiken von Atomkraft, aber es gibt leider einen riesigen Haufen schlechter Statistiken, die z.B. von erhöhtem Krebsaufkommen sprechen, nur weil Hunderttausende Menschen gleichzeitig untersucht wurden. Natürlich findet man bei Massenuntersuchungen immer Karzinome.



  • Hier eine aktuelle Karte der Strahlenwerte: http://jciv.iidj.net/map/

    Zum Vergleich: Im Schwarzwald ist die jährliche Strahlung 18 Millisievert, was 2000 Nanosievert pro Stunde entspricht. Der Schwarzwald wäre also schon ein roter Messpunkt.



  • @qwerti: Bezueglich der Groesse der Regionen kann man sich vermutlich an den Sperr- und Evakuierungszonen der grossen Reaktorunfaelle der letzten Jahrezehnte orientieren. Hier ist die Karte fuer Tschernobyl:

    https://en.wikipedia.org/wiki/Chernobyl_Exclusion_Zone#/media/File:Chernobyl_radiation_map_1996.svg

    Fuer Fukushima ist der Grossteil der farblich markierten Gebiete auf der Karte da evakuiert worden:

    https://en.wikipedia.org/wiki/Japanese_reaction_to_Fukushima_Daiichi_nuclear_disaster#/media/File:Towns_evacuated_around_Fukushima_on_April_11th,_2011.png

    Wir reden also ueber Gebiete mit einem Durchmesser in der Groessenordnung von 50km oder mehr. Wie bereits erwaehnt, hatte Japan wegen der Wetterverhaeltnisse enormes Glueck. Die betroffenen Gebiete haetten auch wesentlich groesser sein koennen.

    Was die Strahlenbelastung im Schwarzwald betrifft, muss man sagen, dass das schon eine recht hohe Strahlenbelastung ist. In Deutschland liegen die Grenzwerte fuer berufliche Strahlenbelastungen bei 20mSv/Jahr. In dem von Dir verlinkten Artikel steht, dass es ab 100mSv/Jahr ernsthaft problematisch wird. Die Fukushima-Messstation auf Deiner Karte liefert einen hoeheren Wert. Bei den anderen kann man wohl davon ausgehen, dass sie ausserhalb der Evakuierungszone liegen.

    Was vermutlich auch ein Unterschied zwischen dem Schwarzwald und Fukushima ist, ist die Beweglichkeit der Strahlungsquellen. Beim Schwarzwald geht die Belastung wohl in erster Linie von dem dort vorhandenen Gestein aus. Das ist im Boden. In Fukushima wurden Unmengen von Staubpartikeln in die Luft geschleudert und werden dort mit jedem Atemzug eingeatmet. Das impliziert, dass die reinen Messwerte nicht unbedingt direkt mit einander verglichen werden koennen. Wenn man bedenkt, dass sich bestimmte radioaktive Stoffe im menschlichen Koerper ansammeln koennten, dann kann der krebsausloesende radioaktive Zerfall unter Umstaenden auch lange nach dem Aufenthalt in so einer Region stattfinden. Zudem gibt es Strahlung, die im eigenen Koerper entsteht und dort Dinge kaputt macht, die vermutlich groesstenteils nicht durch technische Messgeraete erfasst wird. Alpha-Strahlung wird zum Beispiel schon durch sehr wenig Materie abgeschirmt, macht dort aber einiges kaputt. Wenn die Strahlungsquelle nicht in unmittelbarer Naehe des Messgeraets ist, dann wuerde diese Strahlung wohl nicht bis zum Messgeraet vordringen.

    EDIT: Zusatz: Bezueglich der Grenzwerte und auch den 100mSv/Jahr muss man sagen, dass diese Werte vermutlich relativ willkuerlich sind. AFAIK geht man im wissenschaftlichen Bereich von dem ganz einfachen Prinzip aus, dass mehr Strahlenbelastung schlechter ist. Es gibt AFAIK keinen Schwellenwert bezueglich der Belastung, ab der dann ploetzlich die Krebsrate um Groessenordnungen anwaechst. Was man allerdings beobachtet ist eine stetige Zunahme von Krebs mit steigender Belastung. (Die Aussagen aus diesem Absatz sind allerdings nur unter Vorbehalt zu verstehen. Das sind so Aussagen, die ich mal nebenbei von irgendwem gehoert habe. Habe da keinen direkten Einblick.)



  • Hi,

    sowohl Tschernobyl als auch Fukushima sind beides Unfälle, die problemlos hätten vermieden bzw. unmöglich gemacht werden können.
    Hätte man Tschernobyl vor dem Bau auf Konstruktionsmängel hin durchgesehen, wäre der Reaktor nie in der form so ans Netz gekommen.
    Aber es war eben ein vom Militär gewünschter Reaktortyp zum Erbrüten von Material für Atombomben. Das macht sich mit Uran-Graphit-Reaktoren besser.
    Nach dem genau gleichen Prinzip arbeitete übrigens auch das Münchner Atom-Ei.
    Schnell einfahrende Regelstäbe, die nicht mit einer Graphitkappe versehen sind hätten die Katastrophe auch verhindert. Dass man mit einer unzureichend darauf vorbereiteten Mannschaft keine Reaktor-Experimente macht, und vor allem nicht mit einem durch überlangen Teillastbetrieb vergifteten Reaktor Abschaltübungen durchführt, sollte man auch wissen. Und große Behälter mit Bor-Kadmium-Lösung über dem Reaktorkern, die bei gefahr gesprengt werden können hätten auch geholfen. Man sieht, man musste sich schon gewaltig Mühe geben, sooooo viele Fehler zu machen, dass einem der Reaktor um die Ohren fliegt.

    Fukushima ist ähnlich. Man stellt einfach keine nicht erdbebengeeigneten Reaktoren in Erdbebengebiete, und da schon gar nicht auf die Bruchlinnien zwischen einzelnen Kontinentalplatten.Und man sichert ab, dass in jedem Fall eine Notkühlung realisiert ist. Auch in Fukushima hat man sich sehr viel Mühe gegeben, all die Fehler zu machen, die den Unfall erst ermöglicht haben. Fukushima hätte in der Form in Japan nirgends ans Netz gedurft.
    Das größte Märchen sind im übrigen die von den Grünen immer wieder beschworenen 20.000 Toten der Reaktorkatastrophe von Fukushima. Wenn es da überhaupt Tote gegeben hat, dann nicht mehr als höchstens 10 Leute. Der Rest waren Erdbeben- und Tsunamitote, die es auch dann gegeben hätte, wenn Japan völlig Reaktorfrei gewesen wäre.

    Im übrigen brauchen wir uns nicht rauszureden, die natürliche Radioaktivität in Deutschland ist eben nicht nur im Stein. Die nennt sich Radon, ist einEdelgas und kommt an vielen stellen, vor allem im bergigen Gebiet aus der Erde und wird eingeatmet.

    Auch setzen die Kohlekraftwerke in Deutschland viel mehr Radioaktivität frei als alle Kernkraftwerke. Und von der Uranmunition die die Amis verschossen haben und die bei damit spielenden Kindern zum Teil schwerste Schädigungen hervorruft wollen wir gar nicht erst reden.
    Auch nicht davon, wieviel Plutoniumstaub bei den ganzen Kernwaffentests in die Atmosphäre geblasen worden ist und jetzt immer noch irgendwo als Staubpartikel rumliegt und auf den nächsten Wind wartet der ihn wieder hochweht und davon trägt. Von denen erzeugt jedes einzelne wenn es eingeatmet wird mit fast 100%iger Sicherheit Lungenkrebs.

    Ach ja, die Kernwaffen diverser Staaten gibts ja auch noch. Mutti hat gerade erst zugestimmt, das die in Deutschland gelagerten durch neue ersetzt werden. Die sind ganz sicher nicht nur als Liebesgrüße an Moskau gedacht, sondern auch als Drohung für uns zu unserer Disziplinierung. Leider können wir als Nichtkernwaffenbesitzer nicht mal zurückdrohen.

    Was passiert, wenn bei einem unserer großen Chemie-Betriebe der richtige Behälter hochgeht, darüber möchte ich lieber erst gar nicht nachdenken. Da wäre vermutlich Tschernobyl ein Kindergeburtstag dagegen.

    Gruß Mümmel


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